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2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Rezensionen<br />

Sinne solidarisch für den Wahlsieg der Partei als<br />

Ganzes einsetzten.<br />

Interessengruppen hätten zudem vielfach einen<br />

Strategiewechsel vorgenommen, vom Kaufen<br />

des Zugangs zu einzelnen Abgeordneten hin zu<br />

einer „replacement strategy“, also dem Versuch<br />

bei Wahlen ganze Parteimehrheiten auszutauschen.<br />

Hier weist Bohne die Bildung von Interessengruppenallianzen<br />

nach, die sich teilweise<br />

durch informelle Koordination untereinander<br />

und mit der Parteiorganisation oder einem Kandidaten<br />

im Wahlkampf engagieren, mit dem Ziel<br />

Mehrheiten im Kongress zu sichern.<br />

Schließlich nähmen die Parteiorganisationen<br />

selbst im Parteiraum eine tonangebende Funktion<br />

ein und steuerten die Wahlkämpfe von Kandidaten<br />

auf informellem Wege mit.<br />

In seiner Konklusion schlägt Bohne schließlich<br />

die Brücke zurück zu seinem Konzept des Parteiraums.<br />

Das zentrale Ergebnis seiner Forschungen<br />

ist, dass weitaus mehr „Partei“ in amerikanischen<br />

Wahlkämpfen steckt, als es die These von<br />

den kandidatenzentrierten Kampagnen vermuten<br />

lässt. Vor dem Hintergrund der ideologischen<br />

Polarisierung befänden sich Kandidaten, Parteien<br />

und alliierte Akteure keineswegs in einem<br />

„Nullsummenspiel“, wie es in der Forschung<br />

vielfach konstatiert werde. Statt für sich um Einfluss<br />

auf den Wahlkampf zu ringen, finde ein gemeinsamer,<br />

parteilicher Kampf um Mehrheiten<br />

statt, wie man ihn aus Europa kenne.<br />

Abschließend zeichnet Bohne ein differenziertes<br />

Modell der amerikanischen Parteiräume, die er<br />

als „brüchige Entitäten mit flüchtigen Organisationskernen“<br />

bezeichnet (S. 265). Sie entstünden<br />

a posteriori aus der Interaktion der Akteure jenseits<br />

der Kategorie der formalen Mitgliedschaft<br />

in einer Partei. Sie seien komplexe und durchlässige<br />

Gebilde, deren einzige klare Abgrenzung<br />

jene zu dem anderen Lager sei und die sich in<br />

hohem Maße durch Kontingenz auszeichneten.<br />

Die Parteiräume würden zusammengehalten<br />

durch geteilte ideologische Überzeugungen und<br />

durch persönliche Verbindungen der Akteure,<br />

die in ihrem Berufsleben häufig wechselnde Tätigkeiten<br />

in der Parteiorganisation, dem privaten<br />

Beratungssektor nachgehen und vorübergehend<br />

Positionen im Kongress oder im Weißen Haus<br />

halten. Zudem seien strukturelle Faktoren<br />

(Mehrheitswahlrecht, Vorwahlen) dem Zusammenhalt<br />

des „Lagers“ zuträglich.<br />

Ein abschließendes Urteil über die vorliegende<br />

Arbeit fällt positiv aus. Die aktuelle Forschungsliteratur<br />

stets im Blick und ohne sich in der Fülle<br />

des empirischen Materials zu verlieren, liefert<br />

Maik Bohne eine detaillierte Momentaufnahme<br />

der Parteiräume der beiden großen US-amerikanischen<br />

Parteien. Als Reaktion auf sich stets<br />

wandelnde Rahmenbedingungen, z.B. im Bereich<br />

der Wahlkampffinanzierungsgesetze, entstehen<br />

immer neue Organisationsformen und<br />

Akteurskonstellationen im Parteiumfeld, die<br />

zwar nicht der formalen Parteiorganisation zugehörig<br />

sind, aber sich dennoch parteilich in den<br />

Wahlkämpfen engagieren. Das Konzept des Parteiraums<br />

selbst, mit seinem Focus auf die informellen<br />

Parteirealitäten, erscheint vor diesem<br />

Hintergrund als eine Bereicherung für die Analyse<br />

der für die Forschung stets schwer einzugrenzenden,<br />

weil organisatorisch offenen amerikanischen<br />

Parteien.<br />

Robert Matschoß<br />

Klaus Detterbeck: Parteien und Parteiensystem,<br />

UVK Verlag, Konstanz und München 2011,<br />

272 S., ISBN 978-3-8252-3575-8, 19,99 €.<br />

Diese gelungene Einführung in die Parteienforschung<br />

richtet sich vor allem an Studierende in<br />

politikwissenschaftlichen Bachelor- und Masterstudiengängen.<br />

Der Titel erinnert wohl nicht<br />

ganz zufällig an Giovanni Sartoris Klassiker<br />

„Parties and Party Systems“ aus dem Jahr 1976.<br />

Entsprechend ambitioniert ist das Buch auch methodisch.<br />

Als theoriegeleitet und vergleichend<br />

zugleich beschreibt Klaus Detterbeck seine Vorgehensweise.<br />

Dass der Autor diesen doppelten Anspruch einlösen<br />

kann, zählt sicherlich zu den herausragenden<br />

Stärken dieser Neuerscheinung. Einerseits<br />

gelingt es ihm, all die Zahlen und Statistiken, die<br />

die empirische Parteienforschung heutzutage so<br />

unermüdlich produziert, in größere, auch demokratietheoretisch<br />

relevante Zusammenhänge ein-<br />

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