2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
tung nach § 40 I KWahlG NRW Klage erhebe.<br />
Sofern sie die Entscheidung der Vertretung für<br />
rechtswidrig hält, sei sie durch das Demokratieund<br />
Rechtsstaatsprinzip gehalten, Klage zu erheben.<br />
Dem direkt gewählten Bürgermeister steht<br />
nach Ansicht des Gerichts die Klagebefugnis gegen<br />
die Ungültigerklärung seiner Wahl nach allgemeinen<br />
Grundsätzen zu. Nicht klagebefugt<br />
nach § 41 KWahlG NRW sei hingegen der über<br />
die Reserveliste Gewählte. Dieser sei von der<br />
Wahlprüfungsentscheidung der Vertretung nur<br />
mittelbar betroffen, weil nach der durchgeführten<br />
Wiederholungswahl die Sitzverteilung aus<br />
den Reservelisten neu zu berechnen ist, deren<br />
Wahl aber nicht für ungültig erklärt wird.<br />
Ebenfalls mit der prozessualen Bedeutung des<br />
Wahlprüfungsverfahrens befasste sich das OVG<br />
Münster107 in einem weiteren Beschluss. Es<br />
hielt fest, dass einstweiliger Rechtsschutz nicht<br />
möglich ist, sofern er die Rechtsfolge der Wahlprüfungsentscheidung<br />
vorwegnimmt, weil kein<br />
dahingehender Anordnungsanspruch besteht. Die<br />
vorläufige Vorwegnahme sei nur in den Ausnahmefällen<br />
der §§ 40 IV, 41 II KWahlG NRW zulässig.<br />
Dass die Sonderstellung des Wahlprüfungsverfahrens<br />
den Antrag auf Erlass einer<br />
einstweiligen Anordnung ausschließt, sofern<br />
Maßnahmen beanstandet werden, die sich unmittelbar<br />
auf das Wahlverfahren beziehen, bestätigte<br />
das Gericht in einer weiteren Entscheidung. 108<br />
Das OVG Münster 109 entschied zur Verteilung<br />
von Ausgleichssitzen bei Kommunalwahlen.<br />
Das Gericht stellte den Regelungsgehalt des § 33<br />
KWahlG NRW zur Sitzverteilung nach einer<br />
Wahl zum Stadtrat klar. Die Vorschrift des<br />
§ 33 III KWahlG NRW wolle einen Verhältnisausgleich<br />
zwischen den Parteien und Wählergruppen<br />
herstellen, denen nach § 33 II KWahlG<br />
NRW Sitze zustehen. Dabei sollen diejenigen<br />
Parteien und Wählergruppen unberücksichtigt<br />
bleiben, die bei der Sitzzuteilung gemäß § 33 II<br />
KWahlG NRW erfolglos geblieben sind. Dieses<br />
Verständnis leitet das Gericht aus Wortlaut und<br />
107 NWVBl. 2011, S. 269.<br />
108 Beschluss vom 23.11.2011 – <strong>15</strong> B 1427/11, veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
109 NWVBl. 2011, S. 3<strong>18</strong>-320.<br />
Systematik der kommunalwahlrechtlichen Bestimmung<br />
ab. Mit der Verteilung der Ausgleichssitze<br />
als Zusatzsitze solle gewährleistet<br />
werden, dass das Verhältnis der (gewonnenen)<br />
Sitze der einzelnen Parteien und Wählergruppen<br />
(einschließlich der Überhangmandate) dem Verhältnis<br />
der für die einzelnen Wahlvorschlagsträger<br />
abgegebenen Stimmen entspricht, damit die<br />
Überhangmandate die Gewichtung der politischen<br />
Strömungen nicht entgegen den abgegebenen<br />
Stimmen verzerren. Die gesetzlich vorgesehene<br />
Losverteilung für den Fall, dass aufgrund<br />
gleicher Zahlenbruchteile zweier Wahlvorschlagsträger<br />
mehrere Sitzzuteilungen möglich<br />
sind, beanstandete das Gericht nicht. Alle dem<br />
Losentscheid Unterworfenen hätten dabei die<br />
gleiche Chance auf den Mandatserhalt.<br />
Schließlich definierte das OVG Münster110 die<br />
Voraussetzungen für die Wiederholung einer<br />
Wahl zum Stadtrat. Es qualifizierte Aussagen des<br />
ehemaligen Oberbürgermeisters und der damaligen<br />
Kämmerin, wonach im Vergleich zum Vorjahr<br />
keinerlei Auffälligkeiten im Haushalt bestünden,<br />
aufgrund der objektiv gegenteiligen Haushaltslage<br />
als Fehlinformation der Wähler. Das<br />
Vorenthalten der Wahrheit stellt nach Auffassung<br />
des Gerichts eine Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung<br />
der Wahl gem. § 40 I b KWahlG NRW<br />
dar, denn die Integrität der Willensbildung der<br />
Wahlberechtigen sei durch die falsche Information<br />
beeinträchtigt. Die Anordnung einer Neuwahl<br />
auf der Grundlage einer solchen Unregelmäßigkeit<br />
hänge von zwei Voraussetzungen ab, die alternativ<br />
oder kumulativ vorliegen können: Eine<br />
Neuwahl ist geboten, wenn der Wahlfehler Einfluss<br />
auf das Wahlergebnis im Wahlbezirk und/<br />
oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste<br />
genommen hat. Eine lebensnahe Bewertung<br />
des festgestellten Wahlfehlers veranlasste das<br />
Gericht zur Bejahung einer Auswirkung auf die<br />
Sitzzuteilung aus den Reservelisten. Das Gericht<br />
schlussfolgert: Wäre die prekäre Haushaltslage<br />
nicht verheimlicht worden, hätte sich aller Wahrscheinlichkeit<br />
nach eine öffentliche Debatte über<br />
den Haushalt entzündet, welche auch Auswirkungen<br />
auf den Wahlkampf im Vorfeld der Wahl ge-<br />
110 Urteil vom <strong>15</strong>.12.2011 – <strong>15</strong> A 876/11, veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
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