2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
mer hier erneut offen gelassen, da nach ihrer<br />
Rechtsprechung83 jedenfalls fahrlässiges handeln<br />
ausreiche. Die festgestellten Unrichtigkeiten seien<br />
mindestens auf fahrlässiges Verhalten ihrer<br />
verfassungsmäßig berufenen Mitglieder zurückzuführen.<br />
Das Wissen einer Parteiuntergliederung<br />
sei im Bezug auf die Parteifinanzen der<br />
Bundespartei zuzurechnen84 .<br />
Wegen der grundsätzlich bedeutsamen Frage, ob<br />
die Vorschrift des § 31b PartG Verschulden<br />
(Vorsatz und Fahrlässigkeit) erfordert, hat die<br />
Kammer die Berufung und die Sprungrevision<br />
zugelassen. Das OVG Berlin-Brandenburg hat<br />
der Rechtsprechung des VG Berlin im Hinblick<br />
auf die Ausführungen zum Tatbestandsmerkmal<br />
des Verschuldens bei § 31b S. 1 PartG zwischenzeitlich<br />
widersprochen85 .<br />
Dr. Heike Merten<br />
4. Parteien und Parlamentsrecht<br />
Der VerfGH Bayern 86 entschied im Rahmen eines<br />
Organstreitverfahrens über die Verpflichtung<br />
der Bayerischen Staatsregierung zur Beantwortung<br />
von Schriftlichen Anfragen zu von ihr in<br />
Auftrag gegebenen Resonanzstudien. Bei diesen<br />
handelte es sich um Meinungsumfragen in der<br />
Landesbevölkerung zu verschiedenen Themen in<br />
den Jahren 2005-2009. Der Antragsteller, SPD-<br />
Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag,<br />
rügte im Verfahren die nicht vollständige Beantwortung<br />
der Fragen durch den Antragsgegner,<br />
insbesondere dessen Zurückhaltung betreffend<br />
Zweck, Themen und die aus den Ergebnissen der<br />
Studien gezogenen Konsequenzen. Das Gericht<br />
betonte, dass der grundsätzlichen Antwortpflicht<br />
der Regierung auf parlamentarische Fragen eine<br />
Grenze gesetzt ist, und zwar sowohl für das<br />
„Ob“ als auch das „Wie“ einer Antwort. Der<br />
Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung der<br />
Staatsregierung entzieht sich als absolut ge-<br />
83 Urteil der Kammer vom <strong>15</strong>.05.2009 – VG 2 K 39.09.<br />
84 Das Gericht verweist hier auf BVerwG vom<br />
26.07.2006 – BVerwG 6 C 20/05; VG Berlin, Urteil<br />
vom 20.05.2008 – VG 2 A 28.07.<br />
85 OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.05.2011 –<br />
OVG 3a B 1.11, Rn. 65 ff.; s. dazu schon oben.<br />
86 NVwZ-RR 2011, S. 841-845.<br />
<strong>15</strong>2<br />
schützter Teil des Regierungshandelns der parlamentarischen<br />
Kontrolle, damit interne Willensbildung<br />
und die Aufgabenerfüllung der Regierung<br />
nicht beeinträchtigt werden. Inhalt und Ergebnisse<br />
der Resonanzstudien gehören laut VerfGH<br />
Bayern gerade nicht zu diesem absolut geschützten<br />
Bereich, weil sie nicht Teil sondern Basis der<br />
exekutiven Entscheidungsfindung seien. Auch in<br />
Bezug auf die Zwecke der durchgeführten Studie<br />
und die daraus gezogenen Konsequenzen habe<br />
die Regierung nicht das Recht, eine Auskunft<br />
unter schlichtem Hinweis auf den Kernbereich<br />
exekutiver Eigenverantwortung abzulehnen.<br />
Vielmehr sei die Regierung, auch wenn sie bereits<br />
das „Ob“ der Beantwortung verweigern<br />
darf, gehalten, triftige Gründe dafür zu liefern,<br />
weshalb die spezifische Antwort die Gestaltung<br />
der Regierungstätigkeit in verfassungsrechtlich<br />
relevanter Weise beeinträchtige. Eine solche Erläuterung<br />
fehlte hier seitens der Bayrischen<br />
Staatsregierung. Daher verletzte die teilweise<br />
Nichtbeantwortung der Schriftlichen Anfrage<br />
des Antragstellers durch die Bayerische Staatsregierung<br />
dessen Frage- und Informationsrechte<br />
aus Art. 13 Abs. 2 Satz 1, Art. 16 a Abs. 1 und<br />
2 Satz 1 BV.<br />
In einem Organstreit vor dem LVerfG Mecklenburg-Vorpommern87<br />
beanstandete ein der<br />
NPD-Fraktion im Landtag angehöriger Abgeordneter<br />
die Ablehnung seiner Bitte, sich aus dem<br />
Landtagsarchiv Kopien der Videoaufzeichnungen<br />
seiner Reden im Landtag zu ziehen. Diese<br />
verletze ihn in seinem Recht als Abgeordneter<br />
aus Art. 22 I und II LV. Das Gericht bewertete<br />
den Antrag als unzulässig. Zwar handele es sich<br />
bei dem Begehren des Antragstellers um eine<br />
verfassungs- und nicht verwaltungsrechtliche<br />
Streitigkeit, weil er sich auf seine Statusrechte<br />
als Abgeordneter aus der Landesverfassung berufen<br />
hat. Allerdings scheiterte seine Antragsbefugnis<br />
an der hinreichenden Darlegung einer<br />
Verletzung seiner Rechte. Eine Beeinträchtigung<br />
des freien Mandats aus Art. 22 I LV konnte das<br />
Gericht in der Versagung des Zugangs zum<br />
Landtagsarchiv nicht erkennen. Auch das Rede-,<br />
Frage-, Antrags- und Stimmrecht aus Art. 22 II<br />
LV ist nach Ansicht des Gerichts durch das Ver-<br />
87 NVwZ-RR 2011, S. 506-507.