2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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02.12.2012 Aufrufe

Aufsätze Hendrik Träger – Die Ostdeutschen in den Bundesparteien MIP 2012 18. Jhrg. bis Anfang 1995 befristet, und die ostdeutschen Landesverbände konnten sich damals in den Gremien mit ihrem Vorschlag nicht durchsetzen, das Projekt wenigstens mit einem Regionalbeauftragten pro Land fortzuführen. Das spricht für einen geringen innerparteilichen Einfluss der Liberalen aus den neuen Ländern, auch wenn die FDP letztlich 1,5 Mio. DM für ein Unterstützungsprogramm für die ostdeutschen Kreisverbände zur Verfügung stellte. Darüber hinaus bestanden zwischen Ost und West Partnerschaften, über die es zu finanziellen Hilfen wie einem Kredit an Sachsen für den Landtagswahlkampf 2004 kam. Vergleichbare Projekte unterhalb der Bundesebene gab es auch in der CDU mit der Aktion Freunde helfen Freunden der westdeutschen Gliederungen für die ostdeutschen Landtagswahlen 1990. Außerdem half die Bundespartei Anfang der 1990er-Jahre beim Aufbau der neuen Parteistrukturen nach westdeutschem Vorbild; so wurde bspw. ein Teil des Geldes, das „bei der Vereinigung vom früheren Hauptvorstand der CDU der ehemaligen DDR übernommen“ 14 worden war, für die Zahlung von Abfindungen an entlassene Mitarbeiter ausgegeben. Eine besondere finanzielle Unterstützung für die ostdeutschen Landesverbände fand in der PDS bzw. der Partei DIE LINKE nicht statt. Das kann nicht verwundern, war doch die Situation bei den Sozialisten eine andere als in den westdeutsch geprägten Parteien. Hier war es vielmehr erforderlich, dass die Gliederungen aus neuen Ländern den Verbänden im Westen halfen. Das geschah etwa über den 1995 eingerichteten Zentralen Wahlkampffonds, über den die westdeutschen Sozialisten in der langen Zeit ihres Daseins als Splitterpartei an den staatlichen Mitteln der ostdeutschen Landesverbände partizipieren konnten. Das ist symptomatisch für die PDS. Die Partei wurde insbesondere in den 1990er-Jahren durch die Gliederungen Berlin, Sachsen und (später) Brandenburg finanziert, wobei bis zur Umstellung auf das Prinzip der Eigenfinanzierung (2001ff.) auch die anderen Gliederungen 14 Bericht der Bundesgeschäftsstelle an 2. Parteitag der CDU, S. 4. 14 aus den neuen Ländern von dem System des Länder-Finanzausgleiches der Partei profitierten. VII. Fazit Insgesamt kann mit Blick auf alle berücksichtigten Bereiche der innerparteilichen Beziehungen festgestellt werden, dass die Ostdeutschen allein durch ihren Beitritt zu den Parteien diese – transformationssoziologisch betrachtet: „das transferierte Institutionengefüge selbst“ (Schluchter 2011: 148) – veränderten. Das wird besonders deutlich durch die Aufnahme Ostdeutscher in die Parteigremien und die entsprechenden innerparteilichen Karrieren (teilweise bis an die Spitze der Partei). Außerdem mussten sich die Parteien auch inhaltlich-programmatisch auf die Situation in den neuen Ländern einstellen; das betrifft zum einen etwa die wirtschaftliche Lage in Ostdeutschland, die in der Programmatik zu berücksichtigen ist, und zum anderen den Umgang mit der PDS bzw. DIE LINKE als Nachfolgeorganisationen der DDR-Staatspartei SED, weshalb es v.a. in den 1990er-Jahren zu innerparteilichen Kontroversen kam. Ein weiterer Punkt sind die speziellen Programme für die finanzielle Unterstützung der Gliederungen in den neuen Ländern, weil diese – insb. in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung – die für ihre Parteiarbeit notwendigen Ausgaben nicht durch eigene Einnahmen aufbringen konnten. Die Ostdeutschen haben also die Parteien in vielerlei Hinsicht verändert. Und hinsichtlich der innerparteilichen Stellung der Gliederungen aus den neuen Ländern ist zu konstatieren, dass etwa für den Aufstieg in die engste Parteiführung nicht unbedingt der Mitgliederbestand oder die Wahlergebnisse des Heimat- Landesverbandes entscheidend sind, sondern vielmehr die handelnden Personen und deren Engagement. Das gilt auch für den inhaltlichen Einfluss, wobei hier der Rückgriff auf eine Landesregierungspartei (z.B. Biedenkopf, Hildebrandt) von Vorteil ist.

MIP 2012 18. Jhrg. Hendrik Träger – Die Ostdeutschen in den Bundesparteien Aufsätze Literatur Dittberner, Jürgen (2005): Die FDP. Geschichte, Personen, Organisation, Perspektiven. Eine Einführung, Wiesbaden. Eldersveld, Samuel J. (1964): Political Parties. A Behavioral Analysis, Chicago. Jun, Uwe/Benjamin Höhne (Hg.) (2010): Parteien als fragmentierte Organisationen. Erfolgsbedingungen und Veränderungsprozesse, Opladen/ Farmington Hills. Kropp, Sabine (2001): Koalitionsbildungen in Bund und Ländern. Verfahren, Institutionalisierungsprozesse und Gewinnverteilungen, in: Oscar W. Gabriel/Oskar Niedermayer/Richard Stöss (Hg.): Parteiendemokratie in Deutschland, 2., akt. Aufl., Bonn, S. 340-359. Leuschner, Udo (2005): Die Geschichte der FDP. Metamorphosen einer Partei zwischen rechts, sozialliberal und neokonservativ, Münster. Neugebauer, Gero (2006): Das Parteiensystem Sachsens, in: Uwe Jun/Melanie Haas/Oskar Niedermayer (Hrsg.): Parteien und Parteiensysteme in den deutschen Ländern, Wiesbaden, S. 387- 408. Roth, Reinhold/Elmar Wiesendahl (1985): Strukturbesonderheiten politischer Parteien. Zur politischen Soziologie der Organisationswirklichkeit von Parteien, Bremen. Schluchter, Wolfgang (2001): Parteien zwischen Ost und West, in: ders./Peter E. Quint (Hg.): Der Vereinigungsschock. Vergleichende Betrachtungen zehn Jahre danach, Weilerswist, S. 147-173. Schmid, Josef (1990): Die CDU. Organisationsstrukturen, Politiken und Funktionsweisen einer Partei im Föderalismus, Opladen. Träger, Hendrik (2011): Die ostdeutschen Landesverbände in den Bundesparteien. Personelle, inhaltlich-programmatische und finanzielle Beziehungen (1990-2007), Frankfurt u.a. Wiesendahl, Elmar (2006a): Mitgliederparteien am Ende? Eine Kritik der Niedergangsdiskussion, Wiesbaden. Wiesendahl, Elmar (2006b): Parteien, Frankfurt. Zeuner, Bodo (1969): Innerparteiliche Demokratie, Berlin. 15

MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Hendrik Träger – Die Ostdeutschen in den Bundesparteien Aufsätze<br />

Literatur<br />

Dittberner, Jürgen (2005): Die FDP. Geschichte,<br />

Personen, Organisation, Perspektiven. Eine<br />

Einführung, Wiesbaden.<br />

Eldersveld, Samuel J. (1964): Political Parties.<br />

A Behavioral Analysis, Chicago.<br />

Jun, Uwe/Benjamin Höhne (Hg.) (2010): Parteien<br />

als fragmentierte Organisationen. Erfolgsbedingungen<br />

und Veränderungsprozesse, Opladen/<br />

Farmington Hills.<br />

Kropp, Sabine (2001): Koalitionsbildungen in<br />

Bund und Ländern. Verfahren, Institutionalisierungsprozesse<br />

und Gewinnverteilungen, in: Oscar<br />

W. Gabriel/Oskar Niedermayer/Richard Stöss<br />

(Hg.): Parteiendemokratie in Deutschland, 2.,<br />

akt. Aufl., Bonn, S. 340-359.<br />

Leuschner, Udo (2005): Die Geschichte der<br />

FDP. Metamorphosen einer Partei zwischen<br />

rechts, sozialliberal und neokonservativ, Münster.<br />

Neugebauer, Gero (2006): Das Parteiensystem<br />

Sachsens, in: Uwe Jun/Melanie Haas/Oskar Niedermayer<br />

(Hrsg.): Parteien und Parteiensysteme<br />

in den deutschen Ländern, Wiesbaden, S. 387-<br />

408.<br />

Roth, Reinhold/Elmar Wiesendahl (1985):<br />

Strukturbesonderheiten politischer Parteien. Zur<br />

politischen Soziologie der Organisationswirklichkeit<br />

von Parteien, Bremen.<br />

Schluchter, Wolfgang (2001): Parteien zwischen<br />

Ost und West, in: ders./Peter E. Quint (Hg.): Der<br />

Vereinigungsschock. Vergleichende Betrachtungen<br />

zehn Jahre danach, Weilerswist, S. 147-173.<br />

Schmid, Josef (1990): Die CDU. Organisationsstrukturen,<br />

Politiken und Funktionsweisen einer<br />

Partei im Föderalismus, Opladen.<br />

Träger, Hendrik (2011): Die ostdeutschen Landesverbände<br />

in den Bundesparteien. Personelle,<br />

inhaltlich-programmatische und finanzielle Beziehungen<br />

(1990-2007), Frankfurt u.a.<br />

Wiesendahl, Elmar (2006a): Mitgliederparteien<br />

am Ende? Eine Kritik der Niedergangsdiskussion,<br />

Wiesbaden.<br />

Wiesendahl, Elmar (2006b): Parteien, Frankfurt.<br />

Zeuner, Bodo (1969): Innerparteiliche Demokratie,<br />

Berlin.<br />

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