2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
verpflichtung in Höhe von 1.271.355,80 Euro für<br />
richtig erachtet 71 .<br />
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die<br />
NPD habe bei der Vorlage des Rechenschaftsberichts<br />
mehrfach gegen die sich aus dem Parteiengesetz<br />
ergebenden Transparenzpflichten verstoßen.<br />
Zum einen sei der Rechenschaftsbericht<br />
entsprechend des als Einnahme aus staatlichen<br />
Mitteln deklarierten Betrages von 561.692,12<br />
Euro zu den tatsächlich festgelegten staatlichen<br />
Einnahmen von 1.448.519,55 Euro in Höhe eines<br />
Betrages von 886.827,43 Euro fehlerhaft.<br />
Der Rechenschaftsbericht gibt unter der Rubrik<br />
staatliche Einnahmen von 561.692,12 Euro an,<br />
während die „Aufschlüsselung für die staatlichen<br />
Einnahmen“ 886.827,43 Euro ausweist. Diese<br />
Angaben widersprechen sich und genügen damit<br />
nicht dem Schutzgedanken des Art. 21 Abs. 1 S. 4<br />
GG. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz, lasse<br />
sich aus einem „objektiven Verständnis“ des Rechenschaftsberichts<br />
nicht erschließen, dass diese<br />
Summen den Gesamtbetrag der staatlichen Finanzierung<br />
ergeben. Im Ergebnis kommt es nicht darauf<br />
an, wie der Fehler entstanden ist, sondern wie<br />
der Bericht von einem objektiven Leser verstanden<br />
werden konnte. Der objektive Leser des Rechenschaftsberichts<br />
der NPD konnte so jedenfalls<br />
keine sichere Kenntnis von den Einnahmen der<br />
Partei aus staatlichen Mitteln erlangen.<br />
Zum anderen gehörte auch die im Rechenschaftsbericht<br />
nicht angegebene Forderung der<br />
NPD aus staatlichen Mitteln in Höhe von<br />
71.841,07 Euro entgegen den Ausführungen der<br />
Vorinstanz zu den rechenschaftspflichtigen Vermögenswerten.<br />
Ferner sei ein lückenloser Anschluss<br />
der Vermögensbilanz vom Rechenschaftsbericht<br />
2006 zum Rechenschaftsbericht 2007 erforderlich.<br />
Die NPD hat überdies gegen ihre<br />
Pflicht aus § 27 Abs. 2 S. 1 PartG verstoßen,<br />
sonstige Einnahmen gesondert zur erläutern. All<br />
dies war daher bei der Berechnung der Sanktionen<br />
nach § 31b S. 1 PartG zu berücksichtigen.<br />
Abschließend wendet sich das OVG noch der<br />
grundsätzlich bedeutsamen Frage zu, ob die Vorschrift<br />
des § 31b PartG Verschulden (Vorsatz<br />
oder Fahrlässigkeit) erfordert. Entgegen der Ver-<br />
71 VG Berlin, Urteil vom <strong>15</strong>.05.2009 – 2 K 39.09. S. dazu die<br />
Besprechung von Heike Merten in MIP 2010, S. 125 f.<br />
mutungen der Vorinstanz stellt das OVG fest,<br />
dass das parteienrechtliche Sanktionensystem<br />
keine subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen<br />
auf Seiten der zu sanktionierenden Partei<br />
kennt 72 . „Dies ergibt sich eindeutig aus dem Gesetzestext,<br />
der nur objektive Tatbestände definiert.<br />
Eine subjektive Vorwerfbarkeit in Form<br />
von Vorsatz oder Fahrlässigkeit ist auch nicht<br />
aus verfassungsrechtlichen Gründen als ungeschriebenes<br />
Merkmal ergänzend in die Norm<br />
hinein zu interpretieren (anders wohl nur Koch,<br />
in: Ipsen, Parteiengesetz, 2006, § 31b, Rn. 5). Das<br />
für den Bereich des Kriminalstrafrechts verfassungsrechtlich<br />
gebotene Schuldprinzip findet in<br />
dem auf Prävention angelegten verwaltungsrechtlichen<br />
Sanktionensystem des Parteienrechts<br />
nur dort Anwendung, wo es vom Gesetzgeber ausdrücklich<br />
angeordnet wurde (Rixen, in: Kersten/<br />
Rixen, Parteiengesetz 2009, § 31b, Rn. 5-7; Saliger,<br />
Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, 583 ff.).<br />
Dies ergibt sich für § 31b PartG zunächst aus einem<br />
systematischen Blick auf das Gesetz, dessen<br />
sechster Abschnitt „Verfahren bei unrichtigen<br />
Rechenschaftsberichten sowie Strafvorschriften“<br />
nach den amtlichen Überschriften wie nach dem<br />
Wortlaut der Normen nur § 31d PartG als eine<br />
Strafvorschrift behandelt, die ausdrücklich eine<br />
subjektive Verschleierungsabsicht voraussetzt.<br />
Gleiches soll erkennbar für die anderen Normen<br />
dieses Abschnitts nicht gelten. Diese haben zwar<br />
wie viele Verwaltungssanktionen als Sanktionen<br />
eine repressive Rechtsfolge, sie werden vom Gesetz<br />
aber ausdrücklich nicht als Strafvorschriften<br />
behandelt. Verfassungsrechtliche Anforderungen<br />
an das Strafrecht setzen an der gesetzlichen Ausgestaltung<br />
eines Tatbestandes als Straftat an<br />
(BVerfGE 109, 190 [211 f.]). Diese Auslegung<br />
entspricht auch dem Zweck des § 31b PartG.<br />
Dem durch die Norm zu schützenden Transparenzregime<br />
des Parteiengesetzes geht es nicht<br />
um einen rechtsethischen Schuldvorwurf gegen<br />
die Partei als Rechtsperson, sondern um die auf<br />
Prävention ausgerichtete Definition von Regeln<br />
zur Sicherung des Transparenzgebots in Art. 21<br />
Abs. 1 Satz 4 GG. Dieses dient seinerseits der<br />
Sicherung eines fairen demokratischen Willens-<br />
72 OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.05.2011 –<br />
OVG 3a B 1.11, Rn. 65 ff.<br />
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