2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF 2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

02.12.2012 Aufrufe

Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2012 18. Jhrg. Sinne von § 5 I 1 PartG. Vielmehr sei die Verpflichtung, ein (Giro-)Konto einzurichten, eine der Hauptpflichten, die sich aus dem Abschluss eines zivilrechtlichen Giro- bzw. Zahlungsdiensterahmenvertrages ergeben, weshalb die Klage auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Eine Rechtsansicht, die man freilich nicht teilen muss, wie auch eine Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen belegt: „Dass für die Eröffnung eines Girokontos keine ausdrückliche öffentlichrechtliche Handlung der Antragsgegnerin erforderlich ist, steht […] der Einordnung der Streitigkeit als öffentlich-rechtlich nicht entgegen. Der Umstand, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten nach einer Kontoeröffnung (einschließlich deren etwaiger Beendigung) einheitlich dem Privatrecht zuzuordnen sind, rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Für die hier zu beurteilende Frage, auf welche Anspruchsgrundlage der Antragsteller sein Begehren stützt, ist die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen im Anschluss an den begehrten Zugang unerheblich. Der privatrechtliche Charakter des Vertragsabschlusses lässt ebenfalls keinen Rückschluss auf die Rechtsnatur der Vorschriften zu, die hierzu verpflichten. […] Der Antragsteller stützt den geltend gemachten Anordnungsanspruch u.a. auf § 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG. Danach sollen alle Parteien gleich behandelt werden, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt. Diese Bestimmung begründet eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt und ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Im Hinblick auf die Geltendmachung dieses öffentlich-rechtlichen Anspruchs ist die Streitigkeit als öffentlich-rechtlich einzuordnen.“ 61 Der Verwaltungsrechtsweg war auch für einen – letztlich erfolglosen – Eilantrag der „deutschen demokratischen partei (ddp) – Die Einstein Partei – Rheinland-Pfalz“ eröffnet, mit dem die ddp die Bundeszentrale für politische Bildung (eine nicht-rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn) verpflichten wollte, den Wahl-O-Mat zur Landtagswahl 2011 in Rheinland-Pfalz sofort von ihrer Internetseite zu ent- 61 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.05.2004 – E 379/04, in: NVwZ-RR 2004, 795-796. 146 fernen. Das zuständige VG Köln 62 ging zu Recht ohne weiteres von der Zulässigkeit des Antrages aus. Als streitentscheidend zog es aber, anders als noch das VG München in seiner Entscheidung aus dem Jahre 2008 63 , unmittelbar den verfassungsrechtlichen Chancengleichheitsanspruch politischer Parteien aus Art. 21 I i.V.m. Art. 3 I GG heran. Zu Recht ließ das Gericht § 5 PartG unberücksichtigt. Der Wahl-O-Mat ist in strikt formaler Betrachtung keine Einrichtung im Sinne des § 5 PartG, die den Parteien zur Verfügung gestellt ist 64 . Er richtet sich vielmehr an die Öffentlichkeit. Aufgabe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ist es, durch Maßnahmen der politischen Bildung Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken (§ 2 Erlass über die Bundeszentrale für politische Bildung). Der „Wahl-O-Mat“ richtet sich mit seinem Angebot insbesondere an junge Wähler, um deren politisches Interesse zu wecken und ihnen eine Hilfestellung bei der Wahlentscheidung zu bieten 65 . Über ein Frage- und Antwort-Tool, das interaktiv genutzt werden kann, lässt sich ermitteln, welche zu einer Wahl zugelassene Partei der eigenen politischen Position am nächsten steht. Gerade deswegen war der Wahl-O-Mat erneut einer kleineren Partei ein Dorn im Auge. Die in diesem Fall klagende ddp rügt, dass redaktionsähnliche Maßnahmen der bpb bei der Ausgestaltung des Online-Wahlentscheidungsberaters sie gegenüber anderen politischen Parteien aus drei Gründen benachteilige. Erstens seien Zuschnitt und Auswahl der insgesamt 38 Thesen, anhand derer die Nutzer ihre eigenen Positionen zu bestimmten Fragestellungen mit denen der Parteien vergleichen können, allzu einseitig an den Programmen der großen Parteien orientiert. Der da- 62 VG Köln, Beschluss vom 18.03.2011 – 6 L 372/11, in: NVwZ 2011, S. 475-476. 63 VG München, Beschluss vom 08.09.2008 – M 7 E 08.4347, online veröffentlicht bei juris. 64 In diesem Sinne wohl auch Sophie Charlotte Lenski, Die abgestufte Chancengleichheit der Parteien im Internet, in: MIP 2010, S. 7 (11). 65 Zu Ziel und Funktionsweise des Wahl-O-Mat s. auch Martin Schultze, Wirkungen des Wahl-O-Mat auf Bürger und Parteien, in diesem Heft (MIP 2012), S. 127 ff.

MIP 2012 18. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung mit erhobene Willkürvorwurf wird indes durch das tatsächliche Vorgehen bei der Erarbeitung der Thesen entkräftet: Die Thesen sind das Ergebnis eines mehrstufigen wissenschaftlich begleiteten Verfahrens unter Beteiligung aller zur Wahl zugelassenen Parteien, insbesondere auch der ddp. „Dass es im Rahmen dieses Auswahlverfahrens notwendigerweise zu einer Begrenzung der Anzahl der veröffentlichen Thesen und zu einer Beschränkung auf […] als landespolitisch besonders bedeutsam erachtete Themen gekommen ist, ist verfassungsrechtlich unproblematisch. Mit Blick auf das Ziel des Angebots […] ist es weder möglich noch geboten, alle politischen Positionen jeder zur Wahl zugelassenen Partei in den Thesenkatalog einzubeziehen.“ Erfolglos blieb außerdem der zweite Einwand, der Wahl-O-Mat hebe vor Anzeige des Ergebnisses die Parteien SPD, CDU und FDP besonders hervor. „Diese optische Hervorhebung (durch einen ‚umrandenden Kasten’) ist zulässig. Sie dient allein der Kennzeichnung der Parteien, deren Abgeordnete schon jetzt im Landtag vertreten sind. Dabei handelt es sich um eine sinnvolle Information für die Nutzer, mit der eine Manipulation des Nutzer- und Wählerverhaltens nicht ansatzweise verbunden ist.“ Drittens beanstandete die ddp eine Beeinflussung des Nutzer- und Wählerverhaltens dadurch, dass der Wahl-O-Mat die Auswahlmöglichkeit pro Abfrage auf acht Parteien beschränkt. Ein Chancengleichheitsverstoß ist aber auch hier zu verneinen: „Jedem Nutzer ist es auf der Grundlage der auf der fraglichen Internetseite veröffentlichen Parteipositionen möglich, auch den Antragsteller in die ‚engere Wahl’ von höchstens acht Parteien einzubeziehen. Eine gleichheitswidrige Bevorzugung anderer Parteien ist damit nicht verbunden. Dies gilt umso mehr, als die Nutzer die Parteiauswahl jederzeit ändern und so kurzfristig ein vergleichendes Ergebnis zu jeder der zur Wahl zugelassenen Partei erhalten können.“ Dr. Alexandra Bäcker 3. Parteienfinanzierung Der BGH 66 hat in einem Beschluss seine bisherige Rechtsprechung 67 zur Untreue gem. § 266 Abs. 1 StGB im Hinblick auf die Aufnahme rechtswidrig erlangter Parteispenden in den Rechenschaftsbericht einer Partei fortgeführt. In der sog. Kölner Parteispendenaffäre hat das Landgericht Köln einen ehemaligen Vorsitzenden des CDU-Kreisverbandes Köln wegen Untreue in Tateinheit mit Betrug und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Weitere acht Mitangeklagte wurden jeweils wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug sowie wegen Steuerhinterziehung zu Gesamtgeldstrafen zwischen 80 und 130 Tagessätzen verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen erhielt der CDU- Kreisverband Köln im Jahr 1999 anonyme Parteispenden von einer oder mehreren Personen in einer Gesamthöhe von 67.000,00 DM. Einer der Angeklagten, der damalige Vorsitzende des Kreisverbandes, wollte die Spenden zu Gunsten des Kreisverbandes erfassen und die Spender und Spendenhöhe verschleiern. Daher warb er die Mitangeklagten an, als Scheinspender aufzutreten, und stellte diesen dann falsche Quittungen über Parteispenden aus. Die Mitangeklagten machten in ihren Steuererklärungen die quittierten Spenden steuerlich geltend und verkürzten dadurch die Steuerlast. Aufgrund der Verschleierung der tatsächlichen Gegebenheiten erhielt die Bundespartei, wie vom Vorsitzenden des Kreisverbands angestrebt, zu Lasten der anderen am System der staatlichen Parteifinanzierung beteiligten Parteien eine ihr in dieser Höhe nicht zustehende staatliche Förderung nach dem Parteiengesetz. Bei seinem Handeln nahm der Angeklagte in Kauf, dass der wahre Sachverhalt – wie dann auch geschehen – später bekannt werden und der Kreisverband Köln der CDU in der Folge durch Sanktionen nach dem Parteiengesetz erhebliche finanzielle Nachteile erleiden könnte. 66 BGH, Beschluss vom 13.04.1 – 1 StR/10, in: NJW 2011, 1747 ff. mit Anm. von Christian Brand. 67 BGH, in: NJW 2011, 88 ff. = NStZ 2011, 37 ff. 147

MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

mit erhobene Willkürvorwurf wird indes durch<br />

das tatsächliche Vorgehen bei der Erarbeitung<br />

der Thesen entkräftet: Die Thesen sind das Ergebnis<br />

eines mehrstufigen wissenschaftlich begleiteten<br />

Verfahrens unter Beteiligung aller zur<br />

Wahl zugelassenen Parteien, insbesondere auch<br />

der ddp. „Dass es im Rahmen dieses Auswahlverfahrens<br />

notwendigerweise zu einer Begrenzung<br />

der Anzahl der veröffentlichen Thesen und<br />

zu einer Beschränkung auf […] als landespolitisch<br />

besonders bedeutsam erachtete Themen gekommen<br />

ist, ist verfassungsrechtlich unproblematisch.<br />

Mit Blick auf das Ziel des Angebots<br />

[…] ist es weder möglich noch geboten, alle politischen<br />

Positionen jeder zur Wahl zugelassenen<br />

Partei in den Thesenkatalog einzubeziehen.“ Erfolglos<br />

blieb außerdem der zweite Einwand, der<br />

Wahl-O-Mat hebe vor Anzeige des Ergebnisses<br />

die Parteien SPD, CDU und FDP besonders hervor.<br />

„Diese optische Hervorhebung (durch einen<br />

‚umrandenden Kasten’) ist zulässig. Sie dient allein<br />

der Kennzeichnung der Parteien, deren Abgeordnete<br />

schon jetzt im Landtag vertreten sind.<br />

Dabei handelt es sich um eine sinnvolle Information<br />

für die Nutzer, mit der eine Manipulation<br />

des Nutzer- und Wählerverhaltens nicht ansatzweise<br />

verbunden ist.“ Drittens beanstandete die<br />

ddp eine Beeinflussung des Nutzer- und Wählerverhaltens<br />

dadurch, dass der Wahl-O-Mat die<br />

Auswahlmöglichkeit pro Abfrage auf acht Parteien<br />

beschränkt. Ein Chancengleichheitsverstoß<br />

ist aber auch hier zu verneinen: „Jedem Nutzer<br />

ist es auf der Grundlage der auf der fraglichen<br />

Internetseite veröffentlichen Parteipositionen<br />

möglich, auch den Antragsteller in die ‚engere<br />

Wahl’ von höchstens acht Parteien einzubeziehen.<br />

Eine gleichheitswidrige Bevorzugung anderer<br />

Parteien ist damit nicht verbunden. Dies gilt<br />

umso mehr, als die Nutzer die Parteiauswahl jederzeit<br />

ändern und so kurzfristig ein vergleichendes<br />

Ergebnis zu jeder der zur Wahl zugelassenen<br />

Partei erhalten können.“<br />

Dr. Alexandra Bäcker<br />

3. Parteienfinanzierung<br />

Der BGH 66 hat in einem Beschluss seine bisherige<br />

Rechtsprechung 67 zur Untreue gem. § 266<br />

Abs. 1 StGB im Hinblick auf die Aufnahme<br />

rechtswidrig erlangter Parteispenden in den Rechenschaftsbericht<br />

einer Partei fortgeführt.<br />

In der sog. Kölner Parteispendenaffäre hat das<br />

Landgericht Köln einen ehemaligen Vorsitzenden<br />

des CDU-Kreisverbandes Köln wegen Untreue<br />

in Tateinheit mit Betrug und wegen Beihilfe<br />

zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe<br />

von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung<br />

es zur Bewährung ausgesetzt hat. Weitere<br />

acht Mitangeklagte wurden jeweils wegen<br />

Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe<br />

zum Betrug sowie wegen Steuerhinterziehung zu<br />

Gesamtgeldstrafen zwischen 80 und 130 Tagessätzen<br />

verurteilt.<br />

Nach den Urteilsfeststellungen erhielt der CDU-<br />

Kreisverband Köln im Jahr 1999 anonyme Parteispenden<br />

von einer oder mehreren Personen in<br />

einer Gesamthöhe von 67.000,00 DM. Einer der<br />

Angeklagten, der damalige Vorsitzende des<br />

Kreisverbandes, wollte die Spenden zu Gunsten<br />

des Kreisverbandes erfassen und die Spender<br />

und Spendenhöhe verschleiern. Daher warb er<br />

die Mitangeklagten an, als Scheinspender aufzutreten,<br />

und stellte diesen dann falsche Quittungen<br />

über Parteispenden aus. Die Mitangeklagten<br />

machten in ihren Steuererklärungen die quittierten<br />

Spenden steuerlich geltend und verkürzten<br />

dadurch die Steuerlast. Aufgrund der Verschleierung<br />

der tatsächlichen Gegebenheiten erhielt die<br />

Bundespartei, wie vom Vorsitzenden des Kreisverbands<br />

angestrebt, zu Lasten der anderen am<br />

System der staatlichen Parteifinanzierung beteiligten<br />

Parteien eine ihr in dieser Höhe nicht zustehende<br />

staatliche Förderung nach dem Parteiengesetz.<br />

Bei seinem Handeln nahm der Angeklagte<br />

in Kauf, dass der wahre Sachverhalt – wie<br />

dann auch geschehen – später bekannt werden<br />

und der Kreisverband Köln der CDU in der Folge<br />

durch Sanktionen nach dem Parteiengesetz erhebliche<br />

finanzielle Nachteile erleiden könnte.<br />

66 BGH, Beschluss vom 13.04.1 – 1 StR/10, in: NJW<br />

2011, 1747 ff. mit Anm. von Christian Brand.<br />

67 BGH, in: NJW 2011, 88 ff. = NStZ 2011, 37 ff.<br />

147

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!