2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
der Urabstimmungen in beiden beteiligten Parteien,<br />
und zwar jeweils zustande gekommen unter<br />
Beachtung demokratischer Grundsätze. Die<br />
Einhaltung dieser Voraussetzungen bereitete offenbar<br />
Schwierigkeiten. Jedenfalls hatten die<br />
DVU-Landesverbände Niedersachsen, Schleswig-Holstein,<br />
Nordrhein-Westfalen und Berlin<br />
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Urabstimmung,<br />
die unter den rund 4000 Mitgliedern der<br />
DVU durchgeführt worden war. Zu Recht, wie<br />
das LG München<strong>18</strong> den klagenden Landesverbänden<br />
der DVU bestätigt hat. Das Gericht stellte<br />
in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes<br />
fest, dass „hinsichtlich der durchgeführten<br />
Urabstimmung […] erhebliche, mit den Anforderungen<br />
an demokratische Abstimmungen<br />
unvereinbare Mängel vorgetragen und glaubhaft<br />
gemacht“ wurden. Folglich durfte unter Androhung<br />
eines Ordnungsgeldes in Höhe von<br />
250.000 € der Verschmelzungsvertrag vor erneuter<br />
Durchführung einer ordnungsgemäßen Urabstimmung<br />
nicht unterzeichnet werden.<br />
Das LG Berlin19 hat die Klage eines aus der<br />
CDU ausgeschlossenen Landtagsabgeordneten<br />
aus Sachsen-Anhalt gegen seinen Parteiausschluss<br />
abgewiesen. Der CDU-Landtagsabgeordnete<br />
hatte jahrelang auf Kosten der Landtagsverwaltung<br />
eine Wahlkreismitarbeiterin in Vollzeit<br />
angestellt, die gleichzeitig Vollzeitbeschäftigte<br />
der Verwaltungsgemeinschaft Nördlicher Saalkreis<br />
in Löbejün war. Der Landtagsabgeordnete<br />
übte dort zugleich das Amt des ehrenamtlichen<br />
Bürgermeisters aus. Ein Strafverfahren wegen<br />
Betruges wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft<br />
aufgrund der „unklaren Rechtslage“<br />
bei der Beschäftigung von Wahlkreismitarbeitern<br />
nach dem einschlägigen Abgeordnetengesetz<br />
eingestellt. Hatte zunächst noch das Landesparteigericht<br />
eine Rüge als mildere Ordnungsmaßnahme<br />
für sachangemessen erachtet, zog das<br />
Bundesparteigericht jedoch angesichts der anhaltenden<br />
negativen Berichterstattung in den Medien<br />
deutliche Konsequenzen und schloss den<br />
<strong>18</strong> LG München, Beschluss vom 25.01.2011 – 20 O<br />
25065/10, online veröffentlicht bei Beck, BeckRS<br />
2011, 02177.<br />
19 LG Berlin, Urteil vom 23.03.2011 – 20 O 335/10, veröffentlicht<br />
auf der Internetseite des Gerichts.<br />
CDU-Landtagsabgeordneten wegen parteischädigenden<br />
Verhaltens aus20 – zu Recht, wie das<br />
LG Berlin feststellte. Das LG ist als staatliches<br />
Gericht in seinem Prüfungsumfang auf eine Evidenz-<br />
und Willkürkontrolle beschränkt, prüft<br />
also nur, ob die Entscheidung des Bundesparteigerichts<br />
auf einer zutreffend festgestellten Tatsachengrundlage<br />
beruht, gesetzes- und satzungskonform<br />
ergangen und nicht grob unbillig oder<br />
willkürlich ist. Danach war die Entscheidung des<br />
Bundesparteigerichts nicht zu beanstanden und<br />
der Ausschluss wirksam21 .<br />
Dr. Alexandra Bäcker<br />
2. Chancengleichheit<br />
Inhalt, Umfang und Reichweite der Ansprüche<br />
politischer Parteien auf Zugang zu und Überlassung<br />
von öffentlichen Einrichtungen sind in<br />
Rechtsprechung und Literatur hinreichend geklärt.<br />
Dies gilt insbesondere auch für die Voraussetzungen<br />
einer Widmungsänderung: „Die<br />
kurzfristige Änderung der Miet- und Benutzungsordnung<br />
einer Stadthalle ist teilweise unwirksam,<br />
soweit sie – ohne eine Übergangsregelung,<br />
die bereits gestellte Überlassungsanträge<br />
von der Anwendung der Neuregelungen ausnimmt<br />
– gezielt erfolgt, um den bereits gestellten<br />
Überlassungsantrag einer politischen Partei ablehnen<br />
zu können.“ An diese in zahlreichen Gerichtsentscheidungen<br />
22 bereits bestätigten Anforderungen<br />
an die Rechtmäßigkeit nachträglicher<br />
Änderungen von Benutzungsordnungen oder die<br />
Überlassungspraxis öffentlicher Einrichtungen<br />
20 Zu den Hintergründen s. Hendrik Kranert-Rydzy, Thomas<br />
Madl aus Partei ausgeschlossen, in: Mitteldeutsche<br />
Zeitung vom 25. August 2010, online unter<br />
http://www.mz-web.de/ abrufbar.<br />
21 In einem weiteren, auf die Rückzahlung der Landeszuschüsse<br />
für die Wahlkreismitarbeiterin gerichteten verwaltungsgerichtlichen<br />
Verfahren einigten sich der klagende<br />
Landtag und der Landtagsabgeordnete im Juni<br />
2011 vergleichsweise. Dazu Hendrik Kranert-Rydzy,<br />
Doppeljob kostet Madl 86.000 Euro, in: Mitteldeutsche<br />
Zeitung vom 29. Juni 2011, online unter<br />
http://www.mz-web.de/ abrufbar.<br />
22 S. nur die Rechtsprechungsnachweise in den vorangegangenen<br />
Ausgaben des MIP, online unter http://www.<br />
uni-duesseldorf.de/pruf/mip/mip-download.html.<br />
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