2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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02.12.2012 Aufrufe

Aufsätze Sebastian Roßner – Von Töchtern und Enkelinnen MIP 2012 18. Jhrg. die Genese der Norm stützen: „Spenden von Unternehmen, die der Staat selbst betreibt und auf die die Parteien zumindest mittelbar Einfluss nehmen können, werden ausdrücklich untersagt.“ So formuliert es die Begründung des Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes17 , mit dem die gegenwärtige Fassung von § 25 Abs. 2 Nr. 5 PartG verabschiedet wurde. Auch der Bericht der vom damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau eingesetzten „Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung“ hebt auf die Beherrschung eines Unternehmens durch die öffentliche Hand als Anknüpfungspunkt für eine Spendenannahmeverbot ab18 . Kriterium des Spendenannahmeverbotes ist nach Auskunft der Gesetzgebungsmaterialien also der von der öffentlichen-Hand vermittelte Einfluß der politischen Parteien auf das spendende Unternehmen. Dabei ist stillschweigend und in realistischer Einschätzung der politischen Gegebenheiten die Lenkung des Staates (der „öffentlichen Hand“) durch die politischen Parteien vorausgesetzt. 4. Unter dieser Annahme der zentralen Rolle der politischen Parteien bleibt dem PartG nur noch übrig, sachlich zutreffende und handhabbare Kriterien dafür zu entwickeln, wann ein wesentlicher, ein Spendenannahmeverbot rechtfertigender Einfluß der öffentlichen Hand auf ein Unternehmen vorliegt. Aufgrund der Abstraktheit einer gesetzlichen Normierung kann eine hinreichend sicher zu handhabende Regelung nicht alle Gestaltungen des Einzelfalles vollständig erfassen, sondern muß auf eine Typisierung zurückgreifen. Nach der hier vorgeschlagenen Auslegung von § 25 Abs. 2 Nr. 5 PartG hat der Gesetzgeber dafür drei Tatbestandsvarianten mit jeweils eigenem Anwendungsbereich gefunden, die in ihrer Summe die Masse der relevanten Fälle zu erfassen versprechen: a) Die erste Variante erfaßt das direkte oder vermittelte vollständige Eigentum19 der öffentlichen 17 BTDrS 14/8778 S. 17, 1. Spalte. 18 BTDrS 14/6710 S. 34, 1. Spalte. 19 Wobei für ein unmittelbares vollständiges Eigentum kein eigenständiger Anwendungsbereich neben der zweiten Variante des mindestens 25prozentigen Teileigentums verbleibt. Zur zweiten Variante s.u. 120 Hand an dem spendenden Unternehmen. In dieser Konstellation besteht kein Zweifel an einem typischerweise wesentlichen Einfluß der öffentlichen Hand auf das spendende Unternehmen, da auch beim vermittelten vollständigen Eigentum alle vermittelnden Gesellschaften im Einwirkungsbereich der öffentlichen Hand liegen. Besondere gesellschaftsrechtliche Gestaltungen können zwar die Einflußmöglichkeiten abweichend von den Beteiligungsverhältnissen gestalten. Im Rahmen der mit der notwendigen Typisierung verbundenen Ungenauigkeiten kann der Gesetzgeber aber solche Abweichungen von der Regel unberücksichtigt lassen und an das vollständige Eigentum der öffentlichen Hand als Kriterium für deren wesentlichen Einfluß anknüpfen. Der eingangs geschilderte Düsseldorfer Spendenfall unterliegt danach also dieser Variante des Spendenannahmeverbots nach § 25 II Nr. 5 PartG. b) Die zweite Variante bezieht sich auf das direkte Teileigentum der öffentlichen Hand in Höhe von mindestens 25 Prozent. Die Schwelle einer mindestens 25prozentigen Beteiligung hat der Gesetzgeber offenbar in wertender Anlehnung an einschlägige Vorschriften des Gesellschaftsrechts 20 gewählt, die an bestimmte Höhen der Beteiligung besondere Rechte knüpfen. Die zusätzliche Bedingung der Direktheit der Beteiligung ist berechtigt, da nur eine solche Beteiligung an der spendenden Gesellschaft selbst derartige Rechte vermitteln kann. Bei einer vermittelten Beteiligung von 25 Prozent käme es also darauf an, daß die zwischengeschalteten Gesellschaften tatsächlich eine Beherrschung von 25 Prozent der Anteile an der spendenden Gesellschaft vermitteln. Dies wäre – besondere gesell- 20 Es handelt sich bei der 25%-Schwelle um eine Wertung des Gesetzgebers des PartG, die verschiedene, gesellschaftsrechtliche für die Ausübung bestimmter Rechte geforderte Beteiligungshöhen mittelt. Vgl. etwa § 122 AktG: 20% (Einberufung der Hauptversammlung); § 50 GmbHG: 10% (Einberufung der Gesellschafterversammlung); § 52 II GmbHG: 75% für Änderung des Gesellschaftsvertrages; § 179 II 2 AktG: 75% für Änderung der Satzung. Vgl. auch die in ähnlicher Weise wertende Legaldefinition in § 29 II WpÜG: „Kontrolle“ einer Gesellschaft ab einer Beteiligung von 30%, hier allerdings nach § 30 WpÜG auch indirekte Beteiligungen erfaßt.

MIP 2012 18. Jhrg. Sebastian Roßner – Von Töchtern und Enkelinnen Aufsätze schaftsvertragliche Gestaltungen außerachtgelassen – etwa nicht der Fall, wenn die 25prozentige Beteiligung an dem spendenden „Enkelunternehmen“ über mehrere parallele Minderheitenbeteiligungen an „Tochterunternehmen“ vermittelt würde. Die Fülle möglicher Gestaltungen ist hier schier uferlos, so daß der Gesetzgeber sich entschlossen hat, den gordischen Knoten zu durchschlagen, indem er typisierend die Direktheit der Beteiligung neben deren Höhe als weitere Bedingung eines Spendenannahmeverbotes einfügte. c) Die dritte Variante schließlich erfaßt diejenigen Konstellationen, in denen der wesentliche Einfluß der öffentlichen Hand auf die Spenderin zwar rechtlich verfestigt ist, aber nicht oder jedenfalls nicht allein auf Eigentum beruht. Es geht also in der Regel um vertragliche, insbesondere gesellschaftsvertragliche Gestaltungen21 , die der öffentlichen Hand besondere Einwirkungsrechte zusichern, die denen der beiden ersten Tatbestandsvarianten gleichwertig und daher hinreichend sind, ein Spendenannahmeverbot für politische Parteien zu begründen. Denkbare Beispiele sind etwa die Einräumung von Entscheidungs- oder Mitspracherechten bei der Besetzung von Führungspositionen oder Gesellschaftervereinbarungen, die im Rahmen einer GmbH durch das Instrument der Stimmbindung die Willensbildung der Gesellschafterversammlung an die Entscheidung eines staatlichen Minderheitengesellschafters binden. Die Subsumtion derartig vielfältiger vertraglicher Gestaltungen unter den Tatbestand der dritten Variante des Betreibens oder Verwaltens fällt nicht leicht. Es kommt jedenfalls darauf an, daß die öffentliche Hand einen wesentlichen Einfluß auf Einzelentscheidungen des fraglichen Unternehmens nehmen kann, sei dies mittelbar über die Bestimmung des Führungspersonals oder direkt über vertraglich abgesicherte Einwirkungsrechte auf die Sachentscheidungen. Für den ähnlichen Fall der Überlassung öffentlicher Räume, die durch 21 Eine wesentliche Ausnahme stellt etwa die gesetzliche Regelung in § 4 II VW-Gesetz dar, die eine Sperrminorität von 20 Prozent der Aktienanteile etabliert, wovon das Land Niedersachsen profitiert, indem es so gestellt wird, wie ein Anteilseigner, der mindestens 25 Prozent plus 1 Aktie an einer AG hält, die lediglich dem AktG unterfällt. Private betrieben werden, an politische Parteien hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung Kriterien entwickelt, wann die Partei gegenüber der öffentlichen Hand einen Anspruch auf Einwirkung auf den privaten Betreiber hinsichtlich einer Überlassung des Raumes hat. Nach dem Grundsatz impossibilium nulla est obligatio werden Weisungs- oder Einwirkungsrechte der öffentlichen Hand gefordert, die geeignet sind, dem Begehr der Partei Geltung zu verschaffen22 . An der Rechtsprechung in diesen Fällen kann sich auch die Auslegung von § 25 II Nr. 5 3. Variante PartG orientieren. 5. Zusammenfassend wird hier also eine Auslegung von § 25 II Nr. 5 PartG vorgeschlagen, welche die einschränkende Bedingung einer mindestens 25prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hand nur auf die zweite Variante des öffentlichen Teileigentums an dem spendenden Unternehmen bezieht. Vor dem Hintergrund dreier paralleler Tatbestandsvarianten bedarf eine solche Beschränkung einer besonderen Begründung. Diese ergibt sich aus der verfassungsrechtlichen Einbettung der Norm (II.), ihrer Systematik (III. 1.) und ihrer Genese (III. 3.). Schließlich ergibt eine Auslegung der einzelnen Tatbestandsvarianten – unter der begründeten Annahme, daß mit „Eigentum“ auch über mehrstufige Beteiligungen vermittelte Beziehungen gemeint sind (III. 2.) – auch ein inhaltlich sinnvolles Ergebnis (III. 4.). IV. Rechtspolitischer Verbesserungsbedarf Die hier vorgeschlagene Auslegung von § 25 II Nr. 5 PartG verwirklicht die hinter dem Recht der Parteienfinanzierung stehenden verfassungsrechtlichen Grundsätze (II.) besser als die bisher vorgeschlagenen Interpretationen, indem sie 22 Im Grundsatz BVerwG, NJW 1990, 134 (135); ebenso etwa OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2007, 363. Instruktiv für die Bewertung einzelner vertraglicher Gestaltungen etwa VGH München, NVwZ-RR 1988, 71 (72) für den Anspruch eines Schaustellers auf Zulassung zu einem privat betriebenen Volksfest. Vgl. Augsberg, Steffen, in: Kersten, Jens / Rixen, Stephan (Hg.), Parteiengesetz (PartG) und europäisches Parteienrecht. Kommentar, (2009) § 5 Rn. 92; Lenski, S.: Parteiengesetz (2011) § Rn. 17; Püttner, Günter: Die Einwirkungspflicht, DVBl. 1975 (352-357). 121

Aufsätze Sebastian Roßner – Von Töchtern und Enkelinnen MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />

die Genese der Norm stützen: „Spenden von Unternehmen,<br />

die der Staat selbst betreibt und auf<br />

die die Parteien zumindest mittelbar Einfluss<br />

nehmen können, werden ausdrücklich untersagt.“<br />

So formuliert es die Begründung des Achten<br />

Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes17<br />

, mit dem die gegenwärtige Fassung von<br />

§ 25 Abs. 2 Nr. 5 PartG verabschiedet wurde.<br />

Auch der Bericht der vom damaligen Bundespräsidenten<br />

Johannes Rau eingesetzten „Kommission<br />

unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der<br />

Parteienfinanzierung“ hebt auf die Beherrschung<br />

eines Unternehmens durch die öffentliche Hand<br />

als Anknüpfungspunkt für eine Spendenannahmeverbot<br />

ab<strong>18</strong> . Kriterium des Spendenannahmeverbotes<br />

ist nach Auskunft der Gesetzgebungsmaterialien<br />

also der von der öffentlichen-Hand<br />

vermittelte Einfluß der politischen Parteien auf<br />

das spendende Unternehmen. Dabei ist stillschweigend<br />

und in realistischer Einschätzung<br />

der politischen Gegebenheiten die Lenkung des<br />

Staates (der „öffentlichen Hand“) durch die politischen<br />

Parteien vorausgesetzt.<br />

4. Unter dieser Annahme der zentralen Rolle der<br />

politischen Parteien bleibt dem PartG nur noch<br />

übrig, sachlich zutreffende und handhabbare Kriterien<br />

dafür zu entwickeln, wann ein wesentlicher,<br />

ein Spendenannahmeverbot rechtfertigender<br />

Einfluß der öffentlichen Hand auf ein Unternehmen<br />

vorliegt. Aufgrund der Abstraktheit einer<br />

gesetzlichen Normierung kann eine hinreichend<br />

sicher zu handhabende Regelung nicht<br />

alle Gestaltungen des Einzelfalles vollständig erfassen,<br />

sondern muß auf eine Typisierung zurückgreifen.<br />

Nach der hier vorgeschlagenen Auslegung<br />

von § 25 Abs. 2 Nr. 5 PartG hat der Gesetzgeber<br />

dafür drei Tatbestandsvarianten mit jeweils<br />

eigenem Anwendungsbereich gefunden,<br />

die in ihrer Summe die Masse der relevanten<br />

Fälle zu erfassen versprechen:<br />

a) Die erste Variante erfaßt das direkte oder vermittelte<br />

vollständige Eigentum19 der öffentlichen<br />

17 BTDrS 14/8778 S. 17, 1. Spalte.<br />

<strong>18</strong> BTDrS 14/6710 S. 34, 1. Spalte.<br />

19 Wobei für ein unmittelbares vollständiges Eigentum<br />

kein eigenständiger Anwendungsbereich neben der<br />

zweiten Variante des mindestens 25prozentigen Teileigentums<br />

verbleibt. Zur zweiten Variante s.u.<br />

120<br />

Hand an dem spendenden Unternehmen. In dieser<br />

Konstellation besteht kein Zweifel an einem<br />

typischerweise wesentlichen Einfluß der öffentlichen<br />

Hand auf das spendende Unternehmen, da<br />

auch beim vermittelten vollständigen Eigentum<br />

alle vermittelnden Gesellschaften im Einwirkungsbereich<br />

der öffentlichen Hand liegen. Besondere<br />

gesellschaftsrechtliche Gestaltungen<br />

können zwar die Einflußmöglichkeiten abweichend<br />

von den Beteiligungsverhältnissen gestalten.<br />

Im Rahmen der mit der notwendigen Typisierung<br />

verbundenen Ungenauigkeiten kann der<br />

Gesetzgeber aber solche Abweichungen von der<br />

Regel unberücksichtigt lassen und an das vollständige<br />

Eigentum der öffentlichen Hand als<br />

Kriterium für deren wesentlichen Einfluß anknüpfen.<br />

Der eingangs geschilderte Düsseldorfer Spendenfall<br />

unterliegt danach also dieser Variante des<br />

Spendenannahmeverbots nach § 25 II Nr. 5 PartG.<br />

b) Die zweite Variante bezieht sich auf das direkte<br />

Teileigentum der öffentlichen Hand in<br />

Höhe von mindestens 25 Prozent. Die Schwelle<br />

einer mindestens 25prozentigen Beteiligung hat<br />

der Gesetzgeber offenbar in wertender Anlehnung<br />

an einschlägige Vorschriften des Gesellschaftsrechts<br />

20 gewählt, die an bestimmte Höhen<br />

der Beteiligung besondere Rechte knüpfen. Die<br />

zusätzliche Bedingung der Direktheit der Beteiligung<br />

ist berechtigt, da nur eine solche Beteiligung<br />

an der spendenden Gesellschaft selbst derartige<br />

Rechte vermitteln kann. Bei einer vermittelten<br />

Beteiligung von 25 Prozent käme es also<br />

darauf an, daß die zwischengeschalteten Gesellschaften<br />

tatsächlich eine Beherrschung von 25<br />

Prozent der Anteile an der spendenden Gesellschaft<br />

vermitteln. Dies wäre – besondere gesell-<br />

20 Es handelt sich bei der 25%-Schwelle um eine Wertung<br />

des Gesetzgebers des PartG, die verschiedene, gesellschaftsrechtliche<br />

für die Ausübung bestimmter<br />

Rechte geforderte Beteiligungshöhen mittelt. Vgl. etwa<br />

§ 122 AktG: 20% (Einberufung der Hauptversammlung);<br />

§ 50 GmbHG: 10% (Einberufung der Gesellschafterversammlung);<br />

§ 52 II GmbHG: 75% für Änderung<br />

des Gesellschaftsvertrages; § 179 II 2 AktG:<br />

75% für Änderung der Satzung. Vgl. auch die in ähnlicher<br />

Weise wertende Legaldefinition in § 29 II WpÜG:<br />

„Kontrolle“ einer Gesellschaft ab einer Beteiligung<br />

von 30%, hier allerdings nach § 30 WpÜG auch indirekte<br />

Beteiligungen erfaßt.

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