2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Hana Kühr – Die Erscheinungsformen von Mandatsträgerbeiträgen Aufsätze<br />
keit im Sinne des § 27 I 2 PartG nicht, Kandidatenbeiträge<br />
als vorgezogene Mandatsträgerbeiträge<br />
einzuordnen. Wann der Zahlungszeitpunkt<br />
festgelegt wird, kann jedoch nicht entscheidend<br />
für die Qualifizierung der Beitragsart sein. Die<br />
von Mandatsträgern inzident verlangte rückwirkende<br />
Beteiligung an den Wahlkampfkosten<br />
wird im Fall der Kandidatenbeiträge vor der<br />
Wahl lediglich dahingehend modifiziert, dass sie<br />
nun eben schon vor der Wahl erwartet wird. Diese<br />
Wertung ergibt sich insbesondere für den Fall,<br />
dass erfolglosen Kandidaten ihr Beitrag rückerstattet<br />
wird. Die quantitative Eigenschaft der Regelmäßigkeit<br />
des § 27 I 2 PartG sperrt daher<br />
nicht die materielle Zuordnung zu den Mandatsträgerbeiträgen.<br />
Ebensowenig schadet eine rein<br />
begriffliche Orientierung an der Bezeichnung<br />
„Mandatsträger“, welche die Kandidaten ja gerade<br />
noch nicht sind. Auch in dieser Hinsicht steht<br />
der Erhebungsgrund des Mandats gleichermaßen<br />
im Vordergrund.<br />
Diese Qualifizierung zeigt, dass auch Zahlungen<br />
von Kandidaten vor der Wahl40 als besondere Erscheinungsform<br />
in die verfassungsrechtliche Bewertung<br />
von Mandatsträgerbeiträgen einzustellen<br />
sind.<br />
4. Zusätzliche Erhöhung der Mitgliedsbeiträge<br />
von Mandatsträgern<br />
Die staatliche Finanzierung ist an die durch Einnahmen<br />
sichtbar gemachte Verwurzelung der Parteien<br />
in der Bevölkerung gekoppelt und in der<br />
Höhe begrenzt, vgl. § <strong>18</strong> V PartG. Die Parteien<br />
haben also ein Interesse daran, eine möglichst<br />
hohe Summe an Zuwendungen von Privaten zu<br />
erhalten. Regularien zur Steigerung der Spendenwilligkeit<br />
sind weniger erfolgversprechend als der<br />
Rückgriff der Parteien auf leicht zu disziplinierende<br />
Gruppen von Zahlungswilligen. Wie bereits<br />
erörtert, sind Mandatsträger besonders attraktiv<br />
für erhöhte Zahlungsverpflichtungen.<br />
Ein weiterer Versuch, eine möglichst hohe Beitragssumme<br />
von ihnen einzunehmen, kann dahingehend<br />
unternommen werden, nicht nur Sonderabgaben,<br />
sondern zusätzlich erhöhte Mitgliedsbeiträ-<br />
40 Zur Untersuchung dieser Einnahmeform H. Kühr,<br />
DÖV 2011, S. 963 ff.<br />
ge zu fordern. Dies etwa in der Weise, dass Mandatsträger<br />
ohne Selbsteinschätzungsmöglichkeit<br />
den höchsten Beitragssatz zu entrichten haben.<br />
Das hätte den praktischen und eventuell tendenzgeprägten<br />
Vorteil, die einfachen Parteimitglieder<br />
zu entlasten und denjenigen höhere Beiträge abzuverlangen,<br />
die eine Leistung der Partei in Anspruch<br />
genommen haben. Gerade vor dem Hintergrund,<br />
dass alle Parteien gegen Mitgliederschwund<br />
kämpfen müssen, ist es förderlich, die<br />
Mitgliedschaft mit möglichst geringen Pflichten<br />
zu verbinden.<br />
Auch wenn es grundsätzlich der Tendenzfreiheit<br />
der Parteien unterliegt, welches Bild von den eigenen<br />
Parteimitgliedern sie pflegen, müssen<br />
grundlegende verfassungsrechtliche Prinzipien<br />
auch bei dieser parteiinternen Frage eingehalten<br />
werden. Die Tendenzfreiheit und Satzungsautonomie<br />
der Parteien reicht nur bis zu den durch<br />
Art. 21 I 3 GG auferlegten verfassungsrechtlichen<br />
Grenzen. Das verfassungsrechtliche Gebot<br />
der innerparteilichen Demokratie verlangt, dass<br />
auch innerhalb der Parteien ein Kernbestand demokratischer<br />
Verfassungsprinzipien eingehalten<br />
wird. Die Parteien spielen bei der politischen<br />
Willensbildung des Volkes eine entscheidende,<br />
wenn nicht die wichtigste Rolle, daher müssen<br />
notwendigerweise auch sie einen demokratischen<br />
Charakter vorweisen. Politische Parteien<br />
sind keine staatlichen Institutionen, daher sind<br />
die strengen demokratischen Anforderungen an<br />
staatliches Handeln nur in abgeschwächter Form<br />
auf die privaten Institutionen zu übertragen. Innerparteiliche<br />
Strukturen müssen nur soweit verfassungsrechtlichen<br />
Prinzipien der Demokratie<br />
genügen, wie sie für die Funktionszuweisung des<br />
Art. 21 I 1 GG relevant werden. 41 Etwa die Willensbildung<br />
und Partizipation der Mitglieder<br />
muss sich von „unten nach oben“ vollziehen.<br />
Der Gleichheitsgrundsatz gilt als Teilelement<br />
des verfassungsrechtlichen Verständnisses von<br />
Demokratie daher etwa für die Teilhabe des einzelnen<br />
Parteimitglieds an internen Prozessen.<br />
Trotz einer nur grundsätzlichen Übertragung demokratischer<br />
Kernelemente in das Parteiinnere<br />
sprechen gute Gründe dagegen, die Satzungsfrei-<br />
41 S. auch R. Wolfrum, Fn. 104, S. 26.<br />
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