2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Hana Kühr – Die Erscheinungsformen von Mandatsträgerbeiträgen Aufsätze<br />
pflichtung der Adressaten, als sie die Beitragszahlung<br />
als selbstverständlich voraussetzt. Die<br />
internen Regelwerke der im Bundestag vertretenen<br />
Parteien weisen die gleiche Struktur in Bezug<br />
auf die Mitgliederpflichten auf: In der Bundessatzung<br />
wird die allgemeine Mitgliedspflicht<br />
der Beitragsentrichtung bestimmt, welche durch<br />
die Finanz- bzw. Beitragsordnungen genauer<br />
ausgestaltet wird. Die bloß beschreibende Formulierung<br />
der hier zitierten Vorschriften zu den<br />
Sonderbeiträgen stellt sich bei systematischer<br />
Betrachtung als Konkretisierung der allgemeinen<br />
Beitragspflicht für einen besonderen Fall dar.<br />
Der rein deklaratorisch anmutende Charakter der<br />
zitierten Vorschriften geht damit über eine bloße<br />
Erwartungshaltung hinaus und begründet eine<br />
Rechtspflicht des Mandatsträgers. 32 Dieses Ergebnis<br />
entspricht dem Bedürfnis der Parteien<br />
nach einem Mechanismus, der die tatsächliche<br />
regelmäßige Zahlung sicherstellt oder zumindest<br />
fördert, denn so ist zumindest in einem ersten<br />
formalen Schritt klar umrissen, was zum Pflichtenkreis<br />
des Mandatsträgers im Verhältnis zu<br />
seiner Partei gehört.<br />
Allerdings ist die Effizienz der rechtlichen Forderung<br />
begrenzt, womit gleichzeitig die verfassungsrechtlichen<br />
Bedenken gegenüber Zwang<br />
seitens der Parteien gemildert werden. Die in<br />
Parteisatzungen vermittelte rechtliche Zahlungspflicht<br />
kann von den Parteien nicht ohne weiteres<br />
durchgesetzt werden, weil ihr dafür praktisch<br />
einsetzbare rechtliche Instrumente fehlen: Ein<br />
Parteiausschluss setzt gem. § 10 V PartG ein<br />
Verfahren vor dem entsprechenden Schiedsgericht<br />
als zu überwindende Hürde voraus. 33 Zudem<br />
wird es nicht in allen Fällen unproblematisch<br />
sein, darzulegen, dass die unterlassene Zahlung<br />
der Sonderbeiträge einen schweren Schaden<br />
für die Partei begründet. 34 Die Nichtzahlung als<br />
32 Eine Ausnahme gilt insoweit für die Regelung der<br />
FDP, die wohl nur als Erwartung zu verstehen ist.<br />
33 M. Morlok, Nomos Erläuterungen zum Bundesrecht,<br />
PartG, § 10 Rn. 14.<br />
34 Im Vergleich zu üblichen Mitgliedsbeiträgen sind<br />
Mandatsträgerbeiträge höher, sodass es die Partei empfindlicher<br />
trifft, wenn ein Mandatsträger seiner Zahlungspflicht<br />
nicht nachkommt. Allein daraus lässt sich<br />
aber nicht unmittelbar ein schwerer Schaden der Partei<br />
ableiten. Zu einfachen Mitgliedsbeiträgen s. J. Risse,<br />
fingierte Erklärung des Austritts aus der Partei zu<br />
interpretieren, verstößt gegen die Funktion des<br />
Parteiausschlusses für die innerparteiliche Demokratie<br />
nach Art. 21 I 3 GG. Dessen Verfahren<br />
birgt mit Bedacht hohe Hürden, um die Rechtsstellung<br />
der Mitglieder gegenüber der Partei zu<br />
festigen. 35 Ein Verfahren zur Einforderung der<br />
Beiträge vor den jeweiligen Parteischiedsgerichten<br />
ist wenig erfolgversprechend, weil dort zwar<br />
eine Zahlungspflicht des Mandatsträgers festgestellt<br />
werden kann, ein Titel des parteiinternen<br />
Gerichts selbst aber nicht vollstreckbar ist. 36 Zudem<br />
ist es praktisch unwahrscheinlich, dass eine<br />
Partei voreilig den unliebsamen Weg einer Klage<br />
gegen eigene Mitglieder wählen wird.<br />
Selbstverständlich verbleiben der Partei faktische<br />
Möglichkeiten, um Druck auf die besonderen<br />
Parteimitglieder auszuüben – wie etwa die<br />
Drohung mit einer nicht erneuten Aufstellung als<br />
Kandidat. Der politische Druck auf den Beitragssäumigen<br />
ist viel wirkungsvoller als die rechtliche<br />
Verpflichtung zur Leistung eines Sonderbeitrags.<br />
Politischer Druck ist jedoch kein spezifischer<br />
Reflex auf die unterlassene Zahlung der<br />
Mandatsträgerbeiträge, sondern ein allgemeines<br />
Mittel, um die Exponenten der Partei zu disziplinieren.<br />
Gleiches gilt für von der Partei veröffentlichte<br />
Listen, welche nicht zahlende Mandatsträger<br />
in der Öffentlichkeit anprangern. Die Gefahr<br />
für den guten Ruf eines Mandatsträgers ist nicht<br />
ausgerechnet durch die Ausgestaltung der Sonderbeiträge<br />
abzuwehren, sondern ein Faktum im<br />
politischen Wettbewerb, mit dem der Inhaber eines<br />
öffentlichen Wahlamtes umzugehen wissen<br />
muss. Insbesondere der Abgeordnete als besonderer<br />
Mandatsträger kann sich – jedenfalls für<br />
die Dauer seines öffentlichen Wahlamtes – mithilfe<br />
der Verfassungsgarantie des Art. 38 I 2 GG<br />
NVwZ 1983, S. 529 (530).<br />
35 R. Wolfrum, Die innerparteiliche demokratische Ordnung<br />
nach dem Parteiengesetz, 1974, S. 146 ff. (<strong>15</strong>1);<br />
D. Tsatsos/M. Morlok, Parteienrecht, 1982, S. 62.<br />
36 Die nach den Parteisatzungen eingerichteten Parteischiedsgerichte<br />
sind keine Gerichte nach §§ 1025 ff.<br />
ZPO, s. dazu Ch. Lenski, PartG, 2011, § 14 Rn. 3 ff.;<br />
H. Wißmann, in: Kersten/Rixen, PartG, 2009, § 14 Rn.<br />
6 ff.; M. Morlok, Fn. 33, § 14 Rn. 1. Daher kommt Urteilen<br />
der Parteischiedsgerichte auch nicht gem. § 1055<br />
ZPO die Wirkung eines gerichtlichen Urteils zu.<br />
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