2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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02.12.2012 Aufrufe

Aufsätze Hana Kühr – Die Erscheinungsformen von Mandatsträgerbeiträgen MIP 2012 18. Jhrg. II. Rechtliche Rahmenbedingungen der Mandatsträgerbeiträge 7 Der Wortlaut der Vorschrift „des Spenders“ ist insoweit als Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu verstehen, als es sich bei Mandatsträgerbeiträgen nicht um Spenden handelt. Dafür sprechen der ausdrückliche Wortlaut des § 27 I 3 PartG sowie der Erhebungsgrund der Beiträge. 8 So zur Regelungsdichte des Grundgesetzes in Bezug auf die allgemeine Parteienfinanzierung D. Grimm, in: HdbVerfR, 2. Aufl. 1994, § 14 Rn. 49. Abgeordneten, „niemandem Zuwendungen mit Rücksicht auf ihr Mandat (zu) machen“. Inwieweit Mandatsträgerbeiträge gegen § 27 II Nds- AbgG verstoßen, 9 kann hier offen bleiben, da eine genaue rechtliche Analyse erst an den differenzierten Formen der Beiträge erfolgen soll. Ohnehin entfaltet die landesrechtliche Vorschrift nur Wirkung für niedersächsische Landtagsabgeordnete und stellt damit eine Sonderregelung dar. 1. Gesetzliche Vorgaben Sowohl das Grundgesetz als auch das einfache Recht überlassen die Einforderung von besonderen Mitgliedsbeiträgen, die anlässlich eines öffentlichen Wahlamtes zu zahlen sind, völlig der Satzungsautonomie der politischen Parteien. Die Legaldefinition der Mandatsträgerbeiträge in § 27 I 2 PartG hat keinen regulierenden Inhalt, sondern erschöpft sich in einer definierenden Funktion. Weiterhin fungieren die Mandatsträgerbeiträge als Bezugspunkt für die Berechnung der staatlichen Finanzierung der politischen Parteien: Nach § 18 I, III Nr. 3 PartG erhalten die Parteien 38 Cent für jeden Euro, den sie als Zuwendung, d.h. aus Mitglieds-, Mandatsträgerbeiträgen oder rechtmäßig erlangten Spenden, erhalten haben. Eine begrenzende Wirkung im weiteren Sinne haben lediglich zwei Vorschriften des PartG für die Gestaltung der Mandatsträgerbeiträge durch die Parteien. Die Verpflichtung, die Beiträge der Mandatsträger gesondert im Rechenschaftsbericht auszuweisen, wird den Parteien gem. § 24 IV Nr. 2 PartG auferlegt. Zudem müssen gem. § 25 III PartG im Rechenschaftsbericht diejenigen Mandatsträgerbeiträge, deren Gesamtsumme im Kalenderjahr 10.000 Euro übersteigt, unter Angabe von Name und Anschrift des Zahlenden7 ausgewiesen werden. Darüber hinaus schweigt das PartG über die Ausgestaltung etwaiger Ansprüche einer Partei gegenüber den ihr angehörenden Mandatsträgern. Man kann insofern von einer „normativen Enthaltsamkeit“ 8 2. Satzungsgestaltung Die rechtlichen Grundlagen der Mandatsträgerbeiträge sind daher in den jeweiligen Parteisatzungen zu suchen. Die Satzungsautonomie der Parteien ist als das Einfallstor für die rechtlichen Bedenken gegenüber den Mandatsträgerbeiträgen zu verstehen, denn mangels rechtlicher Rahmensetzung haben sich die unterschiedlichsten Einforderungsmodalitäten entwickelt. Die spezifische Verwendung der von Mandatsträgern eingenommenen Beiträge ist gesetzlich nicht determiniert. Auch die Satzungen treffen keine sachlichen Zuweisungen der Mittel aus Sonderbeiträgen. Lediglich Anweisungen zur anteiligen Umverteilung auf unterschiedliche Parteiuntergliederungen finden sich in Regelwerken der Parteien. sowohl der Verfassung als auch des einfachen Rechts sprechen. Darüber hinaus fehlt auf Bundesebene sowie in den anderen Bundesländern eine dem § 27 II NdsAbgG entsprechende Vorschrift. Diese Norm gebietet den 10 Ein Vergleich der Satzungen bzw. der Finanzund Beitragsordnungen der im Bundestag vertretenen Parteien zeigt, dass die Parteien die konkreten Zahlungsmodalitäten auf die Ebene der unteren Parteiuntergliederungen verlagern. Die Grundstruktur der Satzungen gleicht sich insoweit zwischen den Parteien, als sich die Regelwerke auf Bundesebene grundsätzlich zum „Ob“ der Zahlungen von Mandatsträgern verhalten. Das „Wie“ hingegen, also etwa die Höhe der Beiträge, wird den untergeordneten Parteiuntergliederungen überlassen. 11 Letztendlich entscheiden über die konkreten Zahlungsmodalitäten Partei- 100 9 Dazu ausführlich Ch. Wefelmeier, Fn. 6, S. 292 ff. 10 So z.B. die detaillierte Auflistung der Verteilung in § 3 CSU-Beitragsordnung, abrufbar unter http://www.csu. de/dateien/partei/blaetterkatalog/satzung/index.html. 11 Eine Ausnahme bilden insoweit die Satzungen der CDU und CSU.

MIP 2012 18. Jhrg. Hana Kühr – Die Erscheinungsformen von Mandatsträgerbeiträgen Aufsätze tags- oder Fraktionsbeschlüsse, Vereinbarungen mit den jeweiligen Parteivorständen oder etwaige einseitige Zusagen der Mandatsträger selbst. 12 Der Befund über die parteilichen Regelwerke zeigt: Es bestehen nicht nur interparteiliche sondern auch intraparteiliche Unterschiede in der Praxis der Mandatsträgerbeiträge. Gerade die Delegation an die Parteiuntergliederungen bildet die Grundlage für den Flickenteppich an Regelungen sogar innerhalb einer Partei. III. Ratio der Sonderbeiträge Zur Einordnung besonderer Modi von Mandatsträgerbeiträgen verhilft die Darstellung ihres Existenzgrundes, denn dieser zieht sich als roter Faden durch alle Erscheinungsformen. Hinter der Forderung gegenüber der besonderen Kategorie von Parteimitgliedern verbergen sich zum einen das besondere Verhältnis des Mandatsträgers zur Partei und zum anderen das praktische Interesse der Parteien an einer solchen Einnahmeform. Der Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes verdankt den Erfolg – nämlich die Erlangung seines Mandates – in der Regel zu einem wesentlichen Teil der Anstrengung der Partei, welcher er angehört. Der Abgeordnete in Bundes- oder Landtag bedarf der Unterstützung durch seine Partei; parteilose Kandidaten haben es ungleich schwerer, in ein Parlament gewählt zu werden. 13 Aber auch die Präsenz eines Kandidaten bei den Wahlberechtigten spielt eine entscheidende Rolle für die Erlangung eines Mandates. Je bekannter ein Wahlbewerber bei den Bürgern ist, desto größer sind dessen Chancen auf einen Erfolg. Der Kandidat einer politischen Partei kann zur Förderung der Unterstützung bei den Wählern auf die Organisation seiner Partei zurückgreifen. Auch nach der Wahl ist insbesondere der Abgeordnete auf die Unterstützung seiner Partei ange- 12 A. Krumbholz, Finanzierung und Rechnungslegung der politischen Parteien und deren Umfeld, 2010, S. 64. 13 Hans Meyer, Wahlgrundsätze und Wahlverfahren, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 3. Aufl. 2005, § 38 Rn. 10; H. v. Arnim, Volksparteien ohne Volk. Das Versagen der Politik, 2009, S. 85 ff. wiesen. Sie bietet außerhalb der parlamentarischen Arbeit einen Vorteil, indem sie Bürgermeinungen auf unterschiedliche Weise zum Abgeordneten hin transportiert. 14 Der fördernde Effekt der Parteizugehörigkeit endet nicht bei diesen quantifizierbaren Einzelleistungen. Der Kandidat kann für sich ebenso den Wert der Partei als „Marke“, mit der sich der Wähler identifiziert, zunutze machen. Es ist von parteitypischen Loyalitätserwartungen getragen, wenn ein Mandatsträger, der von den Anstrengungen der Partei als Organisation im Wahlkampf und auch danach profitiert, eine Äquivalenzleistung in Form der Zahlung erbringt. Der Mandatsträgerbeitrag stellt mit Blick auf den Charakter einer Partei als Zusammenschluss mehrerer Personen zu einer Gemeinschaft ein Gebot der ökonomischen Vernunft dar. Eine Verteilung der Kosten ist wirtschaftlich sinnvoll und gerechtfertigt, soweit demjenigen, der einen besonderen Vorteil erhält, eine besondere Zahlungspflicht obliegt. 15 Dass gerade Mandatsträgern ein besonderer Beitrag abverlangt wird, liegt an ihrer Attraktivität als Schuldner der Partei. Zum einen sind etwa Abgeordnete in den Parlamenten dank ihrer beträchtlichen staatlichen Entschädigung zahlungskräftig. 16 Zum anderen gelingt es im Vergleich zu den einfachen Mitgliedern weitaus leichter, sie zu disziplinieren. Gerade die solidarische Verbundenheit des erfolgreichen Kandidaten mit der ihn unterstützenden Parteigemeinschaft mag zu einer ordnungsgemäßen Zahlung der monatlichen Beiträge veranlassen. Parteimitglieder, die ein öffentliches Wahlamt bekleiden – so zumindest die aus theoretischer Sicht naheliegende Vermutung – müssen nicht erst durch Anstrengungen des Vorstands zur Zahlung angeregt werden. 14 Ph. Austermann, Die Anrechnungsbestimmungen im Abgeordnetenrecht des Bundes und der Länder, 2011, S. 63. 15 So auch M. Morlok, Thesen zu Einzelaspekten der Politikfinanzierung, in: D. Tsatsos (Hrsg.), Politikfinanzierung in Deutschland und Europa, 1997, S. 77 (82, 84, 86). 16 R. Ebbighausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 207 spricht davon, dass erhöhte Diäten die Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen „erleichtert“ haben. 101

Aufsätze Hana Kühr – Die Erscheinungsformen von Mandatsträgerbeiträgen MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />

II. Rechtliche Rahmenbedingungen der Mandatsträgerbeiträge<br />

7 Der Wortlaut der Vorschrift „des Spenders“ ist insoweit<br />

als Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu verstehen,<br />

als es sich bei Mandatsträgerbeiträgen nicht um<br />

Spenden handelt. Dafür sprechen der ausdrückliche<br />

Wortlaut des § 27 I 3 PartG sowie der Erhebungsgrund<br />

der Beiträge.<br />

8 So zur Regelungsdichte des Grundgesetzes in Bezug<br />

auf die allgemeine Parteienfinanzierung D. Grimm, in:<br />

HdbVerfR, 2. Aufl. 1994, § 14 Rn. 49.<br />

Abgeordneten, „niemandem Zuwendungen mit<br />

Rücksicht auf ihr Mandat (zu) machen“. Inwieweit<br />

Mandatsträgerbeiträge gegen § 27 II Nds-<br />

AbgG verstoßen, 9 kann hier offen bleiben, da<br />

eine genaue rechtliche Analyse erst an den differenzierten<br />

Formen der Beiträge erfolgen soll.<br />

Ohnehin entfaltet die landesrechtliche Vorschrift<br />

nur Wirkung für niedersächsische Landtagsabgeordnete<br />

und stellt damit eine Sonderregelung<br />

dar.<br />

1. Gesetzliche Vorgaben<br />

Sowohl das Grundgesetz als auch das einfache<br />

Recht überlassen die Einforderung von besonderen<br />

Mitgliedsbeiträgen, die anlässlich eines öffentlichen<br />

Wahlamtes zu zahlen sind, völlig der<br />

Satzungsautonomie der politischen Parteien. Die<br />

Legaldefinition der Mandatsträgerbeiträge in<br />

§ 27 I 2 PartG hat keinen regulierenden Inhalt,<br />

sondern erschöpft sich in einer definierenden<br />

Funktion. Weiterhin fungieren die Mandatsträgerbeiträge<br />

als Bezugspunkt für die Berechnung<br />

der staatlichen Finanzierung der politischen Parteien:<br />

Nach § <strong>18</strong> I, III Nr. 3 PartG erhalten die<br />

Parteien 38 Cent für jeden Euro, den sie als Zuwendung,<br />

d.h. aus Mitglieds-, Mandatsträgerbeiträgen<br />

oder rechtmäßig erlangten Spenden, erhalten<br />

haben. Eine begrenzende Wirkung im<br />

weiteren Sinne haben lediglich zwei Vorschriften<br />

des PartG für die Gestaltung der Mandatsträgerbeiträge<br />

durch die Parteien. Die Verpflichtung,<br />

die Beiträge der Mandatsträger gesondert<br />

im Rechenschaftsbericht auszuweisen, wird den<br />

Parteien gem. § 24 IV Nr. 2 PartG auferlegt. Zudem<br />

müssen gem. § 25 III PartG im Rechenschaftsbericht<br />

diejenigen Mandatsträgerbeiträge,<br />

deren Gesamtsumme im Kalenderjahr 10.000<br />

Euro übersteigt, unter Angabe von Name und<br />

Anschrift des Zahlenden7 ausgewiesen werden.<br />

Darüber hinaus schweigt das PartG über die<br />

Ausgestaltung etwaiger Ansprüche einer Partei<br />

gegenüber den ihr angehörenden Mandatsträgern.<br />

Man kann insofern von einer „normativen<br />

Enthaltsamkeit“ 8 2. Satzungsgestaltung<br />

Die rechtlichen Grundlagen der Mandatsträgerbeiträge<br />

sind daher in den jeweiligen Parteisatzungen<br />

zu suchen. Die Satzungsautonomie der<br />

Parteien ist als das Einfallstor für die rechtlichen<br />

Bedenken gegenüber den Mandatsträgerbeiträgen<br />

zu verstehen, denn mangels rechtlicher Rahmensetzung<br />

haben sich die unterschiedlichsten<br />

Einforderungsmodalitäten entwickelt. Die spezifische<br />

Verwendung der von Mandatsträgern eingenommenen<br />

Beiträge ist gesetzlich nicht determiniert.<br />

Auch die Satzungen treffen keine sachlichen<br />

Zuweisungen der Mittel aus Sonderbeiträgen.<br />

Lediglich Anweisungen zur anteiligen Umverteilung<br />

auf unterschiedliche Parteiuntergliederungen<br />

finden sich in Regelwerken der Parteien.<br />

sowohl der Verfassung als auch<br />

des einfachen Rechts sprechen. Darüber hinaus<br />

fehlt auf Bundesebene sowie in den anderen<br />

Bundesländern eine dem § 27 II NdsAbgG entsprechende<br />

Vorschrift. Diese Norm gebietet den<br />

10<br />

Ein Vergleich der Satzungen bzw. der Finanzund<br />

Beitragsordnungen der im Bundestag vertretenen<br />

Parteien zeigt, dass die Parteien die konkreten<br />

Zahlungsmodalitäten auf die Ebene der<br />

unteren Parteiuntergliederungen verlagern. Die<br />

Grundstruktur der Satzungen gleicht sich insoweit<br />

zwischen den Parteien, als sich die Regelwerke<br />

auf Bundesebene grundsätzlich zum „Ob“<br />

der Zahlungen von Mandatsträgern verhalten.<br />

Das „Wie“ hingegen, also etwa die Höhe der Beiträge,<br />

wird den untergeordneten Parteiuntergliederungen<br />

überlassen. 11 Letztendlich entscheiden<br />

über die konkreten Zahlungsmodalitäten Partei-<br />

100<br />

9 Dazu ausführlich Ch. Wefelmeier, Fn. 6, S. 292 ff.<br />

10 So z.B. die detaillierte Auflistung der Verteilung in § 3<br />

CSU-Beitragsordnung, abrufbar unter http://www.csu.<br />

de/dateien/partei/blaetterkatalog/satzung/index.html.<br />

11 Eine Ausnahme bilden insoweit die Satzungen der<br />

CDU und CSU.

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