Monate bis Jahre nach dem Zeckenbiss <strong>und</strong> der Infektion können als drittesStadium chronische oder schubweise verlaufende, zumeist die Knie- <strong>und</strong> Sprunggelenkebetreffende Gelenkentzündungen, die Lyme-Arthritis, oder Hautveränderungen,die so genannte Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer,festgestellt werden. Die Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer äußertsich zunächst durch zigarettenpapierartig faltbare, blaurötlich schimmerndedünne Haut. Im weiteren Verlauf können Entzündungen der Nerven oder derGelenke auftreten.Durch den Zeckenbiss können auch Tiere infiziert werden. Bei H<strong>und</strong>en,Pferde n, Rindern <strong>und</strong> Schafen wurden ähnlichen Symptome wie beim Menschenfestgestellt. Bei Pferden sind vermehrt Erkrankungen des Auges beschriebenworden.In Deutschland weisen regional unterschiedlich zwischen 17 <strong>und</strong> 61 % derH<strong>und</strong>e Antikörper gegen Borrelien auf, was bedeutet, dass diese H<strong>und</strong>e schoneinmal mit dem Erreger in Kontakt gekommen sind. Aber nur jeder fünfte biszehnte infizierte H<strong>und</strong> erkrankt an einer Borreliose. Bei H<strong>und</strong>en können ähnlichwie beim Menschen oft erst Tage oder Wochen nach der Infektion unspezifischeKrankheitserscheinungen wie ein gestörtes Allgemeinbefinden, Appetitlosigkeit,Mattigkeit <strong>und</strong> erhöhte Körpertemperatur oder schon etwas spezifischereKrankheitssymptome wie Gelenksentzündungen, Lahmheit oder neurologischeSymptome festgestellt werden. Bei den Gelenksentzündungen kommt es oft zumehreren Krankheitsschüben, die sich über Wochen bis zu mehreren Monatenhinziehen können. Gelegentlich treten schwere Störungen der Nierenfunktionauf. Die bei der Infektion der meisten Menschen auftretenden Hautrötungenkönnen lediglich bei hellhäutigen H<strong>und</strong>en beobachtet werden. Eine Borreliosekann nur vom Tierarzt mit Hilfe von Laboruntersuchungen diagnostiziert werden.Die Tiere können dann zumeist wirksam mit Antibiotika behandelt werden.In manchen Fällen schlägt diese Therapie jedoch nicht an. Vermutlich ziehen sichdie Borrelien in Körpernischen zurück, wo für die Behandlung nötige Antibiotikakonzentrationennicht erreicht werden. Diese Eigenschaft der Borrelien kanngelegentlich zu einem späteren Zeitpunkt zu einem neuen Ausbruch der Erkrankungführen. Bei fortbestehenden Beschwerden muss neben verschiedenenandere n Gründen jedoch auch an eine falsche Diagnose gedacht werden.Währen d ein Impfstoff für den Menschen in Deutschland nicht verfügbar ist, istfür H<strong>und</strong>e eine Impfung gegen Borrelien zugelassen.Bei der Ausübung des <strong>Jagd</strong>handwerks <strong>und</strong> in den Forstberufen stellt dieLyme-Borreliose eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den Mensch <strong>und</strong> denjagdlich geführten H<strong>und</strong> dar. Im Veterinärinstitut Hannover des NiedersächsischenLandesamtes für Verbraucherschutz <strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit (LAVE S)wurden mit modernsten molekularbiologischen Methoden annähernd 700Zecke n aus den Revieren von drei südniedersächsischen Forstämtern untersucht,nachdem bei Mitarbeitern dieser Forstämter vermehrt Lyme-Borreliosen festgestelltwurden. Es stellte sich heraus, dass im Vergleich zum niedersächsischenDurchschnitt <strong>und</strong> auch zum B<strong>und</strong>esdurchschnitt Zecken aus dem Bereich dieserForstämter mit durchschnittlich 16, 28 <strong>und</strong> 31 %, in einzelnen Revieren bis fast40 %, hochgradig mit Borrelien infiziert sind.Während ihrer Entwicklung bis zum erwachsenen Tier durchlaufen dieZecke n nach dem Schlüpfen aus dem Ei ein Larvenstadium <strong>und</strong> anschließend einNymphen stadium. Für den Eintritt in ein neues Stadium benötigen die Zecke njeweils eine Blutmahlzeit. Im Verlauf der Untersuchungen zeigte sich ebenfalls,dass vergleichsweise viele Zecken-Nymphen, mit Borrelien infiziert sind. Diesist eine mögliche Erklärung für das gehäufte Auftreten der Lyme-Borreliose n,da die kleinen Nymphen eher unbemerkt bleiben, als erwachsene, größereZecke n <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> des dadurch längeren Saugvorganges eine größere AnzahlBorrelie n auf den Menschen übertragen werden können.<strong>Landesjagdbericht</strong> 2003Auch Tiere können durch Zeckenbisseinfiziert werdenLyme-Borrelioseerreger (Quelle: BaxterDeutschland GmbH)Oft kann die Borreliose wirksam mit Antibiotikabehandelt werdenSaugende Zecke (Quelle: Baxter DeutschlandGmbH)59
Verschiedene Entwicklungsstadien der Zecke(Quelle: Baxter Deutschland GmbH)Zum Schutz vor Zeckenbissen <strong>und</strong> damit vor einer potentiellen Infektionsgefahrsollten bei entsprechenden Temperaturen nach Möglichkeit Gebiete mit Unterholzoder hohen Gräsern <strong>und</strong> Farnen gemieden, festes Schuhwerk <strong>und</strong> helle Kleidunggetragen <strong>und</strong> die Hosenbeine in die Socken gesteckt werden. Einen Schutzbis zu zwei St<strong>und</strong>en bieten als Repellentien bezeichnete Mittel gegen Insekten,mit denen die Arme <strong>und</strong> Beine eingerieben werden können. Nach dem Aufenthaltin den oben geschilderten Gebieten sollte der Körper gründlich auf Zeckenabgesucht werden. Da die Borrelien nach dem Biss erst vom Darm in die Speicheldrüseder Zecke wandern müssen, von wo aus sie in den Wirt gelangen, steigtdas Ansteckungsrisiko mit zunehmender Länge des Saugaktes. Erst nach einemZeitraum von zwei bis fünf Tagen sind alle Erreger von der Zecke auf den Wirtübertragen worden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sollten die Zecken umgehend möglichstmit einer Pinzette oder Zeckenzange entfernt werden. Dabei sollte die Zeckedirekt über der Haut erfasst <strong>und</strong> einschließlich ihrer M<strong>und</strong>werkzeuge herausgezogenwerden. Auf keinen Fall sollte der Zeckenleib gequetscht oder die saugendeZecke mit Öl, Alkohol, Klebstoff o. ä. beträufelt werden, da es hierdurch zurÜbertragung einer großen Menge des Erregers kommen kann. Hände <strong>und</strong> Bissstellesollten desinfiziert werden.Von einer vorsorglichen Therapie mit Antibiotika nach einem Zeckenbiss wirdim Allgemeinen abgeraten <strong>und</strong> ist auch nicht in der Praxis durchzuführen. Beieinem Verdacht auf eine Infektion mit Borrelia burgdorferi können die Erregerbei Menschen <strong>und</strong> Tieren durch den Nachweis von Antikörpern im Blut, in derGelenksflüssigkeit <strong>und</strong> in der Gehirn- <strong>und</strong> Rückenmarksflüssigkeit nachgewiesenwerden. Beim Menschen ist auch die Untersuchung von kleinen Hautprobenmöglich.Eine weitere Möglichkeit der Diagnostik ist der molekularbiologische Nachweisvon Borrelien. Durch diese schnellen <strong>und</strong> empfindliche Methode könnenu. a. im Veterinärinstitut Hannover von H<strong>und</strong>en abgesammelte Zecken darauf hinüberprüft werden, ob sie mit Borrelien infiziert sind <strong>und</strong> dadurch ein potentiellesRisiko für das Tier besteht.76 Der Entwicklungszyklus der ZeckeZecke unter dem Rasterelektronen-Mikroskop(Quelle: Baxter Deutschland GmbH)HäutungRehvollgesogenesWeibchenNympheadulte ZeckeEierFuchsMausLarveIgelHäutungNympheNympheLarveMaus60<strong>Jagd</strong>liche Schwerpunktthemen