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"Mein Zuhause." 2010.pdf - Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin eG

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22 bwv gemeinschaft<br />

Einer von uns<br />

_ MIT DEM PUPPENWAGEN IN DEN VEREINSWEG<br />

Im Februar 2010 erhielt die „<strong>Mein</strong> <strong>Zuhause</strong>“-<br />

Redaktion einen Brief von unserem Mitglied Herrn<br />

Jens Merker, der schrieb, dass seine Familie und<br />

ihre Vorfahren demnächst seit 100 Jahren ihre<br />

Wohnung im <strong>Verein</strong>sweg in Charlottenburg bewoh-<br />

nen. Grund genug, Herrn Merker <strong>zu</strong> besuchen und<br />

einiges aus der Familiengeschichte <strong>zu</strong> erfahren.<br />

Es öffnete uns ein sehr aufgeschlossener Herr mit<br />

einem gewinnenden Lächeln, der uns bereitwillig<br />

in seine Wohnung und in sein Leben eintreten<br />

ließ. Herr Merker hatte sich intensiv auf unser<br />

Treffen vorbereitet. An Hand einiger älterer Fotos<br />

und Anekdoten konnten wir Interessantes und<br />

Amüsantes über die Familie sowie durch ausge-<br />

wählte Materialien etwas über seine persönliche<br />

Leidenschaft, dem Schlagersingen, erfahren.<br />

So erzählte Herr Merker, dass es der 01.04.1910<br />

war, als seine Mutter, die damals 6 –jährige<br />

Katharina Maaßen, ihren Puppenwagen von der<br />

Fritschestraße in Richtung <strong>Verein</strong>sweg schob.<br />

Neben ihrer Puppe wurden im Wagen noch wei-<br />

tere Um<strong>zu</strong>gsgüter <strong>zu</strong>r neuen Wohnung im Ver-<br />

einsweg transportiert.<br />

Die <strong>Beamten</strong>-<strong>Wohnungs</strong>-<strong>Verein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> <strong>eG</strong>,<br />

mittlerweile im 110. Jahr ihres Bestehens, errichte-<br />

te in dieser Zeit mehrere Quartiere in verschie-<br />

denen <strong>Berlin</strong>er Stadtbezirken und wuchs stetig.<br />

Die Nachfrage nach komfortablem und preis-<br />

wertem Wohnraum war riesig, auch unter den<br />

<strong>Beamten</strong>.<br />

Herr Maaßen, also der Großvater von Herrn<br />

Merker, war als kaiserlicher Postbeamter tätig. Mit<br />

seiner Familie zog er als Erstbezieher in eine<br />

schöne 3-Zimmerwohnung. Damals ahnte noch<br />

niemand, dass diese Wohnung bis heute von der<br />

Familie Maaßen, später Merker, und somit auch<br />

von den Kindern und Kindeskindern bewohnt<br />

werden würde. Es war somit Katharina Maaßens<br />

letzter Um<strong>zu</strong>g. Bis <strong>zu</strong> ihrem Tod im Jahr 1985 hat<br />

sie mit ihren Eltern, ihrem Mann und Kindern und<br />

später gemeinsam mit ihrem Sohn Jens insgesamt<br />

75 Jahre in dieser Wohnung gelebt.<br />

Abwechslungs- und erlebnisreich scheint es<br />

damals für die Kinder im <strong>Verein</strong>sweg gewesen <strong>zu</strong><br />

sein. Die alten Bilder aus der Wohnanlage zeugen<br />

von einem sehr lebhaften Treiben und vielen<br />

Kindern. Die Gründerjahre waren im aufstre-<br />

benden <strong>Berlin</strong> von vielen gesellschaftlichen<br />

Umbrüchen und wachsender Bevölkerung ge-<br />

prägt. Auch die Lebens- und Wohnqualität erfuhr<br />

positive und komfortable Veränderungen. Eine<br />

Anekdote aus dieser Zeit hatte Herr Merker häufig<br />

von seiner Mutter gehört und erzählte sie mit<br />

einem Schmunzeln. Der Großvater soll so freudig<br />

erregt von der Versorgung der Wohnung mit<br />

elektrischem Licht gewesen sein, dass er immer<br />

wieder durch alle Zimmer ging, um das Licht anund<br />

aus<strong>zu</strong>schalten.<br />

Katharina Maaßen wuchs behütet als Einzelkind<br />

auf, absolvierte eine Ausbildung als Damenschneiderin,<br />

die sie im November 1928 erfolgreich<br />

abschloss, und musste 1924 gemeinsam mit der<br />

Mutter den frühen Tod ihres Vaters verkraften.<br />

Lebensbejahend und unermüdlich arbeitete sie an<br />

ihrer persönlichen Existenz und dem Auskommen<br />

für ihre Familie. In Wohnnähe eröffnete sie eine<br />

eigene Schneiderei.<br />

Die Kriegsjahre überstand Familie Merker trotz<br />

Zerstörung der Wohnung durch eine Brandbombe<br />

einigermaßen unbeschadet. Die Entbehrungen<br />

des Krieges haben die Bewohner der Hausgruppe<br />

<strong>zu</strong>sammenrücken lassen. So erinnerte sich Herr<br />

Merker an die Erzählung seiner Mutter, dass <strong>zu</strong>m<br />

Kriegsende einmal ein totes Pferd im <strong>Verein</strong>sweg<br />

lag und sich alle Bewohner gemeinschaftlich<br />

daran bedienten.<br />

1944 und 1949 kamen die gemeinsamen Söhne Uwe<br />

und Jens <strong>zu</strong>r Welt. Herr Merker beschrieb seine<br />

Kindheit und Erziehung als preußisch. Er erzählte,<br />

dass sein Vater ihn und seinen Bruder regelmäßig<br />

in Kinofilme über Friedrich den Großen und das<br />

preußische Zeitalter schickte, um die entsprechenden<br />

Werte und Normen kennen<strong>zu</strong>lernen.<br />

Befragt nach seinen Erinnerungen an das Wohnumfeld<br />

in seiner Kindheit erfahren wir, dass Herr<br />

Jens Merker<br />

bwv einer von uns<br />

Katharina Merker, geborene<br />

Maaßen, mit Sohn Uwe<br />

Katharina Maaßen mit einer Puppe im Arm in der Mitte<br />

Merker für seine Familie öfters Milch von den<br />

Kuhbauern von den Hinterhöfen der Nehringstraße<br />

holen musste. Im heutigen Innenstadtbezirk<br />

zeugen nur noch wenige Reliquien von dieser<br />

Mischung aus aufstrebendem <strong>Wohnungs</strong>bau und<br />

ländlicher Idylle sowie späterem Wiederaufbau.<br />

In der Nehringstraße drückte Jens Merker die<br />

Grundschulbank. Mit besonderer Freude besuchte<br />

er später eine Privatschule, wo er das Gitarrenspielen<br />

erlernte und seine Leidenschaft fürs<br />

Singen entdeckte. An der Höheren Wirtschaftschule<br />

in der Danckelmannstraße absolvierte er<br />

eine kaufmännische Ausbildung. Sein Bruder ging<br />

nach der Schulzeit nach Frankfurt am Main, wo er<br />

mit seiner Familie noch heute lebt. Bis <strong>zu</strong>r Rente<br />

arbeitete er bei der Deutschen Bundesbahn.<br />

Nach 30 jähriger Tätigkeit bei einer Bank geht nun<br />

Herr Jens Merker seiner Leidenschaft, dem Singen<br />

von deutschen Schlagern, nach, was früher als<br />

Bänkelsänger bezeichnet wurde. Sein Vater begegnete<br />

diesem Interesse stets mit Argwöhnen.<br />

Um seiner Musik <strong>zu</strong> lauschen, sind Sie, liebe Leser,<br />

recht herzlich am 05.06.2010 <strong>zu</strong>m Hausgruppenfest<br />

der Wohnanlage Charlottenburg II b eingeladen.<br />

Denn auch die Hausgruppe wird 100 Jahre.<br />

Sollte dieser Artikel bei Ihnen eigene Erinnerungen<br />

an vergangene Zeiten geweckt haben, so<br />

schreiben Sie uns!

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