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de ira Norbert Fries (Berlin) - Linguistik online

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114particulae collectae(11) Emotionale Szene AngstX fühlt Angst genau dann wenn (1)-(5):(1) X <strong>de</strong>nkt, dass negative Ereignisse Z {EM _ } geschehen wer<strong>de</strong>n(2) X will nicht, dass Z {EM _ } geschieht(3) X will <strong>de</strong>shalb etwas tun, damit Z {EM _ } nicht geschieht(4) X weiß nicht, was er tun kann, damit Z {EM _ } nicht geschehen wird(5) X ist <strong>de</strong>shalb im introspektiv wahrnehmbaren Zustand <strong>de</strong>sBehagens {EM _ }, {EM INT >0}Furcht unterschei<strong>de</strong>t sich von Angst unter an<strong>de</strong>rem darin, dass X zwar <strong>de</strong>nkt,dass ihm ein bedrohliches Ereignis zustoßen kann, jedoch durchaus in <strong>de</strong>r Lagesein kann, einen Handlungsplan zur Abwendung <strong>de</strong>r Bedrohung zu entwickeln.Insbeson<strong>de</strong>re jedoch fokussiert das <strong>de</strong>utsche Wort Angst <strong>de</strong>n introspektivwahrnehmbaren Gefühlszustand eines Behagens {EM _ }, <strong>de</strong>r mit einer Verunsicherungselbstrelevanter Konzepte einhergeht, <strong>de</strong>r jedoch nicht notwendig ineiner realen Bedrohung begrün<strong>de</strong>t sein muss. Das <strong>de</strong>utsche Wort Furcht fokussiert<strong>de</strong>mgegenüber eine Erwartung {EM _ }, die sich auf die Bedrohungselbstrelevanter Konzepte bezieht, und nicht die durch eine Bedrohung möglicherweiseverursachte Verunsicherung.Daher stellt sich bei einer Äußerung wie Ich habe Angst nicht notwendig dieFrage nach einem bedrohlichen Ereignis; eine Äußerung wie Ich habe Furchtwirft jedoch die Frage nach <strong>de</strong>r Ursache <strong>de</strong>r Bedrohung auf: Wir können Angsthaben, ohne dass wir wissen, weshalb. Furcht ist in<strong>de</strong>s nur dann möglich, wennman weiß, wovor man sich fürchtet. Dies erklärt, weshalb man zwar vonAngstneurosen und von Angstträumen sprechen kann, nicht aber von Furchtneuroseno<strong>de</strong>r Furchtträumen, weshalb es zwar Angsthasen gibt, Menschen, dieleicht in <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r Angst zu versetzen sind, aber keine Furchthasen,weshalb Phobie-Bezeichnungen im Deutschen angemessen mit Angst übersetztwer<strong>de</strong>n und nicht mit Furcht: Denn z. B. Brückenangst (Gephyrophobie) o<strong>de</strong>rHöhenangst (Hypsiphobie) usw. sind keine Ängste vor Brücken bzw. Höhen,son<strong>de</strong>rn Zustän<strong>de</strong>, welche in <strong>de</strong>r Nähe von Brücken bzw. in <strong>de</strong>r Höhe auftreten,Krebsangst (Kanzerophobie) ist nicht die Furcht vor Krebs, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Zustand<strong>de</strong>r wahnhaften Vorstellung, an Krebs erkrankt zu sein, usw. 10Im Unterschied zu (11) ergibt sich für das <strong>de</strong>utsche Wort Furcht <strong>de</strong>mentsprechen<strong>de</strong>ine emotionale Szene wie unter (12):10 Die diachrone Entwicklung <strong>de</strong>r divergieren<strong>de</strong>n Fokussierung von Behagen bzw. Erwartung<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Substantive Angst und Furcht ist auch <strong>de</strong>r Grund ihrerunterschiedlichen Verwendungsweise in Bibelübersetzungen seit Luther, cf. Wierzbicka(1999: 123ff.); <strong>Fries</strong> (2003); zu Angst und Furcht cf. ausführlich <strong>Fries</strong> (2000, 2001,2003).

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