10/11 - Evangelische Kirchen in Erfurt
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JUBILÄUM 6Welt. Noch gehörte die Ägidienkircheder Evangelischen Kaufmannsgemeinde.ast 400 Jahre diente die älteste Brückenkopfkirchenördlich der Alpen als Lagerstätte,Wohn- und Geschäftshaus. Jeglichegeistliche Bedeutung hatte sie verloren.Einst predigte der Erfurter ReformatorJohannes Lang – ein reund Luthers– in ihr. Lediglich die Glocken läutetennoch täglich; die Glocke von 1382war sogar die zweitälteste Erfurts! DasGotteslob einer Gemeinde aber ertöntein den alten Mauern schon lange nichtmehr.Damit fing es an: Der Pastor der EvangelischenGemeinschaft 1 Wilhelm Mohraus Eisenach kam zu den Schwestern derDiakonissenanstalt Bethesda 2 , welche1901 zur Privatkrankenpflege gerufenwaren. Wer sich solche Pflege leistenkonnte, gab dafür etwas mehr, damit vorallem die bitter notwendige Armenpflegegetan werden konnte. Denn es gabeine schreiende Not unter den Menschen.Mit neun Schwestern entstand1906 eine Gemeinde. Bald sang einChor. Eine Sonntagschule und eine umfangreicheSchriftenmission begannen.Erfurt 1946. Pastor Alfred Lätzsch sammelteals „Diasporapfleger“ von Weimaraus die Methodisten, die es durch dieZwangsumsiedlung östlich von Oderund Neiße nach Erfurt verschlagen hatte.Zusammen mit ein paar Erfurterngründete er 1947 die Bischöfliche Methodistenkirche,nicht ahnend, dass esin den 60er Jahren zu Vereinigungsbestrebungenmit der Evangelischen Gemeinschaftkommen würde. 1948 wirdGemeindeschwester Helene Tölle vorOrt berufen und widmet sich unermüdlichden entwurzelten Menschen, Jungenwie Alten.Wie es anfing?Menschen kümmern sich um Menschen.So fing alles an! Menschen – berufenund beseelt von der Güte Gottes – kümmernsich um andere. Keine großen Zeremonienund kein Brimborium, Notlehrt Beten. Not lehrt Handeln. Schlichte„Notquartiere“ wie in der Johannesstraße3 oder das berüchtigte „Kaffee ischersand“4 mussten als Predigtsaal ausreichen.Erst 1956 konnte nach langemSuchen die Ägidienkirche erworben werden.1966 – zwei Jahre vor der weltweitenVereinigung – wurde sie zum gemeinsamenGotteshaus beider Kirchenzweige.Ja, so fing es an!1Ein Arbeitszweig der methodistischenKirche in den USA, der durch Rückwanderernach Deutschland kam.2Zunächst Klinik in der Gartenstraße(ehemals Verbindung zwischen Bahnhof-und Neuwerkstraße), bald dazu dasDiakonissenheim in der Kartäuserstraße8 („Schlippe“), welche 1935 aufgelöstwurde, weil die Schwestern in der Klinikvor Ort lebten. Die Klinik wurde1950 aufgegeben und in eine Poliklinikumstrukturiert. Die Schwestern kehrtenin die Schwesternschaft nach Wuppertal-Elberfeldzurück, zwei von ihnen lebendort heute noch.3später Kürschnergasse 24 für die EvangelischeGemeinschaft4Von den Erfurtern „Kaffee Knutsch“oder „Kussecke“ genannt, ehemals Eckhausgegenüber dem Altstadt-Cafe (Abriss1990, Neubebauung 2002), gemietetvon der Bischöflichen Methodistenkircheab 1948
7 MITMENSCHENFremdenfreundlich odergastfeindlich?Konrad LudwigDas ist offensichtlich ein Wortspiel. BeideWorte stehen nicht im Duden. Aberzumindest im Lateinischen gibt es eine solcheGedankenverbindung. Das deutscheWort „Gast“ ist mit dem lateinischen hostisverwandt und das heißt „remdling“ oder„eind“, im späten Latein sogar „der Teufel“.Im Englischen heißt der Gastgeber host. Aufdie rage nach einer Jugendherberge, einem„youth hostel“ können unkundige Amerikanerschon mal „befremdet“ reagieren: Dennhostel und das englische Wort für „feindselig“hostile werden ganz ähnlich ausgesprochen.Diese Doppeldeutigkeit ist kein Zufall.remd macht Angst.Jemand kommt auf mich zu und spricht michan. Was will er von mir? Jemand klingeltunerwartet an meiner Tür: Vorsicht! remdesbeunruhigt. Dabei werden wir oft Opferunserer Wahrnehmung. Ein etwas einfältigerJugendlicher kommt von einer Klassenfahrtaus Prag zurück und erzählt: „Die Stadt is jaganz schön, aber ‘n Haufen Ausländer renn’da rum.“ Wir lachen. Die meisten Deutschensind nicht so beschränkt. Wir sind nicht„gastfeindlich“, das haben wir mit der WMgerade erst bewiesen. Aber Hand aufs Herz:Waren wir uns so sicher, dass alles gut geht– ohne Krawalle oder Übergriffe? Ist die guteErfahrung übertragbar auf den alltäglichenUmgang mit Ausländern, lüchtlingen, Zugewanderten?Wir wissen, wie schnell beiGesprächen über Arbeitslosigkeit, Kriminalitätoder Schulprobleme doch wieder dervermeintlich „Schuldige“ gesucht und gefundenwird!Zur Zeit wird viel über die ehler frühererAusländerpolitik geredet.Es heißt, Ausländer seien zu wenig integriert.Es gibt ein neues Zuwanderungsgesetz. AusländischeMitbürger müssen Integrationskursebesuchen, in denen die deutsche Spracheund das politische System der Bundesrepublikvermittelt wird. Ein Integrationsgipfelfand statt. So weit, so gut. Politik stelltdie Weichen, formuliert Gesetze, finanziert.Aber Gastfreundschaft oder vielmehr guteNachbarschaftlichkeit ist nicht zu verordnen.Sie zeigt sich im Detail, im Interesse und inder Hilfsbereitschaft des/der Einzelnen. Inder Vertrautheit miteinander, die sich aus vielenkleinen guten Erfahrungen zusammensetztund die im Krisenfall trägt. Es gibt keinanderes Mittel gegen das Misstrauen, gegendie remdheit auf beiden Seiten.Es lohnt sich, beim Bibellesen auf das Wort„fremd“ oder „remdling“ zu achten. Zusammenmit Witwen und Waisen sind die remdlingegeradezu ein Synonym für die, denenman Rechtsschutz und Hilfe gewähren muss.(z.B. 4.Mose 22, 20 oder 5.Mose 10,18f.) Esheißt ausdrücklich, dass Gott „die remdlingeliebt“Schon Abraham und Issak sind remdlinge,sie wechseln ihren Wohnsitz unter anderemwegen Hungersnöten. Sie sind sozusagen„Wirtschaftsflüchtlinge“. (1.Mose 12,10 und26,1-3). Immer wieder werden die Israelitendaran erinnert, dass auch sie remdlingewaren in Ägypten. Aus der eigenen Erfahrungwächst das Verständnis. Wissen wir, wases heißt, ein remder in einer Stadt, in einerSchulklasse, auf Arbeit oder in einer Kirchgemeindezu sein, wie sich das anfühlt, wasman sich wünscht und wie man zu Rechtkommt?„Ich bin ein remder gewesen und ihr habtmich aufgenommen“ sagt Jesus. Praktizierteremdenfreundlichkeit ist also ein ganz biblischerAuftrag und – angesichts weltweiterKrisen – eine ganz aktuelle orm christlicherNachfolge. Denken wir nur an das Kirchenasylin der Lutherkirche. Gottes Wort erinnertuns daran, dass der remdling ein Mitmenschund nicht nur eine lüchtlingszifferist. Kirchliche Ausländerarbeit übersetzt denbiblischen Auftrag in die Praxis.Betriebswirtschaftlicher oder missionarischer
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