10/11 - Evangelische Kirchen in Erfurt

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12.07.2015 Aufrufe

THEMA: MENSCHENSTERBEN 16würde.Nein, freut sich der Pfarrer, hier wächsteine gute Tradition: Während der Sarg ausder Kirche zum riedhof gebracht wird,decken die Ehrenamtlichen aus der Gemeindedie Tafel für das Trauermahl in derKirche! Man kommt zurück ins Leben,Abschied und Rückkehr – in der Kirche.Und gerade hier ist es unbestritten, dassauch die Glocken für alle läuten, dennhier sind in zwei aufwendigen Spendensammlungendie finanziellen Mittel zusammengekommen, die zuerst für die Anschaffungder Glocken, und nach zweiweiteren Jahren für eine unvorhergeseheneNotreparatur einer Glocke gebrauchtwurden.„Da haben alle gespendet“, sagt PfarrerRambow. Und er hat ein zweites Argumentfür das Glockenläuten: Glockenwaren zu allen Zeiten die Verkünder vonNachrichten. Nun verkünden sie einenTrauer-Gottesdienst oder eine weltlicheTrauer-eier.Selbstverständlich soll die christlicheriedhofs- und Bestattungskultur bei allerToleranz doch immer eindeutig erkennbarbleiben, betont mein Gesprächspartner.Christen haben viele Möglichkeiten,die christliche Botschaft, die christlichenInhalte hörbar, sichtbar, fühlbar zu machen.Bei einem christlichen Begräbnisstellt Pfarrer Rambow das Kreuz an dasGrab. Nach dem Gottesdienst geht dieTrauergemeinde zur Beisetzung.Das Grab ist ein Ort des Lebens, am Graberwartet die Trauernden nicht der Tod sondernder gekreuzigte Auferstandene. So seidie Verantwortung für einen riedhof einebesondere Möglichkeit kirchlichen Dienstes.Aber es gab auch andere Zeiten, resümiertPfarrer Rambow. Zu DDR-Zeiten gab eseinen stillen Kampf von Seiten des Staatesgegen den Umgang der Kirche mitdem Tod.Es war nicht üblich, den Sarg in die Kirchezu bringen, die kirchlich-öffentlicheBegegnung mit dem Tod sollte möglichsteliminiert werden.Das hat sich mit der Wende geändert, esist wieder zur Sitte geworden, den Sargin die Kirche zu bringen. Das soll mandiesen gestatten und jenen nicht? PfarrerRambow pflegt diese Unterscheidungnicht.Auch in der Diskussion darüber, ob dieErdbestattung christlicher sei als die Urnenbestattung,hat ein Pfarrer von heuteund damit auch seine Gemeinde Haltungzu zeigen.Pfarrer Rambow erläutert unmissverständlich:„Was der christliche Glaube meintmit der Botschaft von der Auferstehungoder dem Weiterleben nach dem Tod istvon der Bestattungsart völlig unabhängig“.Das, was für die Lebenden wichtig ist, seivon Wert. Unsere Person sei mehr als das,was man der Erde anvertraut.Die rage nach der Art der Bestattung könneman losgelöst betrachten von demgläubigen Vertrauen darauf, dass unserWesen und unser Sein nicht verloren gehen.ür Bestattungen unterm „grünen Rasen“ist auf den riedhöfen des KirchspielsEgstedt jeweils ein Areal eingerichtet worden.Dort werden Schrifttafeln auf dieGrabstätten im grünen Rasen gelegt – keineBepflanzung, keine Grabgestaltung unddoch nicht anonym. Diese Bestattungsartwird seit ca. drei Jahren häufig gewählt –von Christen wie von religiös ungebundenenMenschen.Ein riedhof hat sehr viel damit zu tun,dass im kirchlichen Leben manches nichtmehr so ist wie früher. Chancen für christlichenDienst sind immer gegeben, eskommt nur darauf an, sie zeitgemäß undunbeirrt zu nutzen.

17 THEMA: MENSCHENSTERBENHinausgehenim SegenMargrit laschmannEs war am Anfang meines Dienstes.Ich wurde gerufen in ein Haus, in das derTod getreten war. Der Mann, der im Sterbenlag, war ein Angesehener im Dorf. Erlebte für seine amilie. Er arbeitete gernund viel. O, ich lernte dieses gute bäuerlicheLeben sehr zu achten, ja zu lieben.Er tat viel für unsere Kirchengemeinde. Erhatte Humor und feierte gern. Seine Händewaren groß, gezeichnet von Arbeit undzugleich waren sie bescheiden, denn siekannten auch Not.Das Sterben fiel ihm schwer. Aber, es warnicht so sehr der Tod, der ihn bedrückte,sondern da war eine große Angst – eineAngst vor Gottes Gericht und das zu sehen,machte wiederum mich sehr betroffen.Wie sollte ich diese Angst beruhigen?Ich hatte keine Erfahrungen. Ich hatte keinRitual. Ich ahnte, wie ihm zumute war,und fühlte mich hilflos. Ich stammelte einpaar Worte und betete mit ihm das Vaterunser.Ich weiß nicht mehr, ob ich michgetraut habe, ihn zu segnen.Diese Nacht ist mehr als 20 Jahre her.Noch immer gehe ich mit Herzklopfen inStuben, wo gestorben wird. Ich weiß,auch wenn wir es kaum wagen, es auszusprechen,nicht mal im Angesicht des Todes,wie wenig wir fertig werden mit unseremunfertigen Leben. Ich glaube, esgibt dieses Leiden unter unserer Schuld,die uns vielleicht ganz am Ende vor unserenAugen steht. Ich spüre, wie schweres ist, Worte der Versöhnung zu finden,vieles bleibt unausgesprochen, ungeklärt,zerbrochen über den Tod hinaus. Und dasist unser Schmerz am Ende und unsereAngst vor dem, was kommt – beides spiegeltsich in unserem Schweigen und inunseren Tränen.Was ich damals nicht konnte, versucheich jetzt zu sagen: dass es rieden gibtüber unseren Streit, SEINEN rieden; dasses Gnade gibt, die größer ist als all’ unsereSchuld; dass es Gottes Liebe gibt, dieso unbegreiflich und so wunderbar ist unddie wir so sehr brauchen zum Leben, zumSterben, zum Abschiednehmen.Alles fließt ein in das Zeichen des Kreuzesauf der Stirn dessen, der gestorben ist,und auf seiner Brust – wie am Anfang inder Taufe, so am Ende unseres irdischenLebens.Die Angehörigen sagen kaum etwas, abersie nehmen es dankbar an, das einer (eine)aus-gesegnet wird – hinaus geht aus dieserWelt im Segen, der uns das gibt, waswir nicht schaffen zu tun.DA DER TOD, GENAU ZUNEHMEN, DER WAHREENDZWECK UNSERES LEBENS IST,so habe ich mich seit ein paar Jahrenmit diesem wahren, besten reund desMenschen so bekannt gemacht, dasssein Bild nicht alleine nichtsSchreckendes mehr für mich hat,sondern recht viel Beruhigendes undTröstendes. Ich danke meinem Gott,dass er mir das Glück gegönnt hat, mirdie Gelegenheit zu verschaffen, ihn alsden Schlüssel zu unserer wahrenGlückseligkeit kennen zu lernen.Ich lege mich nie zu Bette, ohne zubedenken, dass ich vielleicht, so jungals ich bin, den anderen Tag nicht mehrsein werde. Und es wird doch keinMensch von allen, die mich kennen,sagen können, dass ich im Umgangemürrisch oder traurig wäre. ür dieseGlückseligkeit danke ich alle Tagemeinem Schöpfer und wünsche sie vonHerzen jedem meiner Mitmenschen.Wolfgang Amadeus Mozart

THEMA: MENSCHENSTERBEN 16würde.Ne<strong>in</strong>, freut sich der Pfarrer, hier wächste<strong>in</strong>e gute Tradition: Während der Sarg ausder Kirche zum riedhof gebracht wird,decken die Ehrenamtlichen aus der Geme<strong>in</strong>dedie Tafel für das Trauermahl <strong>in</strong> derKirche! Man kommt zurück <strong>in</strong>s Leben,Abschied und Rückkehr – <strong>in</strong> der Kirche.Und gerade hier ist es unbestritten, dassauch die Glocken für alle läuten, dennhier s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> zwei aufwendigen Spendensammlungendie f<strong>in</strong>anziellen Mittel zusammengekommen, die zuerst für die Anschaffungder Glocken, und nach zweiweiteren Jahren für e<strong>in</strong>e unvorhergeseheneNotreparatur e<strong>in</strong>er Glocke gebrauchtwurden.„Da haben alle gespendet“, sagt PfarrerRambow. Und er hat e<strong>in</strong> zweites Argumentfür das Glockenläuten: Glockenwaren zu allen Zeiten die Verkünder vonNachrichten. Nun verkünden sie e<strong>in</strong>enTrauer-Gottesdienst oder e<strong>in</strong>e weltlicheTrauer-eier.Selbstverständlich soll die christlicheriedhofs- und Bestattungskultur bei allerToleranz doch immer e<strong>in</strong>deutig erkennbarbleiben, betont me<strong>in</strong> Gesprächspartner.Christen haben viele Möglichkeiten,die christliche Botschaft, die christlichenInhalte hörbar, sichtbar, fühlbar zu machen.Bei e<strong>in</strong>em christlichen Begräbnisstellt Pfarrer Rambow das Kreuz an dasGrab. Nach dem Gottesdienst geht dieTrauergeme<strong>in</strong>de zur Beisetzung.Das Grab ist e<strong>in</strong> Ort des Lebens, am Graberwartet die Trauernden nicht der Tod sondernder gekreuzigte Auferstandene. So seidie Verantwortung für e<strong>in</strong>en riedhof e<strong>in</strong>ebesondere Möglichkeit kirchlichen Dienstes.Aber es gab auch andere Zeiten, resümiertPfarrer Rambow. Zu DDR-Zeiten gab ese<strong>in</strong>en stillen Kampf von Seiten des Staatesgegen den Umgang der Kirche mitdem Tod.Es war nicht üblich, den Sarg <strong>in</strong> die Kirchezu br<strong>in</strong>gen, die kirchlich-öffentlicheBegegnung mit dem Tod sollte möglichstelim<strong>in</strong>iert werden.Das hat sich mit der Wende geändert, esist wieder zur Sitte geworden, den Sarg<strong>in</strong> die Kirche zu br<strong>in</strong>gen. Das soll mandiesen gestatten und jenen nicht? PfarrerRambow pflegt diese Unterscheidungnicht.Auch <strong>in</strong> der Diskussion darüber, ob dieErdbestattung christlicher sei als die Urnenbestattung,hat e<strong>in</strong> Pfarrer von heuteund damit auch se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de Haltungzu zeigen.Pfarrer Rambow erläutert unmissverständlich:„Was der christliche Glaube me<strong>in</strong>tmit der Botschaft von der Auferstehungoder dem Weiterleben nach dem Tod istvon der Bestattungsart völlig unabhängig“.Das, was für die Lebenden wichtig ist, seivon Wert. Unsere Person sei mehr als das,was man der Erde anvertraut.Die rage nach der Art der Bestattung könneman losgelöst betrachten von demgläubigen Vertrauen darauf, dass unserWesen und unser Se<strong>in</strong> nicht verloren gehen.ür Bestattungen unterm „grünen Rasen“ist auf den riedhöfen des KirchspielsEgstedt jeweils e<strong>in</strong> Areal e<strong>in</strong>gerichtet worden.Dort werden Schrifttafeln auf dieGrabstätten im grünen Rasen gelegt – ke<strong>in</strong>eBepflanzung, ke<strong>in</strong>e Grabgestaltung unddoch nicht anonym. Diese Bestattungsartwird seit ca. drei Jahren häufig gewählt –von Christen wie von religiös ungebundenenMenschen.E<strong>in</strong> riedhof hat sehr viel damit zu tun,dass im kirchlichen Leben manches nichtmehr so ist wie früher. Chancen für christlichenDienst s<strong>in</strong>d immer gegeben, eskommt nur darauf an, sie zeitgemäß undunbeirrt zu nutzen.

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