10/11 - Evangelische Kirchen in Erfurt

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12.07.2015 Aufrufe

THEMA: MENSCHENSTERBEN 14Vom Geist der Psalmen (I):Leiderfahrung – Klage –GottestrostDr. Aribert RotheWie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser,so schreit meine Seele, Gott, zu dir.Meine Seele dürstet nach Gott, nach demlebendigen Gott.Wann werde ich dahin kommen, daß ichGottes Angesicht schaue?Meine Tränen meine Speise Tag undNacht, weil man täglich zu mir sagt: Woist nun dein Gott? ... Was betrübst du dich,meine Seele, und bist so unruhig in mir?Harre auf Gott; denn ich werde ihm nochdanken, daß er meines Angesichts Hilfeund mein Gott ist.Psalm 42, 2-4; 12-13Ob Menschen Leid annehmen können,zeigt schlagartig, wes Geistes Kind siesind. Ist jemand da, dem man sein Leidklagen kann? Oder kann Leid nicht sein,weil es nicht sein darf? Ist es nur ein Einstellungsfehlerin der Erkenntnislehre oderin der seelischen Gestimmtheit?Müssen erst geistliche Worte und Gebärden,Mythen und Laute, Düfte und Bewegungendie Seele harmonisch verzaubernund die negativen Energien verbannen?Der biblische Gottesglaube versprichtsolch falsche Tröstungen nicht. Seine Klagepsalmenscheuen nicht einmal dieschwerste aller ragen angesichts unaufklärbarerLeiderfahrung: Wo ist nun deinGott?Sie bringen die menschlichen Schreie vorGott zur Sprache und fordern unverhohlenseine Menschenfreundlichkeit heraus:Ich sage zu Gott, meinem els: Warumhast du mich verlassen?Unauslöschliche Worte aus Israel, einerLandschaft der Schreie und der bewahrtenErinnerungen auf einem langen Wegmit Gott, wie sie kein Volk sonst bereithält.Dieser Psalm ist ein Lehrgedicht der SöhneKorach, vorzusingen und gebaut nacheinem Zeit übergreifenden Schema.Was es alles enthält: die Anrede Gottes,Hilferufe, Hinweise auf seine Macht undGüte, Schilderungen der Notlage, existentielleragen an Gott, Bitten um Errettungaus der Not, Gründe für das EingreifenGottes, Beteuerung der Unschuld, Vertrauensäußerungenund Versprechen (nach H.Seidel).Der Leidende vergeht nicht in sprachloserKlage. Das Wort richtet seine Würdeauf, und er erfährt sich als personhaftesEbenbild seines mitleidenden Gottes. Dieserdurchlitt selbst in Jesus die menschlicheExistenz bis ans Kreuz. Auch dessenletzten Worte riefen nicht ins Leere sondernwaren ein Klagepsalm. (Ps 22,2).Ich hebe meine Augen auf zu denBergen.Woher kommt mir Hilfe?Meine Hilfe kommt von dem Herrn,Der Himmel und Erde gemacht hat.Er wird deinen uß nicht gleiten lassen,Und der dich behütet, schläft nicht.Siehe, der Hüter IsraelsSchläft und schlummert nicht.Der Herr behüte dich;Der Herr ist dein SchattenÜber deiner rechten Hand,Dass dich des Tages die Sonne nichtstecheNoch der Mond des Nachts.Der Herr behüte dich vor allem Übel,Er behüte deine Seele.Der Herr behüte deinen Ausgang undEingangVon nun an bis in Ewigkeit!Psalm 121

15 THEMA: MENSCHENSTERBENGlockenläutenfür jedermannGerta LinkWas hat ein riedhof damit zu tun, dassim kirchlichen Leben manches nicht mehrso ist, wie es früher war?Es sind die Zugeständnisse an profaneRealitäten, zu denen eine Kirchengemeindebereit sein muss, wenn sie die Trägerschaftüber einen riedhof hat. PfarrerMartin Rambow verfügt diesbezüglichüber sehr lebendige Erfahrungen im KirchspielEgstedt, in dessen Verantwortung sichdie riedhöfe der Dörfer Egstedt, Bechstedt-Wagd,Werningsleben und Kirchheimbefinden. Und die Erfahrungen sindnicht selten Herausforderung, Mut zu Kreativitätund Ungewohntem zu wagen,weiß er zu berichten.Denn der gewohnte „kirchliche Rahmen“grenzt nicht mehr ab gegen aktuelle gesellschaftlicheund kulturelle Entwicklungenund Auffassungen und ist auchnicht mehr vorbehaltlos einziges Maß fürden Umgang mit dem Tod. BetroffeneMenschen, so erläutert Pfarrer Rambow,sollen für ihre Toten die letzte Ruhestätteauf dem riedhof in ihrem Dorf finden,unabhängig von Kirchenzughörigkeit.Die Kirchengemeinde hat sich mit derÜbernahme des riedhofs in ihre Trägerschaftverpflichtet, alle damit verbundenenLeistungen vorzuhalten und die umfassensowohl die Pflege des öffentlichenParks, der ein riedhof ja ist, als auch dieTrauerfeier und die Bestattung in all denunterschiedlichen Vorstellungen derjeweils betroffenen Menschen, die ja nichtausnahmslos kirchlich sozialisiert sind.Pfarrer Rambow ist diesbezüglich zugrößtmöglichem Entgegenkommen bereitund weiß sich da in Einklang mit seinemGemeindekirchenrat – aber keineswegsauch immer mit professionellen Kirchenvertretern.Im Gegenteil, an ragen beispielsweise,ob man die Kirche auch für weltliche Trauer-eiernmit weltlichen Trauerrednern zurVerfügung stellen sollte und ob man auchfür kirchlich ungebundene Menschen dieKirchenglocken zur Trauerfeier läuten sollte,scheiden sich die Geister.Aber Pfarrer Rambow und seine fortschrittlichenGemeindekirchenräte sind derMeinung, dass der sakrale Raum nicht vorMissbrauch geschützt werden muss, sondernin all seiner Unantastbarkeit angemessenzur Verfügung gestellt werden sollte,denn Menschen brauchen Raum fürihre Trauer und ihren Abschied. WelcherRaum, wenn nicht die Kirche, die dochmeistens mitten auf dem riedhof steht,kommt dafür in rage?„Der liebe Gott braucht mich nicht, damitich ihn vor Heiden schütze“, sagt derPfarrer lachend und meint es ernst. Beiweltlichen Trauerfeiern in den Kirchenkomme es darauf an, das Heiligste in seinerUnantastbarkeit zu bewahren. Es liegtdie aufgeschlagene Bibel auf dem Altarund es steht das Kreuz dort, umgeben vonabsolutem Tabu, nichts wird benutzt undverändert. Es ist mit den Bestattungs-Instituten verbindliche Vorsorge getroffen,dass nur angemessene Musik erklingt. Dassind durchweg einfache Verständigungsfragen,die heutzutage keinerlei Schwierigkeitenmachen.In Waltersleben, einem weiteren Ort imKirchspiel Egstedt, ist der riedhof in kommunalerTrägerschaft und die Kirche inpartnerschaftlicher Nutzung von Kirchengemeindeund Kommune. Was für einDurcheinander würde dort herrschen,wenn man sich gegeneinander abgrenzen

THEMA: MENSCHENSTERBEN 14Vom Geist der Psalmen (I):Leiderfahrung – Klage –GottestrostDr. Aribert RotheWie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser,so schreit me<strong>in</strong>e Seele, Gott, zu dir.Me<strong>in</strong>e Seele dürstet nach Gott, nach demlebendigen Gott.Wann werde ich dah<strong>in</strong> kommen, daß ichGottes Angesicht schaue?Me<strong>in</strong>e Tränen me<strong>in</strong>e Speise Tag undNacht, weil man täglich zu mir sagt: Woist nun de<strong>in</strong> Gott? ... Was betrübst du dich,me<strong>in</strong>e Seele, und bist so unruhig <strong>in</strong> mir?Harre auf Gott; denn ich werde ihm nochdanken, daß er me<strong>in</strong>es Angesichts Hilfeund me<strong>in</strong> Gott ist.Psalm 42, 2-4; 12-13Ob Menschen Leid annehmen können,zeigt schlagartig, wes Geistes K<strong>in</strong>d sies<strong>in</strong>d. Ist jemand da, dem man se<strong>in</strong> Leidklagen kann? Oder kann Leid nicht se<strong>in</strong>,weil es nicht se<strong>in</strong> darf? Ist es nur e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>stellungsfehler<strong>in</strong> der Erkenntnislehre oder<strong>in</strong> der seelischen Gestimmtheit?Müssen erst geistliche Worte und Gebärden,Mythen und Laute, Düfte und Bewegungendie Seele harmonisch verzaubernund die negativen Energien verbannen?Der biblische Gottesglaube versprichtsolch falsche Tröstungen nicht. Se<strong>in</strong>e Klagepsalmenscheuen nicht e<strong>in</strong>mal dieschwerste aller ragen angesichts unaufklärbarerLeiderfahrung: Wo ist nun de<strong>in</strong>Gott?Sie br<strong>in</strong>gen die menschlichen Schreie vorGott zur Sprache und fordern unverhohlense<strong>in</strong>e Menschenfreundlichkeit heraus:Ich sage zu Gott, me<strong>in</strong>em els: Warumhast du mich verlassen?Unauslöschliche Worte aus Israel, e<strong>in</strong>erLandschaft der Schreie und der bewahrtenEr<strong>in</strong>nerungen auf e<strong>in</strong>em langen Wegmit Gott, wie sie ke<strong>in</strong> Volk sonst bereithält.Dieser Psalm ist e<strong>in</strong> Lehrgedicht der SöhneKorach, vorzus<strong>in</strong>gen und gebaut nache<strong>in</strong>em Zeit übergreifenden Schema.Was es alles enthält: die Anrede Gottes,Hilferufe, H<strong>in</strong>weise auf se<strong>in</strong>e Macht undGüte, Schilderungen der Notlage, existentielleragen an Gott, Bitten um Errettungaus der Not, Gründe für das E<strong>in</strong>greifenGottes, Beteuerung der Unschuld, Vertrauensäußerungenund Versprechen (nach H.Seidel).Der Leidende vergeht nicht <strong>in</strong> sprachloserKlage. Das Wort richtet se<strong>in</strong>e Würdeauf, und er erfährt sich als personhaftesEbenbild se<strong>in</strong>es mitleidenden Gottes. Dieserdurchlitt selbst <strong>in</strong> Jesus die menschlicheExistenz bis ans Kreuz. Auch dessenletzten Worte riefen nicht <strong>in</strong>s Leere sondernwaren e<strong>in</strong> Klagepsalm. (Ps 22,2).Ich hebe me<strong>in</strong>e Augen auf zu denBergen.Woher kommt mir Hilfe?Me<strong>in</strong>e Hilfe kommt von dem Herrn,Der Himmel und Erde gemacht hat.Er wird de<strong>in</strong>en uß nicht gleiten lassen,Und der dich behütet, schläft nicht.Siehe, der Hüter IsraelsSchläft und schlummert nicht.Der Herr behüte dich;Der Herr ist de<strong>in</strong> SchattenÜber de<strong>in</strong>er rechten Hand,Dass dich des Tages die Sonne nichtstecheNoch der Mond des Nachts.Der Herr behüte dich vor allem Übel,Er behüte de<strong>in</strong>e Seele.Der Herr behüte de<strong>in</strong>en Ausgang undE<strong>in</strong>gangVon nun an bis <strong>in</strong> Ewigkeit!Psalm 121

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