THEMA: MENSCHENSTERBEN 12erläutert der Abteilungsleiter riedhofs- undBestattungswesen des Garten- und riedhofsamtes,Jens Kratz<strong>in</strong>g. Das ist Kultur-, Geschichts-und Gesellschafts-Entwicklung <strong>in</strong>der Region – von Lebenden gestaltet und verantwortet.riedhofsverwalter sehen sich nicht zuletztauch <strong>in</strong> der Verantwortung, den Menschenden Umgang mit dem Tod als Teil des Lebenszu erschließen. In <strong>Erfurt</strong> hat man dazu vieleKompetenzen zusammengeführt, um die Thematik<strong>in</strong> unterschiedlichen ormen der Öffentlichkeitnahe zu br<strong>in</strong>gen.Der riedhofswegweiser beispielsweise ist e<strong>in</strong>ansprechend gestalteter Ratgeber, stellt den<strong>Erfurt</strong>er Hauptfriedhof e<strong>in</strong>st und heute <strong>in</strong> Wortund Bild vor, vermittelt Anschriften und Inserate,zeigt auf, wie viele E<strong>in</strong>richtungen, Institutionen,Betriebe <strong>in</strong> <strong>Erfurt</strong> sich kompetentmit dem Thema Tod beschäftigen, um Hilfezu leisten <strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall. Der riedhofswegweiserträgt den Untertitel „Diesseits undJenseits“. An e<strong>in</strong>er Neuauflage wird gegenwärtiggearbeitet, die 20.000 Stück der erstenAuflage waren rasch vergriffen.Auch oren und Gespräche zum Thema werdenrege angenommen. In <strong>Erfurt</strong> sollen siezur Tradition werden und jedes Jahr im Maioder Juni Vertreter der beiden großen <strong>Kirchen</strong>zusammenführen, um öffentlich über ethischeragen im Zusammenhang mit Tod und Sterbennachzudenken. Die Hospiz-Gruppe <strong>Erfurt</strong>des Malteser Hilfsdienst e.V., die <strong>Evangelische</strong>und die Katholische Erwachsenenbildung,die Universität und sogar Schülergruppenhaben sich diesbezüglich bereits engagiert.Auf dem <strong>Erfurt</strong>er riedhof ergänzen sich verschiedeneormen der Bestattungskultur undder Landschafts- und Gartengestaltung zumBild e<strong>in</strong>es gepflegten, ansprechenden Parksmit großen Alleen und weiträumigen reiflächen.Die Anlage hat vor 90 Jahren gartenarchitektonischbahnbrechenden Charakter gehabt.Nach e<strong>in</strong>em deutschlandweit für Gartenkünstlerund Architekten ausgeschriebenenIdeenwettbewerb entschied man sich1913 für die Konzeptionen des GartenarchitektenHenn<strong>in</strong>gs aus Hannover und des ArchitektenProf. Meißner aus Darmstadt. DenAufbau des zukünftigen <strong>Erfurt</strong>er Hauptfriedhofsnahm dann ab 1913 der StadtgartendirektorHermann Braband <strong>in</strong> Angriff. Die ältestenGrabfelder bef<strong>in</strong>den sich auf der Ostseite,sie unterscheiden sich <strong>in</strong> ihrer Gestaltungdeutlich von den neuen Grabanlagen.Heute verfügt der riedhof über 53 Grabfelderund Sonderanlagen. Neue Bestattungsartenf<strong>in</strong>den dieDeutlich ist die wachsende Bedeutung dereuerbestattung, <strong>in</strong> <strong>Erfurt</strong> wird sie <strong>in</strong> 90%der älle gewählt. Die Urnen-Geme<strong>in</strong>schaftsanlageoder seit 2004 auch das Urnen-Geme<strong>in</strong>schaftsgrabhaben den unguten Nimbusder Anonymität, des Vergessenwerdens verloren.Die Geme<strong>in</strong>schaftsanlage trägt zwarke<strong>in</strong>e Namen, nur e<strong>in</strong>e Jahreszahl, ist aberjederzeit ansprechend gestaltet und gepflegt.Das Geme<strong>in</strong>schaftsgrab nimmt zwölf Urnenauf, trägt e<strong>in</strong>en Grabste<strong>in</strong> mit den zwölf Namenund ist ebenfalls professionell gestaltetund gärtnerisch betreut.Dem Waldcharakter des <strong>Erfurt</strong>er riedhofsentsprechend wird der naturnahen Beisetzungvon Urnen künftig besondere Aufmerksamkeitgewidmet: die Urnenbestattung am Baumist an der Westseite der Anlage vorgesehen.Dann werden Namensplatten auf dem Bodenunter dem jeweiligen Baum auf die Ruhestättenh<strong>in</strong>weisen.Der riedhofsverwaltung, dem Garten- undriedhofsamt obliegt die Pflege historischerGrabstätten, die zumeist unter Denkmalschutzstehen.Und auch neuere Gräber prom<strong>in</strong>enter <strong>Erfurt</strong>er,die nicht von Angehörigen betreut werdenkönnen, nimmt die riedhofsverwaltung<strong>in</strong> ihre Obhut. Patenschaften von <strong>Erfurt</strong>er Bürgerns<strong>in</strong>d dabei sehr hilfreich und werdenjederzeit mit Dankbarkeit entgegengenommen.Grabstätten schreiben <strong>Erfurt</strong>er Stadtgeschichte– Historiker erarbeiten gegenwärtig e<strong>in</strong>endetaillierten Katalog der Grabstätten prom<strong>in</strong>enter<strong>Erfurt</strong>er, das Stadtarchiv ist ihnen dabeie<strong>in</strong>e ergiebige „undstätte“.
13 THEMA: MENSCHENSTERBENTrauer braucht e<strong>in</strong>en Ort –Gedenken an dieFehlgeborenenSiegrid StaemmlerWenn Sie auf den Hauptfriedhof kommenund den breiten Weg <strong>in</strong> Richtung dereierhallen gehen, dann treffen Sie aufder l<strong>in</strong>ken Seite auf das K<strong>in</strong>dergrabmal,e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Rasenfläche mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gefasstenGrabstelle. Auffällig, wenn auchetwas versteckt ragt e<strong>in</strong>e Sandste<strong>in</strong>säule<strong>in</strong> die Höhe mit e<strong>in</strong>em etwas verblasstenSpruch, doch noch gut lesbar. Er lautet:K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d die allerschönsten Blumen derWelt. Schon vor vielen Jahren s<strong>in</strong>d hierK<strong>in</strong>der anonym bestattet worden. Undjetzt ist es wieder so.Die viel zu früh Geborenen werden hier<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em würdigen Rahmen nach vorausgegangenerTrauerfeier beerdigt. Wer esnicht weiß, kann es sehen: Blumen, K<strong>in</strong>derspielzeug,Schmetterl<strong>in</strong>ge schmückendie Grabstelle. Immer wieder gehen Elternan diesen Ort. Träume und Hoffnungenmussten sie hier begraben. Es ist kaumvorstellbar, was es bedeutet e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d zuverlieren. Auch e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den erstenWochen der Schwangerschaft.Mit unseren Trauerfeiern versuchen wir,e<strong>in</strong> Stück Hilfe und Begleitung anzubieten<strong>in</strong> dieser schweren Zeit.Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e ökumenische Gruppe,jeweils <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iken, bestehend ausHaupt- und Ehrenamtlichen. Halbjährlichf<strong>in</strong>den diese Trauerfeiern statt, <strong>in</strong> der Kapelledes Kl<strong>in</strong>ikums und <strong>in</strong> der Kapelledes Katholischen Krankenhauses.Ich er<strong>in</strong>nere mich noch gut an unsere ersteTrauerfeier im Juni 2002 im kle<strong>in</strong>enAndachtsraum der alten rauenkl<strong>in</strong>ik. Vielewaren gekommen, doch jeder fand e<strong>in</strong>enPlatz. Auch Geschwisterk<strong>in</strong>der undGroßeltern waren mitgekommen. ür unswar das e<strong>in</strong>e Bestätigung dafür, wie wichtigund notwendig unser Angebot ist.Den Anstoß dazu hatte die Kl<strong>in</strong>ikleitungselbst gegeben. Ob wir die passendenWorte gefunden haben? Wir habendanach gesucht. Ra<strong>in</strong>er Maria Rilkes Gedichtdrückte die Empf<strong>in</strong>dungen vieleraus:Dass wir uns wiederf<strong>in</strong>denWenn etwas uns / fortgenommen wird, /womit wir tief / und wunderbar / zusammenhängen,/ so ist viel / von uns selber/ mit fortgenommen. / Gott aber will, /dass wir uns wiederf<strong>in</strong>den, / reicher umalles Verlorene / und vermehrt um / jenenunendlichen Schmerz.Zentraler Teil e<strong>in</strong>er jeden Trauerfeier istdas Anzünden e<strong>in</strong>es Lichtes für jedesK<strong>in</strong>d. Das machen die Eltern selbst. Siekommen dazu an den Altar, legen zurKerze e<strong>in</strong>e Blume, schreiben den Namenihres K<strong>in</strong>des oder e<strong>in</strong>en Gedanken aufe<strong>in</strong>en Zettel. Das s<strong>in</strong>d ganz <strong>in</strong>tensiveMomente für alle. Meditative Musik begleitetdabei. So werden der Trauer undden Tränen Zeit und Raum gegeben. Hierist Platz und Gelegenheit dazu.Unser Angebot richtet sich an alle Betroffenen,e<strong>in</strong>geladen s<strong>in</strong>d Christen wieNichtchristen.Ökumenisches riedensgebetDonnerstag 17 UhrLorenzkirche Anger / Ecke Pilse