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(m/w). - Bucerius Law School

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ankl age<br />

„da hilf t nur einS: Vertreibt die<br />

unternehmen auS den uniS!“<br />

Herzlich willkommen, wo wollen Sie Platz nehmen? Vielleicht<br />

im easyCredit-Hörsaal an der Universität Nürnberg<br />

oder im Hörsaal Aldi-Süd der Fachhochschule Würzburg?<br />

Reicht es bei Ihnen für einen Platz in der Hengeler<br />

Mueller-Bibliothek an der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>? Gleich<br />

wo – wer an deutschen Hochschulen studiert, kommt um<br />

die Belästigung durch Unternehmen nicht herum.<br />

Im irren Willen, das angelsächsische Hochschulsystem<br />

zu importieren, hat auch in Deutschland die Krankheit<br />

um sich gegriffen, die Qualität einer Hochschule daran<br />

zu messen, wie gut sie sich verkaufen lässt. Welche Forschungsfrage<br />

erzielt das größte Income? Was sind die Absolventen<br />

auf den Märkten wert? Und wie viele Taler gibt<br />

es für die Namensrechte der Academia? So lautet diese<br />

Plage. Dagegen hilft nur eins: Vertreibt die Unternehmen<br />

aus den Unis!<br />

Bei der Hochschulbildung sollte es nicht nur um Profite<br />

und Karrieren gehen, sondern, um mit Humboldt<br />

zu sprechen, um eine ganzheitliche Ausbildung, frei von<br />

fremden Zwängen und Interessen. Und wissenschaftliche<br />

Forschung darf nicht dem Patentmarkt gelten, sondern<br />

schlicht dem Allgemeinwohl. Ein verlässlicher innerer<br />

Kompass – den benötigen Studierende ebenso wie ihre<br />

Professoren – entsteht nur durch größtmögliche Unabhängigkeit.<br />

Hört sich altmodisch an, stimmt aber trotzdem.<br />

Doch immer dreister halten die Universitäten ihre Taschen<br />

auf. An zwei Berliner Universitäten erhielt die<br />

Deutsche Bank etwa Einfluss auf die Lehre, in Köln hält<br />

die Universität aus Rücksicht auf die Bayer AG Wissen vor<br />

der Öffentlichkeit zurück. Und auf dem Markt der Gefälligkeitsgutachten<br />

ist zu haben, was bezahlt wird. Längst<br />

bedienen sich Unternehmen an deutschen Hochschulen<br />

frei nach Laune – die Unis machen willfährig mit.<br />

Dabei hat niemand etwas dagegen, dass Unternehmer sich<br />

engagiert in die Hochschulfinanzierung einbringen. Das<br />

beste Mittel dazu heißt: ordentliche Spitzensteuersätze,<br />

weniger Steuerschlupflöcher und mehr Geld für Bildung.<br />

Das ist nicht nur gut für den Hochschulstandort – sondern<br />

auch sozial gerecht.<br />

Martin Kaul, „taz – die tageszeitung“<br />

Verteidigung<br />

„Wo Werden denn abSolVenten<br />

Verk auf t?“<br />

Ob nun im lächerlichen „easyCredit“-Hörsaal oder wie<br />

gehabt in irgendeinem namenlosen: In der Wissenschaft<br />

zählen Tatsachen. Wie groß also ist der Anteil privater<br />

Drittmittel an den universitären Haushalten? Ein Fünftel<br />

des akademischen Budgets kommt aus Drittmitteln,<br />

20 Prozent davon steuert die Wirtschaft bei. Ein Fünftel<br />

eines Fünftels – das soll jetzt die Ökonomisierung der<br />

Universitäten sein?<br />

Wo werden denn Absolventen verkauft? In welchen Fächern<br />

wird nach dem Geldeinkommen der Forscher und<br />

nicht nach ihrer Reputation gefragt? Und den Fetisch des<br />

Drittmittelumfangs als Ausweis guter Forschung – hat<br />

ihn sich denn die Wirtschaft ausgedacht oder nicht vielmehr<br />

die Politik und die Wissenschaftsfunktionäre?<br />

Die Entgegensetzung von Privatinteresse und Gemeinwohl<br />

bringt also nicht viel. Im Namen von beidem wird<br />

Gutes und Unfug finanziert. So wenig eine staatlich finanzierte<br />

Universität deswegen „politisiert“ wäre, ist eine<br />

privatwirtschaftlich unterstützte damit schon „kommerzialisiert“.<br />

Die entscheidende Frage ist vielmehr, ob Universitäten<br />

ihre Autonomie gegenüber Finanzgebern bewahren können.<br />

Sie tun es nicht, wenn sie mit Firmen kooperieren,<br />

die verlangen, Forschungsergebnisse geheim zu halten.<br />

Auch Interventionen in die Lehre sollten zurückgewiesen<br />

werden. Kann man Unternehmen nicht klarmachen,<br />

dass sie am meisten von Universitäten haben, die das tun,<br />

was sie am besten können? Forschen Wissenschaftler hingegen,<br />

privat gefördert, an Technologien, um sich deren<br />

Erträge dann mit Firmen zu teilen, ist nicht zu sehen, was<br />

daran falsch sein sollte. Dasselbe gilt für das Interesse, das<br />

Studenten wie Firmen an der Berufsfähigkeit von Absolventen<br />

haben. Bildung meint ja nicht: Unbrauchbarwerden<br />

für praktische Zusammenhänge.<br />

Problematisch ist also nur eine dumm wirtschaftsgläubige<br />

Universität. Unproblematisch hingegen ist eine, die das<br />

Geld nimmt, das sie bekommen kann, und im Austausch<br />

dafür verspricht, wozu sie in der Lage ist: junge Leute intelligenter<br />

zu machen.<br />

Jürgen Kaube, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“<br />

32 33<br />

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