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Das apallische Syndrom - Österreichische Wachkoma Gesellschaft

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Apallisches <strong>Syndrom</strong> - Ätiologie• Akuter, schwerer Hirnschaden – Remission möglich(Hirnverletzung, Encephalitis, Hypoxie, maligner Insult,metabolisch, etc.)• Intoxikation• Akut – volle Remission möglich- exogen (Neuroleptika, Schlafmittel, etc.)- endogen (hepatisch, urämisch, hyperglykämisch, etc.)• Chronisch, partielle Remission möglich- exogen (Minamata disease, Bleivergiftung, etc.)- endogen (hepatisch, thyreotoxisch, etc.)• Progredienter, diffuser Hirnprozess – keine Remission(Creutzfeldt-Jakob‘sche Erkrankung, Alzheimer‘scheErkrankung, Chorea Huntington-Erkrankung, etc.)


Apallisches <strong>Syndrom</strong>Verlauf nach akutem schweren Hirnschaden(traumatisch, hypoxisch, etc.)F. Gerstenbrand, 1967, 1977, F. Gerstenbrand, E. Rumpl, 1983• Vollbild <strong>apallische</strong>s <strong>Syndrom</strong>• Remissionsstadium <strong>apallische</strong>s <strong>Syndrom</strong>: 8 Remissionsphasen• Defektstadium (multilokuläre und diffuseLäsionen verschiedener Intensität)t) Mitunter nach Stillstand der Remission imVollbild, Remissionsphase 1 oder 2, seltenerPhase 3• Alternativer Verlauf: Prolongiertes Mittelhirnsyndrom, meist ausPhase 3 des MHS, mit Defekt


Apallisches <strong>Syndrom</strong>-VollbildHirnverletzung, 1992


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach progredientem,diffusen Hirnabbauprozess, EndzustandF. Gerstenbrand, 1967, 1977,1999• Desintegration der höchsten hund höheren h herenHirnleistungen• Multilokuläre cerebrale Ausfälle• Klüverver-Bucy Stadium (3 Phasen)• Prä-<strong>apallische</strong>sStadium• Apallisches <strong>Syndrom</strong>, Vollbild , Endzustand


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach progredientemdiffusen Großhirnprozess - Endstadium(Alzheimer-Erkrankung)


Apallisches <strong>Syndrom</strong>Verlauf nach akuten schweren Hirnschäden (traumatisch, hypoxisch, etc.)F. Gerstenbrand, 1967, 1977, F. Gerstenbrand, E. Rumpl, 1983


Apallisches <strong>Syndrom</strong>Vollbild, traumatisch• Greifreflex Abb. 20: tonisch Abb. 21: phasisch


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach Akutschaden –Remissionsstadien – Phase IInnsbruck Remissions-Skala• Phase des optischen Fixierens Optisches Fixieren – Leitsymptom Abnahme des ermüdungszeitlichen Schlaf-Wach-Rhythmus Aufhellung des Coma vigile Motorische Primitivschablonen, Tendenz zurKombination gerichteter Primitivschablonen Lockerung der Beuge-StreckStreck-Haltung Abnahme des erhöhten hten Muskeltonus Stabilisierung der vegetativen Dysbalance


Apallisches <strong>Syndrom</strong>, traumatisch,Remissionsstadium I, Übergang in DefektstadiumDer polnische Ex-FuFußballprofi Jerzy Hawrylewicz litt nach einem Unfall am<strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong>. Er verstarb nach 16 Jahren im <strong>Wachkoma</strong>.© picture-alliancealliance/ / dpa/dpa


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach Akutschaden –Remissionsstadien – Phase IIInnsbruck Remissions-Skala• Phase des optischen Folgens Optisches Folgen – Leitsymptom Umstellung zum tageszeitlichen Schlaf-WachWach-Rhythmus Aufhellung des Coma vigile – Stuporphasen „Minimallyconscious state“ Erste Kontaktaufnahme Weitere Abnahme der Beuge-StreckStreck-Haltung Splittung des Muskeltonus (Spastizit(Spastizität, , Rigidität)t) Beginnende Kombination von Oralsinn und Greifen Weitere Stabilisierung der vegetativen Dysbalance


Apallisches <strong>Syndrom</strong>, traumatisch,Remissionsstadium IIPatient G.F., 23aOptischesFixieren undoptisches Folgen.Erste Kontakt-aufnahme.


Apallisches <strong>Syndrom</strong>, traumatisch,Remissionsstadium IIIPatient J.M.,19aVorgehaltenesObjekt wirdergriffen und inden Mundgebracht.


Apallisches <strong>Syndrom</strong>, traumatisch,Remissionsstadium IV,Vollbild Klüver-Bucy-<strong>Syndrom</strong>Patient E.F., 23aErgreifen vonGegenständen,nden,zum Mund-Führen, Versuchzu essen, Papierwird als solchesnicht erkannt


Apallisches <strong>Syndrom</strong>, traumatisch,Remissionsstadium V,ausklingende Klüver-Bucy-PhasePatientin H.L., 17aZigarettenrauch-Schablone im Klüverver-Bucy-Stadium


Apallisches <strong>Syndrom</strong>, traumatisch,Remissionsstadium V,ausklingende Klüver-Bucy-PhasePatient A.S., 20aHandkuss-Schablone im Klüverver-Bucy-Stadium


Prognose Apallisches <strong>Syndrom</strong>nach Akutschaden, akute Intoxikation• Frühestens 6 Wochen nach Auftreten möglich m• Entscheidungen über Fortsetzung der aktivenRehabilitationsbehandlung 6 Monate nach Auftreten• Annähernde Prognose nach 9 Monaten• Mögliche Rückbildung Rzum Defekt bis nach 2 Jahrenund längerl• Bei 80% der <strong>apallische</strong>n Patienten traumatischerÄtiologie,postencephalitisch bzw. akuter IntoxikationRemission möglich, mmitunter bis zu geringem Defekt• Bei 60% der <strong>apallische</strong>n Patienten nach HypoxieRemission möglich, mmeist mit schwerem Defekt


Anforderungen für eine moderne Therapiedes <strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong>s, generell - I• Initialstadium Behandlungsprogramm auf einer Intensiv-Station, optimal: neurologisches Intensivzentrum• Verlegung auf eine spezielle Rehabilitationsabteilung für f<strong>apallische</strong> Patienten, so rasch als möglich mauch mitTeilbeatmung• Individuelles Rehabilitationsprogramm (Basis:Akutsymptomatik, Zusatzuntersuchungen)• Durchführung hrung des individuellen Therapieprogramms ohneEinschränkung nkung und mit allen MöglichkeitenM• Fortsetzung des Rehabilitationsprogramms bis 6 Monate beiHinweis auf fortbestehendes Rehabilitationspotential


Anforderungen für eine moderne Therapiedes <strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong>s, generell - II• Entscheidung zur Unterbrechung desRehabilitationsprogramms nicht vor 3 Monaten, Konsiliumnotwendig (Monitoring(Monitoring, , Zusatzbefunde)• Beendigung der akuten Rehabilitation erst nacheingehendem Konsilium und in Rücksprache Rmit denAngehörigen• Transferierung in eine Spezialabteilung für f r kontinuierlicheFörderpflege von <strong>apallische</strong>n Patienten nachAkutrehabilitation• Transferierung in Heimpflege nur mit Möglichkeit Meinerkontinuierlicher FörderpflegeF• Re-Evaluierung nach 6 Wochen obligat, Wiederholung


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach akutem HirnschadenBehandlungsmanagement I• Management auf der IntensivstationInitialstadium (Mittelhirnsyndrom,Bulbärhirnsyndrom),Übergangsstadium,Vollbild: rechtzeitige DiagnoseFrühzeitiges Erfassen desKrankheitsverlaufs durch regelmäßäßigeneurologische Kontrollenenge Zusammenarbeit mit derIntensivstation


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach akutem HirnschadenBehandlungsmanagement II• Unmittelbare Transferierung auf eine Spezialstationfür r AS nach Abschluss der Intensiv-Therapie, keineWartezeiten Nach Übernahme auf die Spezialstation exakteneurologische Untersuchung inkl.Zusatzuntersuchungen Erstellung eines individuellenNeurorehabilitationsprogramms entsprechenddem Durchuntersuchungsresultat Laufende Adaptation des individuellenRehabilitationsprogramms, permanenteneurologische Kontrollen


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach akutem HirnschadenBehandlungsmanagement III• Behandlungsteam auf der Spezialstation:Ärzte, Pflegepersonal, Therapeuten,multidisziplinäreKonsiliarärzterzte:laufende Teambesprechungen• Eingehende Information der Angehörigen• Einbindung der Angehörigen inmedizinische Entscheidungen• Therapeutische Gemeinschaft:Einbeziehung der Angehörigen, Freunde,Arbeitskollegen


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach akutem HirnschadenBehandlungsmanagement IV• Lückenlose Fortsetzung des Rehabilitationsprogramms• Kontinuierliche Adaptation des Behandlungsprogramms,Einbeziehung spezieller Behandlungsmaßnahmennahmen(Baclofen-Pumpe,, Operation von Ossifikationen undKontrakturen, Ventrikel-ShuntShunt, , etc.).• Zwischenkontrollen (3. Woche, 6. Woche, 3. Monat, 4.Monat, monatliche Folgekontrolle)• Prognose-ErwErwägung:ärztliches Konsilium unterVerwendung aller relevanter Befunde: 3 Wochen, 6Wochen, 3 Monate, etc.• Vermeidung von negativen Aussagen den Angehörigengegenüber durch den verantwortlichen Arzt und durch dasPflegepersonal


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach akutem HirnschadenBehandlungsmanagement V• Laufende Teambesprechung• Laufende Information der Angehörigen• Prognose-Erstellung abhängig vom eingetretenenHirnschaden erst nach 3 Monaten• Nachfolgende Prognoseeinschätzung monatlich• Entscheidung über die Fortsetzung desRehabilitationsprogramms auf der Spezialstation• Entscheidung über Abbruch derRehabilitationsbehandlung auf der Spezialstation,Verlegung auf eine Pflegeabteilung mitkontinuierlicher Förderpflege, Feventuell inHeimpflege, temporär


Apallisches <strong>Syndrom</strong> nach akutem HirnschadenBehandlungsmanagement VI• Rücktransferierung zur Kontrolle an dieSpezialstation (obligatorisch), 6 bis 10 Wochennach Verlegung, Wiederholung• Endgültige Transferierung in eine speziellePflegeabteilung für f r <strong>apallische</strong> Patienten mitkontinuierlicher Dauerpflege• Maßnahmen zur Besserung der Lebensqualitätdes Patienten• Keine Diskussion über„End of Life Decision“• Bei Patienten mit infauster Prognose Verzicht aufMaximal-Therapie bei schweren Komplikationen(unbeherrschbarer Infekt, schwere Blutungen, etc.)


Prognose Apallisches <strong>Syndrom</strong>nach Akutschaden• Frühestens nach 6 Wochen möglich m• Entscheidungen über Fortsetzung der aktivenRehabilitationsbehandlung 6 Monate nach Auftretender <strong>apallische</strong>n Symptomatik• Prognose annähernd definitiv nach 9 Monaten• Mögliche Rückbildung Rbis nach 2 Jahren und längerl• Bei 80% der <strong>apallische</strong>n Patienten traumatischerÄtiologie,postencephalitisch, , akuter IntoxikationRemission möglich, mmitunter geringer Defekt• Bei 60% der <strong>apallische</strong>n Patienten nach HypoxieRemission möglich, mmeist mit deutlichem Defekt


Medizinisch-rechtliche Grundlagen derBehandlung des <strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong>s I• Jedes menschliche Wesen hat das Recht zuleben (Menschenrechtsdeklaration,10. Dezember 1948).• Jeder Mensch hat das Recht auf bestemedizinische Versorgung und beste Pflege(Deklaration Helsinki 1964, Paris 2005).• Ein <strong>apallische</strong>r Patient hat nach denmenschlichen Grundrechten undmedizinischen Grundsätzen bestmöglichversorgt zu werden (Deklaration Helsinki1964).


Medizinisch-rechtliche Grundlagen derBehandlung des <strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong>s II• Ökonomische Erwägungen sind nicht akzeptabel,Hippokratische Prinzipien und Deklaration derMenschenrechte, 10. Dezember 1948.• Entsprechend dem Hippokratischen Prinzipien sindPatienten im <strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong> mit Würde Wzubehandeln, unter Einbeziehung aller modernerMöglichkeiten, eine Überbehandlung ist nicht zulässig.• Auf MAXIMALTHERAPIE kann bei Patienten mit<strong>apallische</strong>m <strong>Syndrom</strong> im Vollbild oder frühenRemissionsphasen ohne Aussicht auf weitereRückbildung beim Eintreten von schwerenKomplikationen verzichtet werden (keineRemissionsmöglichkeit).


Medizinisch-rechtliche Grundlagen derBehandlung des <strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong>s III• Der Verzicht auf eine MAXIMALTHERAPIE beiaussichtsloser Prognose für f r eine RückbildungRentspricht den Hippokratischen Prinzipien.• Entsprechend den medizinischen Richtlinien ist derBeschluss durch Gerichtsinstitutionen zurBeendigung menschlichen Lebens nicht akzeptabelund nicht zulässig (z.B. Supreme Court in den USA– „Fall“ Terri Shiavo).• Eine Entscheidung über die Beendigungmenschlichen Lebens kann auch nicht durchnichtärztliches Personal getroffen oder durchgeführthrtwerden.


Lebensqualitätsbelastung der Angehörigen vonPatienten mit <strong>apallische</strong>m <strong>Syndrom</strong>• Keine Kommunikationsmöglichkeit• Erkenntnis über die völlige Abhängigkeit des AS-Patienten• Erkenntnis der eigenen Unfähigkeit, dies zu beeinflussen• Keine Kenntnis über vorhandene Gefühle undEmpfindungen des Patienten• Keine Kenntnisse über Schmerzempfinden des Patienten• Keine Kenntnisse über Leidenszustand des Patienten• Fehlinterpretation von motorischen Reflexen undPrimitivschablonen als als Willkürmotorik (Greifreflex,orale Reflexe, Haltungs- und Stellreflexe, etc.)


Was kann zur Verbesserung der Lebensqualität derPatienten und deren Angehörige getan werden?• Veränderung der unmittelbaren Umgebung des Patienten (Bilder,Photos, Blumen, Musik, Essenzen, etc.)• Aufbau des Kontaktes zum Leben des Patienten vor seinerErkrankung, Familie, Beruf, gesellschaftliches Umfeld(Vorzeigen von Photos, Bericht über aktuelle Vorgänge,Vortragen bekannter Musik , Vorlesen, etc.)• Einbinden von Familienmitgliedern in dasRehabilitationsprogramm• Abwechseln und Entlastung der einzelnen Angehörigen• Psychologische Unterstützung der Angehörigen• Berufsberatung gegen Ende der Rehabilitation• Kontakt der Angehörigen und des Patienten mit bereits erfolgreichrehabilitierten Patienten• Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe und Beratung


“Partielles Koma”Minimally Conscious States(Giacino et al, 1997)• Globales Bewusstsein: Weckbarkeit• Bewusstseinsphänomen: nomen: Registrierung externer undinterner Reize• Zugang zum Bewusstsein: zielgerichtete Aufmerksamkeit,kognitive Wachheit, entscheidungsfähighig• Kritik: Fehlen detaillierter neurologischer Symptome Beschreibung von Phänomenen Ätiologie im Allgemeinen offen Insgesamt vergleichbar mit den Defektstadien imRemissionsverlauf des <strong>apallische</strong>n <strong>Syndrom</strong>s


Rückbildung eines Koma,Laureys et alErweckbarkeit und Wachheit, 2 Komponenten des Bewusstseins im Koma,“vegetativestate”, “minimallyconsciousness state” und Locked-In<strong>Syndrom</strong>


Schwerer akuter Hirnschaden,Laureys et al, 2004


Rückbildung eines Koma, Laureys et alAkutes Koma, Übergang, “Vegetative State” – AS, “minimallyconsciousness state” (Remissionsstadium),gute Rückbildung


Terminologiediskussion• “Vegetative State”: vegetativer Zustand• “Unresponsiblewakefulness”: nicht reagierungsfähigerWachzustand• Apallisches <strong>Syndrom</strong>


Vollstadium traumatisches AS


Frühes Remissionsstadium


Spätes Remissionsstadium


Völlige Remission

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