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Soziale Faktoren im Laufe der Kranken-Karriere Sommersemester ...

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tierungen für best<strong>im</strong>mte Situationen. An<strong>der</strong>erseits haben soziale Normen einen darauserwachsenden Herrschaftsaspekt, denn soziale Normen regeln das tägliche Verhaltenmehr o<strong>der</strong> weniger verbindlich. Über den Weg <strong>der</strong> Gesetzgebung, als eine Form sehrverbindlicher Normen, wird (legit<strong>im</strong>e) Herrschaft ausgeübt. Unverbindlicher sind die sozialenNormen, die den Umgang mit Krankheit regeln. Allerdings verlieren sie dadurchihre Ordnungs- und Herrschaftsfunktion nicht vollständig. Gerade <strong>der</strong> Umgang mitKrankheit ist von starken Verhaltenserwartungen geprägt. In wie weit den Rollenerwartungenentsprochen werden kann, hängt neben psychologischen <strong>Faktoren</strong> auch vonden sozialschichtspezifischen Normen, Werten und Fähigkeiten ab.Berufliche Sozialisation:♦ Aneignung von Fachwissen♦ Verinnerlichung beruflicherNormen♦ Verinnerlichung beruflicherRollenerwartungen♦ Übernahme berufsgruppenspezifischerWerte, Orientierungenund EinstellungenUm Phänomene <strong>der</strong> sozialen Distanz zu verstehen,ist es wichtig, sich über die Zusammensetzung<strong>der</strong> Ärzteschaft klar zu werden. Ärzte undÄrztinnen unterliegen einer beruflichen Sozialisation,die den Blick auf Krankheit verän<strong>der</strong>t. DieVorstellungen über Krankheitsentstehung und –behandlung spitzen sich zu in Richtung auf naturwissenschaftlicheModelle. Emotionale undkognitive Distanzierung von Leid durch Witze undZynismus, Verwandlung <strong>der</strong> Person in einen Fall,sowie exzessiver Fachjargon werden erlernt. DerEinzelfall verliert durch die Routine und die Typisierungvon Krankheiten an Bedeutung.Damit entfernen sich die Vorstellungen <strong>der</strong> Ärzte über Krankheit und Krankheitsentstehungvon denen <strong>der</strong> Patienten, für die Krankheit persönliches Leid ist und <strong>der</strong>en Krankheitsbegriffi.d.R. unspezifisch und umfassend ist. Damit wird er zwar möglicherweiseallen möglichen Bedingungsfaktoren <strong>der</strong> Krankheit gerecht, ist wissenschaftlich aberungenügend. Der Krankheitsbegriff verengt sich zusehends vom Patienten über denAllgemeinarzt zum Facharzt hin, was eine Verständigung erschwert.Zugleich ist in keinem an<strong>der</strong>en Studienfach <strong>der</strong> Grad an Selbstrekrutierung so hoch wiein <strong>der</strong> Medizin. 24%-30% <strong>der</strong> MedizinstudentInnen stammen aus Arztfamilien. Die Entscheidungzum Arztberuf fällt früh: 37% <strong>der</strong> MedizinstudentInnen wollten bereits mit 15Jahren Arzt/ Ärztin werden, stammen sie aus Arzt- o<strong>der</strong> Apothekerfamilien, waren esbereits 51%. Überhaupt stammt über 50% <strong>der</strong> Medizinstudierenden aus Akademikerfamilien(lediglich 5% aus Arbeiterfamilien) und damit aus <strong>der</strong> (oberen) Mittelschicht (vgl.He<strong>im</strong>/ Schuller, 1992). Hieraus resultiert soziale Distanz zu vielen Patienten.<strong>Soziale</strong> Distanz macht sich u.a. an den sprachlichen Fähigkeiten fest. Die Arbeiten desSoziologen Basil Bernstein (1972) lenkten den Blick auf die unterschiedliche Struktur<strong>der</strong> Sprache in verschiedenen Schichten. Bernstein unterschied den restringierten undden elaborierten Code. Der restringierte Code wird hauptsächlich von traditionellen Arbeiterngesprochen, <strong>der</strong> elaborierte von Angehörigen <strong>der</strong> Mittelschicht. Auf Seiten <strong>der</strong>Ärzteschaft darf <strong>der</strong> elaborierte Sprachcode vorausgesetzt werden. Ohne hier auf dieBedeutung für die Sozialisation und Weichenstellungen durch Sprache für die Vermittlungvon Werten, Normen und Fähigkeiten eingehen zu können, sollen einige für unserThema relevante Erkenntnisse präsentiert werden.16

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