Soziale Faktoren im Laufe der Kranken-Karriere Sommersemester ...

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

1.2 Phase 2: In der Grauzone zwischen gesund und krankDas Wort „Grauzone“ führt zu der in diesem Zusammenhang wichtigen Überlegung,wer eigentlich als krank bezeichnet wird. In der Forschung gilt es als gesichert, dassKrankheit und subjektive Beschwerden allein noch keinen Arztbesuch des Betroffenenprognostizieren lassen, auch müssen subjektive Beschwerden nicht in einem Zusammenhangmit medizinischen Befunden stehen und vice versa. Das heißt nicht nur, dasssich viele Kranke nicht bei den Ärzten einfinden, sondern auch, dass viele Patientenkeine somatisch diagnostizierbare Erkrankung aufweisen. Zahlreiche Studien belegen,dass der größte Teil von Erkrankungen nicht in ärztliche Behandlung führt.Die Ergebnisse der Untersuchungen schwanken leicht und sind nicht ohne weiteresmiteinander vergleichbar, trotzdem lassen sie das Ausmaß der Situation erkennen:Zwischen 50 und 75% der Bevölkerung nimmt regelmäßig Symptome wahr, die alsmögliche Krankheitsanzeichen gedeutet werden. Eine ärztliche Untersuchung an11.000 Gesunden erbrachte einen Anteil von 91% Personen mit signifikanten Abweichungenvon medizinischen Normen (Schenthal 1960 zit. nach Herschbach 1999:8). Lediglich5% - 30% der Betroffenen gehen aber mit ihren Beschwerden zum Arzt. Eine Studievon Eisenberg (1980 zit. nach Herschbach 1999:8) kam zu dem Ergebnis, dass 75% - 90%der selbst diagnostizierten Gesundheitsstörungen selbstbehandelt, bzw. innerhalb desLaienhilfesystems behandelt werden.Ebenso ist das Phänomen, dass sich viele Menschen ohne diagnostizierbare somatischeStörung in Arztpraxen einfinden, empirisch gut belegt. Die Angaben für Patientenmit einer eindeutig und ausschließlich somatisch erklärbaren Erkrankung in verschiedenenBereichen des professionellen Medizinsystems 1 liegen zwischen 16% und 41%.Bei einem Teil dieser Patienten sind die Störungen wiederum weniger organischen Ursprungsals vielmehr das Ergebnis von emotionalem Stress. Bei den Patienten, die keinesomatisch feststellbaren Symptome aufweisen, fällt die Verbreitung von funktionellenund psychogenen Störungen auf (vgl. Herschbach 1999:9f.).Die Fehlversorgung wird verständlicher, wenn zwischen krank sein, sich krank fühlenund als krank gelten unterschieden wird. Sein steht für die Ebene naturwissenschaftlich-empirischfeststellbarer Abweichungen von medizinisch als normal definierten Körperzuständen,die in diesem Sinne als objektiv gelten (Arzt-Sicht). Fühlen repräsentiertdie Ebene des subjektiven Gesundheitszustandes und umfasst Zustände wie Schmerzenund Befindlichkeitsstörungen (Patienten-Sicht). Der Aspekt gelten spricht die Legitimationsebenean. Als krank wahrgenommen zu werden, verändert die Haltung undForderungen der Gesellschaft dem Betreffenden gegenüber (gesellschaftliche Sicht).So tritt z.B. die Forderung nach der Alltagsbewältigung hinter der Forderung zur Gesundungund zur Hilfesuche zurück. Durch diese Differenzierung wird klar, dass dieGruppe der Kranken nicht deckungsgleich ist mit der Gruppe der Patienten. Denn werkrank ist, muss nicht zwangsläufig auch als krank gelten. Es kann z.B. eine nur sehrschwer oder noch nicht diagnostizierbare Krankheit vorliegen. Auch sich krank zu fühlenreicht ohne ärztlichen Befund für eine gesellschaftliche Entlastung nicht aus.1 Die Untersuchungen wurden u.a. in Allgemeinarztpraxen, in Polikliniken, in Krankenhaus-Ambulanzenund Allgemeinkrankenhäusern durchgeführt.8
Abb. 1.4Subjektive Krankheitstheorien und Aussagen zur subjektiven Krankheitstheorie2Tabelle No. 2+3: Aussagen zur subjektiven KrankheitstheorieTabelle No. 4: Subjektive KrankheitstheorienBegriffe der „Kranken- und Patienten-Karriere“.Kranken-Karriere:a) Hilfesuchen: Vonder Symptomwahrnehmungbis zumArztbesuchb) Patienten-Karriere:Vom Arztbesuch biszur Heilung/ TodDie Begriffe "Patient" und "Patienten-Karriere" beschreibenjeweils Anteile der umfassenderen Begriffe des "Kranken"und der "Kranken-Karriere".Die Auseinandersetzung mit Krankheit erstreckt sich in derZeit und es werden zwei Hauptphasen unterschieden. Dieerste Hauptphase umfasst den Zeitraum von der Symptomwahrnehmungbis zum Arztbesuch (Krankheitsverhalten, Hilfesuchen,Konsultationsverhalten). Die zweite Phase bildetdie Zeit vom Arztbesuch bis zur Heilung, Rehabilitation oderTod. Diese Phase wird als Patienten-Karriere bezeichnet undvon der vorhergehenden durch die Struktur ihrer Organisati-2 Quelle: CAWAC-Umfrage in Deutschland. Kaufmann, M., Ernst, B.: „Was Frauen mit Krebs erfahren,empfinden, wissen und vermissen“. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 97, Heft 47, 24. Nov. 2000: A3191-A31949
Seite 7 und 8: II Sozialisationstheoretische Ansä
Seite 9: Für die Mortalität gilt:Bildung:M
Seite 13 und 14: a) Verleugnung oder Selbstmedikatio
Seite 15 und 16: Abb. 1.5: Krankheitsverhalten und S
Seite 17 und 18: den gesellschaftlichen und organisa
Seite 19 und 20: Hier einige Untersuchungsergebnisse
Seite 21 und 22: SystematischesAnstaltshandeln:♦ D
Seite 23 und 24: 1.4 Phase 4: Nach dem Krankenhausau
Seite 25 und 26: Um eine Krankheit aktiv bewältigen
Seite 27 und 28: In einer Sozialanamnese werden dies
Seite 29 und 30: Fremdanamnese:Bei Bewusstlosen/ Bew
Seite 31 und 32: ♦ Geriatrie: erhebt im Rahmen der
Seite 33 und 34: Den hohen oben angeführten Anspruc
Seite 35 und 36: a) Soziologische Stresstheorien♦
Seite 37 und 38: 3.5 Sichtweise der Integrierten Med
Seite 39 und 40: 4 Frage- und Dokumentationsbögen z
Seite 42: 4.3 Geriatrie/ Gerontologie (Freibu
Seite 47 und 48: 5 Sozialtherapeutische Handlungsmö
Seite 49 und 50: Die Rolle des einzelnen Arztes in d
Seite 51 und 52: Ein weiteres wichtiges Konzept ist
Seite 53 und 54: PatientInnenschulungenGrundlegendes
Seite 55 und 56: 5.4 Soziale TherapieAls soziale The
Seite 57 und 58: Soziotherapie„Soziotherapie“ is
Seite 59 und 60: ♦ Das Dilemma all dieser Ansätze

Soziale Faktoren im Laufe der Kranken-Karriere Sommersemester ...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

Template löschen?

Als Template speichern?