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Drama 01/11 - Theater in der Josefstadt

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PorTräT<br />

8<br />

Von gartenschlauch<br />

bIs<br />

gItarre. acht<br />

VerschIedene<br />

Instrumente<br />

spIelt mIchael<br />

dangl Im<br />

lIe<strong>der</strong>abend<br />

»eh wurscht«<br />

e<strong>in</strong> russisCher sTrassensänGer hockt am<br />

Bühnenrand und entlockt se<strong>in</strong>er okar<strong>in</strong>a<br />

fremdartige Klänge. nach e<strong>in</strong> paar Takten<br />

konfisziert e<strong>in</strong> straßenkehrer das <strong>in</strong>strument<br />

und entsorgt es im Mistkübel. Bald<br />

danach zieht <strong>der</strong> Musiker e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es akkordeon<br />

aus se<strong>in</strong>em alten Militärmantel,<br />

auch dieses <strong>in</strong>strument wird ihm – aus<br />

fremdenhass o<strong>der</strong> aus ordnungszwang? –<br />

aus <strong>der</strong> hand gerissen. Unverdrossen<br />

packt <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Wiener Müllabfuhr gedemütigte<br />

das nächste <strong>in</strong>strument, e<strong>in</strong>e<br />

zugflöte, aus, auch die wird ihm abgenommen.<br />

Diese Tragödie sp<strong>in</strong>nt sich durch<br />

den abend weiter, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> lie<strong>der</strong>abend ist,<br />

»eh wurscht« heißt und von franz Wittenbr<strong>in</strong>k<br />

zur Beschreibung des Wiener<br />

Wesens erdacht wurde. e<strong>in</strong> hochmusikalisches<br />

<strong>Josefstadt</strong>-ensemble s<strong>in</strong>gt lie<strong>der</strong><br />

von Mozart bis lou reed mit adaptierten<br />

Texten. Michael Dangl s<strong>in</strong>gt natürlich auch,<br />

das russische Volkslied »schwarze augen«,<br />

überrascht vor allem mit e<strong>in</strong>em Dutzend<br />

neuer Kle<strong>in</strong><strong>in</strong>strumente, bis er verzweifelt<br />

und aller <strong>in</strong>strumente beraubt, elfriede<br />

otts Krücke als Querflöte nützt.<br />

Michael Dangl ist e<strong>in</strong> <strong>Theater</strong>k<strong>in</strong>d. aber<br />

nicht so e<strong>in</strong>es, das im zuschauerraum<br />

saß, wenn Papa o<strong>der</strong> Mama auf <strong>der</strong> Bühne<br />

probten, er stand von K<strong>in</strong>desbe<strong>in</strong>en an auf<br />

<strong>der</strong> Bühne. Mit vier Jahren startete er se<strong>in</strong>e<br />

Karriere bei <strong>der</strong> elterlichen »Karawane«,<br />

schon als K<strong>in</strong>d war er mit akkordeon,<br />

flöte o<strong>der</strong> Klavier für die Bühnenmusik<br />

verantwortlich. Die familie zog von stadtsaal<br />

zu Burgru<strong>in</strong>e, <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>e Michael<br />

lernte die <strong>Theater</strong>arbeit von <strong>der</strong> Pike auf<br />

und lernte sie lieben. niemals stand e<strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>er Beruf zur Diskussion. nach <strong>der</strong><br />

Matura am humanistischen gymnasium<br />

<strong>in</strong> salzburg wollte er sich am Mozarteum<br />

offiziell zum schauspieler ausbilden lassen.<br />

Doch lutz hochstraate engagierte<br />

Michael Dangl vom fleck weg ans salzburger<br />

landestheater. »<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis lernen<br />

sie viel mehr als <strong>in</strong> <strong>der</strong> schauspielschule«,<br />

wischte hochstraate das studium vom<br />

Tisch, und Michael Dangl, geschmeichelt,<br />

als 17-Jähriger so e<strong>in</strong>e chance zu bekommen,<br />

sagte zu. gleich <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten rolle<br />

musste er sich auf <strong>der</strong> gitarre begleiten<br />

und lernte das vierte <strong>in</strong>strument. <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

folge war es oft se<strong>in</strong>e idee, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>strument<br />

e<strong>in</strong>zusetzen. für »Das gespenst von canter-<br />

ville« schlug er vor, se<strong>in</strong>er angebeteten<br />

e<strong>in</strong> ständchen mit dem Dudelsack darzubr<strong>in</strong>gen.<br />

»ich habe vorher nicht gewusst,<br />

wie wahns<strong>in</strong>nig schwer das zu lernen ist.<br />

Man bläst ähnlich wie bei <strong>der</strong> flöte, aber<br />

die luft wird nicht sofort zum Ton, son<strong>der</strong>n<br />

sammelt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sack, an dem<br />

Pfeifen befestigt s<strong>in</strong>d, erst durch Drücken<br />

des Dudelsacks entsteht dann so e<strong>in</strong><br />

mehrstimmiger Ton.« Diese fertigkeit<br />

musste er nicht so bald wie<strong>der</strong> unter Beweis<br />

stellen. für den Jimmy Porter <strong>in</strong><br />

osbornes »Blick zurück im zorn« brachte<br />

er sich das Trompetenspiel bei. »natürlich<br />

kann man die Trompetentöne auch vom<br />

Band spielen, aber ich f<strong>in</strong>de es besser,<br />

wenn <strong>der</strong> Typ auf <strong>der</strong> Bühne Trompete<br />

bläst«, erklärt Dangl se<strong>in</strong>en eifer. »es sagt<br />

auch so viel über die figur aus, dass er<br />

eben Trompete spielt und nicht zither.<br />

Trompete ist e<strong>in</strong> kraftvolles, aggressives<br />

<strong>in</strong>strument. Über die Musik hat sich mir<br />

sehr oft e<strong>in</strong>e rolle noch besser erschlossen«.<br />

Und ja, Drehleier hat er auch gelernt;<br />

als er sie beherrschte, wurde die<br />

Produktion abgesagt. 1998 kam Dangl<br />

über empfehlung von fritz Muliar, dem<br />

<strong>der</strong> gut aussehende junge schauspieler<br />

am salzburger landestheater aufgefallen<br />

war, ans <strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> und hat<br />

mit »Besuch bei Mr. green« auch gleich<br />

ordentlich aufmerksamkeit erregt.<br />

se<strong>in</strong> weiTeres <strong>in</strong>sTrumenTenreperToire hat<br />

an <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> folgenreiche erweiterungen<br />

erfahren. für die rolle des handwerkers<br />

Peter squenz <strong>in</strong> shakespeares<br />

»sommernachtstraum« musste er Querflöte<br />

lernen. »ich b<strong>in</strong> sehr froh, dass ich<br />

jetzt weiß, wie schwer es ist, dieses <strong>in</strong>strument<br />

e<strong>in</strong>igermaßen zu beherrschen«,<br />

lächelt Michael Dangl vieldeutig. <strong>in</strong> lockenhaus,<br />

bei e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er zahlreichen<br />

rezitationsabende, begegnete er <strong>der</strong> russischen<br />

Querflöten-solist<strong>in</strong> Maria fedotova.<br />

sie ist heute Mutter se<strong>in</strong>er zehn Monate<br />

alten Tochter und se<strong>in</strong>e frau.<br />

naheliegend, dass se<strong>in</strong>e lesungen jetzt öfter<br />

von Querflöte begleitet werden. am<br />

30. Jänner liest Michael Dangl im Mozarthaus<br />

aus den Memoiren von casanova,<br />

und Maria fedotova spielt Kompositionen<br />

von casanovas zeitgenossen.

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