Tableau Musical 07/2009 - Merseburger Verlag
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Fanny Hensel<br />
und Felix Mendelssohn<br />
Es ist das Jahr 1805. Fanny Hensel wird als älteste<br />
Tochter von Lea und Abraham Mendelssohn Bartholdy<br />
geboren. Vier Jahre später folgt ihr Bruder<br />
Felix. Die beiden Kinder wachsen in einem wohlhabenden Elterhaus auf<br />
und erhalten schon bald gemeinsamen Musikunterricht. Ihre außergewöhnliche<br />
Begabung fällt den Eltern früh auf und so suchen sie die besten<br />
Lehrer, um ihre Kinder zu fördern. Für die Ausbildung in Musiktheorie und<br />
Komposition wird Carl Friedrich Zelter, der Leiter der Berliner Singakademie<br />
und Freund Goethes engagiert. Bald ist Fanny im Freundes- und Bekanntenkreis<br />
der Mendelssohns nicht nur als hervorragende Pianistin, sondern<br />
auch als Komponistin von Liedern und Klavierstücken bekannt.<br />
Zwischen den Geschwistern entwickelt sich eine enge Bindung über das<br />
gemeinsame Musizieren. Dennoch wird Fanny von den Eltern bald schon<br />
weniger unterstützt als ihr Bruder. „Die Musik wird für Deinen Bruder Felix<br />
vielleicht zum Beruf, während sie für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbass<br />
Deines Seins und Thuns werden kann und soll …“, schreibt der Vater<br />
1820 an seine 14-jährige Tochter aus Paris. Fanny beugt sich dem Druck<br />
und folgt dem gesellschaftlichen Rollenbild dieser Zeit, bei dem Bildung<br />
und das Befolgen gesellschaftlicher Regeln Vorrang haben. 1821 wird Johann<br />
Wolfgang von Goethe auf Felix aufmerksam. Während dieser umjubelt<br />
wird, tritt Fanny nun in den Hintergrund, der Beginn einer persönlichen<br />
Entfernung. Fortan nimmt Sie die berufliche Karriere Ihres Bruder<br />
mit Abstand war, wird auf die Rolle der Hausfrau und Mutter vorbereitet.<br />
Musik soll für sie nur noch Freizeitbeschäftigung sein.<br />
1829 heiratet Fanny den Maler Wilhelm Hensel, der ihr musikalisches Engagement<br />
sehr förderte. Ein Jahr später wird ihr einziger Sohn Sebastian<br />
geboren. Doch die Musik lässt Fanny nicht los. Regelmäßig lädt sie zu<br />
Sonntagsmusiken in die Berliner Leipziger Straße 3 ein, die unter den<br />
Künstlern der damaligen Zeit hohes Ansehen genießen und führt dabei<br />
eigene Kompositionen auf. „Meine Ouvertüre ging das letzte Mal sehr gut,<br />
u. schien ihnen allen gefallen zu haben“, schrieb Fanny Hensel am 18. Juni<br />
1834 an Felix nach einer ihrer Sonntagsmusiken.<br />
Der drei Jahre jüngere Bruder stand den kompositorischen Ambitionen seiner<br />
Schwes ter ambivalent gegenüber. Einerseits schätzte er ihre Musik,<br />
doch andererseits sprach er sich gegen deren Publikation aus. Dies hing<br />
mit Felix‘ grundsätzlicher Einstellung zum Komponieren als Beruf zusammen:<br />
Frauen sollten nicht den Komponistenberuf ausüben. Doch umgekehrt<br />
ist Fanny für Felix, inzwischen ein angesehener Komponist, stets die<br />
wichtigste Beraterin, sie prüft jedes Werk. Ihrem Wunsch, die Veröffentlichung<br />
eigener Kompositionen zu unterstützen, kam Felix<br />
jedoch nie nach.<br />
4<br />
Nicht ohne meine Schwester<br />
Im Jahr 1839 reist Fanny mit ihrer Familie durch Italien, wo<br />
sie von anderen Musikern große Anerkennung erhielt und<br />
kehrt inspiriert – und vermutlich auch vom Einfluss ihres<br />
Bruders emanzipiert – nach Berlin zurück. Ihr bedeutendstes<br />
Werk, der Klavierzyklus „Das Jahr“ entsteht. 1846 fasst sie<br />
Mut, lässt einen Teil ihrer Kompositionen veröffentlichen<br />
und begeistert damit einen Großteil<br />
der Kritiker. Felix gibt ihr dazu nach Erscheinen<br />
endlich seinen „Handwerkssegen“. Doch die<br />
neu gewonnene Freiheit währt nicht lange. Ein<br />
halbes Jahr, nachdem der erste Band mit ihren<br />
Liedern erschienen ist, stirbt sie am 14. Mai<br />
1847 im Alter von nur 41 Jahren an einem<br />
Schlaganfall während der Probe zu einer ihrer<br />
Sonntagsmusiken. Der Tod seiner Schwester<br />
führte bei Felix zu einer tiefen Depression; er<br />
starb überraschend wenige Monate später, am<br />
4. November 1847. Sabine Kemna<br />
Tipp fürs Internet zum Thema<br />
Cornelia Bartsch:<br />
Fanny Hensel, Korrespondenzen in Musik, Multimediale<br />
Päsentation im Internet unter:<br />
http://mugi.hfmt-hamburg.de/<br />
Hensel_Korrespondenzen/index.html<br />
Buchtipp<br />
Cornelia Bartsch<br />
Fanny Hensel<br />
geb. Mendelssohn<br />
Bartholdy.<br />
Musik als<br />
Korrespondenz<br />
382 Seiten<br />
mit zahlr. Abb.<br />
und Notenbeispielen<br />
Was heißt hier Autorschaft, was Werk? Wer sich mit<br />
dem Leben und Werk von Fanny Hensel be fas sen<br />
möchte, wird von den Deutungen der Autorin C.<br />
Bartsch beeindruckt sein. Sie zeigt am Beispiel der<br />
frühen Lieder und des Streichquartetts von Fanny<br />
Hensel, dass ihre Musik Teil verschiedener musikalischer<br />
Dialoge ist.<br />
fue 9120 • ISBN: 978-3-927327-60-3<br />
€ 32,00