Im Sundgau - OASE Verlag
Im Sundgau - OASE Verlag Im Sundgau - OASE Verlag
Inhalt Wieder mal ins Elsass? 6 1 � Kleiner Genzverkehr im Leymental 13 2 � Ferrette, Käse und Mythen 25 3 � Kulinarische Klassiker im Sundgau 28 4 � Wochenmarkt in St. Louis 39 5 � Von Chalampé nach Mulhouse 42 6 � Einkaufen und Einkehren in Mulhouse 46 7 � Museen in Mulhouse 68 8 � Haltestellen an der Weinstrasse 84 9 � Ein touristisches Kraftzentrum 101 10 � Colmar, Einkaufen & Einkehren 122 11 � Das Münsterkäse-Dreieck 163
- Seite 2 und 3: 12 � Fermes Auberges 168 13 � L
- Seite 4 und 5: Gutes vom Erzeuger - Marché des pr
- Seite 6 und 7: Landpartie für Städter: Couronne
- Seite 8 und 9: Abgebaut und aufgebaut: Hostellerie
- Seite 10 und 11: Gleiten & Gondeln - zwischen Winkel
- Seite 12 und 13: Schloßruine, nicht allzu lange geh
- Seite 14 und 15: Perfekt einfach - Restaurant Scholl
- Seite 16 und 17: STuDERHOF - Bettlach. Auf halbem We
- Seite 18 und 19: Ziegenkäse (chèvre frais und vers
- Seite 20 und 21: Auffallend die anregend zusammenges
- Seite 22 und 23: Völker aller Länder - Mulhouse, M
- Seite 24 und 25: Martha und die Wildblumensträuße
Inhalt<br />
Wieder mal ins Elsass? 6<br />
1 � Kleiner Genzverkehr im Leymental 13<br />
2 � Ferrette, Käse und Mythen 25<br />
3 � Kulinarische Klassiker im <strong>Sundgau</strong> 28<br />
4 � Wochenmarkt in St. Louis 39<br />
5 � Von Chalampé nach Mulhouse 42<br />
6 � Einkaufen und Einkehren in Mulhouse 46<br />
7 � Museen in Mulhouse 68<br />
8 � Haltestellen an der Weinstrasse 84<br />
9 � Ein touristisches Kraftzentrum 101<br />
10 � Colmar, Einkaufen & Einkehren 122<br />
11 � Das Münsterkäse-Dreieck 163
12 � Fermes Auberges 168<br />
13 � Le Grand Ried – in eine andere Welt 206<br />
14 � Einkaufen und Einkehren in Sélestat 223<br />
15 � Le Kelsch d‘Alsace 234<br />
16 � Gemischtes Doppel in Osthouse 240<br />
17 � Naschwerk aus Barr und Obernai 246<br />
18 � Straßburg, Einkaufen & Einkehren 249<br />
Auf Einkaufstour im Elsass 285<br />
Spezialitäten und Legenden 303<br />
Ausgewählte Oasen 326<br />
Besondere Gasthäuser 326<br />
Hotels und Geschäfte 327<br />
Verzeichnis<br />
Orte 329<br />
Gasthäuser 330<br />
Einkaufen 332
Wieder mal ins Elsass?<br />
<strong>Im</strong> Elsass nichts Neues – außer Choucroute, Fachwerk und<br />
Edelzwicker ? Natürlich kennen auch wir die Klagen über<br />
kulinarischen Stillstand, Touristenfallen und Weinstraßenkitsch.<br />
Aber da wäre eben auch ein seit Jahr und Tag solider<br />
Grundstock altbewährter Oasen, einige interessante<br />
Entdeckungen sind in dieser Ausgabe neu hinzu gekommen.<br />
Das Elsass mag da und dort etwas schwächeln, für<br />
Vollversammlung – Petit France in Straßburg<br />
informierte Grenzgänger ist das Land zwischen Oberrhein<br />
und Vogesen aber nach wie vor höchst ergiebig. 18 Leichte<br />
Entdeckungen – 18 mal eigensinniger Genuß.<br />
Auf kulinarischen Einkaufstouren ist die Versorgungslage<br />
so üppig wie eh und je. Etwa in Straßburg auf dem Erzeugermarkt<br />
am Place du Marché aux poissons oder in den Markt-
Gutes vom Erzeuger – Marché des producteurs, Strasbourg<br />
hallen und Plätzen in Colmar, Sélestat oder Mulhouse. Noch<br />
immer wird hier eine kulinarische Vielfalt geboten, von der<br />
man linksrheinisch nur träumen kann. Allein das wären genug<br />
Gründe für eine Hamsterfahrt ins Elsass, kulinarische,<br />
aber auch emotionale. Man könnte also wieder mal rüberfahren:<br />
ein poulet fermier erbeuten, für eine Fischsuppe royale<br />
einkaufen, einen ganzen Brillat-Savarin einpacken lassen.<br />
Kapital einkaufen.<br />
Therapeutisch reisen geht aber auch: <strong>Im</strong> Herbst, bei klarem<br />
Wetter über die Route des Crêtes gondeln, zwischendurch<br />
in einer Ferme verhocken, gegen Abend Richtung Rheintal<br />
runter und in einer feinen Villa logieren.<br />
Oder eine Gartenwirtschaftsrunde durch den abseitigen<br />
<strong>Sundgau</strong>, mit dem Rad durch den <strong>Sundgau</strong> der Apfel-Hochstämme<br />
und Birnenpyramiden. Eine Rast in der Grasgartenwirtschaft<br />
von Dannemarie, oder eine Carpe frite-Bonanza in<br />
der Couronne in Carspach. Bonne route !<br />
Rauher Charme – Ferme Auberge Kahlenwasen, Petit Ballon
<strong>Im</strong> <strong>Sundgau</strong><br />
Das stille Hügelland im Süden des Elsass ist tiefe Provinz,<br />
ein Ziel für geübte Streuner. Nichts von der bisweilen<br />
aufdringlichen Weinstraßenromantik weiter im Norden,<br />
kein geleckter Geranienstadel, keine Reisegruppen und<br />
Busparkplätze.<br />
Was fehlt: Kunst, Reben und Gourmettempel. Die Weinberge<br />
im Vorland der Vogesen hören bereits bei Thann, also nordwestlich<br />
von Mulhouse auf. Die Zahl der Besucher bleibt<br />
bescheiden, keiner der erfolgsverwöhnten Köche aus der Feinschmecker-Ecke<br />
um Colmar und Straßburg läßt sich locken<br />
− der <strong>Sundgau</strong> muß mit sich selbst klarkommen, seine Gäste<br />
auch.<br />
10 <strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong> 11
Landpartie für Städter: Couronne d’Or, Leymen<br />
COuRONNE D‘OR – Leymen. <strong>Im</strong> kleinen Grenzort<br />
Leymen wartet ein schlicht renoviertes Dorfgasthaus,<br />
unter Basler Genußpendlern seit Jahr und Tag eine gesetzte<br />
Adresse. Direkt unterhalb der Burgruine Landskron haben<br />
Schweizer Wirtsleute (ehemals Goldenes Fass in Klein-Basel)<br />
eine Art gehobene Kantine für Exilbasler etabliert. Die Couronne<br />
war vom Start weg ein Erfolg und sie ist es bis heute,<br />
das Lokal brummt jeden Abend (am Wochenende auch häufig<br />
Familien- und andere Feste).<br />
Bei der Renovierung des 200 Jahre alten Dorfgasthauses<br />
haben die Wirtsleut‘ einiges klug erhalten: Um den Tresen<br />
entstand ein unkompliziertes Bistro, die Durchreiche gewährt<br />
einen Blick auf das muntere Geschirren in der Küche – hier<br />
wird ein einfaches Speisenangebot ab 11 Uhr früh angeboten.<br />
Vorneraus zur Straße dann die schmale Terrasse mit drei<br />
kleinen Tischchen – der richtige Platz für ein bière à pression<br />
oder für eine Kleinigkeit. Links vom Bistro dann der kleine<br />
Speiseraum und rechts der schlicht-elegante Jugendstilsaal<br />
für die abendliche Tafel, dazu kommt noch ein reizvoller rückwärtiger<br />
Wintergarten. Küchenrichtung: eher leichte frische<br />
Küche mit Gemüse und Mittelmeer-Zutaten, in zeitgerechtem<br />
Zuschnitt. Wir raten zu einem «menu surprise», 4 oder 6 Gänge<br />
(ab zwei Pers.) zu 40 oder 50 Euro − mit einem Hauptgang<br />
nach Wahl: Fleisch, Fisch oder vegetarisch. Dazu einen Wein<br />
aus französischen Anbaugebieten, vorwiegend aus Süd- und<br />
Südwestfrankreich.<br />
Bei soviel Zulauf fehlt im Service mitunter die Übersicht<br />
motivierter Fachkräfte – manche verwechseln auch Nonchalance<br />
mit Nachlässigkeit. Aber der Platz hat einfach Charme,<br />
er ist zudem konkurrenzlos im <strong>Sundgau</strong>.<br />
La Couronne d’Or (Urs Rusterholz, Bernhard Weber)<br />
10, rue Principale, 0 Leymen<br />
Tel./Fax 00 -(0) . . . .0 , www.couronne-leymen.ch<br />
Typ: Bistro-Restaurant mit Wintergarten und Jugendstil-Saal<br />
� kleine Veranda zur Straßenseite.<br />
Preise: mittel bis gehoben (Mittagsmenu ab 11 Euro, Menu surprise<br />
0/ 0 Euro).<br />
RT: Do bis So 11- Uhr. Abends unbedingt reservieren. Ferien im Juli.<br />
� Der Bahnhof: Ein Bau aus der Jahrhundertwende, gleichzeitig<br />
Zollstation. Die Strecke Flüh-Rodersdorf mit Halt in<br />
Leymen wurde 1910 von der Birsigtalbahn eröffnet. Zu einer<br />
Zeit, als es im Tal noch Landwirte und Handwerker gab, die im<br />
eigenen Dorf arbeiteten – Leymen besaß mehrere Kalksteinbrüche,<br />
eine Sägerei und eine Öl- und Getreidemühle. Heute<br />
fährt das halbe Leymental (mit über 50.000 Einwohnern)<br />
täglich über die Grenze zur Arbeit nach Basel. Leymen hat<br />
nun nur noch zwei Landwirtschaftsbetriebe, das Tal wurde zu<br />
einem gesuchten Schweizer Wohnsitz, die Gemeinde ist optimal<br />
mit der Basler Innenstadt verbunden: von Basel mit dem<br />
Tram Nr.10 – mit Fahrradtransport – ab Theater/Heuwaage in<br />
einer halben Stunde erreichbar.<br />
1 <strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong> 1
Ziegenkäse vom Meister: Etienne Fernex, Chèvrerie de la Grange<br />
Ziegenkäse und Provinz in Biederthal. Der Rodersdorfer<br />
Zipfel des Leymentals gehört noch zur Schweiz, gleich nach<br />
der Grenze zwischen CH-Rodersdorf und F-Biederthal ein<br />
schönes Panorama auf den Blauen (837 m). Entlang der lindengesäumten<br />
Hauptstraße nach Biederthal plätschert das<br />
Quellbächle der Birsig so vor sich hin und neben dem ehemaligen<br />
Landschloß der Reich von Reichenstein wartet eine<br />
Käserei der besonderen Art:<br />
CHèVRERIE DE LA GRANGE – Biederthal. Biologischer<br />
Ziegenkäse. Eine Herde mit vier Dutzend<br />
Ziegen, dazu eine blitzblanke Käserei und eine engagierte<br />
Familie: Etienne und Agnès Fernex und Sohn. Die Käserei<br />
existiert mittlerweile schon seit 20 Jahren, sie wurde zu «der»<br />
Regio-Adresse für biologischen Ziegenkäse bester Qualität<br />
bei breitestem Sortiment. Als da wären: ausgezeichneter Ziegenkäse<br />
unterschiedlichen Alters (von März bis Dezember,<br />
im Winter geht die Ziegenmilch aber an die Zicklein). <strong>Im</strong><br />
Angebot sind auch die kleinen, festen Pikanten, lang gereift,<br />
von Kennern geschätzt. Dazu cremiger Frischkäse mit feiner<br />
Anhalten! Verkaufsstand der Chèvrerie de la Grange, Biederthal<br />
Säure (natur, sowie klassisch in Holzkohle gerollt, auch mit<br />
Kräutern, Mohn, Paprika). Alle Käse schmecken aromatisch,<br />
aber eben ohne jene derbe Penetranz, die bei manch‘ anderen<br />
Ziegenkäseanbietern, besonders bei Kleinerzeugern nervt.<br />
Fernexens Frischkäse schmecken reintönig, frisch-säuerlich.<br />
Seit Fernex jun. mitarbeitet, hat sich der Betrieb vergrößert:<br />
nun gehören noch 12 hübsche graue Kühe, Kälber und 70<br />
Hühner zum Umschwung.<br />
Chèvrerie de la Grange (Etienne und Agnès Fernex), rue Principale,<br />
0 Biederthal, Tel. 00 -(0) . .0 . 1.1 , chevrerie-delagrange@<br />
wanadoo.fr<br />
Gîte Rural La Ferme: Auf der Straße gegenüber, in einem alten Bauernhaus,<br />
mit Zicklein und seltenen Wollschweinen im Vorgarten, der dazugehörige<br />
Gîte Rural La Ferme: � zwei rustikal eingerichtete Wohnungen<br />
für Personen, die wochenweise vermietet werden.<br />
Straßenverkauf: Vor dem Gîte und dem Ziegenstall steht ein gut bestückter<br />
Verkaufsstand mit Ziegen- und Kuhkäse, Eier, Butter etc.. Die<br />
etwas kundenfernen Öffnungszeiten vom ehemaligen Bioladen der Käserei<br />
sind Vergangenheit, der Umsatz hat sich verdreifacht! Die einfache<br />
Lösung ist manchmal die beste. Verkauf auch auf dem Samstagsmarkt<br />
in Basel und Allschwil.<br />
1 <strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong> 1
Abgebaut und aufgebaut: Hostellerie Paysanne, Lutter<br />
Auberge et Hostellerie PAySANNE − Lutter. Ein<br />
hübsches Dorf mit Bauernhäusern und einer sehr<br />
guten Adresse − «Auberge und Hostellerie Paysanne», zwei<br />
separat gelegene Häuser, die zusammengehören:<br />
Die Hostellerie Paysanne liegt am Ortsausgang, gut 200<br />
Meter von der Auberge in der Ortsmitte entfernt. Das große<br />
<strong>Sundgau</strong>er Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert wurde in<br />
Hésingue abgebaut, nach Lutter transportiert und dort in<br />
Nachbarschaft einiger gotischer Brüder originalgetreu wieder<br />
aufgebaut − gleichsam als mobile <strong>Im</strong>mobilie (eine ähnliche<br />
Geschichte hat die Ferme Auberge du Paradis in Strueth, siehe<br />
dort). Logiert wird in neun geräumigen schönen Zimmern<br />
– im ersten Stock eine lange, überdachte Galerie. Große Spiel-<br />
und Sonnenwiese hinterm Haus. Restaurant im Stammhaus<br />
der Auberge Paysanne – eine der charmanteren Landpartien<br />
im <strong>Sundgau</strong>.<br />
Ein paar Häuser weiter mitten im Ort steht die dazugehörige<br />
geraniengeschmückte Riegelhaus-Auberge Paysanne, ein<br />
Mitten in Lutter: Die alte Auberge Paysanne<br />
Gasthaus im traditionellen <strong>Sundgau</strong>er Stil, bieder-barock,<br />
aber mit renovierten Gasträumen. Serviert wird regionale<br />
Küche und je nach Saison Wild oder Wachteln nach Winzerart.<br />
Es kommt Schweizer und einheimische Bourgeoisie. <strong>Im</strong> Sommer<br />
werden einige Tische in den Hof gerückt, gegenüber<br />
wird ein einfacher Freisitz aufgebaut, der allerdings weniger<br />
einladend wirkt.<br />
Auberge et Hostellerie Paysanne<br />
1 und , rue de Wolschwiller, 0 Lutter, Tel. 00 -(0) . . 0. 1. .<br />
www.auberge-hostellerie-paysanne.com<br />
Auberge Paysanne: � renovierte Zimmer (Doppel - Euro).<br />
Rest.-RT: Mo und Di-Mittag. Preise: mittel.<br />
Hostellerie Paysanne (Christian und Carmen Guérinot)<br />
� geräumige, charmante Zimmer. � Liegewiese hinterm Haus<br />
Preise: mittel (Doppel - Euro; Halbpension 1 Euro)<br />
� Fahrhabe und Fachwerkhaus: Das «Umsetzen» von Fachwerkhäusern<br />
hat im <strong>Sundgau</strong> Tradition. Das Haus als solches wurde hier nicht<br />
als <strong>Im</strong>mobilie gesehen, sondern als «Fahrhabe», wie ein größeres<br />
Möbelstück. Die Technik des Fachwerkbauens erlaubt eine spätere<br />
De- und Remontage. Eine frühe Form des Wohnmobils.<br />
1 <strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong> 1
Ruhige Radtour entlang der Lucelle und der Ill<br />
52-km-Rad-Rundkurs: Leymen-Biederthal-Wolschwiller-<br />
Kiffis-Lucelle-Winkel-Ligsdorf-Hippoltskirch-Raedersdorf-Lutter-Wolschwiller-Biederthal-Leymen.<br />
Bis auf den Abschnitt Wolschwiller-Kiffis zu Beginn nur<br />
mäßige Steigungen − also ideal für meditatives Gleiten.<br />
Genußvolles Dahinrollen bestimmt mehr als die Hälfte<br />
der Tour. Berufspendlerzeiten auf der Strecke Leymen-<br />
Wolschwiller vermeiden oder erst in Wolschwiller starten.<br />
(Siehe Karte S. 13)<br />
Ausgangspunkt: Leymen direkt an der Schweizer Grenze, von<br />
Basel aus problemlos mit der Tram (Fahrradtransport) zu erreichen.<br />
Von Leymen geht es auf der D 23 grenzüberschreitend vier<br />
Kilometer fast eben nach Biederthal. Das Sträßchen von Biederthal<br />
nach Wolschwiller verläuft auf der Wasserscheide<br />
von Birsig und Ill und ist in der Michelinkarte grün eingezeichnet,<br />
das hätten wir auch so gemacht. Das Sträßchen von<br />
Wolschwiller nach Kiffis hat diese gefällige Signatur nicht,<br />
dennoch ist es eine der schönsten Strecken im <strong>Sundgau</strong> −<br />
wenn Gegenverkehr, dann in der Regel Reiter oder Traktoren.<br />
Es geht in zwei Kurven vier Kilometer stramm bergauf (von<br />
440 auf 650 Meter), aber angenehm schattig durch lichten<br />
Laubwald. Dann kommt die Belohnung: vom geruhsamen<br />
Hinabgleiten − wie in einer älteren Auflage beschrieben −<br />
kann mittlerweile allerdings nicht mehr die Rede sein, eher<br />
von einer holprigen Abfahrt nach Kiffis. Hier mitten im Dorf<br />
dann der Rastplatz Cheval Blanc (RT: Mo) mit gemütlicher<br />
Draußensitzecke, wo man oft schon an einem sonnigen Februartag<br />
gemütlich sitzen kann.<br />
Am Ortsende von Kiffis geht es für Anlieger und Radfahrer<br />
geradeaus weiter bis zur D 21B (unbemannte Zollstation),<br />
hier links abbiegen zur Kreuzung Lucelle/Lauffen hinunter.<br />
Auch schon Geschichte: Wegweiser aus der Betonsteinzeit<br />
Ab hier folgen sieben erholsame schattige Kilometer (am<br />
Wochenende beliebte Motorradstrecke) zweimal grenzüberschreitend<br />
am Flüßchen Lucelle entlang bis zur Ortschaft<br />
Lucelle (Lützel), ein kleiner, etwas verschrobener Grenzort<br />
am künstlich gestauten See. Am Ortsende lassen wir den<br />
Schweizer Grenzübergang (bemannt) links liegen und biegen<br />
rechts ab auf die D 432 Richtung Winkel. Zunächst bergauf bis<br />
zum oberen Ortsende von Lucelle, dann wieder bergab − wie<br />
es im Hügelland eben so ist.<br />
� Kleiner Umweg zur ehemals südlichst gelegenen Ferme Auberge<br />
im <strong>Sundgau</strong>, die mittlerweile zum Hotel-Restaurant mit Wellness<br />
aufgehübscht wurde: Le Petit Kohlberg (RT: Mo, Di). Beim Wegweiser<br />
«Le Verrerie» zu Beginn einer Häusergruppe im Tal führt ein schmales<br />
geteertes Sträßchen rechts ab und nach 2 km zum Petit Kohlberg auf<br />
678 m mit großer Sommerterrasse und Blick in den gepflegten Park −<br />
über die Gartenmöblierung gehen die Meinungen auseinander. Das<br />
Haus ist für Radfahrer ideal gelegen und auch bei französischen Radrennfahrern<br />
sehr beliebt, wie die Trikots im Frühstücksraum zeigen<br />
− das von der Bergziege Virenque ist auch darunter.<br />
0 <strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong> 1
Gleiten & Gondeln – zwischen Winkel und Hippoltskirch<br />
Bevor es nun mit 16 % Gefälle hinunter nach Winkel (575 m)<br />
geht, das am Nordwestfuß des Glaserberges liegt, kommt<br />
noch ein kurzer Anstieg. In Winkel dann keine besonderen<br />
Vorkommnisse − um die Illquelle ist das Gras kurz gehalten,<br />
ein in Wellenform geschliffener Stein, aus dem Quellwasser<br />
sprudelt, markiert den bedeutenden Ort. Kann man anschauen,<br />
muß man aber nicht.<br />
Am Ortsende von Winkel führt eine Bilderbuchallee fast<br />
bis vor zur Abzweigung Oltingue/Ligsdorf (D 432/21). Hier<br />
rechts abbiegen und auf einem der schönsten Sträßchen vom<br />
<strong>Sundgau</strong> nach Hippoltskirch weitergleiten − durch charmante<br />
<strong>Sundgau</strong>dörfer mit Fachwerkhäusern, Dorfbrunnen, Satteldachkirchen<br />
und allem, was sonst noch zur Idylle gehört.<br />
Und immer wieder geht es an der jungen Ill entlang. Auch<br />
Schweizer Cabrio- und Motorradfahrer haben das Sträßlein<br />
liebgewonnen, genauso wie die Gartenwirtschaft der Moulin<br />
Bas, die unterhalb der Route malerisch an Ill und Teich steht.<br />
Der beliebte Treffpunkt zwischen Ligsdorf und Hippoltskirch,<br />
ursprünglich ein Mühlenanwesen aus dem Jahr 1796, leidet<br />
Das Stete ist der Wechsel – Moulin Bas, Ligsdorf<br />
freilich unter häufigem Pächter- und Qualitätswechsel, auch<br />
im Sommer 2011 war wieder mal geschlossen. «Wiedereröffnung<br />
im April» stand auf dem Schild am Parkplatz − ohne<br />
Jahreszahl.<br />
An der Kreuzung in Hippoltskirch steht rechts die kleine<br />
Wallfahrtskapelle St. Martin aus dem 18. Jahrhundert. Eine<br />
Holzbank lädt zum kurzen Verweilen ein und falls die Türe<br />
gerade offen steht, lohnt sich auch ein Blick hinein (Kassettendecke<br />
!).<br />
Weiter gehts geradeaus auf der D 21 Richtung Oltingue.<br />
Bei Raedersdorf verlassen wir die Ill, die in einem breiten<br />
Becken weiter ostwärts fließt und bei der Huttinger Mühle<br />
nach Norden, Richtung Oltingue davonströmt. Wir biegen<br />
rechts ab auf die D 23 und radeln über Lutter, Wolschwiller,<br />
Biederthal − ohne Steigungen − zurück zum Ausgangspunkt<br />
Leymen. Summe der Strecke: Die geruhsame Tour verbindet<br />
die schönsten Ecken des <strong>Sundgau</strong>s − und sie erspart einem<br />
weitgehend den Kontakt mit Kampfradlern.<br />
<strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong>
Haltestellen entlang der Radtour:<br />
Kiffis − Au Cheval Blanc (Fam. Walther), 0, rue Principale, Tel.<br />
00 (0) . . 0. .0 .<br />
Dorfgasthaus mit traditioneller Küche, kleine Terrasse.<br />
� einfache, saubere Gästezimmer in der ehemaligen Heubühne,<br />
am schönsten das weiße Balkonzimmer im obersten Stock.<br />
RT: Mo. Preise: günstig.<br />
Lucelle − Hotel-Rest. Le Petit Kohlberg<br />
Tel. 00. .(0) . . 0. . 0, www.petitkohlberg.com<br />
� Terrasse mit Blick in den Park, � 0 Zimmer<br />
RT: Mo, Di. Mittlere Preise.<br />
Ligsdorf − Le Moulin Bas, 1, rue de Raedersdorf. Das Hotel-Restaurant<br />
war im Herbst 011 geschlossen − in der Vergangenheit häufiger<br />
Pächterwechsel.<br />
Burgbewehrte Pforte in den <strong>Sundgau</strong> – Ferrette<br />
2 � Ferrette, Käse und Mythen<br />
Ferrette, die Pforte zum Jura. Eine Landgemeinde im engen<br />
Katzenbachtal, 40 Kilometer südwestlich Mulhouse. Außer ein<br />
paar Andenkenläden, etwas herausgeputzter Gastronomie<br />
und der Boulangerie Fritschy unten im Ort an der Place Mazarin,<br />
die auch sonntags frisch gebackene Croissants und Baguettes<br />
verkauft, darf man hier nicht viel erwarten. <strong>Im</strong>merhin,<br />
der grüne Michelin führt uns bergan: Die steile Hauptstraße,<br />
die Rue du Château, führt zu den Ruinen des Stammschlosses<br />
der Grafen von Pfirt, die über zwei Jahrhunderte den <strong>Sundgau</strong><br />
regierten. Von der oberen Plattform (612 m) imposanter<br />
Rundblick über den <strong>Sundgau</strong>, bis weit in die Vogesen und<br />
den Südschwarzwald. <strong>Im</strong> Pfirter Land wechselt das sanfte<br />
Rollen der sundgauer Hügel in den herberen Jura (Morimont,<br />
Glaserberg, Raemel).<br />
Leider hat sich die Einkehr am höchst gelegenen Fleck von<br />
Ferrette, oben an der steilen Rue du Château unterhalb der<br />
<strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong>
Schloßruine, nicht allzu lange gehalten. <strong>Im</strong> Sommer 2011<br />
war das 2002 von den neuen Besitzern mit viel Engagement<br />
renovierte «Felseneck» wieder geschlossen.<br />
� Ums Eck gehen: Von der obersten Burg führt ein Wanderweg (erst<br />
blauer, später gelber Balken) zur Grotte des Nains (Zwergenhöhle) in<br />
eindrucksvoller Felslandschaft.<br />
SuNDGAuER KäS-KALLER − Vieux Ferrette. Bernard Antony,<br />
ein Schüler von Käsemeister Androuet aus Paris fing 1971<br />
ganz einfach an: Antony eröffnete zunächst einen kleinen<br />
Gemischtwarenladen in seinem Elternhaus in «Alt Pfirt», dem<br />
Nachbarort von Ferrette. Damals tingelte er nebenbei noch<br />
mit seinen Waren als Marketender über Land. Mit der Spezialisierung<br />
auf Käse begann der Aufstieg. Antonys offizieller<br />
Titel ist heute «Eleveur de fromage» − in Frankreich eine habile<br />
Berufsbezeichnung. Zu seinen Kunden zählen Exzellenzen,<br />
Präsidenten, Drei-Sterne-Köche und Hochmögende − nicht<br />
unbeeindruckt bleibt von solcher Kundschaft auch die Preisgestaltung,<br />
noch dazu so nahe der Schweizer Grenze. Sei‘s<br />
drum, Antony ist Experte in Käse (und Marketing). Antonys<br />
Stammhaus liegt etwas abseits, dafür steht er mit seinem Käsewagen<br />
fast täglich auf einem der Märkte im <strong>Sundgau</strong> und<br />
um Mulhouse − mittlerweile unterstützt durch seinen Sohn<br />
Jean-François. In der Rue de la montagne in Vieux-Ferrette hat<br />
der Käsemeister mehrere Reifekeller, zwei Probierstuben und<br />
einen kleinen Verkaufsraum mit Showtheke untergebracht. Zu<br />
den beliebten Käseproben ist Voranmeldung notwendig.<br />
Bei aller Wertschätzung von Magnifizenz Antony möchten<br />
wir freilich nicht im peinlich unkritischen Chor der Gastrojournaille<br />
mitsingen, seit Jahren wird folgsam nachgeträllert<br />
− nachdem Altmeister Siebeck einst Witterung aufnahm:<br />
«Wolfram Siebeck besucht den bekanntesten Käsehändler<br />
der Welt. Bei ihm kaufen Feinschmecker, Starköche und Millionäre.<br />
Manche davon holen ihre Portion sogar mit dem<br />
Hubschrauber ab.» So stand es im Mai 2003 in der Zeit und<br />
Bei seinen Lieblingen – Mâitre Antony, Vieux-Ferrette<br />
seither geistert Bernard Antony als «weltberühmter Affineur»,<br />
«Käsepapst» und «Käseflüsterer» durch die Feuilletons der<br />
käseaffinen Medien.<br />
Leser bedenke: es gibt bis heute nicht nur den einen ausgewiesenen<br />
Käseverkäufer und -affineur im Elsaß: in unserem<br />
Führer wird z.B Meister Quesnot mit seinem herausragenden<br />
Laden in Colmar seit der ersten Auflage als sehr guter Affineur<br />
und Käseverkäufer gelobt; Quesnot bietet ein ähnlich großes<br />
Angebot bei mindestens gleicher Qualität − er ist vertreten auf<br />
den großen Märkten zwischen Mulhouse und Sélestat (siehe<br />
dort). 2011 hat ihn der französische Gastrokritiker Gilles Pudlowski<br />
zum «Fromager de l‘année» geadelt. Womit eine neue<br />
Fährte gelegt wäre.<br />
<strong>Sundgau</strong>er Käs-kaller (Bernard und Jean-François Antony), 1 , rue de<br />
la montagne, 0 Vieux-Ferrette, Tel. 00. .(0) . . 0. . . Ladenzeiten:<br />
Mo bis Fr 10-1 . 0 Uhr und 1 -1 Uhr, Sa -1 Uhr. Märkte:<br />
Mi Riedisheim - Uhr; Fr Huningue -1 Uhr; Sa Altkirch -1 Uhr.<br />
Käseproben: Do, Fr, Sa-Abend nach Reservierung.<br />
<strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong>
Besonders unterhaltend geraten Abende an Wochenenden,<br />
wenn sich Archetypen der Landbevölkerung einstellen. Herren<br />
mittleren Alters tragen ihr Resthaar hier noch zum Zopf<br />
gebunden, ein älteres Paar parkt seinen Dackel unterm Tisch.<br />
Durchaus beeindruckend auch die figurbetonte Kleidung der<br />
jüngeren Damen vom Lande, denen der Selbstzweifel ihrer<br />
städtischen Schwestern gänzlich fremd ist; dazu passen Oberarmtätowierte<br />
mit gutem Appetit. Zudem sorgt das praktisch<br />
von allen Gästen bevorzugte Einheitsgericht für eine unausgesprochen<br />
wohlige Solidarität im Saal, die im Verein mit<br />
dem speditiven Service und bei tüchtigem Alkoholkonsum<br />
(der «g’wönigliche» Côte du Rhône aus der Literflasche ist<br />
um die 10 Euro zu haben) schon bald zu einem umfassenden<br />
Behaglichkeitsgefühl führt.<br />
Karpfenallergiker können auch eine Forelle mit Mandeln<br />
bekommen, ein steak au poivre, oder halt diverse Schnitzel,<br />
über Mittag gibt es auch ein (karpfenfreies) Tagesmenü<br />
zu volkstümlichem Preis, aber deshalb fährt niemand nach<br />
Carspach.<br />
Restaurant Hartmann/De la Couronne (Fam. Hartmann-Zimmermann),<br />
, rue Steinsoultz, 1 0 Carspach, Tel. 00 -(0) . . 0. .0 .<br />
Robust-vitales Dorfgasthaus mit grossem Speisesaal; «der» Treffpunkt<br />
zur Karpfenbonanza.<br />
RT: So-Abend, Di-Abend, Mi ganztägig. Ferien Ende Juni bis Anfang Juli.<br />
Unbedingt reservieren, besonders an Wochenenden.<br />
Preise: günstig (Tagesmenu unter 10 Euro)<br />
� <strong>Im</strong> bildhübschen Nachbardorf Hirtzbach und direkt am Hirtzbach<br />
gelegen noch ein Karpfentip: Restaurant de la Gare (Munzenberger,<br />
Inh. Frédéric Stantina). 1 , rue Principale, 11 Hirtzbach, Tel. 00<br />
(0) . . 0. . . Terrasse. RT: Mo. Günstige Preise.<br />
0 <strong>Sundgau</strong> Heiß, aber nicht fettich: Carpe frite in Carspach<br />
<strong>Sundgau</strong> 1
Perfekt einfach – Restaurant Scholler, Knœringue Nostalgieziel mit Gartenstühlen im Gras: Ritter, Dannemarie<br />
SCHOLLER / Au CHASSEuR − Knœringue. In Carspach geht<br />
man zum Hartmann, in Knœringue zum Scholler. «Einfach,<br />
deftig, auch mal grob, aber immer ehrlich.» So die Beschreibung<br />
vom Jenni Martin, dem im <strong>Sundgau</strong> kaum eine gute<br />
Einkehr verborgen bleibt. Dann hat er noch von der Omelette<br />
geschwärmt, die eine kleine Reise wert sei; vom ausgezeichneten<br />
Pot au Feu, vom Cordon bleu und von der ordentlich<br />
und großzügig bemessenen Plat du jour am Mittag, die hier<br />
mit einer Suppe oder einer Assiette de Crudités beginnt. Und<br />
überhaupt von der «zelebrierten Schlichtheit im Scholler».<br />
Die Omelette war zwar glänzend bis triefend buttrig, aber<br />
trotzdem ein Vergnügen − genauso der Rest. Nachdem der<br />
letzte Mittagsgast gegangen war, setzte sich die Wirtsfamilie<br />
an den Tisch, in der Mitte die Suppenterrine. Ein Platz, der<br />
stimmt.<br />
Restaurant Scholler/Au Chasseur, , rue de Bâle, 0 Knœringue,<br />
Tel. 00 -(0) . 1 . Robustes Dorfgasthaus, <strong>Sundgau</strong>er Relikt.<br />
RT: Mo, Di.<br />
Preise: günstig-mittel.<br />
RITTER − Dannemarie. Das ehemalige Dorftheater liegt etwas<br />
außerhalb des Zentrums, oberhalb vom renovierten Bahnhof.<br />
<strong>Im</strong> hallengroßen nostalgischen Speisesaal wird sonntagmittags<br />
zwischen Elsaß-Devotionalien und einer Bierkrugsammlung<br />
bühnenreif getafelt. Die ländliche Einkehr bietet seit Jahr<br />
und Tag eine ordentliche, streckenweise sahnelastige Küche,<br />
an der deshalb auch mal rumgemeckert werden darf. Trotzdem<br />
kommen wir immer wieder gerne hierher: auch wegen<br />
dem herrlichen Wirtsgarten mit den Tischen auf Gras, dem<br />
kleinen Freisitz nach vorne − und wegen dem Klassiker: les<br />
filets de carpe en friture à la bière ou à la semoule, mayonnaise<br />
et salade verte. Hier werden die Pommes nur als Extra zum<br />
carpe en friture serviert (avec des frites 1.50 Euro). Falls Ochsenschwanzragout<br />
auf der Karte steht, unbedingt probieren.<br />
Das Gourmetmenu mit den üblichen Verdächtigen (Langusten,<br />
St. Jacques, Risotto) muß dagegen nicht sein.<br />
Rest. Ritter (Richard Enderlin), rue de la Gare , 10 Dannemarie<br />
Tel. 00 -(0) . . .0 . 0. Dorfrestaurant mit großem Speisesaal<br />
� Grasbodengarten und kleiner Freisitz nach vorne.<br />
RT: Mo-Abend, Di, Do-Abend. Preise: mittel bis gehoben.<br />
<strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong>
Charolais, Froschschenkel, Ochs am Spieß: Ferme Auberge Le Paradis<br />
Ferme Auberge LE PARADIS – Strueth. Von Altkirch läßt<br />
sichs auf der kleinen D 16 gemütlich nach Süden mäandern:<br />
über Orte, die keiner kennt: Carspach, Fulleren, Mertzen oder<br />
Strueth. Genauso gemütlich läßt es sich von Dannemarie auf<br />
der D 7 nach Süden gleiten. Am nördlichen Dorfende von<br />
Strueth führt eine ausgeschilderte Abzweigung 400 m den<br />
Wald hinauf zum nächsten Platzhirsch:<br />
Das Fachwerkhaus von 1810 gehört – wie die Auberge Paysanne<br />
in Lutter – zu den mobilen <strong>Im</strong>mobilien. Das Anwesen<br />
wurde im Nachbardorf ab- und hier wieder aufgebaut. Jetzt<br />
wirkt es allerliebst mit Geranien geschmückt und lädt zu<br />
deftigen Gerichten – auf der großen überdachten Terrasse<br />
oder im kleinen rustikalen Gastraum mit gerade mal sechs<br />
Tischen. Zur Ferme Auberge auf 380 Meter gehören immerhin<br />
68 Hektar Weideland, auf dem rund 80 Charolais-Rinder<br />
grasen, und Karpfenteiche gibt es auch noch. <strong>Im</strong> zugehörigen<br />
Bauernladen wird Gemüse, Süßwasserfisch und ab Oktober<br />
Rindfleisch verkauft.<br />
Bei der Eröffnung 1988 war le Paradis die einzige Ferme<br />
Auberge, die nicht in den Bergen lag. Dann kam 1990 die<br />
zweite im <strong>Sundgau</strong> dazu, die noch dazu ganz ähnlich hieß:<br />
der Paradisvogel in Bernwiller − seit 2009 ist dort leider geschlossen.<br />
<strong>Im</strong> Sommer steht der Holzofengrill im Mittelpunkt und<br />
damit die Spezialität des Hauses: Ochs am Spieß. Serviert<br />
wird außerdem ein sehr feines Faux-filet charolais nature, ein<br />
Teller mit Crudités, Speck und rohem Schinken, Bibbeleskäs<br />
mit Bratkartoffeln, die Geflügelterrine Fabienne und les cuisses<br />
de grenouilles (Froschschenkel) à la provençale. Freitagund<br />
Samstagabend (und nur dann) gibt es ein bäuerliches<br />
Fleischfondue in der Brühe. Carpe Frite mit grünem Salat und<br />
Mayonnaise steht immer auf der Karte. Gesamteindruck: ordentliche<br />
Küche, Weinangebot dito, freundliche Bedienung.<br />
Ferme Auberge Le Paradis (Bernard u. Fabienne Emberger)<br />
1, rue Principale, Tel. 00 -(0) . .0 . 1. . Traditionelles Gasthaus mit<br />
zwei geräumigen Gasträumen. <strong>Im</strong> Sommer mit Holzofengrill und Steaks<br />
auf der Terrasse.<br />
� komfortable Zimmer und 10-Pers.-Schlafsaal.<br />
Fermeprodukte: Karpfen, Rindfleisch ab Oktober. Geöffnet: ganzjährig,<br />
Ferien im Sept. RT: Mi-Abend, Do. Preise: günstig - mittel<br />
LE CHEVAL BLANC − Diefmatten. Eine kulinarische Retrotour<br />
führt in die Nordwestecke des <strong>Sundgau</strong>s. Hier liegt Diefmatten,<br />
ein glanzloser autobahnnaher Weiler (Autobahn Mulhouse-Belfort,<br />
Ausfahrt Burnhaupt, dann auf der N 83 Richtung<br />
Belfort) − mit einem kultivierten bis patinierten Restaurant<br />
und den korrespondierenden Gästen, die das aufrechte Sitzen<br />
noch nicht verlernt haben. Eine Legende ist das all-samstägliche<br />
pot au feu (consommé, croûtons, légumes du bouillon,<br />
tranche bœuf gros sel à la moelle, parmentier de queue de<br />
bœuf, sauce raifort, crudités fraîches). Alles klar ?<br />
Rest. Le Cheval Blanc (Fam. Schlienger). 1 , rue de Hecken, 0<br />
Diefmatten. Tel. 00 -(0) . . . 1.0 , www.auchevalblanc.fr<br />
� Hotelzimmer und gîte. Preise: mittel-gehoben (günstiges Angebot<br />
für eine Übernachtung mit Bewirtung). RT: Mo, Di.<br />
<strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong>
STuDERHOF – Bettlach. Auf halbem Weg zwischen Basel<br />
und Ferrette liegt zwar kein «kulinarischer» Klassiker, aber<br />
eine der charmanteren Gartenwirtschaften im <strong>Sundgau</strong>. An<br />
Sommerwochenenden ist an solchen Gunstplätzen allerdings<br />
mit Schwärmen kanarienbunter Velofahrer zu rechnen.<br />
Der Studerhof thront in Alleinlage am Ortsrand, oberhalb<br />
der Kreuzung Hagenthal/Ferrette, am alten Römerweg von<br />
Landpartie und Radleretappe − Studerhof, Bettlach<br />
Puntrut (frz. Porrentruy) nach Augusta Raurica (Kaiseraugst).<br />
Auf der großen Terrasse − der höchste Punkt des <strong>Sundgau</strong>s<br />
befindet sich in der Gemeinde Bettlach auf 525 m.ü.NN.<br />
− mit Sicht auf Illtal, Oltingue und Wolschwiller sammeln sich<br />
beim ersten Sonnenstrahl Genießer und Radfahrer. Falls die<br />
Sonne nicht lacht oder die roten Plastikstühle nerven: der große<br />
Gastraum innen ist gemütlich, die Bedienung aufmerksam,<br />
<strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong>
die Wirtsleute nett und die (Vesper-)Küche immerhin ordentlich:<br />
Es gibt Standards wie Crudités, pot au feu, Tagessuppe,<br />
Schinken, Munster, Obstkuchen. Die warme Küche bleibt<br />
ohne Höhepunkte – Tip: frische Forellen aus dem eigenen<br />
Becken, klassisch blau oder auf <strong>Sundgau</strong>er Art mit Mandelputz.<br />
Wildgerichte während der Jagdsaison. Ansonsten muß<br />
man sich hier eben an Lage und Stimmung laben, was leicht<br />
möglich ist. Ein Wirtshaus am rechten Fleck.<br />
Die fünf Zimmer haben noch kein TV und keine Mini-Bar.<br />
Deshalb kosten sie wenig. Zwei davon bieten herrliche Sicht<br />
aufs Tal, die werden gerne von Stammgästen reserviert.<br />
Studerhof (Fam. Fischer), , rue de Bâle, 0 Bettlach, Tel. 00 -<br />
(0) . . 0. 1. 1. Traditionelles gemütliches Dorfgasthaus mit � großer<br />
Wiese und Terrasse vor dem Haus.<br />
� einfache Zimmer mit Balkon, Dusche auf dem Gang.<br />
RT: Mo, Di. Ferien im Juli und August. Preise: günstig.<br />
Charme perdu. Die Geschichte vom Césarhof in Linsdorf<br />
nördlich vom Studerhof ist ähnlich traurig wie die vom Aigle<br />
in Folgensbourg: Das beliebte Gartenlokal auf der Waldlichtung<br />
an der Straßenkreuzung von D 21 und D 473 (hier verlief<br />
einst die Maginot-Linie), wo es sich beim quart de côte im<br />
Schatten der Kastanien immer so schön debattieren ließ, ist<br />
nicht mehr. An seiner Stelle steht nun ein sauberes Gasthaus,<br />
das mit seiner Fassade auch in ein Neubaugebiet in Lothringen<br />
passen würde. Der alte Stammtisch vom Konstrukteur<br />
und Radrennfahrer Hans Schrade wäre heute wohl heimatlos.<br />
Verbundsteinplatten können Biergartenkies auch nicht ersetzen.<br />
Was bleibt, ist nackte Funktion: ein großer Parkplatz,<br />
möglicher Ausgangspunkt für ausgedehnte Waldspaziergänge,<br />
Tankstelle für durstige Radler.<br />
68480 Linsdorf − Césarhof, oberhalb vom Studerhof an der geräumigen<br />
Straßenkreuzung von D 1 und . Tel. 00 -(0) . . 0. 1.0 , RT: Di.<br />
Spécialités Sundgoviennes – analog gewogen<br />
4 � Wochenmarkt in St. Louis<br />
Ansprechend wird die Landschaft im <strong>Sundgau</strong>er-Dreiländereck<br />
eigentlich erst westlich von St. Louis und den angrenzenden<br />
Schlafsiedlungen. Aber der Samstagsmarkt ist<br />
allemal einen Halt wert:<br />
Bunt, lebendig, billig und ehrlich, somit ganz anders als der<br />
sterile Basler Wochenmarkt, in St. Louis gibt es unter manch‘<br />
anderem: Charcuterie-, Fleischwaren und dazugehörigen Rezepte<br />
am Stand von Christian Utzmann; gegrilltes Geflügel<br />
samt Beilagen am bretonischen poulet-Stand; Lamm und<br />
Hammel von der Maghreb-Boucherie Mouzane; Spécialités<br />
Sundgoviennes (vorzüglicher Schinken und Paté!) von Philippe<br />
Brand aus Riespach südlich Altkirch (Ladengeschäft La<br />
Tour, 10, rue de Ferrette, 68640 Riespach). Für Geflügel sorgt<br />
Toni-Volailles von der Ferme in Zaessingue. Keine Angst,<br />
lebende Hühner wie noch vor wenigen Jahren gibt es keine<br />
mehr auf dem Lodowiger Markt, dafür hervorragender<br />
<strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong>
Ziegenkäse (chèvre frais und verschiedene gereifte Sorten)<br />
von der Bio-Ziegenkäserei Luppachhof in Bouxwiller bei<br />
Ferrette. Unregelmäßig vertreten auch ein Ein-Mann-Stand<br />
vom Jura mit gereiftem Comté, dann Orbey Olives mit einem<br />
guten Dutzend verschiedener Olivensorten (darunter kleine<br />
blauschwarze Niçoiser, grüne Riesen aus Griechenland). Außerdem<br />
verschiedene interessante Olivenöle. Ganz wichtig<br />
dann die beiden sehr guten Brotstände (Anton und Le Petrin<br />
Riberov). Und dann natürlich jede Menge Frischware von<br />
den Gemüsebauern aus Village-Neuf. <strong>Im</strong> Herbst ab und zu<br />
auch interessante kleine Stände mit Hochstammobst, einmal<br />
waren ganz ausgezeichnete Ananas-Renetten darunter, Äpfel,<br />
deren Aroma man so schnell nicht mehr vergißt.<br />
Außerdem ein großes Kleiderangebot, freilich überwiegend<br />
in synthetischem Zwirn, vielleicht findet sich was fürs nächste<br />
Techno-Häs.<br />
Marché de St-Louis (Sa) − rue de Huningue, 00 St. Louis.<br />
Der Markt findet auf der Place de l’Europe und rue Lauly gleich neben<br />
der Hauptpost statt. Anfahrt: St. Louis «centre». Ausreichend Parkplätze<br />
auf dem großen Platz unmittelbar hinter dem Markt; dem Schild «Salles<br />
des Fêtes» folgen.<br />
St. Louis − Kurzgeschichte. Mit dem Bau der Eisenbahn wurde<br />
St. Louis zu einer wichtigen Haltestelle − von 1840-1844<br />
war hier Endstation der Elsässer Bahn. Für die Reisenden<br />
und Geschäftsleute entstanden im Dorf Herbergsbetriebe<br />
und Gasthöfe. Aus dieser Zeit stammt auch das im wilhelminischen<br />
Stil erbaute «Hôtel John», ein markantes Eckhaus<br />
im Mittelpunkt der Stadt. Heute heißt das Haus «Hôtel de<br />
l‘Europe» und sieht immer noch wichtig aus.<br />
Während der Industrialisierung nach 1870 war St. Louis ein<br />
Arbeiterreservoir für die chemische Industrie Basels, deren<br />
rapider Aufschwung auch nach 1945 über lange Jahre für<br />
neue Stellen sorgte, auch Zuwanderer aus ärmeren Regionen<br />
fanden hier Arbeit − aus den Vogesentälern, aus Innerfrankreich,<br />
aber auch aus Italien und Portugal − so entstand eine<br />
Einst jüdische Textilhandlung, heute Café Littéraire, St. Louis<br />
bunt gemischte Schlafstadt. Mittlerweile ist das Leben im<br />
vorstädtisch tristen St. Louis noch schwieriger geworden,<br />
jedenfalls nichts für Freunde lauschiger Plätze. Nicht lange<br />
suchen, der ideale Platz fürs kleine Mittagessen nach dem<br />
Sa-Markt ist nicht weit:<br />
CAFé LITTéRAIRE − St. Louis. Das Haus David hinter dem Rathaus,<br />
früher eine jüdische Textilhandlung, wurde auf Staatskosten<br />
von Grund auf renoviert. Gespart wurde an nichts,<br />
aber in diesem Fall hat sich der Einsatz von Subventionen<br />
gelohnt: <strong>Im</strong> schönsten Fachwerkhaus von St. Louis wird heute<br />
auf zwei Stockwerken gewirtet. Das Haus ist beliebt, am Wochenende<br />
finden häufig größere Gesellschaften hierher. Das<br />
Motto «Einrichtung für Literatur, Musik, Kunst und Begegnung»<br />
hört sich etwas geschraubt an − einfach nur Zeitung<br />
lesen oder Mittagessen geht aber auch. Große Terrasse.<br />
Café Littéraire, 10 ave. Gén. de Gaulle (Parkplatz gegenüber), 00<br />
St. Louis. Städtisches Bistrot. � Sommerterrasse. Ordentliche Mittagsgerichte.<br />
Preise: mittel. RT: So, Mo.<br />
0 <strong>Sundgau</strong> <strong>Sundgau</strong> 1
Carpe frite in Grenznähe − Du Rhin, Chalampé Marie-Claude − Restaurant du Rhin, Chalampé<br />
Rheintal und Mulhouse<br />
Der Rheinübergang bei Chalampé erschließt eine weite<br />
Industriezone mit umliegenden Pendlerdörfern. Jenes topfebene<br />
elsässer Rheinland, das im Bildband nicht vorkommt.<br />
An traditionellen Zielen mangelt es in der gesamten Ebene<br />
zwischen Breisach und Basel, bis auf die romanische Kirche<br />
in Ottmarsheim, siehe unten.<br />
5 � Von Chalampé nach Mulhouse<br />
Eine Rheinfahrt anno 1800: «Drei Stunden brauchten sie<br />
von Mülhausen bis ‹Schlambambi›; dort wurde ausgespannt<br />
und im schmutzigen Wirtshaus ein schlechter Kaffee getrunken,<br />
um das lange Warten abzukürzen.» Heute muß niemand<br />
mehr auf den Fährmann warten wie einst Margaretha Spörlin<br />
(1659-1748) in ihren Elsässer Lebensbildern.<br />
Das Grenzdorf Chalampé liegt am Nordrand des kilometerlangen<br />
Chemiekombinats, das längs der französischen<br />
Rheinseite bis runter nach Ottmarsheim und Hombourg<br />
reicht. Südlich Chalampé geht es gut zehn Kilometer durch<br />
die Anlagen von Rhône-Poulenc und Co. Hohe Schlote, die an<br />
einem klaren Herbstabend, bei Sonnenuntergang gegen die<br />
Vogesen stehend, schon etwas Monumentales haben.<br />
Du RHIN – Chalampé. <strong>Im</strong> stillen Ortskern von Chalampé ist<br />
eine französisch-lichtblau getünchte Gasthausfassade nicht<br />
zu übersehen: dahinter ein einfacher Familienbetrieb ohne<br />
Chichi und Moden, unverändert seit Jahrzehnten. Neben<br />
den Standardangeboten lockt besonders die Spezialität des<br />
Hauses: knuspriger Carpe frite (im Bierteig). Fundamental,<br />
aber stilecht serviert, nur mit hausgemachter Mayonnaise<br />
und einem erfrischenden grünen Salat – die Portionen sind<br />
reichlich und kommen deshalb ohne pommes aus ! Unter der<br />
Woche mittags (aber nur bis ca. 13 Uhr) gibt es immer und<br />
manchmal auch noch abends das preiswerte Tagesmenü, das<br />
einfach, aber mit Neigung zubereitet wird (abends wird es bei<br />
wenig Besuch bald ruhig).<br />
<strong>Sundgau</strong> um Mulhouse
Auffallend die anregend zusammengestellte, stets frische<br />
Crudité, bisweilen gibt es eine schön gebundene Gemüsesuppe,<br />
eine klassische Potage wie sie früher in jedem Landstraßenrestaurant<br />
üblich war. Nichts wirkt im großen Hauptraum<br />
mit dem geölten Eichenparkett herausgeputzt oder gewollt,<br />
vom Hutständer bis zur Baguette-Guillotine, die Dinge sind<br />
wie sie sind. Der alte Schwarzweißfernseher fiel irgendwann<br />
einer behutsamen Renovierung zum Opfer. Aparter, wintergartenähnlicher<br />
Speiseraum als Anbau. Freundlich selbstbewußte<br />
Bedienung, kulante Preise (auch beim Wein), entspannte<br />
Stimmung. Ein munteres Relikt.<br />
Rest. Du Rhin (Christiane Oesterlé, Marie-Claude Munch) , rue P.E.<br />
Lucas, 0 Chalampé, Tel. 00 -(0) . . .0 .1 . Traditioneller Landgasthof,<br />
ideal für den kurzen Grenzwechsel. Für Carpe frite vorher anrufen.<br />
Preise: mittel, Mittagsmenu um 1 Euro − nur solange «es hät» und<br />
nur bis kurz nach 1 Uhr; abends à la carte. RT: Sa, im Winter auch So.<br />
Hinter der Rheinbrücke führt die pappelgesäumte D 39 kerzengerade<br />
durch den Hardtwald. Ein grenznaher Baguette-<br />
Tip: Bantzenheim (erster Abzweig hinter Chalampé), Boulangerie<br />
Loewert (20, rue Gén. de Gaulle).<br />
Dann vorbei am Peugeot-Werk, dem größten industriellen<br />
Arbeitgeber im Elsaß. Das Carrefour-Schild am Kreisel an der<br />
Ile Napoléon ist nicht zu übersehen. Ein großer, hypergroßer<br />
Supermarkt, speziell am Wochenende gibt es hier ein frisches,<br />
vergleichsweise preiswertes Angebot an Fisch, Muscheln und<br />
Krustentieren – aber Achtung, mittlerweile stammt das meiste<br />
aus élévage, also Zucht. Das Personal filetiert fix (freilich<br />
nicht immer kundig oder gar mit Feingefühl). Ein qualitativ<br />
besseres Fisch-Angebot bietet der Super U in Brunstatt, vgl.<br />
dort. Die Käsetheke ist immer noch besser und preiswerter<br />
bestückt als in deutschen Supermärkten, Obst und Gemüse<br />
war dagegen nie besonders und ist es auch heute nicht. Leider<br />
hat das Geflügelangebot gelitten − Bressehühner oder poulets<br />
fermiers sind selten geworden, hier geht Quantität deutlich<br />
vor Qualität. Sieben Auflagen lang haben wir den Carrefour<br />
Der Glauben als Festung: die achteckige Abteikirche von Ottmarsheim<br />
treu besucht, jetzt macht der Einkauf dort keinen Spaß mehr.<br />
Adieu, das Scheiden tut nicht weh.<br />
� Romanische Kirche − Ottmarsheim. Sechs Kilometer südlich<br />
von Chalampé, an der alten Fernstraße Italien − Niederlande<br />
via Basel/Straßburg/Mainz, steht eines der eindrucksvollsten<br />
Gotteshäuser im südlichen Elsaß. Besuchenswert,<br />
auch wenn die Kirche vor einigen Jahren ausgebrannt ist:<br />
die schlichte oktogenale romanische Kirche in Ottmarsheim<br />
stammt aus dem 11. Jahrhundert. Unverkennbar und durch<br />
schriftliche Quellen belegt ist der Einfluß der Aachener Pfalzkapelle.<br />
Ein Feuer brach am 1. März 1991 im Orgelgewölbe<br />
aus, Fresken und Holzwerk wurden restauriert. Leider fehlt<br />
die völlig zerstörte Waltrin-Orgel, die 1716-28 vom Straßburger<br />
Orgelbaumeister Waltrin geschaffen wurde. Mittlerweile<br />
gibt es aber eine neue Orgel − Dank Feuerversicherung,<br />
Staatshilfe und Förderverein.<br />
um Mulhouse um Mulhouse
Zwei Kathedralen – St. Etienne, dahinter der Europaturm<br />
6 � Einkaufen und Einkehren in Mulhouse<br />
Mulhouse war, ist und bleibt – auch nach der aufwendigen<br />
Straßenbahn-Einführung – eine Arbeiter- und Industriestadt,<br />
umringt von tristen Vorstädten und «sensiblen<br />
Zonen» − wie es heute so entlarvend weichgespült heißt.<br />
Auch im Zentrum mit der engen, glanzlosen Fußgängerzone<br />
wirkt die Stadt gewöhnungsbedürftig, abschnittsweise<br />
auch verlottert. Pardon, Mulhouse ist keine Schönheit!<br />
Der Weg ins Zentrum ist aus allen Richtungen gleich: breite<br />
Straßen führen durch eine fast amerikanische wirkende<br />
Schachtelarchitektur aus Hallen und Einkaufsboxen, dazwischen<br />
triste Außenbezirke. In der Stadtmitte der alles überragende,<br />
von unten bis oben einfach nur häßliche Europaturm.<br />
Beton – es kommt drauf an, was man draus macht!. Der Bau<br />
in spätsowjetischer Sputnikarchitektur hat einen Zwillingsbruder<br />
in Bukarest (100 Meter hoch, 1972 gebaut nach Plänen<br />
des Architekten Spoerry, futuristisches Drehrestaurant − dies<br />
Käseladen Butterblume und Chocolatier Jacques an der Place de la Réunion<br />
gar nicht so schlecht), der Turm sollte wohl zum Wahrzeichen<br />
der neuen Stadtmitte werden, heute steht er isoliert wie<br />
ein ungeliebtes Mahnmal in der Stadt und erinnert an eine<br />
Dynamik, die nicht mehr ist. Auch nach der Umgestaltung<br />
der Umgebung im Jahr 2005 hat sich wenig geändert. Bei<br />
solcher Ausstattung wird es zwischen Mulhouse und dem<br />
Folkloretourismus immer Probleme geben. Außer bescheidenem<br />
Nachbarschaftstourismus bleibt es bei Zufallsgästen.<br />
Das Fehlen von Romantikgassen hat aber auch seine Vorteile:<br />
Kaum funktionslos umherirrende Touristen, keine Drosselgassenstimmung<br />
wie in Colmar oder Straßburg.<br />
Außerdem wird Mülhausens Mangel an Weinstraßenromantik<br />
von immerhin fünf großen Museen kompensiert, dreimal<br />
in der Woche gibt es den interessanten Markt am Canal<br />
Couvert – der hohe Ausländeranteil sorgt hier für reichlich<br />
soziale und kulinarische Exotik.<br />
um Mulhouse um Mulhouse
Völker aller Länder – Mulhouse, Marché du Canal Couvert<br />
MARCHé Du CANAL COuVERT (Di/Do/Sa). Mülhausens<br />
Markt gehört – vor allem am Samstag – zu den letzten authentischen<br />
und großen Märkten der Region. Ein Markt mit<br />
gedeckter, renovierter Markthalle und lebhafter Atmosphäre.<br />
Mit gut 300 Ständen, darunter 40 in der Halle, ist hier<br />
der größte Markt in Ostfrankreich. Das beliebte Markthallenrestaurant<br />
«Aux Halles» hat seit der Renovierung seine eigene<br />
Etage mit Empore und guter Sicht über das ganze Marktgeschehen.<br />
Alles ist lichter und freundlicher geworden – und es<br />
bleibt eigentlich nur die Frage: warum nur gibt es so etwas in<br />
keiner süddeutschen Stadt? Die Hamburger Deichtorhallen,<br />
wo sich früher einmal 2.000 Stände auf drei Hektar Gesamtfläche<br />
drängten, sind mittlerweile zu einem idyllischen Trödel-<br />
und Kunsthandwerksmarkt degeneriert.<br />
Wann ist Ausland? Wenn zwei marokkanische Metzger<br />
vor versammelter Kundschaft ein Lamm der Länge nach<br />
spalten. Wenn ein paar Meter weiter eine orientalische Fleischereifachverkäufern<br />
mit Chanel-Brille und roten Finger-<br />
um Mulhouse um Mulhouse
Kundschaft und Gemüse mit Migrationshintergrund Haldenweise Kräuter – von Minze bis Koriander<br />
nägeln bedient. Der Wochenmarkt am Canal Couvert in Mulhouse<br />
ist multikulturell, das Angebot an Gesten und Gemüse<br />
grenzüberschreitend: vom abgeflammten Schafskopf bis zu<br />
den Minze- und Koriandersträußen, die draußen zu meterhohen<br />
Kräuterhalden aufgetürmt werden. Trotz der Renovierung<br />
hat der Markt seine herbe Note von früher durchaus<br />
erhalten. Der Samstagsmarkt in Colmar (am Josephsplatz,<br />
vgl. dort) bietet da und dort eine etwas höhere Produktqualität,<br />
der Erzeugermarkt in Straßburg lebt von hochwertigen<br />
Angeboten vom Hersteller (Samstagvormittag, beim Château<br />
Rohan, vgl. dort).<br />
Das Angebot in und um die neue Halle in Mulhouse korrespondiert<br />
dagegen mit den Bedürfnissen einer gemischten<br />
Bevölkerung. Wobei sich einmal mehr die alte Klage vom<br />
Niedergang des deutschen Warenangebotes aufdrängt. <strong>Im</strong><br />
Vergleich zu einer mitteldeutschen Industriestadt erscheint<br />
Mulhouse wie eine kulinarische Offenbarung. Das Gegenteil<br />
vom Markt ist nun mal ein Schlecker-Markt. Deshalb gibt es<br />
in jedem deutschen Ort über 2000 Einwohnern Wattestäbchen<br />
und Multivitamintabletten, aber keine Lebensmittel.<br />
In Mulhouse gibt es drei Marktzonen. <strong>Im</strong> Freien Obst, Gemüse,<br />
in der Verlängerung einfache Textilien und die üblichen<br />
Ramschstände. In der Markthalle nur Lebensmittel.<br />
<strong>Im</strong> Freien: Direkt vor der gedeckten Markthalle Obst und<br />
Gemüse in Fülle, ganzjährig frische Gewürzkräuter zu Halden<br />
gestapelt. Auch im tiefen Winter Berge von Koriander (gut für<br />
Fischgerichte, oder zur Erinnerung an Portugal!), verschiedene<br />
Minzesorten und alle Kräuter, die das Lamm begleiten.<br />
- Links vom Eingang haben jene kleinen Händler ihre Stände<br />
aufgebaut, die ausschließlich eigene Waren anbieten. Darunter<br />
die Ferme Christlesgut und andere kleine Käsestände.<br />
Geflügel fermier, Kaninchen gibt es bei Avicole Philippe Naas<br />
aus Zaessingue, dann Obst und Gemüse aus eigenem Anbau,<br />
darunter auch mal Lokalobst wie die köstlichen Weinbergpfirsiche,<br />
die wegen ihrer kurzen Haltbarkeit in der Regel selten<br />
0 um Mulhouse um Mulhouse 1
Martha und die Wildblumensträuße<br />
angeboten werden. (Marktdialog: Deux Euros quatrevingts,<br />
wenn se gleich zahla wolla.)<br />
- Neu und charmant: der Ein-Fraustand von Martha aus<br />
Bernwiller mit gelungenen Wildblumengestecken und -Sträußen.<br />
Kommentar einer Kundin: «Die meisten kommen wegen<br />
dem Käs oder den Würsten auf den Markt, ich komm nur<br />
wegen der Blumen.»<br />
- <strong>Im</strong> weiteren Verlauf, jenseits der Ave. Aristide Briand ein<br />
jahrmarktähnliches Angebot an Kleidern, Küchengerät, Devotionalien.<br />
Beeindruckend die Parfümimitationen, mit deren<br />
Inhalt jede noch so zähe Beziehung beendet werden kann.<br />
In der Markthalle: Gleich am Haupteingang der große Brotstand<br />
vom Holzofen-Bäcker Dangel, ehemals das beste pain<br />
de campagne (grand pain) weit und breit – in Riesenformaten<br />
(kapitale 4 Pfünder). Der Nachfolger Souiri Hamo übernahm<br />
vor einigen Jahren nicht nur den Markennamen, sondern<br />
auch die Backstube der Familie Dangel in Bendorf und den<br />
großen Stand eingangs der Markthalle in Mulhouse, aber das<br />
Brot schmeckt nicht mehr wie früher. Vielleicht liegt‘s an der<br />
Teigführung oder Mischung − wer weiß, das alte Dangelbrot<br />
war anders. Schade.<br />
Links gegenüber vom Brotstand die Ferme Husson aus Wisembach<br />
mit feinem (Schafmilch-)Yoghurt, kleinen süßen<br />
und salzigen Tartes und Tourtes. Ungefähr in Hallenmitte der<br />
Geflügelstand von Mme Robert Elchinger. Hier gibt es auch<br />
ganze Tiere, anders als bei uns, wo nur ausgenommenes Geflügel<br />
zum Verkauf zugelassen ist. Deutsche Kunden kennen<br />
und wollen es mittlerweile schon gar nicht mehr anders als<br />
vorpräpariert. «Was hab ich expliziert», stöhnt Robert Elchinger.<br />
Alles vergeblich. Für die französische Kundschaft gehört<br />
das Ausnehmen zum Kaufritual. Ganz zu recht, meint Elchinger,<br />
denn zum einen könnte ausgenommene Ware viel länger<br />
gelagert sein, Geflügel mit Innereien ist also schon für sich ein<br />
Frischezeichen. Zum anderen verliert ein ausgenommenes<br />
Tier durch Oxydation an Frische. Tagesfrisch geschlachtetes<br />
Geflügel vor dem Kunden hergerichtet, das ist der optimale<br />
Ablauf und das bietet Elchinger; vom Stubenkücken über<br />
Hähnchen und Poularde bis zur Ente, dazu noch Wachteln,<br />
Tauben, Perlhuhn.<br />
Orient-Metzgereien − Boucherie viande Hallal («hallal» bezeichnet<br />
die muslimische Schlachtmethode, das Schächten).<br />
Daran fehlt es am Mulhouser Markt wirklich nicht und an<br />
Kundschaft auch nicht.<br />
La Fromagerie Saint-Nicolas. Einzigartiges Käseangebot wie<br />
aus Colmar bekannt, wo Jacky Quesnot und seine Frau einen<br />
legendären Käseladen betreiben (siehe dort). In Mulhouse<br />
bedient Mme Quesnot und Pauline, die Tochter der Quesnots.<br />
Schräg gegenüber haben die Questnos neuerdings noch einen<br />
großen Stand dazugemietet, wo ausschließlich Biokäse, -joghurt,<br />
-butter verkauft wird. Damit wird auf dem Mulhouser<br />
Markt nun auch allerfeinster Bio-Rohmilchkäse – zu fairem<br />
Preis angeboten!<br />
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Pauline hats – Fromagerie Quesnot, Markthalle Mulhouse<br />
Schräg gegenüber neben dem Eingang die Poissonnerie du<br />
Littoral. Präzise Unterscheidung zwischen Zuchtfisch (élévage)<br />
und Wildfang (sauvage). Das Fischangebot mit Seefisch,<br />
Schalentier und Muscheln kann allerdings nicht durchweg<br />
mit dem breiten Sortiment von Super-U in Brunstatt (vgl.<br />
dort) konkurrieren, auch preislich nicht.<br />
� La Buvette/Aux Halles – Bar und Restaurant. Parterre die<br />
Bar mit ein paar Tischen, an denen sich Wärme- und Aperitifsuchende<br />
einstellen. Volkstümlich wie das Angebot auch die<br />
Preise, ideal für bière & sandwich, freundliche Pächter. <strong>Im</strong><br />
ersten Stock dann das Restaurant Aux Halles, wie eh und je<br />
mit treuer Stammkundschaft und dem Wirtepaar Monsieur<br />
und Mme François Litzler hinterm Tresen (das Institut wird<br />
seit 1946 von Familie Hinderer-Litzler bewirtet). Viele Gäste<br />
kommen speziell zum Einkaufen, Essen und Freunde treffen<br />
hierher, ein charakterstarker Ort.<br />
Speziell zum Samstagmittagtisch ist das Hallenresto sehr<br />
belebt, mit dem traditionellen Angebot von fünf Menus in<br />
Poissonnerie du Littoral, Markthalle Mulhouse<br />
der populären Preislage unter und um 14 Euro: darunter Klassiker<br />
wie der vielgelobte Kalbskopf (tête de veau), gekochtes<br />
Rindfleisch mit grobem Salz (boeuf gros sel), surlaverla und<br />
crudités. Zu Marktzeiten wird mit enorm hohem Ausstoß,<br />
dennoch in akzeptabler Basisqualität serviert, dazu gehören<br />
im Elsass freilich auch standfeste Saucen, deren Viskosität der<br />
Erdanziehung trotzt.<br />
Sei’s drum, es spricht für sich, daß die beliebten Tische auf<br />
der Innenveranda am Samstagmittag stets reserviert oder<br />
von Stammgästen belegt sind. Stimmung und Geräuschpegel<br />
erinnern an eine Vollversammlung arbeitender Stände,<br />
alles authentisch mit Rotwein im piquet. Erst gegen Ende<br />
des Markttreibens, um halb zwei Uhr wird es ruhiger, serviert<br />
wird, bis der Letzte satt ist oder aufgibt.<br />
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