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218 - Ausgewählte Werke - Villa Grisebach Auktionen GmbH

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Ausgewählte <strong>Werke</strong>Selected WorksAuktion Nr. <strong>218</strong>Donnerstag, 28. November 201317.00 UhrAuction No. <strong>218</strong>Thursday, 28 November 20135 p.m.www.villa-grisebach.de


Information für BieterInformation for BiddersVorbesichtigung aller <strong>Werke</strong> in Berlin22. bis 26. November 2013Viewing of all works in Berlin22 to 26 November 2013Berlin<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> <strong>GmbH</strong>Fasanenstraße 25, 27 und 73D-10719 BerlinTelefon +49 (30) 885 915-0Fax: +49 (30) 882 41 45Freitag bis Montag 10 – 18 UhrDienstag 10 – 17 Uhr―――Alle Kataloge im Internet unterwww.villa-grisebach.deDie Verteilung der Bieternummern erfolgteine Stunde vor Beginn der Auktion.Wir bitten um rechtzeitige Registrierung.Nur unter dieser Nummer abgegebeneGebote werden auf der Auktion berücksichtigt.Von Bietern, die der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong>noch unbekannt sind, benötigt die <strong>Villa</strong><strong>Grisebach</strong> spätestens 24 Stunden vorBeginn der Auktion eine schriftlicheAnmeldung nebst einer beiliegenden aktuellenBankreferenz.Sie haben die Möglichkeit, schriftlicheGebote an den Versteigerer zu richten. Einentsprechendes Auftragsformular liegtdem Katalog bei. Wir bitten, schriftlicheGebote, ebenso wie Anmeldungen für telefonischesBieten, spätestens bis zum27. November 2013, 17 Uhr einzureichen.Die englische Übersetzung des Katalogesfinden Sie unter www.villa-grisebach.de―――<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> ist Partner vonArt Loss Register. Sämtliche Gegenständein diesem Katalog, sofern sie eindeutigidentifizierbar sind und einen Schätzwertvon mindestens EUR 2.500,– haben,wurden vor der Versteigerung mit demDatenbankbestand des Registers individuellabgeglichen.Bidder numbers are available for collectionone hour before the auction. Please registerin advance.Only bids using this number will be includedin the Auction. Bidders so far unknownto <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> have to submit a writtenapplication no later than 24 hours beforethe Auction, as well as a recent bankreference.We are pleased to accept written absenteebids on the enclosed bidding form. Allwritten bids, as well as written requests tobid by telephone, must be registered nolater than 5 p.m. on 27 November 2013.The English translation of the cataloguecan be found at www.villa-grisebach.de―――<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> is a partner of the Art LossRegister. All objects in this catalogue whichare uniquely identifiable and have anestimate of at least 2,500 Euro have beenchecked individually against the register’sdatabase prior to the auction.5


1 Paula Modersohn-BeckerDresden 1876 – 1907 Worpswede„Landschaft mit Moortümpel“. 1900Öl auf Pappe, auf Holz aufgezogen.46,2 x 68,9 cm (18 ¼ x 27 ⅛ in.). Unten rechtsmit Bleistift datiert: 190[0] Rückseitig vonOtto Modersohn mit Feder in Schwarz 1939bestätigt.Nicht bei Busch/Schicketanz/Werner. -Mit einer Bestätigung (in Kopie) vonWolfgang Werner, Bremen, vom 13. Oktober2009, der das Bild in den Nachtragsbandzum Werkverzeichnis aufnehmen wird. –Retuschierter Kratzer am linken Rand,kleine Retuschen, Ecke oben links bestoßen.[3169] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Berlin(wohl 1939 in Worpswede erworben) /Privatsammlung, Niedersachsen€ 70.000 – 90.000$ 95,200 – 122,400Das Jahr 1900, in dem unser Gemälde „Landschaft mit Moortümpel“entstand, war für Paula Becker ein schicksalhaftes.Schon lange war es ihr sehnlicher Wunsch gewesen, dieWeltstadt Paris zu erleben, damals das Zentrum der Kunstwelt,pulsierende Metropole der Moderne. Am Neujahrstag 1900brach sie auf, um diesen Traum zu verwirklichen.Als die Worpsweder Künstler Otto Modersohn, Heinrich Vogeler,Fritz Overbeck und Marie Bock Anfang Juni zum Besuch derWeltausstellung nach Paris kamen, näherten sich Paula Beckerund Otto Modersohn einander an. Der plötzliche Tod der erstenFrau Modersohns traf den Freundeskreis schwer. Das tragischeEreignis sollte Otto und Paula jedoch eine harte Probe ihrerjungen Liebe ersparen. Noch im September verlobten sich diebeiden, zunächst heimlich, da seit Helene Modersohns Tod sowenig Zeit vergangen war.Der Otto Modersohn war zu dieser Zeit bereits ein bekannterMaler, bei dem Paula Becker persönlichen Halt und Geborgenheitfand sowie Bestätigung und Förderung als Künstlerin. Es begannendrei Jahre idealer Gemeinsamkeit, in denen die beiden immerwieder nebeneinander vor demselben Motiv oder Modell standenund teilweise ähnliche Ergebnisse erzielten.Das Gemälde „Landschaft mit Moortümpel“ stellt einen Höhepunktdieser Periode dar. Es zeigt einen Ausschnitt der Marcusheidebei Worpswede. Ein bewachsener Tümpel dominiert dasZentrum des Bildes, am Horizont sind Dächer bäuerlicher Katenzu erkennen. Das Bild ist durchdrungen von einem ganz besonderenLeuchten, das Paula Modersohn-Becker im Mai desselbenJahres sehnsuchtsvoll in einem Brief aus Paris beschrieben hatte:„[…] eine tiefe farbige Leuchtkraft in der Dämmerung, farbigesLeuchten im Schatten, Leuchten ohne Sonne, wie im Herbst undFrühling in Worpswede, hellblauer Himmel, große, weiße Wolkenballenund keine Sonne. Wie sehr ich mich auf die Heimat freue,kann ich Ihnen gar nicht sagen.“ (Paula Becker an Otto und HeleneModersohn, zit. nach: Günter Busch und Liselotte von Reinken(Hg.): Paula Modersohn-Becker in Briefen und Tagebüchern,Frankfurt/Main, S. Fischer Verlag, 1979, S. 222)Der schnelle Pinselstrich, der Verzicht auf Details und die großzügigeGliederung der einzelnen Flächen rückt Paula Modersohn-Becker in die Nähe der Kunst ihrer französischen Vorbilder,wenn auch das Motiv eindeutig norddeutsch bleibt. Sie übertrifftbereits zu diesem Zeitpunkt die Worpsweder Landschaftsdarstellungenihrer männlichen Kollegen und schafft ein hervorragendesBeispiel des auch in Deutschland einsetzenden Frühexpressionismus.(NB)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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2 Heinrich VogelerBremen 1872 – 1942 Karaganda/Kasachstan„Kommender Frühling“. 1909Öl auf Leinwand. 98 x 88 cm (38 ⅝ x 34 ⅝ in.).Unten rechts datiert, monogrammiert, bezeichnetund erneut datiert: 1909 H [Wappen] V 19 W09. Auf dem Keilrahmen oben (vom Künstler?)mit Kreide beschriftet: Heinrich Vogeler,Worpswede. Dort auch ein Etikett des LeipzigerKunstvereins. Im Künstlerrahmen (rückseitigmit Vogelers graviertem Wappen).Noltenius 90. –Das Archiv der Barkenhoff-Stiftung Worpswedebesitzt zwei vorbereitende Zeichnungen zudiesem Gemälde. [3118]Provenienz: Privatsammlung, NorddeutschlandAusstellung: Museum Folkwang, Hagen (1909) /Große Kunstausstellung. Bremen, Kunsthalle,1910, Kat.-Nr. 355 / Oldenburg, Galerie-Verein,1913 / Worpswede–Moskau. Das Werk vonHeinrich Vogeler. Worpswede, Barkenhoff undKunsthalle, 1989, Kat.-Nr. 39, ganzseitigeFarbabbildung S. 86Literatur und Abbildung: Karl Schäfer: HeinrichVogeler–Worpswede. In: Deutsche Kunst undDekoration, Februar 1910, S. 336, ganzseitigeAbb. nach S. 334 / F(elix) L(orenz): Neues vonHeinrich Vogeler. In: Die Kunstwelt, Jg. 1, Jan.1912, S. 128-137, Abb. S. 135 / WernerGerber: Die Hagener Bohème IV. Ein Abschlußbericht.Hagen, Verlag v. d. Linnepe, 1986,ganzseitige Farbabbildung auf dem Titel€ 40.000 – 60.000$ 54,400 – 81,6001894 gelangte der Bremer Kaufmannssohn Heinrich Vogeler, deran der Düsseldorfer Kunstakademie studierte, erstmals nachWorpswede. Dort hatten sich die Maler Fritz Overbeck, Hansam Ende, Fritz Mackensen und Otto Modersohn in einer Koloniezur gemeinsamen künstlerischen Arbeit zusammengeschlossen.Nach einer Reise nach Florenz 1898, wo ihn, den Präraffaelitenvergleichbar, vor allem Botticelli begeisterte, machte Vogelerden von ihm in Worpswede erworbenen „Barkenhoff“ zu einemZentrum der Kunstbewegung. Hier entstehen bis zum ErstenWeltkrieg zahlreiche Illustrationen, Radierungen, kunstgewerblicheArbeiten und Gemälde symbolistischen Gehaltes. Ausdem Krieg kehrte Vogeler als Pazifist zurück. Der Barkenhoffwurde die erste Kommune in Europa. 1931 verließ der KünstlerWorpswede, ging in die Sowjetunion und wurde zum expressionistischenMaler im Geiste des Sozialismus.Schon 1897 ist der „Frühling“ Thema eines berühmten Vogeler-<strong>Werke</strong>s, das seine spätere Frau Martha Schröder als Inkarnationder Jahreszeit in einem Birkenwäldchen wiedergibt. Dieselbelichtvolle, jugendlich-frische Atmosphäre ist auch unserem Bild„Kommender Frühling“ eigen. Hier steht vor stilisierten Birkenhoch aufgerichtet und herausfordernd eine junge Frau, nackt,mit einem hellgrünen Schleier. Vogeler hatte Asta Lange morgensam Brunnen gesehen und war von ihrer Schönheit überwältigtgewesen. Mit Vorzeichnungen näherte er sich dem Motiv an,und noch 1912 entstand eine Radierung „Frühlingsmärchen“, imgleichen Jahr, in das auch ein weiteres Portrait von Asta datiert.Rainer Maria Rilke, den Vogeler in Florenz kennengelernt hatte,schreibt über ihn in seiner Worpswede-Monographie: „So langeder junge Heinrich Vogeler seine kleine abgeschlossene Welt insich herumtrug, war sie nicht viel mehr als eine Eigenheit, einpersönlicher Widerspruch gegen alles andere, zu leise und vornehm,als daß er bemerkt worden wäre und von der ganzen großenWirklichkeit fortwährend widerlegt. Es gehen viele mit solchemAnderssein, mit einem unaufhörlichen inneren Widerspruch inder Welt herum, und sie sind deshalb nicht mehr als unzufriedeneSonderlinge, deren Seltsamkeiten kaum ernst genommen werden.Es kommt darauf an, ob so ein Protest die Kraft hat sich durchzusetzen,sich als Wirklichkeit jener anderen, allgemein anerkanntenWirklichkeit gegenüberzustellen.“ (Rainer Maria Rilke, zit. nach:Worpswede. Monographie einer Landschaft und Ihrer Maler,Bremen 1977, S. 72) (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


<strong>Grisebach</strong> 11/2013


3 Lesser UryBirnbaum/Posen 1861 – 1931 Berlin„Nächtliche StraSSenszene, Berlin(BellevuestraSSe?)“. 1889Pastell auf Pappe. 50,6 x 35,8 cm(19 ⅞ x 14 ⅛ in.). Unten rechts signiert unddatiert: L. Ury 1889.Mit einer Expertise von Dr. Sibylle Groß, Berlin,vom 5. Oktober 2013. – Das Pastell wirdaufgenommen in das Werkverzeichnis derGemälde, Pastelle, Gouachen und Aquarellevon Lesser Ury von Dr. Sibylle Groß, Berlin(in Vorbereitung). –[3223] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, England /Privatsammlung, BerlinAusstellung: Meisterwerke der KlassischenModerne. Kampen, Galerie Pels-Leusden,1998, Kat.-Nr. 77, S. 8, ganzs. Farbabb. S. 9€ 60.000 – 80.000$ 81,600 – 108,800Die „Nächtliche Straßenszene“ gehört zu einer Reihe von <strong>Werke</strong>n,die der achtundzwanzigjährige Ury schuf, als er sich nachStudienjahren in Düsseldorf, München, Brüssel und Paris imJahre 1887 in Berlin niedergelassen hatte. Die Arbeiten zeigenden Einfluß der französischen Freiluftmalerei, die Ury in Pariskennengelernt hatte. Aber der Künstler hat diesen neuen Ansatzfür sein Werk in eine ganz eigene Bildsprache übersetzt. Schondieses frühe Meisterwerk beinhaltet den gesamten Kosmos, derUry künstlerisch interessierte und den er wieder und wieder variierte:Großstadt, Nacht, Regen, Verkehr, künstliche Beleuchtung.Ury begleitete den Aufstieg Berlins als einzige deutsche Großstadtvon Rang zur Metropole. Während Teile der künstlerischenAvantgarde nur wenige Jahre später der Stadt den Rücken kehrtenund aufs Land flohen, blieb Ury. Was hielt ihn? Ihn fasziniertedas neue, künstliche Licht der modernen Stadt. Ihm gelang eswie keinem anderen deutschen Maler, die Gasbeleuchtung derStraßen, die Laternen der Droschken und später die Scheinwerferder Automobile malerisch zu erfassen. In seinen Gemäldenund Pastellen schuf er in der Darstellung der Lichteffekte aufregennasser Fahrbahn ganz neue Räume und urbane Stimmungen.Und noch etwas gelang ihm: Er hielt die Poesie einesMoments fest, eines flüchtigen Zustands, der inmitten desTrubels einen Augenblick der Stille erzeugt.Zwei Damen in Abendgarderobe entsteigen einer Droschke, inwärmende Mäntel und Muffs gehüllt. Kommen sie aus der Oper?Die schnurgerade in die Tiefe führende Straßenbeleuchtung wirdzur Chiffre für die Stadt. Die nasse Fahrbahn erglänzt im Scheinder Laternen. Die Bäume lassen den Betrachter nicht erkennen,wohin die Frauen streben. Ist es eine der stillen Straßenam Rande des Tiergartens im vornehmen Berliner Westen oderin den südwestlichen Villenkolonien? Noch ein flüchtiger Blickzurück, und die beiden Frauen werden verschwunden sein. DieseAndeutungen und die Stille der Nacht erzeugen bei uns heutigenBetrachtern eine Faszination, die sicher auch aus unserem gegensätzlichenErleben einer immer lauten, immer hell erleuchtetenGroßstadt herrührt. Und gerade deshalb berührt diese Arbeit mitihrer Melancholie des Verlorenen. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


<strong>Grisebach</strong> 11/2013


4 Max Liebermann1847 – Berlin – 1935„Garten in Noordwijk-Binnen“. 1909Öl auf Leinwand. 70 x 88 cm (27 ½ x 34 ⅝ in.).Unten links signiert und datiert: M. Liebermann09. Auf dem Keilrahmen oben Etiketten derAusstellung Köln/Zürich/Berlin 1992 (s.u.)und der Galerie Paul Cassirer, Berlin.Eberle 1909/20. –[3375] Gerahmt.Provenienz: Galerie Paul Cassirer, Berlin (1909,PC Nr. 9426) / Carl Steinbart, Groß-Lichterfeldeb. Berlin (erw. bei Cassirer am 7.10.1909) /Galerie Paul Cassirer, Berlin (erw. bei Steinbartam 2.6.1916, PC Nr. 14708) / Henry Newman,Hamburg (erw. bei Cassirer am 2.6.1916,gest. 1917) / Maria Newman, Hamburg(seit 1917, gest. 1942) / Lore von Borries,geb. Newman (seit 1942, gest. 1986) /Privatsammlung, München (1986–1990) /Kunstsalon Franke, Köln (1990–1992) /Privatsammlung, RheinlandAusstellung: Max Liebermann. Zürich, Kunsthaus,1923, Kat.-Nr. 76, ganzseitige Abb. Tf. XXIII /Kunstsalon Franke, gegr. 1913 in Leipzig,zeigt Max Liebermann. Ölgemälde, Pastelle,Zeichnungen. Köln, Kunstsalon Franke; Zürich,Galerie Dr. Schenk, und Berlin, Wannseevillades Künstlers, 1992, Kat.-Nr. 18, mit ganzs.FarbabbildungLiteratur und Abbildung: Gustav Pauli: MaxLiebermann. Des Meisters Gemälde in 304Abbildungen. Stuttgart und Leipzig, DeutscheVerlags-Anstalt, 1911 (= Klassiker der Kunstin Gesamtausgaben, Neunzehnter Band),ganzseitige Abbildung S. 228 / Erich Hancke:Max Liebermann. Sein Leben und seine <strong>Werke</strong>.Berlin, Bruno Cassirer, 1914, S. 473, WerkkatalogS. 544 (Maße „60 x 88 cm“) / ErichHancke: Max Liebermann. Sein Leben undseine <strong>Werke</strong>. Berlin, Bruno Cassirer, 2. Auflage1923, S. 473 / Max J. Friedländer: MaxLiebermann. Berlin, Propyläen Verlag, o. J.(1924), Abb. 73 auf S. 137 / Holly PrentissRichardson: Landscape in the Work of MaxLiebermann. Phil. Diss., 3 Bände. Ann Arbor,Brown University, 1991, hier Bd. II, S. 178, Nr. 502Max Liebermanns Begeisterung für die reiche Motivwelt desGartens wird durch ein Schlüsselerlebnis geweckt, das AlfredLichtwark, Direktor der Hamburger Kunsthalle, 1894 in seinemAufsatz „Makartbouquet und Blumenstrauß“ schildert. Lichtwarkberichtet darin über Liebermanns Reaktion beim gemeinsamenBesuch eines Bauerngartens in der Hamburger Umgebung:„Bald stand er vor der Haustür und beobachtete die Wirkung desGartens, bald vor der Laube und genoss den Anblick des Hauses,das mit seiner [...] Tür im weichen Schatten der geschorenenLindenreihe lag. Wenn ich mir zu Hause eine <strong>Villa</strong> bauen lasse,was jetzt auch bei uns in Berlin Mode wird, dann lasse ich mireinen Garten anlegen wie diesen [...] Mein Freund machte mitden Händen einen Rahmen vor die Augen und probierte Bildmotive,wie die Maler thun. Hundert Bilder könnte man hier malen, meinteer, eins schöner als das andere.“ (Zit. nach: Im Garten von MaxLiebermann. Ausst.-Kat. Hamburg, Berlin 2004/05, S. 12)Im Juli 1909 erwirbt Max Liebermann ein Gelände am GroßenWannsee in Berlin für sein Sommerhaus und den dazugehörigenGarten. Der Blick auf die sorgsam gepflegten Rasenflächen undBlumenrabatten, die der Maler im holländischen Noordwijk entdeckt,verrät bereits den zukünftigen Gartenbesitzer. Wege führenin offene wie in versteckte Bereiche, ein dichtes Blätterdachspendet Schatten und läßt doch Luft und Raum für das Spieldes Sonnenlichts. In variantenreicher Pinselschrift verbindet derKünstler geometrische Ordnung und üppige Vegetation, weitenBlickwinkel und skizzenhaft angedeutete Details. In breiten Strichenmalt er Wege und Wiesen, in kurzen kräftigen Hieben mitPinsel oder Spachtel trägt er die pastose Farbe bei Blättern undBlumen auf, mischt sie zuweilen direkt auf der Leinwand, gibtden Bäumen und Stauden Farbenreichtum und Plastizität.Dabei folgt er nicht dem Vorgehen der französischen Impressionisten,die Bildgegenstände im flirrenden Licht aufzulösen,sondern versteht seine Gartenansicht als Raumgefüge mit Tiefenwirkung,gegliedert durch die Abfolge von Licht und Schatten.Max Liebermanns Sicht auf den „Garten in Noordwijk-Binnen“zeigt gestaltete Natur, zugleich ein von der Außenwelt abgeschirmtesRefugium und einen Ort der Muße, der die Stimmungder späteren Bilder vom Wannseegarten ankündigt. (sch)€ 500.000 – 700.000$ 680,000 – 952,000<strong>Grisebach</strong> 11/2013


<strong>Grisebach</strong> 11/2013


5 Paula Modersohn-BeckerDresden 1876 – 1907 Worpswede„Auf einem Stuhl sitzendesMädchen mit Kind auf demSchoSS vor Landschaft“. Um 1904Öl auf Karton auf Holz. 49 x 37,5 cm(19 ¼ x 14 ¾ in.).Busch/Schicketanz/Werner 524. –[3375] Gerahmt.Provenienz: Eduard Buß (1928) /Privatsammlung, New York (1939) /Privatsammlung, RheinlandAusstellung: Paula Modersohn-Becker1876-1907, Hermann Haller geb. 1880.40 Gemälde, 44 Zeichnungen. Düsseldorf,Galerie Alfred Flechtheim, 1928/29,Kat.-Nr. 7, Abb. („Die Geschwister“)€ 250.000 – 350.000$ 340,000 – 476,000Paula Modersohn-Becker war voller Begeisterung in die Abgeschiedenheitder Künstlerkolonie Worpswede gezogen, liebte diekarge Landschaft und die erdigen Farben der Natur an diesemOrt. Sie malte die Menschen dort, vor allem die Kinder der Bauernund die jungen Bewohner des Waisenhauses, das nur einenSteinwurf weit von ihrem Wohnhaus entfernt lag. Und wie sie siemalte: herb, ungekünstelt und mit der brauntonigen Palette dernorddeutschen Landschaft. Dabei vereinfachte sie alle Formen,verzichtete auf schmückende Details und zog die Kinder in denBildern oft ganz nah an den Betrachter heran. Rainer Maria Rilkebefand in seinem Nachruf auf die mit ihm befreundete Künstlerin,sie male „die Kinder so von innen her, getrieben in die Formenihres Daseins“. (Zit. nach: Christa Murken: Paula Modersohn-Becker. Kinderbildnisse, Ostfildern-Ruit 2004, S. 11)Bildfüllend sitzen uns die beiden Kinder gegenüber. Die Birke amlinken Rand wird zur Chiffre des Ortes und bezeugt die Verwurzelungder Menschen in der ansonsten nur angedeuteten Landschaft.Das Doppelbildnis ist ganz aus Kontrasten aufgebaut. DasKleinkind schaut, die Welt erst entdeckend, umher, so daß wires im Profil sehen. Es ist in freundliches Rot und Weiß gekleidet.Das größere Mädchen, dunkel gekleidet, schaut ernst und direktzum Betrachter. Es hält das Kleine sicher und schützend auf demSchoß fest. Ganz unsentimental beschreibt Modersohn-Beckerdie Verantwortung des Mädchens für das Kind, obgleich es selbstnoch heranwachsend ist. Die Ältere gibt dem Kleinkind Nähe,Schutz und Geborgenheit. Die Malerin steigert die Aussage durchdie feste, gebundene Form der Darstellung ins Monumentale.Modersohn-Becker erfaßt ganz einzigartig, mit welcher Ernsthaftigkeitdie Kinder die Welt erfahren. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


<strong>Grisebach</strong> 11/2013


6 R Max Liebermann1847 – Berlin – 1935„Die Blumenterrasse imWannseegarten nach Nordwesten“.1915 (?)Öl auf Leinwand. 50,5 x 75,5 cm(19 ⅞ x 29 ¾ in.). Unten links signiert und(schwer lesbar) datiert: M Liebermann 15 (?).Eberle 1915/10. – Mit einem zusätzlichenGutachten von Prof. Dr. Matthias Eberle, Berlin,vom 26. Februar 2013. –Rahmen (Spanien, 17. Jahrhundert): LeihgabeOlaf Lemke, Antike Rahmen, Berlin. [3017]Provenienz: Ehemals Privatsammlung,Baden-Württemberg (erworben 1963 imKunsthaus Bühler, Stuttgart)€ 350.000 – 500.000$ 476,000 – 680,000Sein Haus am Wannsee war für Max Liebermann seit 1910Zuflucht und Ruheort während der Sommermonate. Der Gartenwurde zum Motiv für viele Gemälde und zahllose Zeichnungenund Pastelle. In ihnen findet sich nicht nur der Wechsel derJahreszeiten, auch historische Veränderungen sind zu entdecken,wenn etwa in den schweren Jahren von Weltkrieg und InflationGemüse in den Blumenbeeten gepflanzt wurde. Für die „Blumenterrasseim Wannseegarten nach Nordwesten“, aus der Zeit um1915, steht der Künstler auf dem „Großen Rasen“ und blicktzur Terrasse vor dem Haus. In dichtem Gebüsch ist rechts dieschlanke weiße Säule, Standort der „Fischotter“-Skulptur vonAugust Gaul auszumachen. Sie ist nach der Wiederherstellungder Gartenanlage und ihrer Pflege durch die Max-Liebermann-Gesellschaft seit 2002 wieder hier aufgestellt.In der Stützmauer der Blumenterrasse dient ein mit Erde gefüllterTrog der Anpflanzung unterschiedlichster Sommerblumen.Er geht auf Alfred Lichtwark zurück, Direktor der HamburgerKunsthalle und ausgewiesener Gartenkenner, der Liebermann beider Anlage des Wannseegartens beraten hat. Er hat ihm diesesund manch andere Gestaltungselemente, etwa die berühmtenHeckengärten oder den Birkenhain, ans Herz gelegt. Nach einerseiner mehrfachen Besichtigungen Goslars schrieb er an Liebermann:„Habe ich Ihnen schon erzählt, daß ich letzten Herbst einenUmweg gemacht habe, um die alte Mauer in Goslar wiederzusehen?[Sie] trug einen mit Erde gefüllten Steinkasten über die ganzeAusdehnung und nun erst legten die Pflanzen nach Herzenslustlos. [...] Ich dachte immer an den Mauerabschluß Ihrer obernTerrasse. Etwas Köstlicheres als diese Mauerbekrönung kann ichmir garnicht vorstellen. [...] und jedes Jahr können Sie ein andereskomponirtes koloristisches Prunkstück dort herabfallen lassenüber die graue Mauer, einmal in Purpur und Weiß, einmal in Goldund Weiß, einmal mit einem herrschenden Roth. Dies Herabfallenhat sehr viel vor dem Beranken von unten voraus. Es enthält denwichtigen grauen Ton der Mauer als Masse gegen das Grün mitdem Gold oder Purpur, das von oben niedersinkt und es giebtfeinere und lustigere Massenvertheilungen.“ (Zit. nach: Günter undWaldtraut Braun (Hg.): Max Liebermanns Garten am Wannsee undseine wechselvolle Geschichte, Berlin 2008, S. 61) (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


<strong>Grisebach</strong> 11/2013


7 August MackeMeschede 1887 – 1914 Perthes-les-Hurlus„Porträtstudie Sofie Gerhardt“. 1912Öl auf Bütten. 37,5 x 28 cm (14 ¾ x 11 in.).Rückseitig oben rechts mit dem Stempel (Lugt1775 b): Nachlass AUGUST MACKE. Auf derRückpappe von Wolfgang Macke, dem Sohn desKünstlers, mit Kugelschreiber in Blau in Versalienbeschriftet: August Macke 1912 / Porträtstudie /Sofie Gerhardt (Vr. 323).Heiderich 371. –Fachmännisch hinterlegte Risse des gebräunten,fragilen Papiers. Sprünge in der Malschicht.Kleine Randmängel. [3150] Gerahmt.Provenienz: Familie des Künstlers /Privatsammlung, BerlinLiteratur und Abbildung: Gustav Vriesen:August Macke. Stuttgart, W. KohlhammerVerlag, 2., wesentlich erweiterte Auflage 1957(1.Aufl. 1953), Kat.-Nr. 323, mit Abbildung€ 70.000 – 90.000$ 95,200 – 122,4001903 lernt August Macke die Tochter eines Bonner Fabrikantenkennen, Elisabeth Gerhardt, seine spätere Frau. Die finanzielleUnterstützung durch Elisabeths Familie ermöglichte es Macke,Reisen nach Paris und in andere europäische Kunstmetropolenzu unternehmen. In geradezu rasanter Geschwindigkeit eignet ersich Technik und Inhalte der zeitgenössischen Strömungen vomNachimpressionismus bis zu den Fauves an. Er verarbeitet sie inseiner Kunst und findet so zu einem eigenen, ganz unverwechselbarenStil, der heiter, diesseitig und vom reinen Klang der Farbenerfüllt ist. Vor allem bei Henri Matisse entdeckt Macke eine neueLeuchtkraft der Farbe und eine flächige Geschlossenheit derForm, die ihm Sicherheit in seinem eigenen Schaffen verleiht.Und so schreibt er 1910 begeistert an seine SchwiegermutterSofie Gerhardt über Matisse: „Mir ist er rein nach meinem Instinktder sympathischste der ganzen Bande. Ein überaus glühender,von heiligem Eifer beseelter Maler.“ (Zit. nach: Ausst.-Kat. AugustMacke und die frühe Moderne in Europa, Westfälisches LandesmuseumMünster, 2002, S. 140)In der zwei Jahre später entstandenen Portraitstudie ist derEinfluß deutlich zu erkennen: Figur und Grund sind in kräftigenFarben angelegt. Die Form wird nicht tastend gesucht, sondernaus klar definierten Flächen gebildet. Vorder- und Hintergrundergeben keinen Tiefenraum mehr, sondern sind durch gleicheFarbwerte von blauer Wand und blauem Kleid eng verbunden.Feinste Farbnuancen im Antlitz und kräftige in der Ausarbeitungdes Haares lassen bei aller darstellerischen Vereinfachung einebildliche Realität voller Lebendigkeit entstehen. Doch die Strahlkraftder Farben ist es, die die besondere Qualität der Arbeit ausmacht.Gesicht und Tuch wirken kaum mehr beleuchtet, sondernentwickeln ihre Intensität aus dem Inneren heraus. Dies kanndurchaus auch als Verneigung des Malers vor der kunstsinnigenSchwiegermutter gewertet werden. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


<strong>Grisebach</strong> 11/2013


8 Karl Schmidt-RottluffRottluff 1884 – 1976 Berlin„Vase mit Georginen“. 1907Öl auf Leinwand. 50,5 x 50,3 cm (19 ⅞ x 19 ¾ in.).Oben links signiert und datiert:Schmidt=Rottluff 1907. Auf dem Keilrahmenmit Pinsel in Schwarz signiert, betitelt undbezeichnet: Schmidt=Rottluff „Vase mit Georginen“Ölgemälde.Nicht bei Grohmann. –Das Gemälde ist registriert im Archiv derKarl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin. –[3123] Gerahmt.Provenienz: Willi Geismeier, Berlin(in den 1960er Jahren direkt vom Künstler,seitdem in Familienbesitz)€ 300.000 – 400.000$ 408,000 – 544,000In seinem leidenschaftlichen Wunsch, Emotionen in Malerei zuverwandeln, ließ Karl Schmidt-Rottluff, der zwei Jahre zuvor seinArchitekturstudium an der Technischen Hochschule Dresdenabgebrochen hatte, jegliche akademische und idealistischeAuffassung hinter sich und schuf aus der einfachen Ansichtzweier Georginen (Dahlien) in einer Glasvase einen furiosenFarbensturm. Virtuos nutzt der Künstler das Motiv des Stillebens,um die Formbildung als Vorrecht der Farbe zu proklamieren. Dietiefen Rottöne der kugeligen Blüten, durchsetzt mit Gelb undViolett, ziehen den Blick ins Bild hinein, grünes Blattwerk bildetdas spannungsvolle Gegengewicht. Während sich in der linkenBildpartie eine räumliche Situation mit stützenden Elementenandeutet, entlädt sich auf der anderen Seite die Energie in einemfunkensprühenden und von leuchtend gelben Feuerströmendurchzogenen Farbraum, der mit Akzenten von kühlem Blau auchdie Transparenz und spiegelnde Wirkung des Glases enthält. Andie Stelle symbolischer oder atmosphärischer Darstellung setztSchmidt-Rottluff ein neues Verständnis von Malerei, das seelischenAusdruck unmittelbar in Farbmaterie umsetzt und somitGrundprinzipien des Informel der 1950er Jahre vorwegnimmt.Es war Karl Schmidt-Rottluff, der den Namen „Brücke“ für die1905 gegründete Künstlervereinigung gefunden hatte, derenerklärtes Ziel es war, „alle revolutionären und gärenden Elementean sich zu ziehen“. Mit Begeisterung rezipierten Schmidt-Rottluffund andere „Brücke“-Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner oderErich Heckel die <strong>Werke</strong> der internationalen Avantgarde. Wie eineOffenbarung wirkte im Jahr 1905 die Ausstellung in der DresdnerGalerie Arnold mit Gemälden Vincent van Goghs. Die dynamischePinselschrift und die pastos gegeneinander gesetztenFarben in „Vase mit Georginen“ zeigen deutlich die Bedeutung,die van Gogh für Schmidt-Rottluff und die Ausbildung seinerexpressiven Bildsprache hatte. Mit der gesteigerten Wirkung derFarbe geht für den Maler ein gesteigertes Erlebnis des Schaffenseinher, das auch dem Betrachter unmittelbar zugänglich wird:als Akt der Befreiung und Ausdruck überschäumenden Lebensgefühls.(sch)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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9 Emil NoldeNolde 1867 – 1956 Seebüll„Die Heiligen Drei Könige“. 1913Farblithographie auf Papier, vom Künstlerteilweise mit Aquarell überarbeitet.64,7 x 53,4 cm (70,8 x 56,9 cm) (25 ½ x 21 in.(27 ⅞ x 22 ⅜ in.)). Unten links bezeichnetund betitelt: Probedruck, in dieser Fassungein Druck „Hl. Drei Könige“ übermalt.Unten rechts signiert.Schiefler/Mosel/Urban 49. –Einziger Abzug in dieser Farbstellung(Schwarz, Braun, Rot). [3026] Gerahmt.Provenienz: Sammlung Karl Ernst und GertrudOsthaus, Hagen (seitdem in Familienbesitz)€ 40.000 – 60.000$ 54,400 – 81,600Selbst in seinen graphischen Arbeiten offenbart sich EmilNolde immer als Maler. Der präzise gesetzte Strich ist nichtsein Ausdrucksmittel, sondern lediglich Ausgangspunkt für einunbändiges Experimentieren mit verschiedenen Schattierungen,Tonalitäten und Farbklängen. Hiervon zeugen insbesondere seineungewöhnlich großformatigen Farblithographien von 1913, dieim März jenes Jahres in der Flensburger Druckerei Westphalenentstanden. Nolde erkannte rasch: „Erst, wenn der Maler aufdem Stein selbst schaffend arbeitet, erlebt er den Reiz der Technikund die weitgehendsten Möglichkeiten.“ Und wie so oft vorherund nachher geriet er während der konzentrierten Arbeit ineinen regelrechten Schaffensrausch. Es entstanden in den achtWochen seines Aufenthalts in Flensburg 13 Farblithographienmit rund 300 Probedrucken, alle direkt und unmittelbar mit demPinsel auf den Lithostein gezeichnet: „Ich konnte nach Herzenslustschalten und walten. Farben wurden verschrieben, verrieben,und ich stand immerzu zeichnend, ätzend, schleifend, mischend,abwägend, umschaltend in Farben und Farben und von der Pressedie großen Bilder hervorholend, fast alle in verschiedenen Nuancenund Zuständen. Es war eine Lust und mir die Freude groß, als ichdie gerollten Blätter alle wegtragen durfte.“ (Emil Nolde: Jahre derKämpfe. Köln 1985, S. 261)Nolde konzentriert sich bei diesem berühmten Blatt allein auf diemajestätische Erscheinung der drei Weisen, die von dem in intensivemGelb erstrahlenden Stern von Bethlehem an diesen Ortgeführt wurden. Sie bringen ihre Gaben dem im Bild nicht sichtbarenChristuskind dar. Das übrige Personal, Maria und Josef, dieHirten und Engel, ist ebenso wenig abgebildet wie der obligatorischeStall mit Krippe, Ochse, Esel und Schafen. Sie wird NoldesLithographie zum Sinnbild gottesfürchtiger Verehrung. (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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10 Karl Schmidt-RottluffRottluff 1884 – 1976 BerlinWatt bei Ebbe. 1912Öl auf Leinwand. 76 x 84 cm (29 ⅞ x 33 ⅛ in.).Unten rechts signiert und datiert: S.Rottluff1912. Auf dem Keilrahmen Etiketten derAusstellungen München und Paris 1970 (s.u.).Nicht bei Grohmann. –Das Gemälde ist registriert im Archiv derKarl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin. –Rand angestückt, rückseitig eine verworfeneKomposition. [3558] Gerahmt.Provenienz: Baron von der Heydt, Wuppertal (?) /Prof. Dr. Kurt Forberg, Düsseldorf und St. Moritz /Privatsammlung, Norddeutschland /Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenAusstellung: 2. Ausstellung. München, GalerieHans Goltz, 1913, Kat.-Nr. 139 („Watt“) /Kollektionen. Berlin, Galerie Fritz Gurlitt, 1914,Kat.-Nr. 41 („Watt“) / Dem wiedereröffnetenMuseum Folkwang zum Gruß. Essen, MuseumFolkwang, 1960, Tf. 17 / 10 Jahre GroßerKunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen.Düsseldorf, Kunstverein für die Rheinlandeund Westfalen, 1962, Kat.-Nr. 42 / Paintersof the Brücke. London, Tate Gallery, 1964,Kat.-Nr. 260 / Vom Impressionismus zumBauhaus. Meisterwerke aus deutschemPrivatbesitz. Hamburg, Kunstverein, 1966,Kat.-Nr. 75 / Sonderausstellung: S.Rottluff.Gemälde aus den Jahren 1907–1961.Düsseldorf, Galerie Wilhelm Grosshennig, 1969,Farbabbildung auf dem Titel / EuropäischerExpressionismus / L’Expressionisme européen.München, Haus der Kunst, und Paris, Muséenational d'art moderne, 1970, Kat.-Nr. 138,mit ganzseitiger FarbabbildungLiteratur und Abbildung: Karl Ruhrberg: DerSchlüssel zur Malerei von heute. Düsseldorf1965, Abb. 3 nach S. 128 / 50 Jahre Overbeck-Gesellschaft Lübeck, 1918–1968. Lübeck 1968,unpag., mit ganzseitiger Farbabbildung (S. 35) /Ewald Rathke: Expressionismus. München,Schuler, 1971, m. Abbildung / Donald E. Gordon:Modern Art Exhibitions 1900–1916. SelectedCatalogue Documentation. 2 Bde. München,Prestel-Verlag, 1974 (= Materialien zur Kunstdes 19. Jahrhunderts, Band 14/I u. II), hierBd. II, S. 732 u. S. 821 / Gerhard Wietek:Schmidt-Rottluff. Oldenburger Jahre 1907–1912.Oldenburg, Verlag Philipp von Zabern, 1995,S. 605, Farbabbildung 285, S. 549Karl Schmidt-Rottluff, zusammen mit Ernst Ludwig Kirchner derkonsequenteste Maler unter den „Brücke“-Künstlern, gelangt inseinem 1912 gemalten, holzschnitthaft vereinfachten Bild „Wattbei Ebbe“ an die Grenzen des Gegenständlichen. Nur zwei Komplementärfarbenwerden flächig aufgetragen: das tiefe Orangerotdes Abendhimmels, das sich im Wasser des Watts spiegelt, unddas dunkle Blau des Sandes und des Küstenstreifens im Hintergrund,das in ein unheimliches Schwarz übergeht. Schwarz sindauch die drei Fischerboote, die mit ihren sich spiegelnden Segelndas Bild in der Vertikalen strukturieren und wie eine KlammerWasser und Himmel, die Erde und das All verbinden.Wie hatte schon der Norweger Edvard Munch, einer der Wegbereiterdes Expressionismus, über sein berühmtes Bild „DerSchrei“ von 1893 geschrieben? „Ich sah auf den Fjord hinaus.Die Sonne ging gerade unter – die Wolken färbten sich rot, wieBlut. Ich empfand das alles wie einen Schrei, der durch die Naturging. Ich glaubte, einen Schrei zu hören. Ich malte das Bild, maltedie Wolken wie richtiges Blut. Die Farben schrien“ (Edvard Munch.Essen, Museum Folkwang, und Zürich, Kunsthaus, 1987/88,Nr. 30). Dieses Bild des Norwegers könnte der Chemnitzergesehen haben, als er im Sommer 1911 Norwegen besuchte;denn es hing seit 1910 in der Osloer Nationalgalerie. Jedenfallsempfand Schmidt-Rottluff ähnliches vor der Natur, als er 1912 imoldenburgischen Dangast am Jadebusen weilte. Noch viereinhalbJahrzehnte später berichtete der Maler, „wie eindrucksvoll für ihnimmer wieder das Erlebnis von Flut und Ebbe, vom Kommen undGehen des Wassers über das Watt mit den damit verbundenenatmosphärischen Erscheinungen und Farbenspielen gewesen sei.Eine nur schwer faßbare Urlandschaft habe sich hier aufgetan,in die es ihn – oft völlig allein - zu den unterschiedlichsten Tageszeitenhinausgezogen habe“ (Wietek, a.a.O., S. 549).Wer denkt da nicht an Caspar David Friedrich, an den „Möncham Meer“? Oder an die zahlreichen Segelboote in den Bilderndes großen Romantikers? Hundert Jahre später finden wirsie beim großen Expressionisten wieder. Sie dienen wie beimRomantiker zur Gliederung des Bildes und sind, wenn auch nurschemenhaft im Abendleuchten zu erkennen, der einzige Hinweisauf die Existenz von Menschen, die ihr Lebensschiff durch eineüberwältigende, einsam machende Natur steuern müssen. Beialler Modernität steckt gewaltiges romantisches Erbe in diesemGemälde vom Anfang unseres 20. Jahrhunderts.Bemerkenswert ist die tautologische Bezeichnung „Watt beiEbbe“: Da sie auch einem verschollenen, 1922 in Oldenburgausgestellten Aquarell den Titel gab, scheint sie auf den Künstlerselbst zurückzugehen.€ 1.000.000 – 1.500.000$ 1,360,000 – 2,040,000<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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11 Ernst Ludwig KirchnerAschaffenburg 1880 – 1938 DavosStehender Akt. Um 1910/11Tuschpinsel und Rohrfeder auf gelbem Papier. 30 x 22 cm(11 ¾ x 8 ⅝ in.). Rückseitig mit dem Basler Nachlaßstempel(Lugt 1570b) und der mit Feder in Schwarzeingetragenen Registriernummer: F Dre / Bg 76.Leichte Bereibungen. [3362]Provenienz: Privatsammlung, BerlinAusstellung: Von Menzel bis Macke. Grafik einer BerlinerSammlung. Herne, Städtische Galerie im SchloßparkStrünkede, 2004, ohne Nr., Abb. 18 auf S. 49€ 20.000 – 30.000 $ 27,200 – 40,800Wir danken Prof. Dr. Günther Gercken, Lütjensee,für freundliche Hinweise.<strong>Grisebach</strong> 11/2013


12 R Ernst Ludwig KirchnerAschaffenburg 1880 – 1938 DavosZwei weibliche Akte mit Skulptur. Um 1910Bleistift auf festem Papier. 26,8 x 36 cm (10 ½ x 14 ⅛ in.).Rückseitig mit dem Basler Nachlaßstempel (Lugt 1570 b)und der mit Feder in Schwarz eingetragenenRegistriernummer: B Be / Bg 59.[3451] Gerahmt.€ 25.000 – 35.000 $ 34,000 – 47,600Wir danken Prof. Dr. Günther Gercken, Lütjensee,für freundliche Hinweise.Die Zeichnung ist vermutlich nicht in freier Natur entstanden,da hier anders als etwa bei den Studien von denMoritzburger Seen keine entsprechenden Hinweise imBild zu finden sind. Der Titel verweist stattdessen auf einanderes Element im Bild, die Holzplastik einer hockendenweiblichen Figur mit einem flachem runden Gefäß. DieFigur erinnert an die Kunst der Naturvölker, mit der sich dieKünstler der „Brücke“ ab 1910 intensiv auseinandergesetzthaben.Tatsächlich geht es in dieser Zeichnung weniger um dieinhaltliche Seite des Beisammenseins als vielmehr um dieDynamik der Bildkomposition. Gegenläufige, sich in derMitte kreuzende Diagonalen bestimmen die spannungsvolleDarstellung. Im Zentrum des Bildgefüges steht derzurückgelehnte Frauenkopf. Kirchner konzentrierte sich indiesem Werk vor allem auf die kompositorischen Herausforderungen,die in der Zweidimensionalität des Mediumsbegründet liegen. Innerhalb seines Œuvres hat er denZeichnungen eine große Bedeutung zugemessen. Soerschien 1920 in der Zeitschrift „Genius“ ein vom Künstlerselbst unter dem Pseudonym Louis de Marsalle verfaßterArtikel zu den „Zeichnungen von E. L. Kirchner“. (DB)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


13 Otto MuellerLiebau/Schlesien 1874 – 1930 Breslau„Zwei Mädchen im Wald“. Um 1925Aquarell und schwarze und blaue Kreide aufPapier. 52,2 x 67,8 cm (20 ½ x 26 ¾ in.). Untenrechts signiert: Otto Mueller.von Lüttichau/Pirsig 681 (Abb. seitenverkehrt). –[3491]Provenienz: Sarah Reed Blodgett, Portland (OR) /Privatsammlung, USA (bis 1996) / Privatsammlung,Schweiz / Privatsammlung, BerlinAusstellung: The Collection of Sarah ReedBlodgett of Portland: European and AmericanPaintings, Sculptures, Drawings, and Prints.Portland (OR), Art Museum, 1965, Kat.-Nr. 53€ 180.000 – 250.000$ 245,000 – 340,000Otto Mueller lernte die „Brücke“-Künstler 1910 in Berlin kennen:Sowohl Muellers <strong>Werke</strong> als auch die der Dresdner Künstlergruppewurden von der Jury der Berliner Secession zurückgewiesen,und so initiierten sie ein eigenes Ausstellungsprojekt.Im folgenden Jahr verbrachte Mueller den Sommer mit Kirchnerund Heckel an den Moritzburger Teichen bei Dresden und wurdeMitglied ihrer Künstlergemeinschaft. Hier, in der ländlichenUngezwungenheit, entstanden seine ersten Aktdarstellungen inder Natur: junge Menschen in der Landschaft, beim Baden, imGras oder unter Bäumen sitzend. Das Thema ließ Mueller nichtmehr los, er variierte es bis zu seinem Lebensende. Die Enge derakademischen Tradition verachtend, abstrahierte und vereinfachteauch er die sichtbare Welt, doch anders als die übrigenKünstler der „Brücke“ verzichtete der Maler auf die Provokationder Farbe. Dies wurde ihm von seinen Mitstreitern allerdingsnie vorgeworfen, sondern stets als besonderer Ausdruck seinerNaturnähe gewürdigt. Seine Arbeiten sind geprägt von zurückhaltenderSinnlichkeit in warmen Grün- und Brauntönen und vonarkadischer Ruhe.Neben den Bildern auf Leinwand entstanden <strong>Werke</strong> aus farbigenKreiden, Pastelle und Aquarelle. Sie gehören zu den schönstenSchöpfungen des Künstlers. Frei und spontan zeigt sich hierMuellers Handschrift. Unsere großformatige Papierarbeit ist einherausragendes Beispiel für die reifen <strong>Werke</strong> der 1920er Jahre.Die Komposition ist ganz aus der Linie heraus entwickelt. Mitkräftigem, sicherem Strich sind beide Mädchen und die Bäumegesetzt. Hierbei verzichtet Mueller auf jedes überflüssige Detail.Dennoch sind die Körper voller Anmut. Die gegensätzlicheNeigung der Körper findet sich im gegabelten Baum in derMitte wiederholt. Äste neigen sich hinter beiden Frauen hinab,wodurch diese in die Landschaft eingebunden werden. Allekörperlichen Volumina verwandeln sich in Flächen und werdenin feinsten Abstufungen zart getönt. Ohne ein erzählerischesMoment sitzen die beiden Mädchen wie selbstverständlich imWald. In Muellers Bildsprache verbinden sich Mensch und Naturin vollkommener Harmonie. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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14 Hermann Max PechsteinZwickau 1881 – 1955 Berlin„Segelndes Kanu“. 1917Öl auf Leinwand. 65 x 50 cm (25 ⅝ x 19 ⅝ in.).Unten links monogrammiert (ligiert) und datiert:HMP 1917. Rückseitig mit Pinsel in Schwarzbetitelt: Segelndes Kanu (Palau). Auf dem Keilrahmenoben ein Aufkleber, mit Feder in Braunbeschriftet: No. 31 Segelndes Kanu [...] Gurlitt.Soika 1917/60. –Im Brücke-Museum, Berlin, befindet sich eineaquarellierte Tuschfeder-Zeichnung zu diesemGemälde: „Auslegerboot“, 1914 (19,5 x 13,5 cm).[3225] Gerahmt.Provenienz: Galerie Gurlitt, Berlin (in Kommissionbis 1923) / Galerie Ludorff, Düsseldorf (1983) /Privatsammlung, Baden-Württemberg (bis 1998) /Privatsammlung, Baden-WürttembergAusstellung: Große Berliner Kunstausstellung.Düsseldorf, Kunstpalast, 1917, Kat.-Nr. 674 /Max Pechstein, Teil II: Bilder aus Palau. Berlin,Kunstsalon Fritz Gurlitt, 1918, Kat.-Nr. 52 /Erste Ausstellung zeitgenössischer deutscherKunst. Crefeld, Museumsverein, Kaiser-Wilhelm-Museum, 1920, Kat.-Nr. 53 (?) / AugustusTeentoonstelling van Expressionisten e.a.[August-Ausstellung von Expressionisten u.a.].Maatschappij voor beeldende Kunsten,Amsterdam, in Scheveningen, GemeentelijkTentoonstellingsgebouw, 1920, Kat.-Nr. 6 (?) /Max Pechstein. Zürich, Kunsthaus, 1923,Kat.-Nr. 23Literatur und Abbildung: Georg Biermann: MaxPechstein. Leipzig, Verlag von Klinkhardt &Biermann, 2. Aufl. 1920 (= Junge Kunst, Band 1),mit ganzseitiger Abbildung / Camill Hoffmann:Sucher des Paradieses. In: Die Dame, 1920,H. 1, S. 6, Abb. S. 7 / Friedrich Märker:Lebensgefühl und Weltgefühl. Einführung indie Gegenwart und ihre Kunst. München,Delphin-Verlag, 1920, Abb. 37 / 75. Auktion:20. Jahrhundert. München, Galerie WolfgangKetterer, 28.-30.11.1983, Kat.-Nr. 1159, mitganzseitiger Farbabbildung / Ausstellungskatalog:Max Pechstein. Sein malerisches Werk.Berlin, Brücke-Museum; Tübingen, Kunsthalle,und Kiel, Kunsthalle; 1996/97, Kat.-Nr. 96,mit Farbabbildung (nicht ausgestellt)Die kolonialen Bestrebungen Deutschlands gipfelten 1897 in derForderung des späteren Reichskanzlers von Bülow nach einem„Platz an der Sonne“. Zwei Jahre später erwarb das DeutscheReich von Spanien neben anderen Inselgruppen auch die Palau-Inseln im Pazifik. In die völkerkundlichen Museen strömten nununzählige Artefakte aus den hinzugewonnenen Gebieten. Der mitReliefs verzierte Deckenbalken eines sogenannten Männerclubhauseseiner Palau-Insel gelangte auf diese Weise nach Dresden– und beflügelte hier die Phantasie der „Brücke“-Künstler.Auch durch das lyrische Werk Gottfried Benns schwebt das Wort„Palau“ wie eine Chiffre exotischer, unerreichbarer Natürlichkeit.Kirchner und Pechstein sahen in der „primitiven“ Formenspracheder „Wilden“ ihre eigenen Bestrebungen nach Freizügigkeit undnaturverbundenem Leben verwirklicht. Doch die MoritzburgerTeiche bei Dresden waren nicht die Südsee. Pechstein warderartig berauscht und voller Sehnsucht, daß er 1914 mit seinerFrau nach Palau aufbrach. Ihnen blieben dort nur wenige, aberglückliche Monate, bis der Kriegsausbruch in Europa sie zurFlucht zwang und die beiden über abenteuerliche Wege nachDeutschland zurückkehrten.Unser Gemälde entstand 1917 nach Skizzen und aus derErinnerung. Im Zentrum der straffen Komposition steht ein Kanumit einem stabilisierenden Ausleger und leuchtendem Segel.Die drei Insulaner wirken durch die identische Farbigkeit ihrerHaut wie verwachsen mit dem Holz des Bootes, das in schnellerFahrt durch die seichten, grün schimmernden Gewässer voreiner bewaldeten Insel gleitet. Die geschlossene Wirkung desGemäldes rührt von der Reduktion in Farbe und Detail her. Dastropische Grün in der Bildmitte wird zur Folie für das Boot undseine Insassen, die durch Umrißlinien gefestigt werden. Dasaufschäumende Wasser in Blau und Weiß korrespondiert mit demHimmel und den Wolken. Wie diese sich schwer von Feuchtigkeitlastend als Nebel über die Hügel legen, ist grandios beobachtet.Auch in der Darstellung der Menschen verzichtet der Maler aufalle sentimentale Exotik. In natürlicher Nacktheit, nur die Schamist mit einer Hüftschnur bedeckt, gehen die Menschen ihrenVerrichtungen nach. Diese Arbeit ist aus der leuchtenden Farbigkeiteiner fremden Welt geschaffen, in der Pechstein eine innigeVerbundenheit von Mensch und Natur fand. (OH)€ 100.000 – 150.000$ 136,000 – 204,000<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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15 Emil NoldeNolde 1867 – 1956 Seebüll„Baum mit roten Blüten in einersüdlichen Landschaft“. 1913/14Aquarell, Tuschpinsel und Deckweiß auf Japanbütten.35,5 x 48 cm (14 x 18 ⅞ in.).Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Martin Urban,Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,vom 26. Februar 1986. –Kleine Fehlstellen. [3225] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland€ 70.000 – 90.000 $ 95,200 – 122,400Während seines Aufenthalts in der Südsee galt Noldeskünstlerisches Hauptinteresse den dortigen Ureinwohnern,was sich in zahlreichen Aquarellen mit Portraits derverschiedenen Stammesangehörigen zeigt. Jedoch istbisweilen auch die tropische Landschaft sein Thema, wiees unser Aquarell mit der Wiedergabe eines markanten,rotblühenden Baumes mit ausladenden Ästen belegt.Nolde empfand, „daß die Tropen gar nicht so vollfarbigsind wie allgemein angenommen, farbig nur waren dieMenschen, die Vögel, die Fische, die roten Hibiskus unddas Laub der Bougainville“. (Emil Nolde: Welt und Heimat.Köln 1965, S. 146) Viele dieser Südseelandschaftengehen zurück auf kleine farbige Skizzen, die Nolde direktvor Ort angefertigt hat. (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


16 R Emil NoldeNolde 1867 – 1956 Seebüll„Fische im Aquarium (Drei Goldfische,eine grüne Wasserpflanze)“. 1923/24Aquarell auf Japan. 34,5 x 46,7 cm (13 ⅝ x 18 ⅜ in.).Unten rechts mit Tuschfeder signiert: Nolde.Mit einer Bestätigung (in Kopie) von Prof. Dr. Martin Urban,Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 8. August 1995. –[3511]Provenienz: Otto Luyken, Hamburg(seitdem in Familienbesitz)€ 50.000 – 70.000 $ 68,000 – 95,200Im Jahr 1911 mietete Emil Nolde in Berlin eine Wohnungmit Atelier in der Tauentzienstraße an, die er bis 1929regelmäßig in den Wintermonaten mit seiner Frau Adabewohnte. In der Nachbarschaft befand sich der ZoologischeGarten, der der Umgebung sein ganz eigenes Geprägeverlieh: „Die Raubtiere drüben im Zoogarten brüllten, diefremden Vögel kreischend schrien, und dann begann eineKapelle ihr Spiel, populäre Musik den Tieren vorspielendund den Menschen.“ (Emil Nolde: Jahre der Kämpfe.Köln 1985, S. 217)Obschon den Maler die Tierwelt seiner Heimat Nordfrieslandschon früh fasziniert hat und zu zahlreichen Bildernanregte, erfolgte eine künstlerische Inspiration durchdie exotische Tierwelt im Berliner Zoo und dem zugehörigenAquarium erst relativ spät in den Jahren 1923 und1924. Ein Besuch des Zoos mußte damals Ersatz sein fürbeabsichtigte Fernreisen, etwa nach Island und Grönland,ins Himalayagebiet oder nach Togo in Afrika. Zudem magNolde es bereut haben, sich auf der Südsee-Reise nichtauch mit der dortigen Tierwelt künstlerisch auseinandergesetztzu haben.Im Berliner Zoo entstanden zahlreiche Aquarelle mit ungewohntenMotiven: Nolde malte Löwen, Eisbären, Kängurus,Antilopen und Bisons, in den Vogelhäusern buntfarbigePapageien, Paradiesvögel, Riesentukane, Kraniche undFlamingos. Im Aquarium faszinierte ihn vor allem die bunteFischwelt, aber auch Frösche, Salamander, Chamäleons,Echsen und Olme wurden im Bild festgehalten. Schließlichwidmete er sich im Botanischen Garten exotischenPflanzen wie Kakteen, Orchideen und Strelitzien. NoldesTieraquarelle sind eine in sich abgeschlossene Werkgruppe.Weder vorher noch nachher entstanden Blätterähnlicher Thematik, so daß diese Bilder vergleichsweisegenau datiert werden können. (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


17 Pierre GirieudParis 1876 – 1948 Nogent-sur-Marne„Grand Lesbos“ / „Baigneuses“. 1910Öl auf Leinwand. 150 x 225 cm (59 x 88 ⅝ in.).Unten rechts signiert und datiert: Girieud 1910.Auf dem Keilrahmen ein Etikett der NeuenKünstlervereinigung München, dieses vonAlexander Kanoldt, dem Sekretär derVereinigung, mit Tinte bezeichnet.Retuschen. [3208] Gerahmt.Provenienz: Adolf Erbslöh, Irschenhausen beiMünchen / Privatsammlung, SüddeutschlandAusstellung: Salon d’Automne. Paris, GrandPalais des Champs-Elyssées, 1910 (Baigneuses) /Franz Marc und Pierre Girieud. München,Moderne Galerie Thannhauser, 1911 /Internationale Kunstausstellung desSonderbundes westdeutscher Kunstfreundeund Künstler zu Cöln. Köln, StädtischeAusstellungshalle am Aachener Tor, 1912,Kat.-Nr. 247, S. 43 / Der blaue Reiter unddas neue Bild. Von der Neuen KünstlervereinigungMünchen zum Blauen Reiter. München,Städtische Galerie im Lenbachhaus, 1999,Kat.-Nr. 226, ganzs. Farbabb. Tf. 152 / 1912 -Mission Moderne. Die Jahrhundertschau desSonderbundes. Köln, Wallraf-Richartz-Museumund Fondation Corboud, 2012, Kat.-Nr. 39,ganzs. Farbabb. S. 381Literatur und Abbildung: André Salmon: Salond’Automne. In: Paris-Journal, 30.10.1910 /Henri Bidou: Le Salon d’Automne. In: La Gazettedes Beaux-Arts, Paris, 5.11.1910, Abb. S. 368(Baigneuses) / Otto Fischer: Das neue Bild.Veröffentlichung der Neuen KünstlervereinigungMünchen. München, Delphin Verlag, 1912,S. 32/33, Abb. Tf. XIII / Wilhelm Hausenstein:Der nackte Mensch in der Kunst aller Zeitenund Völker. München, R. Piper & Co., 1913,S. 192 und 420, Abb. 145 auf S. 178 /Eröffnungskatalog der Galerie Flechtheim.Düsseldorf 1913, Abb. im Anzeigenteil hinten,o.S. / Ausst.-Kat.: Pierre Girieud et l’expériencede la modernité 1900-1912. Marseille, MuséeCantini, 1996, Abb. S. 124Pierre Girieud war ein bedeutendes Bindeglied zwischen denfranzösischen „Fauves“ und der Münchner Avantgarde um 1910,kurz vor Gründung des „Blauen Reiter“. Als letztes Jahr in Kölnder berühmten Sonderbund-Ausstellung des Jahres 1912 gedachtwurde, war ein großformatiges, klassisch anmutendes Bildzu sehen, das durch starke, ungemischte Farben seine Nähe zuden „Fauves“ bezeugte. Der Name des Künstlers Pierre Girieudist in Deutschland heute weitgehend unbekannt. Vor hundertJahren war er jedoch nicht nur in der genannten, sondern auchmehrmals in den Ausstellungen der Neuen KünstlervereinigungMünchen vertreten, der Vorläuferin des Blauen Reiters. In derdeutschen Kunst der ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhundertssind vergleichbare Gemälde selten. Am ehesten ist dieser„Monumentalstil“ (Walter Cohen) beim Sonderbund, zuweilenauch im rheinischen Expressionismus oder im Blauen Reiteranzutreffen. Girieud war nicht nur mit Alexander Kanoldt undAdolf Erbslöh (dem ersten Besitzer unseres Bildes) befreundet,sondern auch mit Paul Gauguin. Eine ’Hommage à Gauguin‘stellte Girieud 1906 auf dem Pariser Herbsalon aus, und 1928publizierte er sogar eine kleine Monographie über den großenfranzösischen Künstler.Mehrere weibliche Akte, angeordnet wie in einem figuralenFries, stehen im Wasser oder liegen am Strand. In statuarischerGelassenheit bleiben sie vereinzelt, ihre gelängten Körperformenwirken bei aller Natürlichkeit stilisiert, geradezu klassizisiert, sowie die kunstvollen Frisuren. In der Komposition gibt es kaumBewegung, auch der tiefblaue Spiegel des Wassers bleibt still.Harmonisch gehen Landschaft, Wasser und Figuren ineinanderauf. Die abgelegte Draperie vorn erscheint wie ein Relikt,stillebenhaft arrangierte Früchte und bunte Blumen, die hier undda dem Gras entsprießen, runden die Idylle ab. „Grand Lesbos“mutet an wie ein griechisches Vasenbild, transponiert in dieModerne. Ähnlich zeitlose, traumverlorene Idealbilder hat kurzzuvor Henri Matisse geschaffen („Luxe, calme et volupté“, 1904,Musée d’Orsay, Paris; „Le bonheur de vivre“ 1905/06, BarnesFoundation, Philadelphia). Zugleich weist das außergewöhnlicheWerk bereits weit voraus in die stilisierte Eleganz des französischenArt déco. (EO)€ 150.000 – 200.000$ 204,000 – 272,000<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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18 Ossip ZadkineSmolensk 1890 – 1967 Paris„Jeune fille A la cruche“(auch: Die Wasserträgerin,Junges Mädchen mit Krug). 1920Holz, teilweise farbig gefaßt.Höhe: 199 cm (78 ⅜ in.).Auf der Plinthe rechts hinten signiert: ZADKINE.Lecombre 81. –[3015]Provenienz: Hendrik Wiegersma, Deurne(1926 vom Künstler erworben) /Privatsammlung, Großbritannien /Privatsammlung, BerlinAusstellung: Paris, Salon d’automne, 1920,Nr. 2254 (?) / Zadkine. Brüssel, Palais desBeaux-Arts, 1933, Kat.-Nr. 21 (?) / Maîtres del'art indépendant 1895-1937. Paris, Petit Palais,1937, Kat.-Nr. 10 / Zadkine. Deurne, MuseumDinghuis, 1968, Kat.-Nr. 3Literatur und Abbildung: Maurice Raynal: OssipZadkine. Rom, Valori plastici, 1921, Abb. Tafel15 / Maurice Raynal: Ossip Zadkine. Rom,Valori plastici, 1924, Abb. Tafel 29 / PierreHumbourg und Waldemar George: OssipZadkine. In: Sélection (Antwerpen), 1928, Heft3, S. 28 / Christa Lichtenstern: Ossip Zadkine(1890-1967). Der Bildhauer und seine Ikonographie.Berlin, Gebr. Mann Verlag, 1980,S. 53-54, Abb. 30, Tf. 14 / Sylvain Lecombre:Ossip Zadkine. L’Œuvre sculpté. Paris, Éditionsdes musées de la Ville de Paris, 1994, Abb.S. 136 (Atelierfoto von ca. 1925, Figur in derMitte), Abb. S. 210 unten (Foto der AusstellungBrüssel 1933, Figur am linken Rand) / StevenUhly: Es war einmal eine Frau. In: <strong>Grisebach</strong>-Journal, Ausgabe 3, Herbst 2013, S. 12-17,Farbabb. S. 12/13, ganzs. Farbabb. S. 14,Abb. S. 17 und TitelseiteOssip Zadkine wurde durch seine monumentale Gruppe für die imKrieg zerstörte niederländische Stadt Rotterdam (1947) berühmt,eines der herausragenden Bildwerke der Nachkriegszeit. SeineAnfänge liegen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, alsauch die Bildhauer versuchten, die Errungenschaften der Avantgarde,etwa die simultane Mehransichtigkeit, wie sie die Kubistenanstrebten, in die Skulptur einfließen zu lassen. Das damals aufkommendeInteresse an der Stammeskunst Afrikas und Ozeanienswurde ebenso aufgenommen wie die elegante Linienführung desbeginnenden Art déco. Aus dieser Auseinandersetzung haben einigeKünstler, darunter Zadkine, Belling oder Brancusi, entscheidendeErkenntnisse für die Entwicklung der Skulptur im 20. Jahrhundertgewonnen. Die Zersplitterung des menschlichen Körpers in seineEinzelheiten, die scheinbare Auflösung und ihre erneute Zusammenfügungformt das Menschenbild der Moderne. Was anfangsunmöglich schien, die Vermittlung philosophischer, religiöser odermythologischer Inhalte, war wieder vorstellbar, wenn auf alle vordergründigenAnspielungen verzichtet wurde und klare Zusammenhängefaßbar wurden.So ist es denn auch kein Zufall, daß „Jeune fille à la cruche“ zwarin einer langen Tradition von Bildwerken steht, mit dieser aberunkonventionell und souverän umzugehen vermag. Sie beginnt mitden griechischen Karyatiden und verläuft über den „Schönen Stil“bis in die Malerei des Klassizismus zu Ingres. „Ein Kunstwerk wieein Kunstwerk anzuschauen, müßte bedeuten, es mit dem Herzenanzuschauen, weil nur im Herzen das Innere und das Äußere einssind.“ (Stephen Uhly, a.a.O.) Zu sehen ist eine junge Frau, die ihrenKrug auf der Schulter deponiert hat und vor uns steht, wie in derbiblischen Geschichte beschrieben: „Und ehe er ausgeredet hatte,siehe, da kam heraus Rebecca, Bethuels Tochter [...] und trug einenKrug auf ihrer Achsel.“ (1. Mose 24, 15) Mit zielsicherer Klarheiterkennt Zadkine in dem von ihm verwendeten Holz die Form undholt sie hervor. Er modelliert mit sanften Glättungen und stilisierendenVereinfachungen die Figur wie ein Kultbild. Neben Plastiken der„Daphne“ oder der Obstgöttin „Pomona“, die ebenfalls figurativeund vegetabile Elemente vereinen, hat Zadkine sich 1927 nocheinmal mit einer Wasserträgerin beschäftigt („Rebecca“, 1927,Kröller-Müller Museum, Otterlo). (EO)€ 400.000 – 600.000$ 544,000 – 816,000Weitere Abbildungen unterwww.villa-grisebach.deOssip Zadkines Atelier in Paris, 1925<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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19 Gabriele MünterBerlin 1877 – 1962 Murnau„Från Djurgårdsbron“(Bei der Tiergartenbrücke). 1915Öl über Bleistift auf Pappe. 29,5 x 35 cm(11 ⅝ x 13 ¾ in.). Unten rechts signiert unddatiert: Münter. 15. Rückseitig mit Pinsel inSchwarz signiert, datiert und betitelt: G. Münter.1915. från Djurgårdsbron. Ebenda mit demschwarzen Stempel: GABRIELE MÜNTERNACHLASS, dem Aufkleber mit der gedrucktenNachlaßnummer sowie der handschriftlichenNachlaßnummer in weißer Kreide: L 380.[3397] Gerahmt.Provenienz: Gabriele Münter- und JohannesEichner-Stiftung, München / PrivatsammlungBerlinAusstellung: Gabriele Münter 1877-1962.Retrospektive. München, Städtische Galerieim Lenbachhaus, und Frankfurt a.M., KunsthalleSchirn, 1992/93, Kat.-Nr. 140, mit Farbabb.(„Djurgårdsbron, Stockholm [Bei derTiergartenbrücke]“)€ 80.000 – 120.000$ 108,800 – 163,000Gabriele Münter wollte 1915 im neutralen Schweden eigentlichnur mit Wassily Kandinksy zusammentreffen, der Deutschlandnach Ausbruch des Ersten Weltkrieges verlassen mußte. Dochaus dieser Kurzreise wurden vier Jahre. Sie mietete sich in einerPension im Zentrum Stockholms ein und erkundete vollerNeugier die neue Umgebung: „Ich war erstaunt und begeistertdarüber, daß ich hier im hohen Norden, von dem ich nur sehrgeringe Kenntnisse hatte, eine so wunderbar gelegene und schöneStadt fand.“ (Zit. nach: Gabriele Münter 1877–1962. Retrospektive,Ausst.-Kat. Lenbachhaus München, 1992, S. 70)Wohl direkt vor der Natur gemalt, spürt man den Enthusiasmus,mit dem Münter in unserem Bild die abendliche Stimmung amFlanierboulevard Strandvägen mit seinem von Booten gesäumtenUfer festhielt. In den Bildern, die vor der Schwedenreise entstanden,kündigt sich schon eine größere stilistische Breite an.Die fest abgegrenzten Farbflächen aus der Periode des „BlauenReiter“ stehen nun neben locker Gefügtem. Sind die Wolkenpartienauf unserem Werk noch farblich vereinheitlicht, kann mandie Wiedergabe der Straße im Vordergrund fast impressionistischnennen. Das schönste Beispiel für Münters spontanes Arbeitenaber ist ihr freier Umgang mit der Perspektive. Die Malpappevor sich, kommen Menschen in ihr Blickfeld: drei Spaziergängerwerden ins Zentrum plaziert. Doch dann ist da noch der Matrosemit seiner schönen blauen Uniform. Er findet seinen Platz amrechten Bildrand. Die „falschen“ Größenverhältnisse interessierendie Künstlerin hierbei gar nicht. Genausowenig geht es ihr umdie topographisch korrekte Wiedergabe der Stadt, vieles wird nurangedeutet. Alle sinnlichen Eindrücke werden in eine ungestümeund stimmungsvolle Malerei umgewandelt, deren skizzenhaftenAusschnittcharakter Münter durch die rahmende Umrißliniefestigt und nobilitiert. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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20 R Gabriele MünterBerlin 1877 – 1962 MurnauInterieur mit Weihnachtsbaum.Um 1912/14Öl auf Leinwand. Doubliert. 88 x 72,3 cm(34 ⅝ x 28 ½ in.). Rückseitig mit demStempel: GABRIELE MÜNTER NACHLASS.Das Gemälde wird aufgenommen in das Werkverzeichnisder Gemälde von Gabriele Müntervon der Gabriele Münter- und JohannesEichner-Stiftung, München (in Vorbereitung). –[3514] Gerahmt.Provenienz: Gabriele Münter- und JohannesEichner-Stiftung, München / Selected ArtistsGalleries Inc., New York / Alice Lawrence, USA /Privatsammlung, Schweiz€ 350.000 – 450.000$ 476,000 – 612,000Münters Haus in Murnau und die Münchener Wohnung, in der sieab 1909 gemeinsam mit Kandinsky lebte, bildeten den vertrautenRahmen für eine große Anzahl von Stilleben und Interieurs derbeiden Künstler. Münter schrieb an Kandinsky während dessenRußlandreise 1910: „Soviel gäbe es bei uns zu sehen- [...] u. dannreizen alle Ecken Stilleben – Mit den Blumen ist es hier so schön!Und der Tisch mit den 17 Madonnen!“ (Zit. nach: Gabriele Münter1877–1962. Retrospektive, Ausst.-Kat. Lenbachhaus München,1992, S. 58)Eine geradezu überbordende Fülle beherrscht das Geschehenauf unserem Bild. Es ähnelt in der Darstellung den berühmtenArbeiten „Mann im Sessel (Paul Klee)“, Bayerische StaatsgemäldesammlungenMünchen, und „Im Zimmer (Frau im weißenKleid)“, die etwa zur selben Zeit entstanden. Doch deren gedeckteFarbigkeit weicht hier einem koloristischen Feuerwerk, dasseinesgleichen sucht. Neben der Leuchtkraft der Farben zeugtdas Werk auch von einer Weiterentwicklung des stilistischenVokabulars. Die festen Konturen und wenigen Farbwerte bei derGestaltung des weißen Tischtuchs und der Äpfel weisen auf diefrühen Murnauer Jahre, in denen Münter zu einer eigenen Bildsprachefand. Doch in den anderen Partien zeigt sich ein neuer,locker vibrierender Pinselstrich. In der Komposition überlagernsich die verschiedenen Ebenen kunstvoll. Der Weihnachtsbaummit seinen Ästen voller Watteschnee, farbigen Kerzen und Lamettaist trotz seiner zentralen Stellung im Bild nur eines von vielen,sorgfältig beobachteten Objekten des Raumes. Zusammen erzeugensie eine festlich freudige Stimmung. Fast scheint es,als habe Münter der in dieser Zeit spannungsreichen Beziehungzu Kandinsky ein Bild der Harmonie entgegensetzen wollen.Wer mag die Dame im roten Mantelkleid sein? Ist es die Künstlerinselbst, die wir in einem Spiegel erblicken, während sie dasweihnachtlich geschmückte Zimmer malt? Oder ist es eine Besucherin,die man durch eine Türöffnung in einem anderen Zimmerstehend erblickt? Genau ist es nicht zu sagen. Was wir sehen,ist eine behagliche, bürgerliche Welt – mit den Mitteln modernerMalerei frisch und neu gedeutet. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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21 Marianne von WerefkinTula 1860 – 1938 Ascona„A l’Aube“. 1914/17Öl auf Papier, auf Pappe aufgezogen. 48 x 43 cm(18 ⅞ x 16 ⅞ in.). Unten links monogrammiert:M. W. Rückseitig mittig auf einem Adressaufklebermit Feder in Schwarz signiert, betiteltund bezeichnet: Marianne v. Werefkin à l’aubePreis 600 frs.[3552] Gerahmt.Provenienz: Adèle Delarageaz, Saint-Prex /Paul Rubattel, Saint-Prex / Privatsammlung,Schweiz / Privatsammlung, SachsenAusstellung: Marianne von Werefkin. Œuvrespeintes 1907-1936. Gingins (Schweiz),Fondation Neumann, 1996, S. 54, Kat.-Nr. 31,mit ganzs. Farbabb. / Alpenglühen.Die Berglandschaft als Sehnsuchtsort.Murnau, Schloßmuseum, 2013, S. 119, mitganzs. Farbbildung€ 80.000 – 120.000$ 108,800 – 163,000Das Gemälde zeigt den morgendlichen Blicküber den Genfer See auf die Savoyer Berge.Es stammt ursprünglich aus dem Besitz vonAdèle Delarageaz, Saint-Prex, auf deren GutMarianne von Werefkin, Alexej von Jawlenskyund sein Sohn Andreas nach ihrer Flucht ausMünchen nach Ausbruch des Krieges 1914Unterschlupf fanden. Sie blieben dort einigeJahre und bezahlten ihre Miete teilweise inBildern.Als am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, mußteMarianne von Werefkin Deutschland binnen 24 Stundenverlassen. Bis dahin war die aus Rußland stammende Malerineine der prägendsten und einflußreichsten Künstlerinnendes deutschen Expressionismus gewesen. 1897 hatte sie inMünchen den „rosafarbenen Salon“ gegründet, aus dem späterdie Neue Künstlervereinigung München und daraus wiederum,im Jahr 1912, der Blaue Reiter hervorging. Werefkin und Alexejvon Jawlensky flohen in die Schweiz und ließen sich zunächst inSaint-Prex am Genfer See nieder. Dort entstand bald darauf dasGemälde „A l’Aube“.Es zeigt die Malerin ungeachtet der schwierigen Lebensumständeauf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Das Kolorit ist kräftigund in diesem Fall, dem Thema des Bildes entsprechend, fastrealistisch der aufziehenden Morgenröte nachempfunden:Während das Gebirge und Teile des Sees noch das tiefe Blau derNacht tragen, bricht von Osten her die Morgensonne durch undtaucht die Wasseroberfläche, den gegenüberliegenden Hang unddie kleine Mole auf der rechten Bildhälfte in leuchtendes Rot undViolett. Dort treffen sich zwei Frauen zu einem in Anbetrachtder frühen Stunde etwas rätselhaften Stelldichein – womöglichhandelt es sich dabei um ihre Bedienstete Helene Nesnakomoffund die Malerin selbst. Sie verband seit über einem Jahrzehnteine Dreiecksbeziehung zu Jawlensky, dem Helene 1902 denSohn Andreas geboren hatte.Künstlerisch schöpft Werefkin hier aus dem Vollen: dieharmonische Mischung aus ruhigen, geschlossenen Formen –die Umrisse der Berge, die scharfe Krümmung der Mole –und den unruhigen, aus vielen kurzen, schmalen Pinselstrichenbestehenden Flächen weist auf ihren reifen Stil, den sie bis zuihrem Tod 1938 beibehalten sollte. (UC)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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22 Emil NoldeNolde 1867 – 1956 SeebüllBlumen mit Ägyptischer Statuette.Aquarell auf Japan.46 x 33,5 cm (18 ⅛ x 13 ¼ in.).Unten rechts signiert: Nolde.Kleine Randmängel. [3518] Gerahmt.Provenienz: Galerie Günther Franke, München /Privatsammlung, Süddeutschland (in den 1940erJahren von der Galerie Günther Franke erworben)€ 80.000 – 120.000$ 108,800 – 163,000Emil Noldes Blumenbilder entstanden überwiegend im Atelier,auch die größeren Gemälde, die von der üppigen Blütenprachtseiner Gärten zwar inspiriert waren, aber erst in der stillenZurückgezogenheit des Ateliers zur Vollendung gelangten. Dadas Wohnhaus der Noldes immer mit reichlich Blumenschmuckversehen war, bot sich dem Maler hier ein ständiger Quell der Inspiration,und so entstanden mit den Jahren zahlreiche Stillebenmit Blumen aus dem heimischen Garten, scheinbar zufällig, aberdoch vom Künstler durchaus mit Bedacht in Vasen und Töpfenarrangiert. Gerne stellte der Maler ein Stück aus seiner privatenSammlung von Kunstgegenständen fremder Länder und Kulturenergänzend hinzu. Diese sollten dem organisch Gewachseneneine gewisse Festigkeit und Stabilität entgegensetzen sowie denBildern eine weitere, tiefere Bedeutungsebene geben. Noldeerinnert sich: „Ich malte […] besonders gern die Stilleben nachden Figuren und Masken meiner geliebten kleinen Sammlung, siegruppierend und ordnend, oft mit einigen Blumen dabei, in freierkünstlerischer Art.“ (Emil Nolde: Reisen, Ächtung, Befreiung.Köln 1988, S. 16)Noldes Aquarell wird dominiert von dem intensiven Rot der Amaryllisblütenim oberen Bilddrittel und dem kräftigen Gelb-Orangeder Blüten darunter. Das Grün der Blumenstengel trennt beideFarbzonen deutlich voneinander und bietet zudem einen willkommenenKontrast. Vor dem Amaryllis-Topf erscheint unvermittelteine kleine ägyptische Statuette in dezenterer Farbgebung.Nolde wird sie auf der Rückreise von der Südsee 1914 gemeinsammit vielen anderen Figurinen erworben haben. Sie dient hiersowohl als exotischer Blickfang wie auch als Ruhepol zwischenall den Farbereignissen um sie herum, stellt jedoch auch für denKünstler selbst eine eigene maltechnische Herausforderung dar.Das Ergebnis ist ein farbenfrohes Aquarell, das Harmonie undSpannung, Natur und Exotik miteinander verbindet. (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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23 Emil NoldeNolde 1867 – 1956 Seebüll„Figur und Blumenstilleben“. 1916Öl auf Leinwand. 73 x 61 cm (28 ¾ x 24 in.).Unten rechts signiert: Emil Nolde.Auf dem Keilrahmen oben mit Pinsel inSchwarz signiert und betitelt: Emil Nolde„Figur u. Blumenstilleben“.Urban 756. –[3559] Gerahmt.Provenienz: Ludwig Fischer, Frankfurt a.M.(1918) / Frankfurter Kunstkabinett HannaBekker vom Rath, Frankfurt a.M. (1956) /Max M. Stern, New York (1957) / Edgar Stern,New York / Serge Sabarsky, New York /Antonio Gebauer, New York (1980) /Kunsthandlung Knut Osper, Köln (1988) /Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenAusstellung: Emil Nolde. Frankfurt a.M., KunstsalonLudwig Schames, 1918, (Faltblatt-) Nr. 19Literatur und Abbildung: Angebots-Katalog 2:Gemälde, Aquarelle, Handzeichnungen, Graphik,Plastik des 20. Jahrhunderts. Frankfurt a.M.,Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vomRath, 1956/57, Kat.-Nr. 161, mit Abbildung€ 300.000 – 400.000$ 408,000 – 544,000Es ist bis heute wenig bekannt, daß Nolde im Laufe seines langenLebens eine umfangreiche Sammlung von Kunstgegenständenaus aller Welt zusammengetragen hat, die insgesamt rund400 Objekte umfaßte. Das Spektrum reicht von chinesischemPorzellan und altägyptischen Kultfiguren über afrikanische Holzfetischeund japanische Theatermasken bis hin zu Totemfigurenaus Ozeanien und deutschen Barockmadonnen. Ein Großteilder Sammlung wurde während Noldes einjähriger Reise in dieSüdsee in den Jahren 1913/14 mit den Stationen Russland,Korea, China, Japan, Java und Ägypten zusammengetragen. Derkunstwissenschaftliche oder materielle Wert all dieser Objektewar nebensächlich. Sie mußten den Maler unmittelbar ansprechenund innerlich berühren, da sie sowohl das Heim im hohenNorden als auch die Berliner Atelierwohnungen bereichern undverschönern sollten. 1914 tauchen Arbeiten aus Noldes Sammlungerstmals in seinen Stilleben auf. Sie werden in der Folgezeitimmer häufiger genutzt, um der Gefahr motivischer Gleichförmigkeitzu begegnen. Er war, wie Nolde einem Freund einmalschrieb, in jedem dieser Bilder bestrebt, „anderes zu malen alsdie üblichen Äpfel auf dem weißen Tuch“.Das Gemälde „Figur und Blumenstilleben“ zeigt auf einem Tischneben dem zentral in einer Glasvase plazierten Blumenstraußeine mittelalterliche Holzfigur aus Noldes Sammlung. Sie istheute in der Nolde Stiftung nicht mehr erhalten, so daß mandavon ausgehen muß, daß sie gemeinsam mit vielen anderen<strong>Werke</strong>n im Februar 1944 in Noldes Berliner Atelier in der Bayernallee10 durch einen Bombentreffer vernichtet wurde. Blumenund Figur sind von einer nahezu identischen rotbräunlichenFarbgebung und jeweils mit gelben Glanzlichtern versehen.Natürlich gewachsene Pflanzen und die von Menschenhand ausHolz geschnitzte Figur verschmelzen so zu einer kompositorischenEinheit. Kühle Farben dominieren hingegen das Umfelddieser Hauptgruppe: Auf dem grünen Tisch steht eine tiefblaueSchale, der Hintergrund ist in wolkigen Grün-Blau-Tönen gehalten,die sich nach links aufhellen. Eine kleine weiße Vase mitrotvioletten Blumen im linken Hintergrund verstärkt den Eindruckvon Räumlichkeit. Das Gemälde wirkt insgesamt wie eine bildlicheUmsetzung der These Noldes: „Eine Farbe bestimmt durchihre Nähe das Ausstrahlen der Nachbarfarbe, genau so wie inder Musik der Ton im Akkord von seinem Nachbarton seineKlangwirkung erhält.“ (Emil Nolde: Jahre der Kämpfe. Köln 1985(5. Auflage), S. 167) (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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24 Otto DixGera-Untermhaus 1891 – 1969 Singen„Landschaft“. 1917Gouache auf braunem Papier.39,8 x 38,7 cm (15 ⅝ x 15 ¼ in.).Unten rechts datiert und signiert: 17 DIX.Pfäffle G 1917/31. –Kleine Retuschen. [3088] Gerahmt.Provenienz: Ehemals Privatsammlung, Berlin(bis 2000 als Leihgabe im HessischenLandesmuseum, Darmstadt)Ausstellung: Geisterbahn und Glanzrevue.Otto Dix. Aquarelle und Gouachen. Hamburg,Bucerius Kunst Forum, 2007, ganzs. Farbabb. 18Literatur und Abbildung: Florian Illies: Kann manein Schlachtfeld malen? In: <strong>Grisebach</strong>. DasJournal, Ausgabe 3, Herbst 2013, S. 30-33,ganzs. Farbabb. S. 33€ 110.000 – 130.000$ 150,000 – 177,000Es liegt eine Leihanfrage vor für die Ausstellung„Dix/Beckmann: Mythos Welt“, die vom22.11.2013 – 23.3.2014 in der KunsthalleMannheim stattfindet und anschließend vom11.4. – 10.8.2014 in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München zu sehen sein wird.Viele deutsche Künstler sind in den Ersten Weltkrieg gezogen,zwei der größten, Franz Marc und August Macke, hat er früh dasLeben gekostet. Otto Dix hingegen hat dem Krieg vier lange Jahrein die Augen geschaut – er war danach ein anderer und seineKunst auch. Aber es existieren zahlreiche Zeichnungen, Aquarelleund Bilder, die Dix an der Westfront in Frankreich gemalt hat,Protokolle einer Katastrophe, Versuche zu bannen, was mannoch nicht begreifen kann.Aus seinen Bildern der zerfetzten französischen Kraterlandschaftenscheint man die Erde schreien zu hören. Und doch gibt eseine Gouache aus dieser Serie, die aus dem Rahmen fällt, die„Landschaft“, die wir auf der rechten Seite abbilden. Zwei, dreileuchtendblaue Seen sieht man, in denen sich weiße Wolkenspiegeln, ansonsten Herbstbäume in einer kühnen expressionistisch-kubistischenLandschaft. Erst durch die Datierung unddurch unser Wissen, wo Dix in jenem Jahre 1917 war, eben ander Westfront, beginnt die Landschaft in eine unruhige Bewegungzu geraten. Man begreift, daß es keine Seen sind, sondernRegenwasser in Bombenkratern. Und man spürt, daß die schwarzenLinien, die sich über das Land ziehen, wirken, als seien esWunden, in die Haut geritzt. Oder wie Dix in einer Feldpostkarteschreibt: „Tief wühlt der Stahl sich in der Erde Eingeweide.“Die Sonne scheint tatsächlich an diesem Morgen, das Blauleuchtet auf, auch das Rot der Herbstbäume – und es scheint, alskönne Dix den ewigen Kreislauf der Natur, die Unbarmherzigkeit,mit der die Sonne nicht nur Idyllen, sondern auch Schlachtfelderbescheint, nur ertragen dadurch, daß er zu malen versucht. Ihmgelingt dabei etwas sehr Seltenes: die französische Landschaftbleibt einerseits erkennbar, mit Bäumen, Bergen, Wasser – undzugleich schreibt er ihr ihre Geschichte ein. Sie war einmalLandschaft und wird nun auf immer vor allem Schlachtfeldbleiben.Die großen retrospektiven Kriegsgemälde von Otto Dix undseine Druckgraphiken aus den späten Zwanzigern, frühenDreißigern sind eindringliche Anti-Kriegsbilder. Seine Aquarelleund Gouachen von 1916/17 hingegen beziehen ihre ungeheureKraft aus ihrer Ambivalenz gegenüber dem „Naturereignis Krieg“(Dix). (FI)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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25 R Gerhard MarcksBerlin 1889 – 1981 Burgbrohl/Eifel„Weltangst“. 1919Kastanienholz. Höhe (ohne Sockel): 70 cm(27 ½ in.). Auf der Standfläche mit Bleistiftsigniert und bezeichnet: Marcks Weimar.Rudloff 69. –[3002]Provenienz: Lyonel Feininger, Weimar, Dessau,Berlin und New York / Julia Feininger, New York /T. Lux Feininger, New York / Familie Feininger,USAAusstellung: Freie Secession. Berlin,Ausstellungshaus am Kurfürstendamm, 1920,Kat.-Nr. 253Literatur und Abbildung: Paul Westheim:Gegenstandslose Kunst. In: Das Kunstblatt,1921, Jg. V, Heft 4, S. 120 mit Abbildung /Ausst.-Kat. Gerhard Marcks 1889-1981.Retrospektive. Köln, Museum Ludwig in derJosef-Haubrich-Kunsthalle; Berlin, StaatlicheMuseen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie;Bremen, Gerhard-Marcks-Haus,1989/90, S. 32, Abb. S. 34 (nicht ausgestellt) /Ulrich Luckhardt: Geschnitzt aus der Kastanie,die vor dem Bauhaus stand. In: <strong>Grisebach</strong>.Das Journal, Ausgabe 3, Herbst 2013, S. 6-11,Abb. S. 6€ 80.000 – 120.000$ 108,800 – 163,0001951macht Marcks einen Bronzeguß seiner „Melusine“ Feiningerzum Geschenk. Am 9. Januar 1952 berichtet Feininger nach Köln,wo Marcks lebt: „Zu Weihnachten haben wir die ‚neue Melusine‘,wie Du sie nennst, auf die festlich mit Tannenlaub geschmückte‚Ofenbank‘ […] gestellt und wo sie sich sehr gut machte. […]Auf derselben ‚Ofenbank‘, am anderen Ende, steht von Mariniein Reiter, und über dem Bücherbrett neben einem ganz frühenPicasso steht Dein Gespenstermann aus dem Grabe aufsteigendaus Kastanienholz des frischgefällten kleinen Baumes, der beiunserem Einzug in das Bauhaus noch auf dem Platz hinter demWerkstattgebäude stand.“Der „Gespenstermann“, der aus dem Grab aufsteigt, ist die„Weltangst“. Jahrzehntelang begleitet sie Lyonel Feininger –vermutlich bereits in Weimar, dann in Dessau und Berlin,bis sie ihren Platz in der kleinen New Yorker Wohnung findet.Es ist der „innere Ausdruck“, der dieses expressive früheHauptwerk Marcks’ so einzigartig macht, in der Zerrissenheitdes Fratzenhaften, aber auch im schmerzhaft Verzerrten, undim „Aufsteigenden“ zu etwas Neuem. Nach den Schrecken desErsten Weltkrieges schafft Gerhard Marcks hier ein Werk, in demsich Depression und Aufbruch gleichermaßen widerspiegeln.Die „Weltangst“ befand sich jahrzehntelang bei T. Lux Feininger(1910–2011), dem jüngsten Sohn von Lyonel und Julia. Spätestensseit dem Tod seiner Mutter im Jahr 1970 kam die „Weltangst“in seine Obhut und begleitete sein eigenes Werk, indemsie in T. Lux Feiningers Atelier auf dem Boden zwischen Türund dem Bücherregal stand, in dem die Publikationen undAusstellungskataloge zu Lyonel Feininger verwahrt wurden.Dr. Ulrich Luckhardt, Hamburg/IngelheimEin Zusammentreffen von Lyonel Feininger und GerhardMarcks ist für den Vormittag des 5. Oktober 1919gesichert, an dem sich der Meisterrat des Bauhausesin Weimar unter Leitung von Walter Gropius trifft.Schnell hat sich eine Freundschaft zwischen demeher introvertierten Maler mit dem deutlich jüngerenBildhauer und Keramiker entwickelt. Im Jahre 1920tauschen die beiden Kunstwerke. Feininger überläßtMarcks sein kleines Gemälde „Angler mit Spreekahn“,das in diesem Jahr entsteht, und Marcks gibt imGegenzug seine 1919 aus Holz geschnittene, fasteinen Meter hohe Figur „Weltangst“ an Feininger.Lyonel Feininger (links) und Gerhard Marcks, 1950<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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26 R Lyonel Feininger1871 – New York – 1956Der junge Mann aus dem Dorfe(Mühle mit rotem Mann). Um 1916/17Öl auf Leinwand. 48,5 x 40,5 cm (19 ⅛ x 16 in.).Nicht bei Feininger. –Auf der rückseitigen Abdeckung jeweils einEtikett der Acquavella Galleries und des WhitneyMuseums of American Art, beide New York, zuden Ausstellungen 1985/86 und 2010/11 (s.u.).Rahmen: Leihgabe Olaf Lemke,Antike Rahmen, Berlin. [3001]Provenienz: Vom Künstler zur vorläufigenAufbewahrung übergeben an Dr. Hermann Klumpp,Quedlinburg (um 1934) / Julia Feininger, NewYork (1956) / Nachlaß Julia Feininger (1970) /aufbewahrt in den Staatlichen Museen zu Berlin,Nationalgalerie, Berlin-Ost (1974-1984) /restituiert an den Nachlaß von Julia Feininger(1984) / T. Lux Feininger (Nachlaß)Ausstellung: Exhibition Lyonel Feininger. NewYork, Acquavella Galleries, und Washington D.C.,The Phillips Collection, 1985/86, Kat.-Nr. 43,mit ganzs. Farbabb. (Mill with Red Man) / LyonelFeininger: At the Edge of the World. New York,Whitney Museum of American Art, und Montreal,Museum of Fine Arts, 2010/11, Kat.-Nr. 87 mitFarbabbildung (Mill with Red Man)Literatur und Abbildung: du – Die Zeitschrift fürKunst und Kultur. Zürich, Nr. 5, 1986, S. 66,Abb. S. 50 / Ulrich Luckhardt: Geschnitztaus der Kastanie, die vor dem Bauhaus stand.In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal, Ausgabe 3, Herbst2013, S. 6-11, ganzs. Farbabb. S. 11Lyonel Feininger hat das Gemälde „Der junge Mann ausdem Dorfe“ im Jahre 1916 oder 1917 gemalt. Als dieFeiningers 1937 nach New York übersiedeln, bleibt es in derObhut von Dr. Hermann Klumpp in Quedlinburg, der es mitweiteren 50 Gemälden vor den Wirren des Krieges verwahrt.Zumeist frühe Gemälde hat Feininger in Deutschland zurückgelassen.Zunächst, um sie später nach Amerika zu holen,wozu es nicht mehr kam. Diese frühen figürlichen Gemäldescheinen ihm auch 1937, als er künstlerisch gerade andereVisionen verfolgt, nicht so wichtig gewesen zu sein, ebensoeinige spätere Kompositionen, die er unsigniert beläßt.Wie bei dem 1916 entstandenen Gemälde „Straßenkehrer“,der größten Leinwand, die er je bemalt hat, nimmt Feininger bei„Der junge Mann aus dem Dorfe“ ein am 29. September 1916entstandenes Aquarell als Vorlage (Abb. siehe unten) und führtes nun in Öl auf Leinwand aus. Im Schaffen von Feininger ist dasein vollkommen übliches Verfahren. Der Vergleich von Aquarellund Gemälde zeigt, wie weit Feininger bei der Weiterbearbeitungdieses Motivs gelangt. Das, was im Gemälde skizzenhafterscheint, ist so in der aquarellierten Fassung bis in Detailsangelegt. Was Feininger letztlich bewogen hat, diese Leinwandnicht durch seine Signatur zu beenden, wissen wir nicht.Das Gemälde stammt aus dem Nachlaß von T. Lux Feininger(1910-2011), dem jüngsten Sohn von Lyonel und Julia. Es hingseit Mitte der 1980er Jahre an einem prominenten Platz imDining Room ihres Hauses. Lux Feininger war stolz, es um sichzu haben.Dr. Ulrich Luckhardt, Hamburg/Ingelheim€ 500.000 – 700.000$ 680,000 – 952,000Lyonel Feininger„Der junge Mann aus dem Dorfe“. 1916,Aquarell, 31,4 x 24,1 cm<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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27 Emil NoldeNolde 1867 – 1956 Seebüll„Bildnis eines dunkelhaarigenMannes im Halbprofil“. Um 1920/25Aquarell und Tuschpinsel auf Japanbütten.35 x 44,3 cm (13 ¾ x 17 ½ in.). Unten rechtsmit Feder in Schwarz signiert: Nolde.Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. ManfredReuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,vom 12. September 2013. –[3093]Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland€ 50.000 – 70.000$ 68,000 – 95,200Der als „Blumenmaler“ schon früh verehrte Emil Nolde schätztediese Einordnung selbst überhaupt nicht. Zeitweise stellte er dasMalen von Blumen- und Gartenbildern sogar ganz ein, um derReduzierung auf das ihm allzu populär erscheinende Blumenmotiventgegenzuwirken. Stattdessen postulierte er: „Die Menschensind meine Bilder. Lachet, jubelt, weinet, oder seid glücklich, Ihrseid meine Bilder, und der Klang Eurer Stimme, das Wesen EurerCharaktere in aller Verschiedenheit, Ihr seid dem Maler Farben.“(Emil Nolde: Jahre der Kämpfe. Köln 1985 (5. Auflage), S. 144)Nachdem er in seinen Anfängen das äußere Erscheinungsbildverschiedener Honoratioren aus dem Schweizer Appenzell mitsicherem Bleistiftstrich erforscht hatte, malte Nolde ab 1907Frauenköpfe in überraschend frei gewählten Aquarellfarben,entsprechend den Empfindungen, welche die Dargestelltenjeweils in ihm auslösten. Die Erkennbarkeit der von ihm portraitiertenPersonen verlor zunehmend an Bedeutung, ja sie wurdebisweilen gar als störend und ablenkend empfunden. Noldeerläutert: „Es ist dies die Ecke, an welcher so manche Kunstbetrachtungscheitert. Mechanische Aufnahmen stehen in garkeiner Berührung mit künstlerischer Gestaltung.“ (ebenda, S. 146)In der Folgezeit entstanden zumeist Bildnisse gänzlich erfundeneroder anonymer Personen, wobei dem Fluß der Aquarellfarbengrößtmögliche Freiheit gelassen werden sollte. Nur seltenerlauben Noldes Portraitköpfe Rückschlüsse auf die innereBefindlichkeit der dargestellten Person: Der nach unten gerichteteBlick des Mannes, die tiefschwarzen Augenhöhlen mit denheruntergeschlagenen Lidern und sein verschlossener Munddeuten auf eine introvertierte, nachdenkliche und melancholischgestimmte Persönlichkeit, deren Ernst die ungewöhnlich zurückhaltendeFarbigkeit des Blattes noch betont. Allein das kräftigeOrange des Gesichts und der rote Hemdkragen setzen Akzentevor dem ansonsten kühlen, diffusen Hintergrund. Es ist davonauszugehen, daß der hier Dargestellte Nolde näher bekannt war,eventuell sogar zu seinem engeren Freundeskreis zählte. (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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28 Käthe KollwitzKönigsberg 1867 – 1945 Moritzburg„GroSSe Liebesgruppe II“. 1913Bronze mit brauner Patina.Höhe: 73 cm (28 ¾ in.).Rückseitig unten rechts signiert: KOLLWITZ.Unterhalb davon der Gießerstempel:H.NOACK BERLIN.Timm 14. –Einer der 10 von der ErbengemeinschaftKollwitz editierten, posthumen Güsse. [3341]Provenienz: Privatsammlung, Berlin€ 40.000 – 60.000$ 54,400 – 81,600Wir danken Annette Seeler, Berlin, die dasWerkverzeichnis der Plastik von Käthe Kollwitzfür das Käthe Kollwitz Museum in Köln erarbeitet,für freundliche Hinweise.„Nur Musik und Poesie [kann] Letztes ausdrücken. Dann docheiniges noch aus der Malerei dazugenommen: Florenz, die frühitalienischePlastik, die Frühgriechen (einiges) von Michelangelo.Aber die Neuzeit? Entsetzlich dürr alles. Wo ist da bloß dasGeheimnis? Meine eigene Arbeit: Es ist als ob ich vor der Türmeiner selbst stehe. Wenn es da nicht noch etwas eigentlichdahinter gibt, dann lohnt das alles nicht. Auch bei mir ist keinGeheimnis. Und Rodin? Ja wundervoll. Das Gebet. Aber ist ernicht auch zu deutlich? Was ich jetzt dunkel fühle ist die Symbolikder Kunst. Mit was für Sachen habe ich mich früher bloß zufriedengegeben.“ (Käthe Kollwitz: Die Tagebücher, Berlin 1989, S. 341–342)Käthe Kollwitz wollte zunächst Malerin werden, fand dann aberin Graphik und Zeichnung ihre eigentliche Ausdrucksform. DerUmgang mit plastischen Formen und dem umgebenden Raumwaren für die an einer linear-graphischen Sehweise orientierteKünstlerin anfangs Neuland. Mit Auguste Rodin als Vorbild,doch anfangs noch von vielen Selbstzweifeln geplagt, wagtesich Käthe Kollwitz an ihre erste plastische Aussage, die„Große Liebesgruppe“. Eine frühe, verlorene Fassung von1911 zeigte noch den Einfluß von Rodin, den Käthe Kollwitz währendihres Pariser Studienaufenthalts 1904 in seinemAtelier aufgesucht hatte.Die Version von 1913 ist eigenständig und wurde in der BerlinerFreien Secession ausgestellt. In rührender Zartheit wächst ausdem blockhaften Sockel, der zugleich als Sitzfläche dient, dasinnig umschlungene Paar heraus; die weibliche Gestalt sitzt aufdem Schoß des Mannes, der mit beiden Händen ihren Kopf umfängt,so daß die Körperumrisse zu einer Einheit verschmelzen.Besonders die Gesichtszüge der Liebenden gehen ineinanderüber, ein Motiv, das sich häufig auch im zeichnerischen undgraphischen Œuvre von Käthe Kollwitz feststellen läßt. Diegeglättete Oberfläche der schlank ausgebildeten Figuren unddie kantigen Konturen des Untergrundes stehen in lebhaftemKontrast. Man spürt: Hier hat Käthe Kollwitz eine selbständigeplastische Konzeption gefunden, darin eingeschlossen denWunsch, ‚Geheimnis‘ und ‚Symbolik‘ der Kunst auszudrücken.An ihren in Bonn studierenden Sohn schrieb die Künstlerin am12. Januar 1913 „[...] die kleine Liebesgruppe, habe ich jetzt freigearbeitet, mindestens um das doppelte vergrößert. Nun ist endlichetwas herausgekommen was Ausdruck hat und auch technischbestehn kann wie ich hoffe.“ (Käthe Kollwitz: Briefe an den Sohn1904–1945, Berlin 1992, S. 73) (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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29 Käthe KollwitzKönigsberg 1867 – 1945 Moritzburg„Nachdenkender Mann“. Um 1921/22Tuschpinsel, weiß gehöht, und Kreide auf Papier.53,7 x 74,4 cm (21 ⅛ x 29 ¼ in.).Unten rechts mit Bleistift signiert: Käthe Kollwitz.Rückseitig: „Nachdenkender Mann“.Kreide. Unten mittig mit Bleistift signiert:Käthe Kollwitz.Timm 905/906. –Leichte Randmängel. [3037] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, GroßbritannienLiteratur und Abbildung: Auktion XXXIV. 1. Teil:Alte und neue Kunst. Berlin, Gerd Rosen,16.-20.5.1960, Kat.-Nr. 1153€ 40.000 – 60.000$ 54,400 – 81,600„Mit etwas dumpfem Druckgefühl gehe ich dem Jahr entgegen.Hoffnungen hat man nicht. Illusionen auch nicht. Geht die Verelendungso weiter vor sich“, schrieb Käthe Kollwitz am 1. Januar 1920in ihr Tagebuch, „rutschen wir allmählich alle ins Proletariat.“(Käthe Kollwitz, Aus meinem Leben, München 1957, S. 100)Es scheint, als sei die Zeichnung „Nachdenkender Mann“ alsdirekte Reaktion auf diese Niederschrift entstanden. Seit jeherist es das Vermögen von großer Kunst, in einem einzigen Bild zuformulieren, wozu es ausführlicher Erklärungen in langen Textenbedurfte. Käthe Kollwitz war eine Meisterin darin, mit wenigenStrichen, fragmentarischen Andeutungen und spärlichen Akzentuierungenbeim Betrachter die Ahnung von psychologisch komplexenSituationen heraufzubeschwören.Als die Künstlerin dieses Doppelarrangement aus zwei männlichenKöpfen zu Papier brachte, war sie bereits über fünfzig Jahre alt –und ihre künstlerischen Mittel standen ihr in aller Souveränität zuGebote. Die Gesten des Dargestellten sprechen für sich: Man kannihm förmlich dabei zusehen, wie er die Gedanken wägt, die Handvor dem Mund, den Kopf aufgestützt. Als riefe er nicht nur dasVergangene in Erinnerung, sondern imaginierte auch das Kommende,welches gerade in Deutschland bald alle bisherigen Nöte undmenschlichen Abgründe in den Schatten stellen sollte. (UC)(Rückseite)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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30 Franz RadziwillStrohhausen 1895 – 1983 Wilhelmshaven„Stilleben mit Apfelblütenzweig“. 1941Öl auf Leinwand auf Holz. 80 x 84,5 cm(31 ½ x 33 ¼ in.). Oben rechts signiert:Franz Radziwill. Rückseitig mit Pinsel inSchwarz bezeichnet: 291.Darunter der Adreßstempel des Künstlers.Schulze 497. –[3045] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen€ 70.000 – 90.000$ 95,200 – 122,400Auf dem Tisch unseres Gemäldes stehen ein Krug, eine Zuckerdose,ein Teller mit Früchten und ein Glas. Durch das geöffneteFenster blickt man auf eine Baumgruppe, ein Gehöft und bestellteFelder. Die Komposition, die Franz Radziwill für sein „Stillebenmit Apfelblütenzweig“ wählte, erinnert nicht von ungefähr an<strong>Werke</strong> der altniederländischen Malerei. In den späten 1930erund frühen 1940er Jahren wendete sich der Künstler zunehmendder Kunst des 15. Jahrhunderts zu. Besonders an den Details –der Materialität des Trinkglases, den Lichtreflexen auf demtönernen Krug – bemerkt man, wie souverän er seine malerischenMittel beherrschte.Darüber hinaus ist „Stilleben mit Apfelblütenzweig“ auch durchdas, was es nicht zeigt, von Interesse. Als Franz Radziwill dasGemälde schuf, waren die Schrecken des Nazi-Regimes allgegenwärtig,der Zweite Weltkrieg in vollem Gange und der Künstlerdurch seine als „entartet“ verfemten Gemälde des „MagischenRealismus“ belastet. In der Wissenschaft gibt es seit geraumerZeit die Tendenz, Kunst nicht nur stilkritisch nach Urhebern undEpochen einzuteilen, sondern auch als Quelle für Erkenntnisseüber geschichtliche Zusammenhänge zu betrachten. Wenige<strong>Werke</strong> dürften besser dazu geeignet sein als dieses. (UC)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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31 R Otto DixGera-Untermhaus 1891 – 1969 SingenPortrait J.B. Neumann. 1922Bleistift auf festem Papier. 51 x 41,1 cm(20 ⅛ x 16 ⅛ in.). Rückseitig das Fragment einesEtiketts der Galerie Nierendorf, Neue Kunst, Köln.Auf der Rückwand des Passepartouts ein Etikettder Nierendorf Gallery, New York.Nicht bei Lorenz. - Die Zeichnung wird aufgenommenunter der Nummer EDV 9.1.30 in die Werkverzeichnis-Datenbankder Otto Dix Stiftung . –Leicht gebräunt. [3513]Provenienz: Privatsammlung, USA (erworben inder Nierendorf Gallery, New York)€ 30.000 – 40.000$ 40,800 – 54,400Im Werkverzeichnis der Zeichnungen vonOtto Dix sind zwei Portraits von J.B. Neumannaus demselbem Jahr aufgeführt, von denensich eines im Busch Reisinger Museum,Cambridge/Mass., befindet (Lorenz EDV 9.1.4.u. EDV 9.1.5.)Im Herbst 1922 kam Otto Dix von Dresden nach Düsseldorf,wo ihm in der Akademie der Künste ein Atelier zur Verfügungstand. Er schloß sich dem Kreis um die Galeristin Johanna Eyan und trat der Künstlervereinigung „Das Junge Rheinland“ bei.Vermutlich entstand in diesem Umfeld das Portrait des KunsthändlersIsrael Ber Neumann, der Galerien moderner Kunst inBerlin, Bremen, Düsseldorf und München betrieb. 1923 siedelteJ.B. Neumann, wie man ihn zumeist nannte, in die USA über, woer zu einem der bedeutendsten Vermittler für die deutsche Kunstder Moderne wurde. Neumanns „Graphisches Kabinett“ in Berlinwurde von dem Galeristen Karl Nierendorf übernommen.In dieser so präzisen wie einfühlsamen Portraitzeichnungschildert Otto Dix sein Gegenüber. In den weich modelliertenGesichtszügen über dem mit wenigen Strichen nur angedeutetenOberkörper ist es vor allem die ausdrucksvolle Augenpartie mitden kräftigen Brauen und den schweren, hängenden Lidern,die uns in ihren Bann zieht.Der Künstler hat dem Vorgang des Sehens, dem sinnlichen Erfassender Welt durch das Auge, höchste Bedeutung beigemessen.An die Stelle der expressionistischen Verzerrung und Zerschlagungder Form setzt er einen pointierten, manchmal zugespitztenRealismus. Stets respektiert Dix das äußere Erscheinungsbild,in dem sich nach seiner Überzeugung das Innere offenbart, underweist sich dabei nicht nur als unbestechlicher Beobachter undeiner der größten deutschen Portraitkünstler, sondern auch alswahrhafter Menschenfreund. (sch)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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32 Karl Schmidt-RottluffRottluff 1884 – 1976 Berlin„Stilleben und Orangen“. 1928Öl auf Leinwand. 65 x 73,5 cm (25 ⅝ x 28 ⅞ in.).Oben rechts signiert: S. Rottluff.Auf dem Keilrahmen oben in Schwarzsigniert und betitelt: Schmidt-Rottluff„Stilleben und Orangen“. Ebenda oben linksmit der Werknummer bezeichnet: (281).Grohmann S. 297, Abb. S. 269. –Das Gemälde ist registriert im Archiv der Karlund Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin. –Craquelé. [3346] Gerahmt.Provenienz: Galerie Ferdinand Möller, Berlin /Ilse Wolf, Marple/Großbritannien / ThomasAgnew & Sons, London / Privatsammlung,Norddeutschland / Privatsammlung, BerlinAusstellung: Sonderausstellung Karl Schmidt-Rottluff. Neue Gemälde und Aquarelle. Berlin,Galerie Ferdinand Möller, 1928, Kat.-Nr. 7€ 180.000 – 240.000$ 245,000 – 327,000Um die Mitte der 1920er Jahre ändert sich Karl Schmidt-RottluffsMalweise. Die bisher kantigen und gebrochenen Konturenbeginnen in einem ganzheitlichen Bildrhythmus zu schwingen,die expressiv ausgreifenden Farbflächen schließen sich underfahren eine differenzierte plastische Modellierung. In demGemälde „Stilleben und Orangen“ ist dieselbe subtile Annäherungdes Künstlers an das Naturvorbild zu erkennen, die auchseine Landschaften, Bildnisse und Akte dieser Zeit kennzeichnet.Die Farbe verwandelt sich den Gegenstand an, macht die Orangenals Früchte sinnlich begreifbar, ohne jedoch realistisches Abbildsein zu wollen. Vor einem Hintergrund aus abgestuften Rottönen,umspielt von lichten wie schattigen Partien, führen die Dingeein stilles Eigenleben, eingebunden in eine präzise aufgebauteKomposition, die gegenüber dem emotional geprägten Ausdruckder „Brücke“-Jahre auch eine neue Gelassenheit ausstrahlt.1929 schreibt die Kunsthistorikerin Rosa Schapire zu denjüngsten Arbeiten Karl Schmidt-Rottluffs: „In den Bildern derletzten Jahre offenbart sich, ebenso frei vom Naturalismus wievon Kunstdogma, eine größere Naturnähe. Anders als der Jünglingsteht der reife Mann dem Leben gegenüber. Gesteigerte menschlicheund künstlerische Einsicht, verhaltene Ruhe, reife Güte undWeisheit haben die Form gewandelt. Die Bilder sind farbig nochreicher, gestufter, differenzierter als in den Vorjahren. Neben dermachtvollen Kontur ist Farbe das Wesenselement von Schmidt-Rottluffs Ölbildern und Aquarellen, sie schwingt je nach demGebot der Stunde in rauschenden, jubelnden oder schwermütigenAkkorden.“ (Zit. nach: Magdalena M. Moeller: Karl Schmidt-Rottluff.Eine Monographie, Brücke-Museum Berlin 2010, S. 75) (sch)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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33 R Georg Tappert1880 – Berlin – 1957„Groteske I“. 1919Öl auf Leinwand. Doubliert und hinterspannt.126,5 x 96 cm (49 ¾ x 37 ¾ in.).Unten links signiert: -Tappert-.Auf dem Keilrahmen mit blauer Kreidesigniert: Tappert.Wietek 193. –Retuschen. [3241] Gerahmt.Provenienz: Leonard Hutton Galleries, New York /Ehemals Sammlung Peter Hopf, BerlinAusstellung: Kunstausstellung Berlin 1920.Berlin, Landesausstellungsgebäude am LehrterBahnhof, 1920, Abteilung der Novembergruppe,Kat.-Nr. 1483, Abb. Nr. 68 / Berliner Künstler:Fritsch-Luckner-Tappert. Fulda, Stadtschule,1960 / Georg Tappert. New York, LeonardHutton Galleries, 1964 / Georg Tappert -Gemälde. Berlin, Kunstamt Wedding, 1972,ganzseitige Farbabbildung o.S. (datiert: 1918) /15. Europäische Kunstausstellung. Tendenzender zwanziger Jahre. Die Novembergruppe. Teil I:Die Maler. Berlin, Kunstamt Wedding - Walther-Rathenau-Saal und Rathaus Wedding, 1977,Kat.-Nr. 63 (datiert: 1918), ganzseitige Farbabb.S. 140 / Georg Tappert. Ein Berliner Expressionist1880 bis 1957. Berlin, Berlinische Galerie,1980/81, Kat.-Nr. 25, mit ganzs. Farbabb.(o.S.) Georg Tappert. Deutscher Expressionist.Schleswig, Stiftung Schleswig-HolsteinischeLandesmuseen, Schloß Gottorf, und Nürnberg,Germanisches Nationalmuseum, 2005,Kat.-Nr. 50, ganzseitige Farbabbildung S. 94Eine Photographie von 1921 zeigt Georg Tappert inmittenkostümierter junger Leute auf einem Künstlerfest. Mit derFaszination und Dämonie der Masken kannte sich der Künstleraus, und Karneval, Zirkus, Variété und andere groteske Szenenhat er immer wieder gemalt. 1919 ist unsere „Groteske I“entstanden, mitten in den Stürmen der Revolutionszeit, undrevolutionär, alle natürlichen Größenverhältnisse und Sehgewohnheitenverspottend, ist auch die Komposition. Tappertstellt seine hart angeschnittene Begegnung menschlicher undhalbmenschlicher Wesen hinein in eine angedeutete kubistischeLandschaft, aus der Berge, abstrahierte Bäume und eine roteWindmühle bizarr emporragen.1880 in Berlin geboren, hatte Tappert 1905, nach dem Studiuman der Karlsruher Akademie und einer Assistenz bei dem konservativenLebensreformer Paul Schultze-Naumburg, in Berlin eineExistenz als freier Künstler gefunden. 1906 ging er in die KünstlerkolonieWorpswede und eröffnete dort eine Kunstschule. Daspädagogische Motiv wird ihn von nun an ein Leben lang begleiten.Nach seiner Rückkehr nach Berlin im Jahr 1909 wurde Tapperteiner der einflußreichsten und im Knüpfen von Sympathie-Netzeneinfallsreichsten Vertreter der deutschen Moderne. Er hat zusammenmit den „Brücke“-Malern die „Neue Sezession“ gegründet,hat Berlins Verbindung zum „Blauen Reiter“ hergestellt, warMitbegründer der „Novembergruppe“ und hat den KunstunterrichtDeutschlands reformiert. Die NS-Kunstdiktatur beraubte ihn seinesAmtes als Hochschullehrer; im Krieg ging ein Großteil des <strong>Werke</strong>sverloren. Ab 1945 hat sich der Künstler hochverdient gemacht umdie Erneuerung der Kunstausbildung. (CS)€ 150.000 – 200.000$ 204,000 – 272,000<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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34 Alexej von JawlenskyTorschok 1864 – 1941 Wiesbaden„BlumenstrauSS in Vase“. Um 1916Öl auf leichtem, violettfarbenem Karton.34,8 x 24,5 cm (13 ¾ x 9 ⅝ in.).Unten rechts monogrammiert: A.J.Jawlensky 852. –[3364] Gerahmt.Provenienz: Dr. Conrad Doebbeke, Berlin /Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenLiteratur und Abbildung: Auktion 451. Köln,Lempertz, 1958, Nr. 136, Abb. Tf. 15 /Auktionskat. Stuttgarter Kunstkabinett,Auktion 33, 1959, Nr. 364, Abb. Tf. 38€ 100.000 – 150.000$ 136,000 – 204,000Als im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, mußte Alexejvon Jawlensky mit Frau und Kind seine Wahlheimat Münchenverlassen. In St. Prex am Genfer See ließ man sich nieder, ineiner Umgebung, die Jawlensky fremd war, einem Land, in demer sich einsam fühlte. Sein Gemütszustand veränderte sich,und auch in der Kunst suchte er nach neuen Formen, um diemißliche Situation zu bewältigen. „Ich fing an, etwas zu malen,um mit Farben auszudrücken, was mir die Natur soufflierte. Inharter Arbeit und mit größter Spannung fand ich nach und nachdie richtigen Farben und Formen, um auszudrücken, was meingeistiges Ich verlangte.“ (Alexej von Jawlensky: Lebenserinnerungen.Zit. nach: Clemens Weiler: Köpfe, Geschichte, Meditationen.Hanau, 1970, S. 112)Durch unermüdliche Arbeit gelang es Jawlensky relativ schnell,zu einer veränderten Sprache zu finden. In unserem Stillebenwird der Wandel seines malerischen Ausdrucks deutlich: Derpastose Farbauftrag seiner früheren Gemälde, die tiefblauenUmrißlinien und die starken Kontraste treten zurück. Blütenund Blätter werden zu runden oder ovalen Farbfeldern reduziertund locker nebeneinandergesetzt, die wichtigsten Elemente derKomposition mit feinen Bleistiftlinien umrissen. Die verdünntaufgetragenen Farben ergeben eine mystische Transparenz.Als Malgrund verwendete Jawlensky glatten Karton. Durchseine Ebenmäßigkeit und Feinheit verleiht er den ArbeitenGleichmäßigkeit und Harmonie.In den Jahren 1915 und 1916 entstanden weitere Blumenstillebensowie zahlreiche Variationen von Landschaftsbildern.Jawlensky entdeckte immer neue Farbkombinationen undreduzierte die Formensprache zunehmend. Es waren produktiveund schöpferische Jahre, die die Abstraktion seines Spätwerksvorbereiten sollten. (NB)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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(Abbildung in Originalgröße)35 Emil NoldeNolde 1867 – 1956 SeebüllKüstenlandschaft mit Segelbooten.Aquarell und Tuschfeder auf Japan. 17,3 x 14 cm(6 ¾ x 5 ½ in.). Unten rechts signiert: Nolde.[3026] Gerahmt.Provenienz: Sammlung Gertrud Osthaus, Hagen(seitdem in Familienbesitz)€ 40.000 – 60.000 $ 54,400 – 81,600Die Werkreihe der „Ungemalten Bilder“ entstand während NoldesMalverbot durch die Nationalsozialisten. Die meisten dieser kleinformatigenBlätter sind allein aus der Farbe geboren und bestätigenNoldes These, daß Farben in unterschiedlichster Kombination Stimmungenund seelische Reaktionen bei jedem sensiblen Betrachterhervorrufen können. Wenngleich hier Darstellungen des Menschenüberwiegen, so gibt es doch auch zahlreiche Landschafts- und Meerbildervoller Poesie. Unser Blatt gehört zu den „romantischen Landschaften“,auf denen Ritterburgen, brennende Ruinen, Wikingerstädteund verlassene Hafenanlagen dargestellt sind. Die kühlen Bildfarbenlassen an eine skandinavische oder schottische Küstenlandschaftdenken, drei Segelboote beleben die ansonsten verlassen wirkendeSzenerie. Die spärlich mit der Tuschfeder gesetzten Striche lassen vorunseren Augen eine visionäre Landschaft entstehen, wie sie sonst nurin Träumen oder Märchen anzutreffen ist, Ausdruck der Flucht Noldesin die innere Emigration seiner ureigenen Bildwelt. (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


36 Emil NoldeNolde 1867 – 1956 SeebüllAbend über der Marsch.Aquarell und Farbkreide auf Japan.36 x 50,3 cm (14 ⅛ x 19 ¾ in.).Technikbedingte kleine Farbverluste. [3026] Gerahmt.Provenienz: Sammlung Gertrud Osthaus, Hagen(seitdem in Familienbesitz)€ 70.000 – 100.000 $ 95,200 – 136,000Zu Noldes Zeiten war dessen Heimat Nordfriesland eineLandschaft, deren Erscheinungsbild von großen Wasserflächenbestimmt war. Die gängigsten Verkehrsmittelwaren daher Boot oder Kahn, die mit einer Stake bewegtwurden. Zwei solcher Fahrzeuge zeigt unser Aquarell imVordergrund, während in der Ferne ein reetgedeckter roterBauernhof mit Heudiemen erkennbar ist. Der KomplementärkontrastGelb-Violett bestimmt die Farbstimmung desBlattes, sowohl im Himmel als auch auf der Oberflächedes Sees. Grünes Schilfgras und ein schmaler Streifensaftigen Weidelandes vermitteln zwischen diesen beidenBildzonen. Trotz seiner glühenden Farbigkeit vermittelt dasAquarell eine fast schon märchenhafte Stimmung, geprägtvon meditativer Ruhe und zarter Poesie. (AF)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


37 Karl Schmidt-RottluffRottluff 1884 – 1976 BerlinSommerblumen mit Obstschale.Anfang 1930er JahreAquarell und Tuschpinsel auf Velin. 67 x 49,8 cm(26 ⅜ x 19 ⅝ in.). Am rechten Rand unterhalbder Mitte mit Tuschfeder signiert: SRottluff.Das Aquarell ist registriert im Archiv der Karlund Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin. –Leicht gebräunt. [3093]Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland€ 50.000 – 70.000$ 68,000 – 95,200Karl Schmidt-Rottluff hat bereits früh eine ausgefeilte Aquarelltechnikentwickelt, die als Grundlage für sein späteres Schaffendienen sollte. Stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen,hatte er sich im Zusammenschluß mit der Künstlergruppe„Die Brücke“ intensiv mit der Ölmalerei und dem Holzschnittauseinandergesetzt. Das Aquarell trat ab 1909 wieder in denVordergrund seines Schaffens. Auch in diesem Medium gelanges ihm, dem obersten Anliegen der Expressionisten zu entsprechen:durch einen regelrechten Rausch von Form und Farbendas Erleben und Empfinden des Künstlers in das Kunstwerk zuübertragen.Schmidt-Rottluff umrandet in diesem wie auch in anderenAquarellen die dargestellten Formen teilweise mit schwarzen,fast graphisch wirkenden Linien. Sie definieren mehr oder wenigerflüchtig die unterschiedlichen Flächen im Bild und greifen mitZonen reiner Farbigkeit ineinander, so daß die Bildfläche in einenschwingenden Rhythmus versetzt wird. Mit weichem, unregelmäßigemDuktus trägt der Künstler die Farben innerhalb derFlächen auf und unterstreicht so die Lebendigkeit des Motivs.Die aus Rot und Blau sowie Orange und Grün aufgebautenKontraste verleihen dem Bild eine flimmernde Leuchtkraft,die die sommerliche Frische der Blumen und Früchte hervorhebt.Das heitere Gefühl, das die Jahreszeit dem Künstler vermittelt,wird durch die Transparenz und Leichtigkeit der Aquarellfarbein vollkommener Weise wiedergegeben. Das strahlende Koloritsowie die klare Ausgewogenheit der Formen tragen zu einerSynthese äußeren und inneren Erlebens bei. (NB)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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38 R Karl HoferKarlsruhe 1878 – 1955 Berlin„Sonnenblumen (1)“. 1936Öl auf Leinwand. 51 x 81 cm (20 ⅛ x 31 ⅞ in.).Unten rechts monogrammiert (ligiert) und datiert: CH 36.Wohlert 1275. –Kleine Farbverluste. [3446] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, SchweizAusstellung: Karl Hofer. Berlin, Galerie Nierendorf, 1937,Kat.-Nr. 8 / An Exhibition of Paintings, Drawings andPrints by Karl Hofer. Pittsburgh, Galleries E and F,Department of Fine Arts, Carnegie Institute, 1940,Kat.-Nr. 24 / Karl Hofer. Paintings, Drawings, Prints.Springfield, The G.W.V. Smith Art Gallery, 1941, Kat.-Nr.27 („Wilted Sunflowers“) / Paintings by Karl Hofer. NewYork, Nierendorf Gallery, 1943, Kat.-Nr. 4 / Karl Hoferzum 80. Geburtstag. Ölbilder und Graphik. Berlin, MetaNierendorf, 1958/59, Kat.-Nr. 9 / Karl Hofer. Gemälde,Zeichnungen, Graphik. Berlin, Galerie Pels-Leusden, 1968,Nr. 10 (Faltblatt)Literatur und Abbildung: H. Pattenhausen: Karl-Hofer-Ausstellung. Galerie Nierendorf. In: Deutsche AllgemeineZeitung, Berlin, Nr. 22, 14. Januar 1937, S. 2Stillebenmalerei ist Bestandsaufnahme, sie verdeutlichtdie Einstellung des Menschen zu Natur und Wirklichkeit.Paul Cézanne, einer der Gründerväter der Moderne, hatmit analytischem Blick alle Formen der Natur auf stereometrischeKörper zurückgeführt; gleichzeitig konzentrierteer sich im Kolorit auf wenige Farbwerte, um den sachlichenAufbau seiner Kompositionen nicht zu stören. Die Nüchternheitseiner Bilder ist dennoch von intensivem Ausdruckgetragen, ohne daß er den Gegenständen wesenhafte Zügeverleiht.Karl Hofers klare Malerei knüpft hier an. Auch ihn habeneinfache, unscheinbare Dinge zu hinreißenden Bildern wiedie „Sonnenblumen (1)“ angeregt. Seine Malerei widmetsich mit Ernst, Sorgfalt und feiner Beobachtung dem Motiv.In subtilen Abstufungen der Valeurs ereignet sich großeMalerei. Jede Bedeutungsschwere liegt dem Künstler fern,und doch bringt er seinen ganzen Ernst auch in unserStilleben ein, so wie der Nelkenmeister es getan hat,oder Matthias Grünewald, wenn sie ihre Altäre mit Blumenstückenzierten, oder Hans Thoma, der noch der Feldblumeeinen Aspekt des Ewigen abgewonnen hat. Hofers Stillebenfolgen dieser Spur auf beindruckende Weise. (EO)€ 50.000 – 70.000 $ 68,000 – 95,200<strong>Grisebach</strong> 11/2013


39 Karl HoferKarlsruhe 1878 – 1955 Berlin„Mädchenbildnis“. 1944Öl auf Leinwand. 42,5 x 36,5 cm (16 ¾ x 14 ⅜ in.).Oben rechts monogrammiert (ligiert) und datiert: CH 44.Wohlert 1764. –[3081] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, London (1944 vom Künstlererworben) / Privatsammlung, NorddeutschlandAusstellung: Moderne Malerei Frankfurter Privatbesitz.Frankfurt a.M., Kuratorium Kulturelles Frankfurt,Frankfurter Kunstverein, Steinernes Haus, Römerberg,1963, Kat.-Nr. 31, ganzs. Abb. o.S.€ 40.000 – 60.000 $ 54,400 – 81,600„Ein entschiedener Ernst liegt über dem <strong>Werke</strong> Hofers, nichtallein den Bildern der letzten Jahre. Auch die köstliche, eigene,ganz neu empfundene Anmut seiner jungen Frauen undMädchen birgt untergründige leise Trauer. Der Ausdruck ihrerAugen geht niemals im Genuß des Augenblickes auf, nicht desSpieles, nicht des Festes, kennt nicht die gelöste Heiterkeitnaiver Daseinslust. In der vieldeutigen menschlichen Tiefe derAugen scheint uns Hofer ein Erfinder und Entdecker zu sein.Der Reichtum an Geist, die seltene künstlerische Kraft, derstarke raumbauende Sinn, der die Farbe zugleich entfesselt undbändigt, beglückt den Betrachter Hofer‘scher Bilder mit großenErlebnissen, die, indem sie den ästhetischen Sinn in unswachrufen, uns bis in die letzte Nervenbahn erregen, unsstolzer, sicherer, gefestigter ins Leben entlassen – und auchheiterer!“ (Adolf Behne: Zu einigen Bildern Karl Hofers.In: Karl Hofer. Berlin 1947, S. 16)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


40 Karl Schmidt-RottluffRottluff 1884 – 1976 Berlin„Die schwarze Schale“. 1957Öl auf Leinwand. 77,3 x 91,2 cm (30 ⅜ x 35 ⅞ in.).Unten links signiert: S·Rottluff. Rückseitig mitPinsel in Schwarz signiert, betitelt und mit derWerknummer bezeichnet: Schmidt=Rottluff„Die schwarze Schale„ ((573)) (gewachst).Ebenda ein Etikett der Großen KunstausstellungMünchen 1971 (s.u.).Nicht mehr bei Grohmann. –Das Gemälde ist registriert im Archiv der Karlund Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin. –Kleiner Farbverlust, kleine Retuschen im Rand.[3225] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, SüddeutschlandAusstellung: Sonderausstellung S. Rottluff.Gemälde aus den letzten 15 Schaffensjahren.Düsseldorf, Galerie Wilhelm Grosshennig, 1961,ohne Nr., Abb. S. 13 / Karl Schmidt-Rottluff.Gemälde aus den Jahren 1907-1961. Düsseldorf,Galerie Wilhelm Grosshennig, 1969 / GroßeKunstausstellung München ’71. München,Haus der Kunst, 1971, Kat.-Nr. 337Literatur und Abbildung: Gerhard Wietek:Schmidt-Rottluff. Plastik und Kunsthandwerk.Werkverzeichnis. München, Hirmer Verlag,2001, S. 291€ 120.000 – 150.000$ 163,000 – 204,000Stilleben nehmen innerhalb von Schmidt-Rottluffs Spätwerk einebesondere Stellung ein. In ihnen breitet der Künstler die Summedes Erreichten und seine immer vom Gegenständlichen ausgehendemalerische Haltung vor dem Betrachter aus. Aus denBildern spricht nicht mehr der überbordende Jubel der Jugend,die die Welt mit frischem Blick ganz neu entdeckt. Der Blick istnunmehr aus größerer Distanz ins Innere gerichtet. Die starke,oft flächige Farbigkeit dient nicht mehr expressivem Ausdruck,sondern zeugt neben der Kenntnis zeitgenössischer Strömungenin ihren komplementären Klängen auch von Schmidt-RottluffsSuche nach Harmonie. Ein immer stärker werdender Abstraktionsprozeßhat eingesetzt, der Natur und Dinge zwar verfremdet, sieaber nicht auslöscht, sondern sie künstlerisch überhöht. In derreduzierten Formulierung des Dargestellten ist diesen Arbeitenetwas Endgültiges eingeschrieben.Blumenschale, Steinkopf und Krug ordnet der Maler auf demBildgrund ohne räumliche Tiefe nebeneinander an. Und dochsind sie verbunden durch Überschneidungen und die farbigenKontraste Rot-Grün und Braun-Gelb. Durch schwarzen Umrißwird Fragiles zu Erratischem und bedarf keines weiterenRaumbezuges. Aus den Knollen der Amaryllis entwickelt sich dieSchönheit der Natur. Im selben Ton malt Schmidt-Rottluff denvon Menschenhand geschaffenen Krug. Die elastische Beweglichkeitder Blätter findet ihren Gegensatz in der harten Konturder Schale. Zwischen der Lebendigkeit der Pflanze und demObjekt des Kruges steht vermittelnd die Abbildung eines Kopfes,wohl eines der Steinköpfchen, wie sie Schmidt-Rottluff ab 1952in seinem sommerlichen Rückzugsort an der Ostsee schuf.Es ist der menschliche Geist, der Naturschönes sieht und Kunstschönesschafft. Doch die Augen sind geschlossen: asketischund entrückt ist mit dieser großen Malerei alles gesagt. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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41 Alexej von JawlenskyTorschok 1864 – 1941 Wiesbaden„GroSSes Stilleben(Blumen mit blauer Vase)“. 1936Öl auf Karton. 30,8 x 22,7 cm (12 ⅛ x 8 ⅞ in.).Unten links monogrammiert: A.J.Unten rechts datiert: 36.Jawlensky 1926. – Zusätzlich mit einerPhotoexpertise von Dr. Clemens Weiler,Stuttgart, vom 17. Mai 1978. –Fest in Schmuckrahmen montiert.[3318] Gerahmt.Provenienz: Lisa Kümmel, Wiesbaden / Privatsammlung,Deutschland / Galerie Thomas,München / Privatsammlung, Baden-WürttembergAusstellung: Alexej Jawlensky, UnbekannteArbeiten, Zeichnungen, Aquarelle, Miniaturen,Bilder. München, Galerie Thomas, 1978,Kat.-Nr. 86, Farbabb. S. 66€ 80.000 – 120.000$ 108,800 – 163,000Jawlenskys letzte große Werkgruppe, die „Meditationen“,entstand ab 1934. Herb, dunkel getönt und ganz ins Innere gerichtet,spricht aus den schematisierten Gesichtern der MystikerJawlensky. In stetiger Wiederholung desselben Motivs mit unterschiedlichenFarben versucht der Maler, immer neue Ausdrucksgehalteund Kräfteverhältnisse auszuloten. Jawlensky war zudieser Zeit von den nationalsozialistischen Machthabern schonmit Ausstellungsverbot belegt. Von den Zeitgenossen zunehmendunverstanden, fiel ihm außerdem durch eine Erkrankung dasMalen immer schwerer. An Tagen der Besserung, schreibtJawlensky in seinen Lebenserinnerungen, habe er größereBilder gemalt: Stilleben, vor allem Blumen.Sein Lebensradius beschränkte sich auf die Wohnung und dasAtelier. Und wahrhaftig, in unserem Bild ist der Blick aus demAtelierfenster in die Außenwelt verstellt. Und dennoch: welchePracht breitet sich vor dem Betrachter aus. Eine bildfüllende,blaue Vase steht im Zentrum der ungewöhnlichen Komposition.Daneben drängen sich Blumen, Dahlien und Rosen, ins Bild.Dieselbe Vase findet sich auch in dem Werk „Stilleben: HellblaueVase mit Figur im Profil“ von 1935. Dort zeigt sich, daß es sichum eine Bodenvase handeln muß, die zu groß für einen gewöhnlichenBlumenstrauß ist. Jawlenskys schöpferische Kraft entzündetsich an den Dingen, die ihn umgeben. Mit neu erwachterLebensfreude hält der Maler das Arrangement fest. Aber auchhier beschäftigt er sich neben der Überführung der Realität indie Abstraktion mit dem Thema der Fläche in der Malerei. AlleBildgründe sind zusammengezogen, winzige Lichtreflexe auf derVase deuten Volumen und Materialität mehr an, als daß sie wirklichformuliert werden. Und aus der heiteren, ganz diesseitigenFarbgebung spricht eine große Hoffnung. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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42 Erich BuchholzBromberg 1891 – 1972 Berlin„Neue Tafel Nr. 10“. 1923Holzrelief, bemalt. 71 x 55 cm (28 x 21 ⅝ in.).Rückseitig über Kopf mit Pinsel in Rot signiert,betitelt und datiert: Erich Buchholz NeueTafel Nr. 10 23. Ebenda mit Kugelschreiberin Schwarz später nochmals signiert:Erich Buchholz. Unten am Rand über Kopfmit Bleistift bezeichnet: Aus meinem Nachlaß.Ilk A 68. – Holzplatte in der Mitte gespaltenund geleimt. [3474]Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenAusstellung: Grosse Berliner Kunstausstellung.1923, Kat.-Nr. 1121 / Erich Buchholz. Maler,Bildhauer, Architekt. Wiesbaden, MuseumWiesbaden, 1969, Faltblatt-Nr. 27, mit Abb. /Prinzip vertikal: Europa nach 1945. Köln, GalerieTeufel, 1979-1980 (lt. rückseitigem Etikett) /Erich Buchholz - Graphik, Malerei, Relief,Architektur, Typographie. Ludwigshafen amRhein, Wilhelm-Hack-Museum; Berlin, Hausam Waldsee; Bottrop, Josef-Albers-Museum;Ingolstadt, Museum für Konkrete Kunst, undHalle (Saale), Staatliche Galerie Moritzburg,1998/99, S. 125Literatur und Abbildung: Mo Buchholz undEberhard Roters: Erich Buchholz. Berlin,Ars Nicolai <strong>GmbH</strong>, 1993, Kat.-Nr. 118,ganzs. Farbabb. S. 190€ 90.000 – 120.000$ 122,400 – 163,000Erich Buchholz gehörte nach dem Ersten Weltkrieg zu denPionieren der ungegenständlichen Kunst in Deutschland. 1891in Bromberg bei Posen geboren, siedelte er als junger Mannnach Berlin über, wo er zu Beginn der 1920er Jahre zum Kreisum die Dadaisten Hannah Höch, Richard Huelsenbeck und RaoulHausmann zählte. Sein Atelier am Herkulesufer 15 im BezirkTiergarten – von Buchholz zu einer dreidimensionalen konstruktivistischenInstallation ausgebaut – wurde zum Treffpunkt derAvantgarde. In Berlin machte er auch die Bekanntschaft mit KurtSchwitters, mit dem er in den folgenden Jahren einen intensivenGedankenaustausch pflegte. 1921 präsentierte Herwarth WaldenBuchholz’ Arbeiten in einer Einzelausstellung in seiner Sturm-Galerie. Im folgenden Jahr wurden seine <strong>Werke</strong> zusammen mitdenen von El Lissitzky, László Moholy-Nagy und Laszlo Peri unterdem Titel „Konstruktivismus und Suprematismus“ in der Galerievan Diemen ausgestellt.Aus dieser Zeit stammt auch das bemalte Holzrelief „Neue TafelNr. 10“ von 1923. Hier zeigt sich Erich Buchholz’ ganze Könnerschaft:Die Bestandteile der Komposition sind nicht abstrahierendvon einem Objekt der realen Anschauung abgeleitet, sondernim Gegenteil bereits vollkommen ungegenständlich. Nebender alltäglichen Wirklichkeit der Dinge bilden sie eine zweite,eigene Realität. Die Komposition selbst ist von schwebenderLeichtigkeit. Ihre kräftig farbigen, an geometrischen Grundformenorientierten Elemente – ein Kreis sowie mehrere Quadrateund längliche Rechtecke – ergeben in der Summe ein perfektesGleichgewicht. Das visuelle Schweben kontrastiert mitder Schwere und Festigkeit des Materials, der roh behauenenHolzplatte. Es ist diese Divergenz der unterschiedlichen Sinneseindrücke,die Buchholz’ „Großer Tafel Nr. 10“ besonderen Reizverleiht. (UC)In den Ausstellungen nach 1945 lautetder Titel fälschlicherweise „Neue Tafel 70“.<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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43 Wassily KandinskyMoskau 1866 – 1944 Neuilly„Ohne Titel“. 1930Aquarell und Tusche auf Bütten. 22 x 11 cm(31,1 x 20,3 cm) (8 ⅝ x 4 ⅜ in. (12 ¼ x 8 in.)).Unter der Darstellung mit Bleistift beschriftet:Imprimer 1 0 jaune 2 0 rouge 3 0 noir.Barnett (Aquarelle) 997. –[3428] Gerahmt.Provenienz: Christian Zervos, Paris /Privatsammlung, NorddeutschlandAusstellung: Wassily Kandinsky. Gemälde, Aquarelle,Graphiken. München, Galerie Thomas, 1991,Kat.-Nr. 22, mit Farbabbildung€ 60.000 – 80.000$ 81,600 – 108,800Das Aquarell diente als Vorlage für denFarbholzschnitt Roethel 193, der 1930 inWill Grohmanns Buch über Kandinsky inder Edition Cahiers d’Art, Paris, erschien.Im Jahr 1929 erhielt Wassily Kandinsky in der Pariser Galerie Zakseine erste Einzelausstellung in Frankreich. Im Jahr darauf wurdeWill Grohmanns Buch über den Künstler in der Edition Cahiersd’Art in französischer Sprache herausgegeben. In die Veröffentlichungwar ein Farbholzschnitt eingebunden, zu dem unsereArbeit den detailliert ausgeführten Entwurf darstellt. Kandinskyhat sie deshalb mit Farbangaben für den Drucker versehen. DiePublikation war für Kandinsky von großer Bedeutung, sollte siedoch erstmals seine Ideen einer abstrakten Kunst in Frankreichverbreiten.Und so formuliert er in diesem Werk Grundlegendes seiner ungegenständlichenGeometrie – einer Geometrie, die aus Punkten,Strichen, Kreisen, Dreiecken und Rechtecken aufgebaut ist. DieEinzelformen entwickeln auf dem Bildgrund im Zusammenspieleine eigene Dynamik, die durch unterschiedliche Farbklängenoch verstärkt wird. In unserem Fall bilden signalhaftes Rotund bekräftigendes Schwarz auf gelbem Fond einen besondersstarken Akkord. Im schmalen Hochformat entwickelt Kandinskyein spannungsreiches konstruktivistisches Bildprogramm. Einegroße, schwarze Ellipse mit ineinander verschachtelten Dreieckensteht einer zweiten Großform gegenüber, die an ein Segelbooterinnert. Die Spitze eines schwarzen Keils verbindet beideauf filigrane Weise. Dennoch wird der Abstand beider Objektezueinander mittels der Kreisbögen in Rot und Schwarz wie durchdie abstoßenden Energien zweier Magnete gewahrt. Das Gleichgewichtder Elemente im Bildraum wird wesentlich durch denBerührungspunkt des „Schiffskörpers“ mit dem kleinen Elementdarunter beeinflußt. Wie ein Scharnier wirkend, droht ein Kippendes Schachbretts, doch die leiterartige Struktur daneben verleihtauf wundersame Weise Festigkeit. Hierin liegt die Größe vonKandinskys Kunst: Einfachste geometrische Elemente entwickelneine bislang ungeahnte Stärke und Kraft. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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44 Carl Buchheister1890 – Hannover – 1964„Dreiformvariation“. 1928Öl auf Papier, auf Pappe aufgezogen,fest auf Sperrholz montiert.77,5 x 50,5 cm (30 ½ x 19 ⅞ in.).Rückseitig auf der Pappe mit Tuschpinselin Schwarz signiert, bezeichnet, betiteltund datiert: Carl Buchheister Hannover.Bürgermeister-Finkstr. 3. Dreiformvariation 28.Auf der Rückseite Etiketten zu den AusstellungenHannover 1928, Berlin 1929 und Paris 1978 (s.u.).Buchheister/Kemp 1928/4. –[3474] Gerahmt.Provenienz: Elisabeth Buchheister, Hannover /Galerie Teufel, Köln / R.G. Winkler, Köln /Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenAusstellung: Herbstausstellung HannoverscherKünstler. Hannover, Kunstverein, 1928, Nr. 263b /Carl Buchheister. Berlin, Galerie „Der Sturm“,1929, o. Kat.-Nr. / Kunstmarkt Köln. Köln,Galerie Tobies und Silex, 1967, mit Abb. / CarlBuchheister. Köln, Galerie Möllenhoff, 1969 /Carl Buchheister. Paris, Galerie Chauvelin, 1971,Kat.-Nr. 9 / Carl Buchheister, Bilder, Gouachenund Zeichnungen 1923-1959. Köln, GalerieTeufel, 1971, mit Abb. / Carl Buchheister,Retrospektive über das Gesamtwerk.Ludwigshafen, Städtische Kunstsammlungen;Witten/Ruhr, Märkisches Museum; Bremen,Graphisches Kabinett Kunsthandel WolfgangWerner KG; 1975, Kat.-Nr. 16, Farbabb. S. 77 /Paris-Berlin 1900-1933, Rapports et ContrastesFrance-Allemagne. Paris, Centre Pompidou,1978, Farbabb. S. 231 / Carl Buchheister,Arbeiten der Jahre 1923 bis 1934. Köln, GalerieStolz, 1985/86 / Carl Buchheister, AbstrakteArbeiten. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum,1984, Farbabb. Nr. F7 / die abstraktenhannover - Internationale Avantgarde1927-1935. Hannover, Sprengel Museum, undLudwigshafen, Wilhelm-Hack-Museum, 1987/88,Kat.-Nr. 12, Abb. S. 14 / Carl Buchheister. Köln,Galerie Stolz, 1990Nach dem Studium an der Berliner „Unterrichtsanstalt desKunstgewerbemuseums“, einer der Einrichtungen, aus denendie heutige Universität der Künste hervorging, siedelte sichCarl Buchheister Mitte der 1920er Jahre in seiner HeimatstadtHannover an. Kurz darauf gelang dem Maler und Zeichnerkünstlerisch der Durchbruch. Mit Kurt Schwitters, FriedrichVordemberge-Gildewart und Rudolf Jahns gründete er die Gruppe„die abstrakten hannover“. Buchheister zählte auch zu denKünstlern von Herwarth Waldens „Sturm“-Galerie. Ab 1933 warer Teil der Pariser Künstlervereinigung „Abstraction-Création“,die sich mit Mitgliedern wie Wassily Kandinsky, Theo vanDoesburg, Piet Mondrian und Robert Delaunay zu einemSammelbecken der internationalen Avantgarde entwickelte.Buchheisters Arbeiten aus dieser Zeit sind charakterisiertdurch eine radikale Reduktion der Form. Eine ähnliche Verknappungder Mittel kennt man auch von <strong>Werke</strong>n Mondrians undDoesburgs – nur daß diese, wie im Fall von Mondrian, zum Teilwesentlich später zu datieren sind. In „Dreiformvariation“ ausdem Jahr 1928 besteht die Komposition, wie es der Titel derArbeit nahelegt, aus drei Grundelementen: Quadraten, Rechteckenund Linien. Diese Elemente führte Buchheister in wiederumdrei Farbtönen aus, in Schwarz, einem cremigen Weiß undeinem hellen, den einzigen, aber dafür umso kräftigeren Akzentsetzenden Blau. (UC)€ 80.000 – 120.000$ 108,800 – 163,000<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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45 Max ErnstBrühl 1891 – 1976 Paris„OU naissent les nuages?“. 1960Öl auf Hartfaser. 41 x 32,9 cm (16 ⅛ x 13 in.).Unten rechts signiert: max ernst.Auf der Rückwand ein Etikett derGalerie Alexandre lolas, Paris.Spies/Metken 3516. –Rahmen: Leihgabe Olaf Lemke,Antike Rahmen, Berlin. [3397]Provenienz: Galerie Alexandre Iolas, Paris /Privatsammlung, BerlinAusstellung: Max Ernst. Masques sculptés. Paris,Galerie Lucie Weill, 1961 / Max Ernst. Earlyand Recent Paintings and Sculpture. London,Hanover Gallery, 1965, Kat.-Nr. 45 / Max Ernst.Sculpture and Recent Painting. New York, TheJewish Museum, 1966, Kat.-Nr. 28 / Max Ernst.Oltre la pittura. Venedig, Palazzo Grassi, 1966,Kat.-Nr. 28Literatur und Abbildung: John Russell: Max Ernst.Leben und Werk. Köln, DuMont Schauberg,1966, Abb. Nr. 124€ 80.000 – 120.000$ 108,800 – 163,000Bevor er ein weltberühmter Vertreter des Surrealismus und zueiner Institution in der Kunst des 20. Jahrhunderts wurde, warMax Ernst Student, autodidaktischer Maler, wie bereits seinVater, und Kunstkritiker. In Brühl bei Bonn geboren, schloßer sich den Rheinischen Expressionisten an. Diese Künstlervereinigungunterschied sich durch große Offenheit undUnbefangenheit von den programmatisch organisierten Mitstreiternder „Brücke“ und des „Blauen Reiter“. Ernsts Autobiographieverzeichnet 1916 noch einen weiteren entscheidendenImpuls: „Ein Licht leuchtet in der Finsternis. Es kommt ausZürich (ausgerechnet!): Dada.“Als unser Bild 1960 entstand, hatte sich der Künstler, inzwischenfranzösischer Staatsbürger, nach etlichen Lebensstationen inder Tourraine niedergelassen. Mit den von ihm entwickeltenTechniken Frottage und Grattage beschäftigte er sich seit den1920er Jahren. Materialeffekte, Riffelungen und vielfältige Texturenbestimmen seine <strong>Werke</strong> mit zeichenhaft angelegten, farbigausgefüllten Motiven. Es entstanden „Bilder, die auf den erstenBlick beinahe leer zu sein scheinen. Max Ernst beschränkt sich aufBildabbreviaturen. Wir treffen auf eine Verknappung der eigenenAusdruckswelt [...] bei näherem Betrachten zeigt es sich, daß dieLeerzonen in den Bildern von kleinteiligen Strukturen verschiedensterArt belebt sind.“ (Werner Spies: Max Ernst. <strong>Werke</strong>1954-1963, Köln, 1998, S. VIII)Ein Dreieck umfängt eine Fisch- oder Vogelform aus ineinanderverzahnten Dreiecken. Das Weiß des Hintergrundes eröffneteinen Himmelsausblick. Darüber wacht eine gelbe Fläche mitzwei eingezeichneten roten Kreisen, der berühmten Loplop-Figurverwandt. Sie hatte Max Ernst in den 1930er Jahren ersonnen,um mit Hilfe dieses Privatphantoms seine visionären Bildgedankenauszudrücken. (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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46 Fritz WinterAltenbögge 1905 – 1976 Herrsching/Ammersee„Triebkräfte der Erde“. 1944Öl und Monotypie auf dünnem Papier. 33 x 21 cm(13 x 8 ¼ in.). Unten in der Mitte mit Bleistiftmonogrammiert und datiert: FW 44.Lohberg 803 [dort um 180° gedreht abgebildet]. –[3236] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenAusstellung: Eine Krise der Kunst – EntarteteKunst im Dritten Reich. Sendai, The MiyagiMuseum of Modern Art, 1995/96, Kat.-Nr. 170,Abb. S. 363 (Text japanisch, Bildunterschriftenjapanisch-deutsch) / Neue Formen. Fritz Winter.Arbeiten auf Papier 1925-1975. Stuttgart,Kunstmuseum Stuttgart, 2006, Kat.-Nr. 147,Farbabb. S. 112Literatur und Abbildung: Werner Haftmann:Fritz Winter – Triebkräfte der Erde. VerlagR. Piper & Co., München 1957, Farbtafel€ 50.000 – 70.000$ 68,000 – 95,200Das Werden, die Verwandlung und das Vergehen der Materieals Grundlage allen Lebens – dem Bergmannssohn Fritz Winterwar dies seit frühester Jugend vertraut. Aus der Tiefe der Erdefördert der Mensch Kohle, die ihn wärmt, Edelsteine, die ihnschmücken, Erz, das er zu Brücken und Maschinen verarbeitet.Winter verdiente sich seinen Lebensunterhalt unter Tage, schultesich daneben zunächst autodidaktisch zum Maler und wurdeschließlich 1927 Bauhausschüler bei Paul Klee und WassilyKandinsky. Diese prägten sein Formvokabular; hinzu kamenFranz Marcs kosmologische Überlegungen zur Kunst, in denenWinter eigene Erfahrungen und Ideen erkannte. Eine Synthese alldieser Einflüsse bildet die berühmte Werkgruppe „Triebkräfte derErde“. Nach langen Kriegsjahren an der Ostfront schuf er denZyklus 1944 während eines Genesungsurlaubs, bei dem er sichvon einer schweren Verwundung erholte.Inmitten des Krieges beschwört der mit Ausstellungsverbotbelegte Künstler die ewigen Kräfte der Natur, die imstandesind, alles Grauen zu überwinden. So sind diese „Triebkräfte“ergreifendes Zeugnis der Hoffnung auf ein Ende der Barbarei.Eine Hoffnung, die sich 1944 nur auf die Natur gründen kannund ihren ewigen Kreislauf des Lebens. Und obgleich Winterdie unsichtbar wirkenden Kräfte des Kosmos mit Mitteln derAbstraktion in bildnerisches Vokabular umwandelte, drängensich vor der historischen Folie Analogien zur Gegenstandsweltauf. Auf dem steinern wirkenden Hintergrund lagert eine flächigebraune Masse, die sich emporstrebend in schwarze Gitter undÄste spaltet. Dies sind die alles verknüpfenden Naturgesetze,durch welche die tiefsten Tiefen der Erde mit den lichtestenSternen am nächtlichen Himmel verbunden sind. Aus einemLoch in dieser Urmaterie strömt wie aus dem Nichts die reine,weiße Energie. In Ballons, in Strahlen und Wellen drängt sie nachoben. Aber eine Kreisfläche und ein Farbfeld in bedrohlichem Rotentwickeln einen gegensätzlichen Impuls. Und doch: So zart unddurchscheinend die Kraft auch sei, in ihrem unendlichen Strömenwird sie sich gegen die feindliche Sonne und ihr düsteres Gewölkbehaupten. (OH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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47 Willi Baumeister1889 – Stuttgart – 1955„Gelb“. 1950Öl mit Kunstharz auf Hartfaser. 35,5 x 45,5 cm(14 x 17 ⅞ in.). Unten rechts mit Bleistift signiertund datiert: Baumeister 2 50. Rückseitig mitKreide betitelt, datiert, bezeichnet und signiert:„Gelb“ 2. 1950 46 x 36 Baumeister. Beigegeben:Etikett der Martha Jackson Gallery, New York.Beye/Baumeister 1619. –Retuschen. [3516] Gerahmt.Provenienz: Martha Jackson Gallery, New York /Privatsammlung, HessenLiteratur und Abbildung: Auktion 249. Hamburg,Hauswedell & Nolte, 9. und 10. Juni 1983,Nr. 105, Abb. Tf. 59 („Mit Projektion“)€ 60.000 – 80.000$ 81,600 – 108,800Steingrau und Taubenblau, ein warmes Weiß auf einer Ockerwolke,schwarze Lineamente und Chiffren, das alles steht auf Gelb,das dem kleinen Ölbild den Namen gegeben hat. Als Baumeisterdiese Komposition 1950 schuf, hatte er bereits eine reifeHandschrift erlangt. Er ist kein jugendlicher Erneuerer mehr, derden traditionellen Akademiebetrieb auf den Arm nehmen will,sondern ein Sechzigjähriger, der aus der ganzen Fülle seinerErfahrungen mit Form und Farbe schöpfen kann. An der KunstakademieStuttgart lernte er schon vor dem Ersten Weltkrieg beiAdolf Hölzel und traf dort einen wesensverwandten Freund fürsein ganzes Leben: Oskar Schlemmer.1927 wird er an die Frankfurter Kunstgewerbeschule – die Vorgängerinder heutigen Städelschule – berufen. Bis zum Malverbot1941 macht er viele Experimente und Erfahrungen, gestaltetorganische Formen in Reduktionen, erfindet eigene Bildformeln,die sich aus dem Studium von Höhlenmalerei, von seinenSammlungen afrikanischer oder auch lateinamerikanischer Kunstherleiten lassen. 1946 überträgt die Kunstakademie Stuttgartdem ehemals Verfemten die Klasse Dekorative Malerei. Ein Jahrspäter bringt der so lange unterdrückte Maler seine programmatischeSchrift „Das Unbekannte in der Kunst“ heraus. 1949 ister einer der Begründer der Künstlergruppe „Gegenstandslose“,aus der die Gruppe Zen 49 hervorgeht, die 1950 zum ersten Malöffentlich ausstellt. Im selben Jahr finden die ersten „DarmstädterGespräche“ statt. Das Thema: „Das Menschenbild in unserer Zeit“.Für den Part der bildenden Kunst ist Baumeister eingeladen,zusammen mit Rolf Cavael und Johannes Itten vertreten sie dieneuen Bildauffassungen. Mit auf dem Podium ist Hans Sedlmayr,der den „Verlust der Mitte“ beschwört. In diesem Kontext ist„Gelb“ zu sehen, ein heiter ironisches, spielerisches Statement,frei vom Definitionsballast der Kunstgeschichte. (AH)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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48 R Willi Baumeister1889 – Stuttgart – 1955„Mo“. 1954Öl mit Kunstharz auf Karton.34,9 x 44,8 cm (13 ¾ x 17 ⅝ in.).Unten rechts mit Bleistift signiertund datiert: Baumeister 54.Beye/Baumeister 1980. –[3454] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, SchweizAusstellung: Im Kunsthaus Zürich:Sammlungen Hans und Walter Bechtler.Zürich, Kunsthaus, 1982, ganzs. Abb. S. 26€ 250.000 – 350.000$ 340,000 – 476,000In den 1950er Jahren entdeckte Willi Baumeister nach den Serien„Safer“, „Ari“ und „Monturi“ eine weitere Form, um das „Unsichtbarein der Kunst“ – so der Titel seines kurz zuvor erschienenenBuches – mit Malerei darzustellen: „Montaru“ und seine Verwandten.Im Zentrum unseres Bildes steht ein großes, scheinbarwachsendes schwarzes Gebilde. Kleinere, gleichfalls schwarzeElemente begleiten es. Sie haben fadendünne Anhängsel undwinzige Ausleger an den Rändern. Das Schwarz läßt die Farbenseiner Umgebung leuchten: kräftiges Blau und Rot.Schwarz findet sich bereits in Baumeisters früherem Schaffen.In den 1930er Jahren entwickelte er aus den Sportbildern dunkleFormen. Das intensive große Schwarz auf der Bildfläche wirdSinnbild elementarer Kraft. Diese Energien freizulegen, angesiedeltin untergründigen Schichten, wie sie die koloristischen Akzenteder Bildserie verdeutlichen, war Baumeisters Bestreben. In der gedanklichenKonzeption und geistigen Durchdringung nimmt seineKunst dadurch eine Sonderstellung in der deutschen Malerei ein.Dieter Honisch fand in Baumeisters Großformen eine „Aktualisierungund Neubewertung“ traditioneller Bildgedanken (Cézanne,Malewitsch). „Um [sie] haben sich, teils von ihnen überlaufen, teilsin sie eindringend [...] Mikroorganismen angesiedelt, die mit ihnenin einer Art Symbiose leben. Die Großform erspart den kleinenDetails den Vorwurf der Uneinheitlichkeit, diese wieder nehmenihr den Eindruck der Schwerfälligkeit und verbinden sie zudem aufleichte und spielerische Weise mit dem Bildganzen, das sich auchim flächigen Charakter aller Bildelemente wiedererkennt. [...] DieHeiterkeit, die wir von Klee und Miró kennen und die bei Baumeistereindeutig formale Gründe hat, kommt offenbar aus der Metaphorikdes Surrealismus, mit der dieser das weltumschließende Pathosder Kubisten und Konstruktivisten gleichsam augenblinzelnd zumBetrachter ironisch zu kommentieren verstand.“ (Ausst.-Kat.Willi Baumeister, Nationalgalerie Berlin 1989, S. 82–83) (EO)


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49 Willi Baumeister1889 – Stuttgart – 1955„Relief mit grüner Figur(überarbeitet)“. 1953/54Öl mit Kunstharz auf Hartfaser. 120 x 150 cm(47 ¼ x 59 in.). Unten rechts mit Bleistiftsigniert und datiert: Baumeister 12.53[bei der späteren Überarbeitung teilweiseübermalt]. Rückseitig mit Kreide betitelt undbezeichnet: Relief mit grüner Figur 120 x 150.Dort auch ein Etikett der Ausstellung Stuttgart1954 (s.u.).Beye/Baumeister 1824. –[3474] Gerahmt.Provenienz: Johannes Schubert, Stuttgart /Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenAusstellung: Willi Baumeister. Stuttgart,Württembergischer Kunstverein, 1954,Kat.-Nr. 188€ 400.000 – 600.000$ 544,000 – 816,000Das Gemälde wurde vom Künstler nachder Ausstellung im WürttembergischenKunstverein 1954 überarbeitet.Willi Baumeister war 64 Jahre alt, als er das „Relief mit grünerFigur“ malte. Und es ist nicht übertrieben zu behaupten, daß erdamit die Summe seines Schaffens gezogen hat. Das Gemäldevereint alle Eigenschaften, die das Werk des gebürtigen Stuttgartersbis dahin ausgezeichnet hatten: die vollständige Auflösungeines wie auch immer gearteten Perspektivraumes, die Verwendungvon archaisch anmutenden Symbolen, wie sie in der prähistorischenHöhlenmalerei vorkommen, die Baumeister in den1920er Jahren als einer der ersten als künstlerisch bedeutenderkannte; Formen, welche mal eher entfernt, mal sehr direkt analtägyptische oder aztekische Hieroglyphen erinnern und lebhaftnicht nur sein Interesse an außereuropäischen Kulturen, sondernauch an Schrift und Typographie im allgemeinen illustrieren.Das gleiche gilt für die zurückgenommene, beinahe monochromeFarbigkeit von „Relief mit grüner Figur“: In ihr kann maneine Reflexion der zentralafrikanischen Stammeskunst sehen,eine weitere von Baumeisters Passionen, die sich in seinemWerk niedergeschlagen hat. Im Jahr 1953 ist Baumeister aufdem Höhepunkt seiner Karriere angelangt, dokumentiert durchTeilnahmen an den Biennalen von Venedig und São Paulo, derEinladung zur Documenta 1955 (der postum noch zwei weiterefolgten) und zahlreiche andere Auszeichnungen und Ehrungen.„Relief mit grüner Figur“ ist zweifellos eine der zentralen Arbeitenin Baumeisters gefeiertem Spätwerk. (UC)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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50 Ernst Wilhelm NayBerlin 1902 – 1968 Köln„Mit gelbem Vogel“. 1950Öl auf Leinwand. 100 x 135 cm(39 ⅜ x 53 ⅛ in.). Unten links signiert unddatiert: Nay. 50. Auf dem Keilrahmen obenmit Pinsel in Schwarz signiert, betitelt unddatiert: NAY – Mit gelbem Vogel – 1950.Scheibler 516. –Craquelé. [3375] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, RheinlandAusstellung: Ernst Wilhelm Nay. Gemälde,Gouachen, Zeichnungen, Graphiken. Köln,Galerie Orangerie-Reinz, 1975, Nr. 14 (Faltblatt) /25 Jahre Galerie Orangerie-Reinz 1959-1984.Köln, Galerie Orangerie-Reinz, 1984, Farbtafel€ 200.000 – 300.000$ 272,000 – 408,000Als Expressionist hatte er begonnen, lange waren seine Bildervon diesem Stil geprägt, aber in den Jahren nach 1945 wurdeeine andere Tendenz für Ernst Wilhelm Nays Schaffen wichtig.Ein Rhythmus, der die Dynamik des menschlichen Lebensdurchzieht, bestimmte nun sein Werk.„Mit gelbem Vogel“ ist ein dichtes Gefüge aus Dreiecken, Kreissegmentenund Linien. Zahlreiche Farben sind zu sehen: Gelb,Braun, Rot, Grün und Blau, durch Schwarz gezähmt und von Weißerhellt. Dicht gestaffelt bedeckt die Formenvielfalt den Grund,elegant ausgezogene, ornamental anmutende Linien beleben dieFarbfelder, der Flügelschlag der titelgebenden Vogelform findetsich ebenso darin, wie in ‚Notenköpfen’ ihr Zwitschern zu vernehmenist. Die Komposition weckt nicht nur Reminiszenzen andie figürlichen Anfänge Nays, sondern weist auch Elemente derberühmten, die vierziger Jahre bestimmenden Hekate-Bilder auf.Am meisten verblüfft die Entschiedenheit, mit der der Künstlerhier das Bildformat in Besitz nimmt, ohne auf Anfang und Endezu achten, aber auch die Sicherheit, mit der er schon hier daserst ein Jahrzehnt später durchgesetzte Prinzip des „allover“beherrscht.In seiner monographischen Arbeit über Nay findet WernerHaftmann die besten Worte für den Wandel zwischen dennoch gegenständlichen Arbeiten und dem Beginn der abstraktenfugalen Bilder. Er beschreibt die Verselbständigung der Bildfigur,die zur eigenständigen Organisationsform geworden ist.„Zwei kontrastierende Formkonstellationen – das statischgeometrische Flächenmuster und das dynamische, in freierKurvatur sich hineinschreibende Bewegungsornament – diesich in der Ganzheit des Bildes komplementär ergänzen.“(Werner Haftmann: E. W. Nay, Köln 1991, S. 155) (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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51 Ernst Wilhelm NayBerlin 1902 – 1968 Köln„Figuration in Blau und Rot“. 1963Öl auf Leinwand. 162 x 140,5 cm(63 ¾ x 55 ⅜ in.). Unten rechts signiert unddatiert: Nay 63. Auf dem Keilrahmen oben mitPinsel in Schwarz signiert, betitelt und datiert:NAY – „FIGURATION IN BLAU UND ROT“ – 1963.Scheibler 1047. –Stellenweise etwas Craquelé. [3181] Gerahmt.Provenienz: Galerie Neher, Essen (1988) /Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenAusstellung: The 1964 Pittsburgh InternationalExhibition of Contemporary Painting andSculpture. Pittsburgh, Museum of Art, CarnegieInstitute, 1964/65, Kat.-Nr. 104 / E. W. Nay.San Francisco, Goethe Center, 1968, (Faltblatt-)Nr. 4 / Nay. München, Galerie Günther Franke,1970, (Faltblatt-) Nr. 5€ 200.000 – 300.000$ 272,000 – 408,000„Mir scheint, als binde sich jetzt das Werk als Ganzes zu einemdichten Gewebe von Ehemals und Jetzt, von Vergangenheit u.reiner Gegenwart, von Jung und Alt, von Dasein in ganzer Fülle“,schreibt Werner Haftmann 1962 in einem Brief an E. W. Nayzu dessen sechzigstem Geburtstag (Zit. nach: E. W. Nay.Bilder und Dokumente 1902–1968, München 1980, S. 188).In seinem letzten Lebensjahrzehnt erlebt Nay äußerst produktiveund erfolgreiche Zeit mit ausgedehnten Reisen und wichtigenAusstellungen. 1962 zeigt das Museum Folkwang in Essen einegroße Retrospektive. 1964 nimmt er an der documenta III teil,wird mit dem Berliner Kunstpreis geehrt und realisiert Einzelausstellungenin der Knoedler Gallery in New York und Parissowie in den Kunstvereinen Münster, Hamburg und Karlsruhe.Auch künstlerisch schlägt Nay noch einmal neue Wege ein. SeitMitte der 1950er Jahre hatte er an der Grundform der Scheibengearbeitet, mit denen er den „Gestaltwert der Farbe“ auslotete.„Meine Scheibenidee war vorerst vollkommen artistischer Natur.Ist der Komponist Tonsetzer, so wollte ich Farbsetzer sein mitden Mitteln der Farbe in Verbindung von Rhythmus, Quanten,Dynamik, Reihen zur Fläche“, schrieb Nay im Juni 1965 (zit. nach:E. W. Nay, Lesebuch, Selbstzeugnisse und Schriften 1931–1968.Köln, 2002, S. 260). Anfang der 1960er Jahre entwickelte erseine subtilen Farbkompositionen weiter und teilte die Scheibendurch Strukturen und Binnenlinien, die den Eindruck von Augenerzeugen. Eine Vorahnung davon bekommt der Betrachter angesichtsdes 1963 entstandenen Bildes „Figuration in Blau undRot“, das am Übergang zur Werkphase der „Augenbilder“ entsteht,mit denen das Spätwerk von Nays „elementaren“ Bildernbeginnt. In der dynamischen Komposition läßt Nay die unterschiedlichenEnergien von Blau, Türkis, Schwarz, Rot und Orangeaufeinandertreffen. Spuren von hellem Grün und Gelb lassendarunter liegende Farbschichten erahnen. Farben und Flächenerzeugen einen räumlichen Eindruck. Das Auge des Betrachterskann die Figuration nicht fixieren. So bleibt der Blick in Bewegungund folgt den leuchtenden Vertikalen ebenso, wie er weit indie scheinbar unendliche Tiefe hineingezogen wird. (KW)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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52 R Peter BrüningDüsseldorf 1929 – 1970 Ratingen„Nr. 47“. 1960Öl auf Leinwand. 90 x 115 cm (35 ⅜ x 45 ¼ in.).Unten rechts signiert und datiert: Brüning 60.Rückseitig mit Pinsel in Schwarz betitelt(im Kreis): 47.Otten 339. –[3354] Gerahmt.Provenienz: Ehemals Privatsammlung, RheinlandAusstellung: Peter Brüning. Paris, Galerie Arnaud,1961€ 50.000 – 70.000$ 68,000 – 95,200Zwischen den frühen Landschaftsbildern Peter Brünings undseinem Spätwerk, das die zunehmende Urbanisierung derNatur durch Straßenbau und Massenverkehr zum Gegenstandhatte und teilweise dreidimensional angelegt war, stehen in den1960er Jahren abstrakte Gemälde. Willi Baumeister hatte demjungen Künstler empfohlen, sich auch dem Innenleben des Menschenzuzuwenden, und ihn auf die ostasiatischen Philosophendes Zen-Buddhismus aufmerksam gemacht. Ihre lakonische undzugleich definitive Kalligraphie hat ebenso in Brünings MalereiSpuren hinterlassen wie seine Auseinandersetzung mit dem WerkCy Twomblys.Auf dem hellen Grund des Bildes stehen schraffierte Formen.Ihrer Plazierung ungewiß, scheinen sie unruhig zu vibrieren, vordem Blick zu verschwimmen und ihre Ausdehnung zu verändern.Der Maler wählte Braun und Blau, um diese spontanenZeichen festzuhalten – und läßt somit den umgebenden Raumzu unendlicher Weite anwachsen. Skripturale schwarze Pinselstricheregen Assoziationen an. Wenn nämlich der Gegenstandunbedeutend für ein Kunstwerk wird, dann ergänzt die Erfahrungaus dem großen Gedächtnisspeicher, den jeder Mensch durchVererbung, Entwicklung und tägliche Wahrnehmung aufbaut, wasdargestellt sein könnte. Die Ausdehnung des Raums, in dem dieZeichen schweben, hat der Maler nicht festgelegt, Vorder- undHintergrund gehen ineinander über, Begrenzungen gelten nicht,das Bild kann als Momentaufnahme des Hier und Jetzt gesehenwerden und als Ausdruck der Unendlichkeit. An keiner Stelle verschließtes sich dem Zugang, nirgends errichtet es eine Schwelle.Hinter „Nr. 47“ öffnet sich die Tür zu einer großen gedanklichenund künstlerischen Weite. (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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53 Gerhard HoehmeGreppin bei Dessau 1920 – 1989 Neuss-Selikum„Unter der Last der Erinnerungimmer drängt der Hoffnungblühender Raum“. 1965Kunstharz und Lackfarbe auf Leinwand und Holz.200 x 180 cm (78 ¾ x 70 ⅞ in.).Rückseitig auf der Leinwand und auf demRahmen jeweils mit Filzstift in Schwarz signiert,betitelt und datiert: G. Hoehme Unter der Lastder Erinnerung immer drängt der Hoffnungblühender Raum 1965. Dort auch ein Etikettder Galleria L’attico-esse arte, Rom.Hoehme 65-04. –[3464]Provenienz: Privatsammlung, HessenAusstellung: Junge Düsseldorfer Maler undBildhauer. Wolfsburg, Kunstverein, Stadthalle,1966, Kat.-Nr. 32, Abb. 10 / Gerhard Hoehme.Bilder und Objekte. Ulm, Ulmer Museum, 1967,Kat.-Nr. 36 / Hoehme. I quadri sono instrumenti.Rom, Galleria Senior, 1970, Kat.-Nr. 6 /G. Hoehme. Arbeiten seit 1953. Wuppertal, Vonder Heydt-Museum, und Kiel, Kieler Kunsthalle,1974/75, Kat.-Nr. 26Literatur und Abbildung: Norbert Kricke undRolf Sackenheim (Hg.): Akademie heute. EineDokumentation über die Kunstakademie 1975.Düsseldorf, 1975, mit Abbildung€ 40.000 – 60.000$ 54,400 – 81,600„Bilder sind vielschichtige visuelle Gleichungen mit Faktoren / Vektoren/ Tensoren / Sensoren – die Farben darin sind Stellenwerte /Signale / Beziehungen / Energien / Zeitmomente“, schreibtGerhard Hoehme 1968 in dem Text „Relationen“ über seineKunst (zit. nach: Tayfun Belgin (Hg.), Kunst des Informel,Malerei und Skulptur nach 1952, Köln 1997, S. 116–117).Mit diesem Manifest lieferte der damals in Düsseldorf lebendeKünstler eine noch heute gültige Interpretation dessen, wasungegenständliche Malerei im besten Fall vermag: den Betrachterdazu anzuregen, sich ein Werk durch intensives Schauengedanklich anzueignen – und diesen Vorgang als fortgesetztenProzeß zu verstehen, der einem immer wieder Konzentration undHingabe abverlangt. Hoehmes drei Jahre zuvor entstandenesGemälde „Unter der Last einer Erinnerung immer drängt derHoffnung blühender Raum“ scheint diese allgemeinen Überlegungenpunktgenau vorwegzunehmen. Den abstrakten Beziehungsreichtumvon Hoehmes Malerei mit einem Blick zu erfassen istpraktisch unmöglich. Immer wieder verweilt man an Details,erkennt neue Korrespondenzen und mögliche Lesarten.Eine weitere Neuerung ist, daß der Künstler hier wie Frank Stellaein „shaped canvas“ verwendete, um die bildliche Kompositionüber das traditionelle Geviert der Leinwand hinaus in den Raumzu verlängern. Darin offenbart sich der emanzipatorische Geistder Avantgarde der 1960er Jahre. „Bilder sind eine Lebenshilfe“,formuliert der Lehrer von Sigmar Polke in den „Relationen“,„man soll sich ihrer bedienen zur Erkenntnis über sich selbst,denn die Bilder sind nicht auf der Leinwand, sondern im Menschen.“So gesehen, stellt „Unter der Last einer Erinnerung immer drängtder Hoffnung blühender Raum“ mehr als nur ein isoliert zubetrachtendes Gemälde dar. Es ist das entscheidende missinglink zwischen Informel und Konzeptkunst. (UC)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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54 R Norbert Kricke1922 – Düsseldorf – 1984Raumplastik „Chi“. 1961Edelstahl, auf schwarzen Original-Steinsockelmontiert. Höhe (ohne Sockel): 60 cm (23 ⅝ in.).Die Arbeit wird aufgenommen in das Werkverzeichnisder Plastiken Norbert Krickes vonDr. Sabine Kricke-Güse, Berlin (in Vorbereitung). –[3454]Provenienz: Privatsammlung, SchweizAusstellung: Im Kunsthaus Zürich: SammlungenHans und Walter Bechtler. Zürich, Kunsthaus1982, S. 171 mit Abb. / Norbert Kricke - Raum,Linie. Ein Dialog zwischen Kunstwerk undArchitektur. Appenzell, Museum Liner, 2012,S. 106 mit ganzs. Abb.Literatur und Abbildung: Jürgen Morschel:Norbert Kricke. Stuttgart, Gerd Hatje Verlag,1976, Kat.-Nr. 88, mit ganzs. Abb.€ 100.000 – 150.000$ 136,000 – 204,000Der gebürtige Düsseldorfer Norbert Kricke ist einer der wichtigstenVertreter der deutschen Nachkriegsmoderne, sein Werk wirdinzwischen auch von den großen internationalen Institutionengesammelt. Zu seinen bekanntesten <strong>Werke</strong>n zählen die sogenannten„Raumplastiken“ – dynamisch ausgreifende, oft auseiner Vielzahl von Metallstäben bestehende Gebilde, die wievom Sturm gepeitscht für einen Moment in ihrer Bewegungeingefroren zu sein scheinen. Obwohl die technischen Errungenschaftender 1950er und 1960er Jahre auf Norbert Kricke einestarke Faszination ausübten, war sein Werk auch eingebettetin Phänomene der Natur. So entwickelte er um 1964 Ideen zu„Wasserreliefs“ und einem „Wasserwald“, die wesentlich aufder Wirkung von Lichtreflexionen auf einer Wasseroberflächebasierten.Kurz davor entstand die Raumplastik „Chi“: In wildem Schwung,einer Kalligraphie gleich, strömen dünne Eisenstifte einzeln oderin Bündeln ungestüm in alle Richtungen. In seiner Bewegtheitden kinetischen Arbeiten der Zero-Gruppe um Heinz Mack, OttoPiene und Günther Uecker nahestehend, stemmt sich KrickesWerk mit aller Macht gegen den Stillstand – auch wenn es defacto dazu verdammt ist. „Chi“ fällt in eine für den Bildhaueräußerst produktive Zeit. 1959 wurde er zum ersten Mal zurdocumenta in Kassel eingeladen, auf der er fünf Jahre späternoch einmal vertreten war. Ebenfalls 1964 widmete ihm dasMuseum of Modern Art in New York eine Ausstellung, seineArbeiten wurden auf der Biennale von Venedig präsentiert,außerdem erhielt er eine Professur an der renommiertenKunstakademie in seiner Heimatstadt Düsseldorf. Etwas vondem Optimismus, der sich mit diesen erfreulichen Ereignissenverbindet, spiegelt sich auch in der ungestümen Schönheit von„Chi“ wider. (UC)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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55 Emil SchumacherHagen 1912 – 1999 San José/Ibiza„Tebaga“. 1961Öl auf Holz. 75 x 180 cm (29 ½ x 70 ⅞ in.).Unten rechts signiert und datiert(in die nasse Farbe geritzt): Schumacher 61.Rückseitig mit Kugelschreiber in Schwarzbetitelt und datiert: „TEBAGA“ 1961.Das Werk ist registriert im Archiv derEmil Schumacher Stiftung, Hagen,unter der Nummer 0/3.702. –[3506] Im Künstlerrahmen.Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen / Privatsammlung, SüddeutschlandAusstellung: Emil Schumacher, Arbeiten1960-1971. Karlsruhe, Badischer Kunstverein,1972 (laut rückseitigem Etikett)Literatur und Abbildung: Ausstellungskatalog:„Farben sind Feste für die Augen“ EmilSchumacher zum 100. Hamburg, Ernst BarlachHaus - Stiftung Hermann F. Reemtsma,2012/13, doppelseitige Farbabb. Tafel 23(nicht ausgestellt)€ 180.000 – 240.000$ 245,000 – 327,000Seit den frühen 1950er Jahren steht Emil Schumacherim Zentrum des künstlerischen Neuaufbruchs nach demKrieg und gilt als führender Vertreter des deutschenInformel. Die Freiheit im Umgang mit den bildnerischenMitteln und die Einbeziehung des Zufalls bedeuten fürSchumacher jedoch nicht die völlige Abkehr von allenKompositionsprinzipien. Wesentliches Element seineskünstlerischen Schaffens ist vielmehr das immer neueRingen um Form und Gleichgewicht des Bildes. Bei allerDifferenzierung im einzelnen, der Verteilung der Farbwerte,der Strukturen und Linien, muß am Ende eingültiges Gefüge, ein großes Ganzes stehen. In „Tebaga“wird der lodernden Energie des panoramaartig ausgebreitetenRots durch kraftvoll eingefurchte BewegungsspurenStabilität und Gestalt gegeben. Die Farbe istnicht mehr nur Träger eines bestimmten Ausdrucks, sieist Eigenschaft der Materie, die durch Bearbeitung ineinen anderen Zustand versetzt werden kann – Teil einesSchöpfungsaktes, der wie in „Tebaga“ den Rhythmusmenschlicher Körperbewegung, den kraftvollen Schwungder Geste in sich trägt.Emil Schumacher mißtraute stets dem Glatten und Perfekten,er war ein Meister der Widerstände, des Einbausvon Hindernissen und Stolpersteinen, denn die Malereiwar für ihn auch ein Wagnis und eine Form des gesteigertenLebens. In seinem Kampf um jedes einzelne Bildbegab er sich letztlich auf das Gebiet des Nicht-mehr-Sagbaren. Nicht die vermeintliche Botschaft, das Bildselbst ist die auf unser Bewußtsein wirkende, wirklichkeitsveränderndeKraft. (sch)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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56 Emil SchumacherHagen 1912 – 1999 San José/Ibiza„Meron“. 1991Öl und Mischtechnik auf Holz.88 x 115,5 cm (34 ⅝ x 45 ½ in.).Unten rechts datiert und signiert:91 Schumacher. Rückseitig mit Filzstift inSchwarz bezeichnet, signiert und datiert:Schumacher 91.Das Werk ist registriert im Archiv derEmil Schumacher Stiftung, Hagen,unter der Nummer 0/445. –[3011] Im Künstlerrahmen.Provenienz: Privatsammlung,Baden-Württemberg€ 70.000 – 90.000$ 95,200 – 122,400Ein flacher Holzkasten, mit sandgekörnter Farbe ausgestrichen.Darauf ein machtvolles schwarzes Liniengerüst, pastoses Weiß,Tiefblau und ein Tupfer Gelb, Äste, Seilenden, ein StückchenStein, ein Blatt. Die Energie der Komposition ist auch ein Jahrzehntnach ihrer Entstehung mit Händen zu greifen. Ihr Sinn?Vielleicht sind das Reste eines unbestimmbaren Arbeitsprozesses,die ihre Geschichte nicht preisgeben mögen. Der Titel könnteein Phantasieprodukt sein, oder spielt er doch auf jenen 1949unweit des gleichnamigen Berges gegründeten Ort in Palästinaan? Ist das Blatt zufällig in die Darstellung geweht oder beziehtes sich auf die verwundbare Stelle des Helden? Alle Assoziationensind erlaubt. So oft man aber versucht, einen Fixpunkt zurEntschlüsselung auszumachen, weicht die Fläche schon wiederaus, und der Zugang zu den hinteren Ebenen schließt sich.Emil Schumachers Malerei verweigert sich der herkömmlichenBetrachtung, bereichert aber unser Wissen um die Kunst. DemNaturvorbild ist sie nicht länger abbildend verpflichtet, sondernversucht aus einem Urverständnis für die Dinge zu schildern,welche Kräfte dem Boden innewohnen, auf dem wir unsereHäuser bauen und unsere Felder bestellen, den wir kultivierenund ausbeuten. Der Künstler stammt aus Hagen, wo Erz aus derTiefe geholt und im Feuer zu Stahl geschmiedet wird. Hier, inder von Schwerindustrie und harter Arbeit bestimmten Region,hat Schumacher die Materie entdeckt und sie in seine <strong>Werke</strong>einbezogen. (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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57 Hermann GlöcknerCotta bei Dresden 1889 – 1987 BerlinZentrale Teilung in Rot und WeiSS.Vor 1976Mischtechnik auf Leinwand auf Holz.27,1 x 22,5 cm (10 ⅝ x 8 ⅞ in.).[3116]Provenienz: Privatsammlung, DresdenAusstellung: Hermann Glöckner. <strong>Werke</strong> aus achtJahrzehnten. Dessau, Anhaltinischer Kunstverein,2004, Kat.-Nr. 16, Farbabb. auf dem Titel,Farbabb. der Rückseite auf dem hinterenUmschlagLiteratur und Abbildung: Ausst.-Kat. HermannGlöckner. Berlin, Neuer Berliner Kunstverein,1982, Atelieraufnahme mit der Holztafel amlinken Bildrand, o.S. / Uwe Tellkamp: DerPolarstern. In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal, Ausgabe3, Herbst 2013, S. 49-58, ganzs. Farbabb. S. 48und Umschlag hinten€ 10.000 – 15.000$ 13,600 – 20,400Natur und Geometrie, Konstruktion und Intuition, Abstraktionund Gegenständlichkeit – Hermann Glöckner verbindet in seinermehr als siebzig Jahre umfassenden künstlerischen Tätigkeitscheinbare Gegensätze. Als einziger Konstruktivist der DDR blieber ein Einzelgänger. Wobei eine solche Kategorisierung demvielschichtigen und weitreichenden Werk des 1889 in Cotta beiDresden geborenen Künstlers nur teilweise gerecht werden kann.Glöckners Bilder, Zeichnungen, Collagen, Graphiken und Plastikensind von Offenheit und Experimenten geprägt, von Themen- undMaterialvielfalt. „In der Malerei kann man ein noch so vorgefaßtesProgramm haben, das man durchführen will, es treten immeräußere Eindrücke auf, die man miterfassen, Zufälligkeiten, die manmiteinbauen muß“, schreibt Glöckner (Hermann Glöckner: MeineArbeit ist mein Leben, in: Ein Patriarch der Moderne, hg. vonJohn Erpenbeck, Berlin 1983, S. 59).Das gilt auch für das konzentrierte Bild „Zentrale Teilung in Rotund Weiß“, das 2004 als Titelbild für den Katalog zur Glöckner-Ausstellung im Meisterhaus Kandinsky/Klee in Dessau ausgewähltwurde. Die Bildfläche wurde wie bei einer Faltung durcheine Horizontale und eine in der unteren Hälfte noch sichtbarevertikale Bleistiftlinie unterteilt. Die vier so entstandenen hochformatigenRechtecke sind diagonal geteilt worden und versetztin Rot und Weiß ausgemalt, wodurch unterschiedlich großeDreiecke entstehen. Die Komposition ist klar und eindrücklichwie eine Flagge oder ein Piktogramm. Gleichzeitig hat die BildflächeStruktur. Durch die mit dem Spachtel dick aufgetrageneFarbe sind Kanten und Tropfen entstanden, die Schatten werfen.Die Farbe geht über den Rand der Holzplatte hinaus, was denObjektcharakter des Bildes betont. Das Auge des Betrachtersbleibt angesichts der Energiekonzentration des Bildes immerin Bewegung, verschiebt die Einzelelemente und setzt sie neuzusammen, wie bei chinesischen Tangram-Spielen, die Glöcknerseit den 1930er Jahren zu eigenen Arbeiten angeregt haben. (KW)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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(Beigabe)58 Hermann GlöcknerCotta bei Dresden 1889 – 1987 BerlinMast mit zwei Faltungszonen(Modell). 1975Stahlblech, vernickelt.95 x 20 x 20 cm (37 ⅜ x 7 ⅞ x 7 ⅞ in.).Beigabe: 6 Varianten des Mastes.Folge von 18 Schwarzweißphotographienauf Papier auf Hartfaser. 21,6 x 114,5 cm.Unten mit Bleistift bezeichnet:Variante 123456 x [im Kreis] (Abb. oben).[3116]Provenienz: Privatsammlung, DresdenAusstellung: Hermann Glöckner. Berlin,Neuer Berliner Kunstverein, 1982, Abb. o.S.(Bauplastik, Modell) / Hermann Glöckner fürDresden. Dresden, Leonhardi-Museum, 2003,Kat.-Nr. 82, ganzs. Abb. S. 99 und Textabb.auf S. 90Literatur und Abbildung: Werner Schmidt:Glöckners Stahlplastik für die TU Dresden.In: Bildende Kunst, Heft 1, 1984, S. 31 ff. /Paul Kaiser und Karl-Siegbert Rehberg (Hg.):Enge und Vielfalt - Auftragskunst und Kunstförderungin der DDR. Analysen und Meinungen.Eine Publikation des Kunstfonds des FreistaatesSachsen. Hamburg, Junius Verlag, 1999, Abb. 9auf S. 169 / Uwe Tellkamp: Der Polarstern.In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal, Ausgabe 3, Herbst2013, S. 49-58, ganzs. Farbabb. S. 59€ 18.000 – 24.000$ 24,500 – 32,700Bei der Plastik handelt es sich um ein Modellfür die Großskulptur, die 1984 vor der Mensader Technischen Universität Dresden aufgestelltworden ist. Das Modell wurde von dem WerkzeugmacherJürgen Dennhardt aus vernickeltemStahlblech angefertigt.Der 1889 in Cotta bei Dresden geborene Hermann Glöcknerzählt zu den großen Einzelgängern in der deutschen Kunst des20. Jahrhunderts. Bis in die 1960er Jahre hinein waren seineheute hochgeschätzten abstrakt-konstruktivistischen <strong>Werke</strong> inOst- und Westdeutschland nahezu unbekannt. Das Aufstelleneiner großen Plastik des Künstlers im öffentlichen Raum der DDRerschien lange Zeit undenkbar. Als Glöckner 1975 von DresdnerArchitekten den Auftrag für eine Stahlplastik erhält, wird es nocheinmal fast ein Jahrzehnt dauern, bis der Künstler 1984 in seinem95. Lebensjahr vor der Mensa der Technischen Universitätin Dresden doch noch die Fertigstellung der 15 Meter hohen,einzigen monumentalen abstrakten Plastik der DDR miterlebenkann. Als „Hauptwerk, in dem die Erfahrungen seines Lebenswerkeszusammengeflossen sind“, bezeichnet Werner Schmidt den„Mast mit zwei Faltungszonen“ (Schmidt 1984, a.a.O., S. 31).Die Photos der Vorstudie, die gemeinsam mit dem Modellangeboten werden, geben Aufschluß über seine Entstehung.Während die ersten Versionen an einen Stern oder eine stilisierteBlume erinnern, wählt Glöckner eine abstraktere Fassung aus.Der aus drei flachen Metallelementen entstandene, sich nachoben verjüngende Mast bildet eine vertikale Achse. Die seit den1930er Jahren von Glöckner systemisch verfolgte Vorgehensweiseder Faltung lassen Keilformen entstehen, die als gegeneinandergekippte Dreiecke in unterschiedliche Richtungen weisen.Es dominieren nach oben strebende Kräfte, gleichzeitig entstehtim oberen Teil der Eindruck des Kreisens, was die Dynamik undBewegung als ästhetische Dimension einbezieht.Ursprünglich hatte Glöckner das Werk für den Platz vor einerPoliklinik konzipiert. Der Blick der Menschen, die die Klinik verlassen,solle, so der Künstler, durch die Stahlplastik nach obengelenkt werden, „[...] weit hinauf, wo mit der anderen Faltungihrem Blick ein Ziel gegeben wird. Ich möchte, daß die Menschenaufgerichtet werden, daß sie ihre Gedanken in die Höhe und in dieWeite erheben, daß ihr Blick frei wird.“ (Bildende Kunst, Heft 1,a.a.O., S. 33). (KW)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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59 Heinz MackLollar 1931 – lebt in MönchengladbachOhne Titel (Spiegelpyramide). 1971Edelstahl, verchromtes Zink auf Holz.133 x 168,8 x 5 cm (52 ⅜ x 66 ½ x 2 in.).Rückseitig signiert, datiert und bezeichnet:Mack 71 OBEN.Nicht bei Honisch. – Das Werk wird aufgenommenin den Nachtrag des Werkverzeichnissesder Skulpturen von Heinz Mack unter derNummer 773B (in Vorbereitung). –[3232] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Berlin(Anfang der 1980er Jahre erworben)€ 70.000 – 100.000$ 95,200 – 136,000In den 1950er Jahren befanden sich die Kunstschaffendenzwischen entgegengesetzten Strömungen. Dem Streit zwischenFiguration und Abstraktion mochten sie sich nicht anschließen.1958 kam die ‚Stunde Null‘; Günther Uecker, Otto Piene undHeinz Mack stellten erstmals gemeinsam aus und nannten sichZERO. Sie verzichteten ganz bewußt auf Farbe und Schilderungeines Motivs und fanden neue Darstellungsarten. Größten Wertlegten sie auf Klarheit und Reinheit der verwendeten Gestaltungsmittel.Ueckers Markenzeichen wurde der Nagel, Pienenutzte Feuer und Rauch für seine Arbeiten und Heinz Mackergründete den Raum. Er stieß auf eine „unerwartete Möglichkeit,ästhetische Bewegung sichtbar zu machen. [Sie| ergab sich, alsich zufällig auf eine dünne Metallfolie trat, die auf einem Sisalteppichlag. Als ich die Folie aufhob, hatte das Licht Gelegenheitzu vibrieren.“ (Marc Scheps (Hg.), in: Kunst des 20. Jahrhunderts.Museum Ludwig Köln. Köln, 1996, S. 445)Mack, Entdecker von faszinierenden Vibrationen aus Licht,befaßt sich mit dynamischen Strukturen aus parallelen Rasterreihen.Mit Scheiben aus Glas, Metall und Kunststoff erzielt er‚Interferenzen‘ zur Sichtbarmachung der Weite des Raums, dendas Licht unbegrenzt erreicht. In unserer Skulptur bewirkenMetallflächen durch Schraffierungen und den Wechsel von mattenund glänzenden Partien vielfältige optische Effekte. Bereitsdie russischen Konstruktivisten haben bei ihrer Erkundung desSehvermögens sowie des Raumes mit vergleichbaren ‚Skulpturen‘experimentiert. Im Umfeld der Selbstbefragung der Kunstin der Mitte des 20. Jahrhunderts sind die Arbeiten der GruppeZERO gewichtige Zeugen. Heinz Mack bringt die Ruhe desLichtes in Vibration, und es ergibt sich „ein reiner Ausdruck derSchönheit des Lichts“ (a.a.O.). Seine <strong>Werke</strong> wollen aus den prozessualenVeränderungen beurteilt sein, die bei ihrer Betrachtungentstehen. Sie können durchaus als Aufbruch in ein neues Zeitalterverstanden werden, wie die Gründer von ZERO es angestrebthatten, denn sie sind moderne Darstellungen der fortwährendenSuche des Menschen nach der Transzendenz. (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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60 Rupprecht Geiger1908 – München – 2009„355 / 61 (Schwarz auf Rot)“. 1961Öl auf Leinwand. 95,5 x 91 cm (37 ⅝ x 35 ⅞ in.).Rückseitig mit Pinsel in Schwarz signiert unddatiert: Geiger / 61. Auf dem Keilrahmen mitPinsel in Schwarz betitelt, datiert undbezeichnet: „355“ 61 8.Dornacher/Geiger WV 318. –[3547] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Berlin (erworbenbei der Galerie Schmücking, Braunschweig)Ausstellung: Rupprecht Geiger. Ölbilder.Berlin, Galerie Schüler, 1962 (Faltblatt)€ 60.000 – 80.000$ 81,600 – 108,800Spätestens in der Renaissance entfaltete Kunst eine belehrendeFunktion. Das Historienbild als „exemplum virtutis“ gibt diemoralische Richtschnur vor, das Landschaftsbild setzt den Geistbei seiner Betrachtung in die Lage, die Größe der Natur unddie Erhabenheit von Gottes Schöpfung nachzuempfinden. ImZuge der Entwicklung der Moderne wurde diese traditionellenFunktion in Frage gestellt. Der Expressionismus machte Farbezum Ausdrucksträger, die Abstraktion verzichtete ganz darauf,mit der Malerei den Gegenstand wiederzugeben. Dazu gehört dieamerikanische Malerei, Newman, Rothko oder Reinhardt etwa,dazu gehört Yves Klein, der sich selbst einen Realisten nannte,und dazu gehört Rupprecht Geiger, der ursprünglich den Berufeines Architekten angestrebt hatte.Mit Ruhe und Konzentration setzt Geiger – er gehörte 1949zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe ZEN 49 – seineFarb-zeichen auf die Leinwand: schwerelose, große Körper, dieschwebend den Raum auszufüllen scheinen und den Betrachterin den Bann ziehen. Ungewöhnliche Farben wählt der Künstleraus, tiefes Schwarz, kräftiges Rot und häufig Fluoreszenz-Leuchtfarbe.In „355/61 (Schwarz auf Rot)“ nutzt Geiger Standardformender Geometrie für die Farbwirkung. Rechts und linksgeben zwei hochrechteckige Flächen in Schwarz den Blick aufeine an Mark Rothko erinnernde Malerei dahinter frei: übereinem weißen ‚Fundament‘ erheben sich, ineinander übergehend,die monochromen Flächen von Rot und Anthrazit. Währendersteres wie von innen leuchtet und sich langsam dem Graunähert, bleibt dieses stumm. Auch die schwarzen Rechteckeschweigen. Aus dem Verhältnis von Farbe und Dunkel, vonAusblick und Grenze entwickelt das Bild seine Magie. (EO)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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61 Arnulf RainerBaden b. Wien 1929 – lebt in Wien u. Vornbach/Inn„Blondes Gift“. 1963Öl, Farbkreiden und Graphit auf Stoff, auf Pappemontiert. 65,5 x 50,5 cm (25 ¾ x 19 ⅞ in.).Unten rechts signiert: A. Rainer. Rückseitig aufder Pappe mit Kugelschreiber in Blau signiert:A. Rainer. Auf dem Überspann mit Bleistiftsigniert, datiert und betitelt: Rainer 63„Blondes Gift“.[3545] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Berlin(in den 1960er Jahren in der Galerie Springer,Berlin, erworben)€ 60.000 – 80.000$ 81,600 – 108,800Wir danken Clara Ditz, Enzenkirchen,für die Bestätigung der Authentizitätdes Gemäldes.„Bei der Entstehung meiner Zeichnungen gab es nie einen Akt derEntstehung.“ Mit diesem scheinbaren Widerspruch wird ArnulfRainer in der 1980 erschienenen Monographie „Hirndrang“zitiert. Wie der Künstler dies gemeint hat, läßt sich an dem Bild„Blondes Gift“ aus den frühen 1960er Jahren besonders gutnachvollziehen. Mit kräftig gezogenen Linien scheint Rainer seinThema hier buchstäblich zu umkreisen, sich ihm anzunähern, esder weißen Fläche in steter Wiederholung des Malaktes abzuringen.Auf den ersten Blick wirken die einzelnen Striche ziellosgesetzt. Man könnte sie für Skripturen halten, für Notate in einerdramatisch unleserlichen Handschrift oder für Buchstaben einesfremdartigen Alphabets.An manchen Stellen hat sich der Maler offenkundig länger aufgehalten:Dort verdichten sich die Spuren der Pastellkreide zumwiedererkennbaren Motiv. Zur Darstellung von Physiognomie undNacktheit, von Augen und rot geschminkten Lippen, einer Frisuraus blonden, langen Haaren und nicht zuletzt der weiblichenScham. An anderen Stellen, vor allem dort, wo man den Umrißder Figur vermuten würde, hat Rainer der Dynamik der künstlerischenGeste freien Lauf gelassen. Konturen lösen sich auf,Volumina verschwinden und werden flach. Der Körper als solcherverliert seine Körperlichkeit und räumt das Feld für reine Expressivität.„Seit ich zeichne, plagt mich ein Unvergnügen über alles, wasich produziere“, äußert Rainer in derselben Publikation von 1980.„Ich habe immer wieder Empfindungen des Fragmentarischen,Halben und Unfertigen gegenüber meiner Arbeit.“ Wie man an demgrandiosen „Blonden Gift“ in der Rückschau erkennt, ist dies keinMakel, sondern im Gegenteil seine besondere Qualität. (UC)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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62 R Horst AntesHeppenheim 1936 – lebt in Berlin und Castellina/Chianti„Helmkopf“. 1976Corten-Stahl mit Rostpatina.172 x 195 x 50 cm (67 ¾ x 76 ¾ x 19 ⅝ in.).Lutze 50 (dort noch „in Vorbereitung“). –Eines von 3 bekannten Exemplaren. [3454]Provenienz: Privatsammlung, SchweizAusstellung: Im Kunsthaus Zürich: SammlungenHans und Walter Bechtler. Zürich, Kunsthaus,1982, ganzs. Abb. S. 22€ 70.000 – 90.000$ 95,200 – 122,400Horst Antes’ „Kopffüßler“ gehören zu den bekanntesten Bilderfindungender Kunst nach 1945 in Deutschland. In immer neuenVariationen hat der Künstler sie gemalt und skulptiert. Man hat inihnen Anklänge an die archaischen Figuren der Pueblo-Indianergesehen und sie – ganz im Sinne der von Antes um 1960mitbegründeten Neuen Figuration – als Gegenreaktion auf dasInformel verstanden.Zu Beginn seiner Karriere von Willem de Kooning beeinflußt,tragen Antes’ <strong>Werke</strong> der 1960er und 1970er Jahre in ihrerprägnanten Vereinfachung eines alltäglichen Motivs auch Zügeder Pop-Art – ähnlich wie etwa bei dem Deutsch-AmerikanerRichard Lindner, der bisweilen ebenfalls zur Neuen Figurationgezählt wird. Vor allem aber sind sie das ideale Gegenüber:„Sie können monumental und aggressiv sein, Trauer zeigen oderScheu“, schreibt Joachim Sartorius, Kurator der Antes-Retrospektive,die im Sommer 2013 im Berliner Martin-Gropius-Bau zusehen war, im Katalog zur Ausstellung. „Manchmal ist ihnen einenaive Anmut eigen, sie können zutraulich sein oder irritierend, siekönnen sich maskieren oder verlieben.“Unser aus Corten-Stahl gefertigter „HelmKopf“ von 1976 zeigtneben einer wunderschönen Patina eine besonders ausgewogeneKomposition aus verschiedenen Volumina und einigenwenigen, dafür in um so größerer Klarheit gezogenen Linien.Das klassische, vom „Helm“ noch betonte Profil, der einen Spaltweit geöffnete Mund, der Übergang vom Kopf zum Rumpf, derseine exakte Entsprechung noch einmal in der Form der Rüstungfindet – all dies verleiht dem „Helmkopf“ eine bewehrte, rätselhaft-undurchdringlicheund gleichzeitig eigentümlich wesenhafteAura. (UC)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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63 Roy Lichtenstein1923 – New York – 1997„Nude with Blue Hair, State I“. 1994Farbhochdruck auf Rives-Velin.130 x 80 cm (146,6 x 95 cm)(51 ⅛ x 31 ½ in. (57 ¾ x 37 ⅜ in.)).Signiert, datiert und bezeichnet: State I.Corlett 287. –Einer von 10 numerierten Abzügen.Tyler Graphics Ltd., Mount Kisco (mit demPrägestempel). [3381] Gerahmt.Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland€ 120.000 – 150.000$ 163,000 – 204,000Verheißungsvoll und selbstbewußt ist der Blick der nacktenSchönheit mit den leicht geöffneten, kirschroten Lippen auf denBetrachter gerichtet. Hellblaue Augen leuchten unter geschwungenenWimpern. Die Arme hat sie lasziv erhoben, so daß dielangen, roten Fingernägel der rechten Hand sichtbar werdenund der Busen gerade eben ins Bild rutscht. Eine Frau? Eher dieIdealvorstellung davon. Die Vorlage für „Nude with Blue Hair“hat Lichtenstein einem Comic-Heft oder einer Werbeanzeige ineinem Printmedium entnommen, sie anschließend vereinfacht,vergrößert und in ein entindividualisiertes Raster aus Flächenund Punkten übersetzt. 1961 begann Lichtenstein mit seineram Druckraster orientierten Malerei, die seine <strong>Werke</strong> bis heuteunverwechselbar macht und ihn zu einem der berühmtestenKünstler des 20. Jahrhunderts werden ließ.Parallel zu seinen Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen undKeramiken hat Lichtenstein seit den 1950er Jahren mitKonsequenz und Experimentierfreude ein eindrucksvollesdruckgraphisches Œuvre geschaffen. 1964 begegnete erKenneth Tyler, in dessen Werkstatt Tyler Graphics Ltd. in NewYork auch der Hochdruck „Nude with Blue Hair“ 1994 entstandenist. Seit Anfang der 1990er Jahre hatte Lichtenstein an einerneuen Nudes-Serie gearbeitet, in der er auch auf frühere Motivezurückgriff. Wie schon auf dem berühmten Gemälde „Girl withBall“ aus dem Jahr 1961, das im New Yorker Museum of ModernArt hängt, werden auf „Nude with Blue Hair“ die roten „BendayDots“ von blauen Linien eingefaßt. Auch in „Women in Bath“aus dem Jahr 1963, das zur Sammlung Thyssen-Bornemisza inMadrid gehört, wählte Lichtenstein diese Kombination. BlaueLinien ergeben die Silhouette des Körpers, rahmen Gesicht,Augenbrauen und Augen und Haar, das sich in sanften Wellenwiegt.Obwohl Lichtenstein stets betonte, daß er mit seinen Arbeitenkeine Gesellschaftskritik übe, so verweisen seine <strong>Werke</strong> dochauf die Allgegenwart von massenmedialen Bildern und die darinvermittelten Stereotype. Lichtenstein lenkt die Aufmerksamkeitnicht nur auf Klischees in Werbung und Comics, sondern auf dieRealität der Werbung selbst und ihre spezifische Ästhetik. (KW)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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64 R Günther FörgFüssen 1952 – lebt in München und ColombierOhne Titel (Diptychon). 19942teilige Arbeit: Jeweils Acryl auf Blei,auf Holz montiert. Jeweils 180 x 110 x 6,2 cm(70 ⅞ x 43 ¼ x 2 ½ in.).Jeweils rückseitig mit Filzstift signiertund datiert: Förg 94.Retusche. Etwas fleckig und bestoßen. [3542]Provenienz: Firmensammlung, Deutschland€ 60.000 – 80.000$ 81,600 – 108,800Ausgangspunkt für Günther Förgs Bleibilder ist die Serie dergrauen Bilder, die er in seiner Anfangszeit in den 1970er Jahrenan der Münchner Kunstakademie bei Karl Fred Dahmen schuf.Als Ergebnis eines malerischen Reinigungsprozesses erscheinendiese von inhaltlichen Aussagen oder moralischen Ansprüchenentleert. Auf grauem oder schwarzem Grund liegen transparente,weißgraue Bewegungsspuren, die dem Betrachter die Möglichkeitgeben, dem Werkprozess zu folgen.Diese Struktur nimmt Förg in seinen Bleibildern auf. Der dunkleBildträger übernimmt die Funktion der schwarzen Grundierungund wird von geometrischen Farbflächen kontrastiert. Durch dieunebene Oberfläche des Bleis und die Reflexionen des Lichtsbeginnt das Material in unendlichen Nuancen zu schimmern. Mitkurzen, schnell aufgetragenen Pinselstrichen unterstreicht derKünstler dessen organische Struktur, die der klaren Symmetrieund dem akkuraten Farbauftrag des Rots gegenübersteht.Günther Förg positioniert sich gegen die Darstellung im Gemälde,gegen die Methode, Formen mit Hilfe linearer Umrisse abzubilden.Sein Thema ist nicht die abstrakte Darstellung von Inhalten,sondern die Abstraktion an sich. Er präsentiert das rein Malerischeals Beweis seiner selbst, das kein Ziel hat außerhalb seinereigenen Existenz. Der Betrachter wird durch die Monumentalitätund physische Präsenz des Diptychons überwältigt. Es entfaltetseine Wirkung als gemachtes Objekt und fungiert gleichzeitig alsgedankliches Konstrukt, das auf ein reichhaltiges Gewebe bereitsexistierender Gemälde verweist. Mit spielerischer Leichtigkeitzitiert Förg die Positionen Barnett Newmans, Piet Mondriansoder Lucio Fontanas und macht damit greifbar, was der Begriffder Postmodernität in der Malerei bedeutet: „Eine Art Modernität,die eine gehörige Portion Lästerei am System Kunst beinhaltet, diedem Leben entspricht. Eine Modernität also, die den Kunstbetriebund die Kunstkritik in die eigene Thematik integriert und zumKontext werden läßt.“ (Heliod Spiekermann: Haushalten.In: Reiner Speck: Laissez und message. Günter Förg zum 50.Köln, Snoeck Verlagsgesellschaft, 2005. S. 81) (NB)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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65 Isa GenzkenBad Oldesloe 1948 – lebt in BerlinWiese. 1990Beton und Stahl. 225 x 59 x 82 cm(88 ⅝ x 23 ¼ x 32 ¼ in.).[3053]Provenienz: Privatsammlung, Rheinland (1992direkt von der Künstlerin erworben)€ 200.000 – 250.000$ 272,000 – 340,000Das New Yorker Museum of Modern Art läßt in der Vorankündigungzur Retrospektive, die Ende November 2013 eröffnet,keinen Zweifel an ihrer Bedeutung: „Isa Genzken [...] ist eine derwohl wichtigsten und einflußreichsten Künstlerinnen der letzten30 Jahre.“ Nur vier Jahre nach Genzkens großer Einzelausstellungim Kölner Museum Ludwig und der Londoner Whitechapel Gallerywird die bisher größte Übersichtsausstellung mit Skulpturen,Installationen, Bildern, Zeichnungen, Fotografien, Filmen undKünstlerbüchern angekündigt.Bei aller Vielfalt und Gegenwart im Werk von Isa Genzkenbeschäftigt sich die 1948 geborene Künstlerin seit ihrenAnfängen in den 1970er Jahren vor allem mit traditionellenBildhauerthemen: Raum, Material, Bewegung, Farbe, Licht,Spiegelung und Auflösung. Aus ihrer unmittelbaren Umgebungund der ungeheuren Bilder- und Informationsflut filtert sieThemen heraus, die sie in ihr eigenes Form- und Materialvokabulareinbindet, hinterfragt und immer wieder neu erfindet.So entstanden nach den langgestreckten Ellipsoiden undHyperboloiden mit ihren farbig lackierten Oberflächen seitMitte der 1980er Jahre Gips- und Betonskulpturen. Grauer Beton,gleichermaßen Synonym für die verbauten Vorstädte wie für diewahr gewordene Utopie der Wolkenkratzer, wird in mehrerenSchichten in Holzverschalungen gegossen. Die roh belassenenObjekte stellt Genzken auf hochbeinige, schmale Stahlgestelle,die wie entkernte Sockel erscheinen.Das Grau als Nichtfarbe lenkt den Blick auf die Form selbst unddie zerfurchte Oberfläche. Schroff und massiv, gleichzeitig porösund fragil wirkt die aus vier Einzelelementen bestehende Skulptur„Wiese“ (1990), deren Risse und Spaltungen die Gleichzeitigkeitvon Leichtigkeit und Schwere noch betonen. Fragmentarisch wieeine gebaute Ruine erscheint das Objekt, unentschieden zwischenEntstehen und Verfall. „Beton ist forcierte Natur“, sagte Isa Genzken1987 (Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, München 1990,Nr. 10, S. 2). In ihren <strong>Werke</strong>n verbinden sich Reflexionen überArchitektur und die Zerbrechlichkeit menschlichen Daseins.Die Skulptur wird zur semipermeablen Membran zwischenBetrachter und Künstlerin, zwischen Raum und Objekt. (KW)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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66 Thomas DemandMünchen 1964 – lebt in BerlinCampingtisch. 1999C-Print, Diasec. 85 x 58 cm (33 ½ x 22 ⅞ in.).Rückseitig mit Filzstift in Schwarz signiertund datiert: Thomas Demand 1999.Eines von 6 numerierten Exemplaren. [3111]Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-WestfalenLiteratur und Abbildung: Benjamin vonStuckrad-Barre: Der Tatortreiniger. Über dieUnschuldigkeit der Dinge in Thomas DemandsFotografie „Campingtisch“. In: <strong>Grisebach</strong>.Das Journal, Ausgabe 3, Herbst 2013,S. 18-20, ganzs. Farbabb. S. 19€ 30.000 – 40.000$ 40,800 – 54,400Der Kriminalfall zählt zu den spektakulärsten der letzten Jahrzehntein Deutschland: 1996 wurde der Hamburger Literatur-und Sozialwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma entführtund mehrere Wochen lang in einem Keller festgehalten. AlsLebenszeichen schickten die Entführer ein Polaroidphoto, dasReemtsma am Tisch sitzend zeigt. Er hält eine aktuelle Ausgabeder „Bild“-Zeitung hoch. Neben ihm zeichnet sich die Silhouetteeines Mannes mit einer Kalaschnikow ab. Der 1964 in Münchengeborene Künstler Thomas Demand hat ein Detail diesesPolaroidbildes für seine Fotoarbeit „Campingtisch“ ausgewählt.In Zeiten, in denen eine Nachricht mit dem Bild davon gleichgesetztwird, rekonstruiert Demand anhand von Zeitungs- undArchivbildern Orte, indem er sie präzise aus Pappe und Papiernachbaut. Personen und narrative Elemente wie Aufschriften läßter weg. Das so entstandene Papier-Modell wird professionell ausgeleuchtet,photographiert und anschließend zerstört. Es bleibteine Photographie, die in ihrer Perfektion einen seltsam kühlen,künstlichen und unbenutzt wirkenden Raum zeigt.Das gilt auch für das 1999 entstandene Bild „Campingtisch“,von dem ein Exemplar 2009 in Demands Einzelausstellung inder Neuen Nationalgalerie in Berlin zu sehen war. Das Stillebenvereint unpersönliche Gegenstände, mit denen die Mindestversorgungdes Entführungsopfers gesichert werden sollte: eineWasserflasche, Campingleuchten, Toilettenpapier. Die Alltäglichkeitdieser Dinge unterstreicht noch, wie nah beieinander dieBanalität und das Böse liegen können. Der einzige private Gegenstandist die Brille Reemtsmas im Hintergrund, die als Sinnbildder Zerbrechlichkeit von Grundrechten und der Willkür derEntführer gelesen werden kann. Die kaum merklichen Verschiebungen,die durch die Rekonstruktion Demands entstehen, wieSchnitt- und Klebekanten, lenken den Blick auf die verschiedenenMaterialien wie die glatte Oberfläche des Kunststofftischesoder die Struktur der verputzten Wand und werfen Fragen aufnach Begriffen wie Original und Kopie, nach Wirklichkeit und derKonstruktion davon.Nach 33 Tagen und der Zahlung eines Lösegeldes kam Reemtsmafrei. Seine Erlebnisse verarbeitete er in einem Buch. Der Kellerwerde in seinem Leben bleiben, schreibt er darin. Auch daskann man in Thomas Demands Bild erahnen. (KW)<strong>Grisebach</strong> 11/2013


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<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong><strong>Auktionen</strong>RepräsentanzenRepresentativesBerlinBernd Schultz / Micaela KapitzkyFlorian Illies / Dr. Markus Krause<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong>Fasanenstraße 25, D-10719 BerlinTelefon: +49-30-885 915-0Telefax: +49-30-882 41 45auktionen@villa-grisebach.dewww.villa-grisebach.deDortmundWilfried UtermannGalerie UtermannSilberstraße 22, D-44137 DortmundTelefon: +49-231-4764 3757Telefax: +49-231-4764 3747w.utermann@villa-grisebach.deNorddeutschlandStefanie BusoldSierichstraße 157 · D-22299 HamburgTelefon: +49-40-4600 9010 · Telefax: +49-40-4600 9010Mobil: +49-172-540 9073 · busold@villa-grisebach.deNordrhein-Westfalen/BeneluxDaniel von Schacky<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong>Bilker Straße 4-6 · D-40213 DüsseldorfTelefon: +49-211-8629 2199 · Telefax: +49-211-8629 2198Mobil: +49-151-1907 7721 · schacky@villa-grisebach.deAnne Ganteführer-Trier · PhotographieMobil: +49-170-575 7464gantefuehrer-trier@villa-grisebach.deBaden-WürttembergDr. Annegret FunkIm Buchrain 15 · D-70184 StuttgartTelefon: +49-711-248 4857 · Telefax: +49-711-248 4404Mobil: +49-172-676 4715 · funk@villa-grisebach.deBayernDorothée Gutzeit<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong>Prannerstraße 13 · D-80333 MünchenTelefon: +49-89-22 7632/33 · Telefax: +49-89-22 3761Mobil: +49-172-381 5640 · gutzeit@villa-grisebach.deHessenDr. Arnulf HerbstAystettstraße 4 · D-60322 Frankfurt am MainTelefon: +49-69-9769 9484 · Telefax: +49-69-9769 9486Mobil: +49-172-101 2430 · herbst@villa-grisebach.deSchweizVerena Hartmann<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> AG · Bahnhofstr. 14 · CH-8001 ZürichTelefon: +41-44-212 8888 · Telefax: +41-44-212 8886Mobil: +41-79-221 3519 · auktionen@villa-grisebach.chUSA/KanadaMonika Stump Finane<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auctions Inc.120 East 56th Street, Suite 635, USA-New York, NY 10022Telefon: +1-212-308 0762 · Telefax: +1-212-308 0655Mobil: +1-917- 981 1147 · auctions@villa-grisebach.comAuktionatorenöffentlich bestellt und vereidigt:Peter Graf zu Eltz, SalzburgBernd Schultz, BerlinDr. Markus Krause, Berlin


Kataloge onlinewww.villa-grisebach.de<strong>Auktionen</strong> live verfolgen131


Herbstauktionen in Berlin—27. bis 30. November 2013Photographie · Berlin, 27. November 2013Kunst des 19. JahrhundertsMittwoch, 27. November 2013 · 14.30 UhrPhotographieMittwoch, 27. November 2013 · 17 UhrOrangerieDonnerstag, 28. November 2013 · 11 UhrAusgewählte <strong>Werke</strong>Donnerstag, 28. November 2013 · 17 Uhr


www.villa-grisebach.deModerne KunstFreitag, 29. November 2013 · 11 UhrZeitgenössische KunstFreitag, 29. November 2013 · 14.30 UhrWeitere Informationenund alle Termine unterwww.villa-grisebach.deVorbesichtigung aller <strong>Werke</strong>22. bis 26. November 2013in BerlinThird FloorSamstag, 30. November 201311 Uhr / 14.30 Uhr<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong>Fasanenstraße 25, 27 und 73Freitag bis Montag 10 bis 18 UhrDienstag 10 bis 17 Uhr


Hinweisezum KatalogCatalogueInstructions1. Alle Katalogbeschreibungen sind online und auf Anfrage inEnglisch erhältlich.2. Basis für die Umrechnung der EUR-Schätzpreise:1 US $ = EUR 0,735 (Kurs vom 4. Oktober 2013)3. Bei den Katalogangaben sind Titel und Datierung, wennvorhanden, vom Künstler bzw. aus den Werkverzeichnissenübernommen. Diese Titel sind durch Anführungszeichengekennzeichnet. Undatierte <strong>Werke</strong> haben wir anhand derLiteratur oder stilistisch begründbar zeitlich zugeordnet.4. Alle <strong>Werke</strong> wurden neu vermessen, ohne die Angaben inWerkverzeichnissen zu übernehmen. Die Maßangaben sindin Zentimetern und Inch aufgeführt. Es gilt Höhe vor Breite,wobei bei Originalen die Blattgröße, bei Drucken die Darstellungsgrößebzw. Plattengröße angegeben wird. Wenn PapierundDarstellungsmaß nicht annähernd gleich sind, ist diePapiergröße in runden Klammern angegeben. Signaturen,Bezeichnungen und Gießerstempel sind aufgeführt.„Bezeichnung“ bedeutet eine eigenhändige Aufschrift desKünstlers, im Gegensatz zu einer „Beschriftung“ von fremderHand. Bei druckgraphischen <strong>Werke</strong>n wurde auf Angabe dergedruckten Bezeichnungen verzichtet.5. Bei den Papieren meint „Büttenpapier“ ein Maschinenpapiermit Büttenstruktur. Ergänzende Angaben wie „JW Zanders“oder „BFK Rives“ beziehen sich auf Wasserzeichen.Der Begriff „Japanpapier“ bezeichnet sowohl echtes wieauch maschinell hergestelltes Japanpapier.6. Sämtliche zur Versteigerung gelangenden Gegenständekönnen vor der Versteigerung besichtigt und geprüftwerden; sie sind gebraucht. Der Erhaltungszustand derKunstwerke ist ihrem Alter entsprechend; Mängel werdenin den Katalogbeschreibungen nur erwähnt, wenn sie denoptischen Gesamteindruck der Arbeiten beeinträchtigen.Für jedes Kunstwerk liegt ein Zustandsbericht vor, derangefordert werden kann.7. Die in eckigen Klammern gesetzten Zeichen beziehen sichauf die Einlieferer, wobei [E] die Eigenware kennzeichnet.8. Es werden nur die <strong>Werke</strong> gerahmt versteigert, die gerahmteingeliefert wurden.9. Die Kunstwerke, die mit R hinter der Losnummergekennzeichnet sind, unterliegen der Regelbesteuerung(§ 4 der Versteigerungsbedingungen).1. Descriptions in English of each item included in thiscatalogue are available online or upon request.2. The basis for the conversion of the EUR-estimates:1 US $ = EUR 0,735 (rate of exchange 4 October 2013)3. The titles and dates of works of art provided in quotationmarks originate from the artist or are taken from thecatalogue raisonné. These titles are printed within quotationmarks. Undated works have been assigned approximatedates by <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> based on stylistic grounds andavailable literature.4. Dimensions given in the catalogue are measurements takenin centimeters and inches (height by width) from the actualworks. For originals, the size given is that of the sheet;forprints, the size refers to the plate or block image. Where thatdiffers from the size of the sheet on which it is printed, thedimensions of the sheet follow in parentheses ( ). Specialprint marks or designations for these works are not noted inthe catalogue. “Bezeichnung” (“inscription”) means aninscription from the artist’s own hand, in contrast to“Beschriftung” (“designation”) which indicates an inscriptionfrom the hand of another.5. When describing paper, „Bütten paper” denotes machinemadepaper manufactured with the texture and finish of„Bütten”. Other designations of paper such as „JW Zanders”or „BFK Rives” refer to respective watermarks. The term„Japan paper” refers to both hand and machine-madeJapan paper.6. All sale objects may be viewed and examined before theauction; they are sold as is. The condition of the workscorresponds to their age. The catalogues list only suchdefects in condition as impair the overall impression of theart work. For every lot there is a condition report whichcan be requested.7. Those numbers printed in brackets [ ] refer to the consignorslisted in the Consignor Index, with [E] referring to propertyowned by <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong>.8. Only works already framed at the time of consignmentwill be sold framed.9. For those works of art with R following the lot numberthe standard VAT is applicable (§ 4 Conditions of Auction).


Versteigerungsbedingungender <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> <strong>GmbH</strong>§ 1 Der Versteigerer1. Die Versteigerung erfolgt im Namen der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> <strong>GmbH</strong> –nachfolgend: „<strong>Grisebach</strong>“ genannt. Der Auktionator handelt als derenVertreter. Er ist gem. § 34b Abs. 5 GewO öffentlich bestellt. Die Versteigerungist somit eine öffentliche Versteigerung i.S. § 474 Abs. 1 S. 2 und § 383 Abs.3 BGB.2. Die Versteigerung erfolgt in der Regel für Rechnung des Einlieferers,der unbenannt bleibt. Nur die im Eigentum von <strong>Grisebach</strong> befindlichenKunstgegenstände werden für eigene Rechnung versteigert. Sie sind imKatalog mit „E“ gekennzeichnet.3. Die Versteigerung erfolgt auf der Grundlage dieser Versteigerungs bedingungen.Die Versteigerungsbedingungen sind im Auktionskatalog, im Internet und durchdeutlich sichtbaren Aushang in den Räumen von <strong>Grisebach</strong> veröffentlicht.Durch Abgabe eines Gebots erkennt der Käufer diese Versteigerungsbedingungenals verbindlich an.§ 2 Katalog, Besichtigung und Versteigerungstermin1. KatalogVor der Versteigerung erscheint ein Auktionskatalog. Darin werden zurallgemeinen Orientierung die zur Versteigerung kommenden Kunstgegenständeabgebildet und beschrieben. Der Katalog enthält zusätzlich Angaben überUrheberschaft, Technik und Signatur des Kunstgegenstandes. Nur siebestimmen die Beschaffenheit des Kunstgegenstandes. Im übrigen ist derKatalog weder für die Beschaffenheit des Kunstgegenstandes noch fürdessen Erscheinungsbild (Farbe) maßgebend. Der Katalog weist einenSchätzpreis in Euro aus, der jedoch lediglich als Anhaltspunkt für denVerkehrswert des Kunstgegenstandes dient, ebenso wie etwaige Angabenin anderen Währungen.Der Katalog wird von <strong>Grisebach</strong> nach bestem Wissen und Gewissen undmit großer Sorgfalt erstellt. Er beruht auf den bis zum Zeitpunkt derVersteigerung veröffentlichten oder sonst allgemein zugänglichenErkenntnissen sowie auf den Angaben des Einlieferers.Für jeden der zur Versteigerung kommenden Kunstgegenstände kann beiernstlichem Interesse ein Zustandsbericht von <strong>Grisebach</strong> angefordert und eskönnen etwaige von <strong>Grisebach</strong> eingeholte Expertisen eingesehen werden.Die im Katalog, im Zustandsbericht oder in Expertisen enthaltenen Angabenund Beschreibungen sind Einschätzungen, keine Garantien im Sinne des§ 443 BGB für die Beschaffenheit des Kunstgegenstandes.<strong>Grisebach</strong> ist berechtigt, Katalogangaben durch Aushang am Ort derVersteigerung und unmittelbar vor der Versteigerung des betreffendenKunstgegenstandes mündlich durch den Auktionator zu berichtigenoder zu ergänzen.2. BesichtigungAlle zur Versteigerung kommenden Kunstgegenstände werden vor derVersteigerung zur Vorbesichtigung ausgestellt und können besichtigtund geprüft werden. Ort und Zeit der Besichtigung, die <strong>Grisebach</strong> festlegt,sind im Katalog angegeben. Die Kunstgegenstände sind gebraucht undwerden in der Beschaffenheit versteigert, in der sie sich im Zeitpunkt derVersteigerung befinden.3. <strong>Grisebach</strong> bestimmt Ort und Zeitpunkt der Versteigerung. Sie ist berechtigt,Ort oder Zeitpunkt zu ändern, auch wenn der Auktionskatalog bereits versandtworden ist.§ 3 Durchführung der Versteigerung1. BieternummerJeder Bieter erhält von <strong>Grisebach</strong> eine Bieternummer.Er hat die Verstei gerungs bedingungen als verbindlich anzuerkennen.Von unbekannten Bietern benötigt <strong>Grisebach</strong> zur Erteilung der Bieternummerspätestens 24 Stunden vor Beginn der Versteigerung eine schriftlicheAnmeldung mit beigefügter zeitnaher Bankreferenz.Nur unter einer Bieternummer abgegebene Gebote werden auf derVersteigerung berücksichtigt.2. AufrufDie Versteigerung des einzelnen Kunstgegenstandes beginnt mit dessenAufruf durch den Auktionator. Er ist berechtigt, bei Aufruf von der imKatalog vorgesehenen Reihenfolge abzuweichen, Los-Nummern zuverbinden oder zu trennen oder eine Los-Nummer zurückzuziehen.Der Preis wird bei Aufruf vom Auktionator festgelegt, und zwar in Euro.Gesteigert wird um jeweils 10 % des vorangegangenen Gebots, sofernder Auktionator nicht etwas anderes bestimmt.3. Gebotea) Gebote im SaalGebote im Saal werden unter Verwendung der Bieternummer abgegeben.Ein Vertrag kommt durch Zuschlag des Auktionators zustande.Will ein Bieter Gebote im Namen eines Dritten abgeben, hat er diesmindestens 24 Stunden vor Beginn der Versteigerung von <strong>Grisebach</strong> unterVorlage einer Vollmacht des Dritten anzuzeigen. Anderenfalls kommt beiZuschlag der Vertrag mit ihm selbst zustande.b) Schriftliche GeboteMit Zustimmung von <strong>Grisebach</strong> können Gebote auf einem dafür vorgesehenenFormular auch schriftlich abgegeben werden. Sie müssen vom Bieter unterzeichnetsein und unter Angabe der Los-Nummer, des Künstlers und desTitels den für den Kunstgegenstand gebotenen Hammerpreis nennen. DerBieter muss die Versteigerungsbedingungen als verbindlich anerkennen.Mit dem schriftlichen Gebot beauftragt der Bieter <strong>Grisebach</strong>, seine Geboteunter Berücksichtigung seiner Weisungen abzugeben. Das schriftliche Gebotwird von <strong>Grisebach</strong> nur mit dem Betrag in Anspruch genommen, der erforderlichist, um ein anderes Gebot zu überbieten.Ein Vertrag auf der Grundlage eines schriftlichen Gebots kommt mit demBieter durch den Zuschlag des Auktionators zustande.Gehen mehrere gleich hohe schriftliche Gebote für denselben Kunstgegenstandein, erhält das zuerst eingetroffene Gebot den Zuschlag, wenn keinhöheres Gebot vorliegt oder abgegeben wird.c) Telefonische GeboteTelefonische Gebote sind zulässig, wenn der Bieter mindestens 24 Stunden vorBeginn der Versteigerung dies schriftlich beantragt und <strong>Grisebach</strong> zugestimmthat. Der Bieter muss die Versteigerungsbedingungen als verbindlich anerkennen.Die telefonischen Gebote werden von einem während der Versteigerung imSaal anwesenden Mitarbeiter von <strong>Grisebach</strong> entgegengenommen und unterBerücksichtigung der Weisungen des Bieters während der Versteigerung abgegeben.Das von dem Bieter genannte Gebot bezieht sich ausschließlich auf denHammerpreis, umfasst also nicht Aufgeld, etwaige Umlagen und Umsatzsteuer,die hinzukommen. Das Gebot muss den Kunstgegenstand, auf den es sichbezieht, zweifelsfrei und möglichst unter Nennung der Los-Nummer, desKünstlers und des Titels, benennen.Telefonische Gebote können von <strong>Grisebach</strong> aufgezeichnet werden. Mit demAntrag zum telefonischen Bieten erklärt sich der Bieter mit der Aufzeichnungeinverstanden. Die Aufzeichnung wird spätestens nach drei Monaten gelöscht,sofern sie nicht zu Beweiszwecken benötigt wird.d) Gebote über das InternetGebote über das Internet sind nur zulässig, wenn der Bieter von <strong>Grisebach</strong> zumBieten über das Internet unter Verwendung eines Benutzernamens und einesPasswortes zugelassen worden ist und die Versteigerungsbedingungen alsverbindlich anerkennt. Die Zulassung erfolgt ausschließlich für die Person desZugelassenen, ist also höchstpersönlich. Der Benutzer ist verpflichtet, seinenBenutzernamen und sein Passwort Dritten nicht zugänglich zu machen. Beischuldhafter Zuwiderhandlung haftet er <strong>Grisebach</strong> für daraus entstandeneSchäden.Gebote über das Internet sind nur rechtswirksam, wenn sie hinreichendbestimmt sind und durch Benutzernamen und Passwort zweifelsfrei dem Bieterzuzuordnen sind. Die über das Internet übertragenen Gebote werden elektronischprotokolliert. Die Richtigkeit der Protokolle wird vom Käufer anerkannt,dem jedoch der Nachweis ihrer Unrichtigkeit offensteht.


<strong>Grisebach</strong> behandelt Gebote, die vor der Versteigerung über das Internet abgegebenwerden, rechtlich wie schriftliche Gebote. Internetgebote während einerlaufenden Versteigerung werden wie Gebote aus dem Saal berücksichtigt.4. Der Zuschlaga) Der Zuschlag wird erteilt, wenn nach dreimaligem Aufruf eines Gebots keinhöheres Gebot abgegeben wird. Der Zuschlag verpflichtet den Bieter, derunbenannt bleibt, zur Abnahme des Kunstgegenstandes und zur Zahlung desKaufpreises (§ 4 Ziff. 1).b) Der Auktionator kann bei Nichterreichen des Limits einen Zuschlag unterVorbehalt erteilen. Ein Zuschlag unter Vorbehalt wird nur wirksam, wenn<strong>Grisebach</strong> das Gebot innerhalb von drei Wochen nach dem Tag derVersteigerung schriftlich bestätigt. Sollte in der Zwischenzeit ein andererBieter mindestens das Limit bieten, erhält dieser ohne Rücksprache mitdem Bieter, der den Zuschlag unter Vorbehalt erhalten hat, den Zuschlag.c) Der Auktionator hat das Recht, ohne Begründung ein Gebot abzulehnenoder den Zuschlag zu verweigern. Wird ein Gebot abgelehnt oder derZuschlag verweigert, bleibt das vorangegangene Gebot wirksam.d) Der Auktionator kann einen Zuschlag zurücknehmen und den Kunstgegen standinnerhalb der Auktion neu ausbieten,– wenn ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot von ihm übersehen unddies von dem übersehenen Bieter unverzüglich beanstandet worden ist,– wenn ein Bieter sein Gebot nicht gelten lassen will oder– wenn sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen.Übt der Auktionator dieses Recht aus, wird ein bereits erteilter Zuschlagunwirksam.e) Der Auktionator ist berechtigt, ohne dies anzeigen zu müssen, bis zumErreichen eines mit dem Einlieferer vereinbarten Limits auch Gebote fürden Einlieferer abzugeben und den Kunstgegenstand dem Einlieferer unterBenennung der Einlieferungsnummer zuzuschlagen. Der Kunstgegenstandbleibt dann unverkauft.§ 4 Kaufpreis, Zahlung, Verzug1. KaufpreisDer Kaufpreis besteht aus dem Hammerpreis zuzüglich Aufgeld. Hinzukommenkönnen pauschale Gebühren sowie die gesetzliche Umsatzsteuer.A. Bei im Katalog mit dem Buchstaben „R“ hinter der Losnummer gekennzeichnetenKunstgegenständen berechnet sich der Kaufpreis wie folgt:a) AufgeldAuf den Hammerpreis berechnet <strong>Grisebach</strong> ein Aufgeld von 25 %. Auf denTeil des Hammerpreises, der 500.000 EUR übersteigt, wird ein Aufgeldvon 20 % berechnet. Auf den Teil des Hammerpreises, der 1.000.000 EURübersteigt, wird ein Aufgeld von 15 % berechnet.b) UmsatzsteuerAuf den Hammerpreis und das Aufgeld wird die jeweils gültige gesetzlicheUmsatzsteuer erhoben (Regelbesteuerung mit „R“ gekennzeichnet). Sie beträgtfür Originalwerke der bildenden Kunst derzeit 7 % sowie für Sammlungsstückegemäß Nr. 54 der Anlage 2 zu § 12 (2) Nr. 1 UStG derzeit ebenfalls 7 %, beiPhotographien sowie Bild- und Siebdrucken 19 %.c) UmsatzsteuerbefreiungKeine Umsatzsteuer wird für den Verkauf von Kunstgegenständen berechnet,die in Staaten innerhalb des Gemeinschaftsgebietes der Europäischen Union(EU) von Unternehmen erworben und aus Deutschland exportiert werden,wenn diese bei Beantragung und Erhalt ihrer Bieternummer ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben haben. Eine nachträgliche Berücksichtigung,insbesondere eine Korrektur nach Rechnungsstellung, ist nicht möglich.Keine Umsatzsteuer wird für den Verkauf von Kunstgegenständen berechnet,die gemäß § 6 Abs. 4 UStG in Staaten außerhalb des Gemeinschaftsgebietesder EU geliefert werden und deren Käufer als ausländische Abnehmer geltenund dies entsprechend § 6 Abs. 2 UStG nachgewiesen haben. Im Auslandanfallende Einfuhrumsatzsteuer und Zölle trägt der Käufer.Die vorgenannten Regelungen zur Umsatzsteuer entsprechen dem Stand derGesetzgebung und der Praxis der Finanzverwaltung. Änderungen sind nichtausgeschlossen.B. Bei Kunstgegenständen ohne besondere Kennzeichnung im Katalog berechnetsich der Kaufpreis wie folgt:Bei Käufern mit Wohnsitz innerhalb der EU berechnet <strong>Grisebach</strong> auf denHammerpreis ein Aufgeld von 30 %. Auf den Teil des Hammerpreises, der500.000 EUR übersteigt, wird ein Aufgeld von 25 % berechnet. Auf den Teildes Hammerpreises, der 1.000.000 EUR übersteigt, wird ein Aufgeld von 20 %berechnet. In diesem Aufgeld sind alle pauschalen Gebühren sowie diegesetzliche Umsatzsteuer enthalten (Differenzbesteuerung nach § 25a UStG).Sie werden bei der Rechnungstellung nicht einzeln ausgewiesen.Käufern, denen nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) im Inland geliefert wirdund die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, kann auf Wunsch die Rechnungnach der Regelbesteuerung gemäß Absatz A ausgestellt werden. DieserWunsch ist bei Beantragung der Bieternummer anzugeben.Eine Korrektur nach Rechnungstellung ist nicht möglich.2. Fälligkeit und ZahlungDer Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig.Der Kaufpreis ist in Euro an <strong>Grisebach</strong> zu entrichten. Schecks undandere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen.Eine Begleichung des Kaufpreises durch Aufrechnung ist nur mitunbe strittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig.Bei Zahlung in ausländischer Währung gehen ein etwaiges Kursrisikosowie alle Bankspesen zulasten des Käufers.3. VerzugIst der Kaufpreis innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Rechnungnoch nicht beglichen, tritt Verzug ein.Ab Eintritt des Verzuges verzinst sich der Kaufpreis mit 1 % monatlich,unbeschadet weiterer Schadensersatzansprüche.Zwei Monate nach Eintritt des Verzuges ist <strong>Grisebach</strong> berechtigt und aufVerlangen des Einlieferers verpflichtet, diesem Name und Anschrift desKäufers zu nennen.Ist der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug, kann <strong>Grisebach</strong> nachSetzung einer Nachfrist von zwei Wochen vom Vertrag zurücktreten. Damiterlöschen alle Rechte des Käufers an dem ersteigerten Kunstgegen stand.<strong>Grisebach</strong> ist nach Erklärung des Rücktritts berechtigt, vom Käufer Schadensersatzzu verlangen. Der Schadensersatz umfasst insbesondere das <strong>Grisebach</strong>entgangene Entgelt (Einliefererkommission und Aufgeld), sowie angefalleneKosten für Katalogabbildungen und die bis zur Rückgabe oder bis zur erneutenVersteigerung des Kunstgegenstandes anfallenden Transport-, Lager- undVersicherungskosten.Wird der Kunstgegenstand an einen Unterbieter verkauft oder in der nächstenoder übernächsten Auktion versteigert, haftet der Käufer außerdem fürjeglichen Mindererlös.<strong>Grisebach</strong> hat das Recht, den säumigen Käufer von künftigen Versteigerun genauszuschließen und seinen Namen und seine Adresse zu Sperrzwecken anandere Auktionshäuser weiterzugeben.§ 5 NachverkaufWährend eines Zeitraums von zwei Monaten nach der Auktion können nichtversteigerte Kunstgegenstände im Wege des Nachverkaufs erworben werden.Der Nachverkauf gilt als Teil der Versteigerung. Der Interessent hat persönlich,telefonisch, schriftlich oder über das Internet ein Gebot mit einem bestimmtenBetrag abzugeben und die Versteigerungsbedingungen als verbindlich anzuerkennen.Der Vertrag kommt zustande, wenn <strong>Grisebach</strong> das Gebot innerhalb von drei Wochennach Eingang schriftlich annimmt.Die Bestimmungen über Kaufpreis, Zahlung, Verzug, Abholung und Haftung fürin der Versteigerung erworbene Kunstgegenstände gelten entsprechend.§ 6 Entgegennahme des ersteigerten Kunstgegenstandes1. AbholungDer Käufer ist verpflichtet, den ersteigerten Kunstgegenstand spätestenseinen Monat nach Zuschlag abzuholen.<strong>Grisebach</strong> ist jedoch nicht verpflichtet, den ersteigerten Kunstgegenstandvor vollständiger Bezahlung des in der Rechnung ausgewiesenen Betragesan den Käufer herauszugeben.Das Eigentum geht auf den Käufer erst nach vollständiger Begleichungdes Kaufpreises über.2. LagerungBis zur Abholung lagert <strong>Grisebach</strong> für die Dauer eines Monats, gerechnetab Zuschlag, den ersteigerten Kunstgegenstand und versichert ihn aufeigene Kosten in Höhe des Kaufpreises. Danach hat <strong>Grisebach</strong> das Recht,den Kunstgegenstand für Rechnung des Käufers bei einer Kunstspeditioneinzu lagern und versichern zu lassen. Wahlweise kann <strong>Grisebach</strong> statt dessenden Kunstgegenstand in den eigenen Räumen einlagern gegen Berechnungeiner monatlichen Pauschale von 0,1 % des Kaufpreises für Lager- undVersicherungs kosten.3. VersandBeauftragt der Käufer <strong>Grisebach</strong> schriftlich, den Transport des ersteigertenKunstgegenstandes durchzuführen, sorgt <strong>Grisebach</strong>, sofern der Kaufpreisvollständig bezahlt ist, für einen sachgerechten Transport des <strong>Werke</strong>s zumKäufer oder dem von ihm benannten Empfänger durch eine Kunstspeditionund schließt eine entsprechende Transportversicherung ab. Die Kosten fürVerpackung, Versand und Versicherung trägt der Käufer.


4. AnnahmeverzugHolt der Käufer den Kunstgegenstand nicht innerhalb von einem Monat ab(Ziffer 1) und erteilt er innerhalb dieser Frist auch keinen Auftrag zurVersendung des Kunstgegenstandes (Ziffer 3), gerät er in Annahmeverzug.5. Anderweitige VeräußerungVeräußert der Käufer den ersteigerten Kunstgegenstand seinerseits, bevor erden Kaufpreis vollständig bezahlt hat, tritt er bereits jetzt erfüllungshalbersämtliche Forderungen, die ihm aus dem Weiterverkauf zustehen, an <strong>Grisebach</strong>ab, welche die Abtretung hiermit annimmt. Soweit die abgetretenenForderungen die <strong>Grisebach</strong> zustehenden Ansprüche übersteigen, ist <strong>Grisebach</strong>verpflichtet, den zur Erfüllung nicht benötigten Teil der abgetretenen Forderungunverzüglich an den Käufer abzutreten.§ 7 Haftung1. Beschaffenheit des KunstgegenstandesDer Kunstgegenstand wird in der Beschaffenheit veräußert, in der er sich beiErteilung des Zuschlags befindet und vor der Versteigerung besichtigt undgeprüft werden konnte. Ergänzt wird diese Beschaffenheit durch die Angabenim Katalog (§ 2 Ziff. 1) über Urheberschaft, Technik und Signatur desKunstgegenstandes. Sie beruhen auf den bis zum Zeitpunkt der Versteigerungveröffentlichten oder sonst allgemein zugänglichen Erkenntnissen sowie aufden Angaben des Einlieferers. Weitere Beschaffenheitsmerkmale sind nichtvereinbart, auch wenn sie im Katalog beschrieben oder erwähnt sind oder sichaus schriftlichen oder mündlichen Auskünften, aus einem Zustandsbericht,Expertisen oder aus den Abbildungen des Katalogs ergeben sollten.Eine Garantie (§ 443 BGB) für die vereinbarte Beschaffenheit desKunstgegenstandes wird nicht übernommen.2. Rechte des Käufers bei einem Rechtsmangel (§ 435 BGB)Weist der erworbene Kunstgegenstand einen Rechtsmangel auf, weil anihm Rechte Dritter bestehen, kann der Käufer innerhalb einer Frist von zweiJahren (§ 438 Abs. 4 und 5 BGB) wegen dieses Rechtsmangels vom Vertragzurücktreten oder den Kaufpreis mindern (§ 437 Nr. 2 BGB). Im übrigenwerden die Rechte des Käufers aus § 437 BGB, also das Recht auf Nacherfüllung,auf Schadenersatz oder auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen ausgeschlossen,es sei denn, der Rechtsmangel ist arglistig verschwiegen worden.3. Rechte des Käufers bei Sachmängeln (§ 434 BGB)Weicht der Kunstgegenstand von der vereinbarten Beschaffenheit(Urheberschaft, Technik, Signatur) ab, ist der Käufer berechtigt, innerhalbvon zwei Jahren ab Zuschlag (§ 438 Abs. 4 BGB) vom Vertrag zurückzutreten.Er erhält den von ihm gezahlten Kaufpreis (§ 4 Ziff. 1 der Verstei gerungsbedingungen)zurück, Zug um Zug gegen Rückgabe des Kaufgegen standesin unverändertem Zustand am Sitz von <strong>Grisebach</strong>. Ansprüche auf Minderungdes Kaufpreises (§ 437 Nr. 2 BGB), auf Schadens ersatz oder auf Ersatzvergeblicher Aufwendungen (§ 437 Nr. 3 BGB) sind ausgeschlossen.Dieser Haftungsausschluss gilt nicht, soweit <strong>Grisebach</strong> den Mangelarglistig verschwiegen hat.Das Rücktrittsrecht wegen Sachmangels ist ausgeschlossen, sofern <strong>Grisebach</strong>den Kunstgegenstand für Rechnung des Einlieferers veräußert hat und diegrößte ihr mögliche Sorgfalt bei Ermittlung der im Katalog genanntenUrheberschaft, Technik und Signatur des Kunstgegenstandes aufgewandthat und keine Gründe vorlagen, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.In diesem Falle verpflichtet sich <strong>Grisebach</strong>, dem Käufer das Aufgeld, etwaigeUmlagen und die Umsatzsteuer zu erstatten.Außerdem tritt <strong>Grisebach</strong> dem Käufer alle ihr gegen den Einlieferer, dessenName und Anschrift sie dem Käufer mitteilt, zustehenden Ansprüche wegender Mängel des Kunstgegenstandes ab. Sie wird ihn in jeder zulässigen undihr möglichen Weise bei der Geltendmachung dieser Ansprüche gegen denEinlieferer unterstützen.4. Fehler im Versteigerungsverfahren<strong>Grisebach</strong> haftet nicht für Schäden im Zusammenhang mit der Abgabe vonmündlichen, schriftlichen, telefonischen oder Internetgeboten, soweit ihr nichtVorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Dies gilt insbesondere für dasZustandekommen oder den Bestand von Telefon-, Fax- oder Datenleitungensowie für Übermittlungs-, Übertragungs- oder Übersetzungs fehler im Rahmender eingesetzten Kommunikationsmittel oder seitens der für die Entgegennahmeund Weitergabe eingesetzten Mitarbeiter. Für Missbrauch durchunbefugte Dritte wird nicht gehaftet. Die Haftungs beschränkung gilt nicht fürSchäden an der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.5. VerjährungFür die Verjährung der Mängelansprüche gelten die gesetzlichenVerjährungs fristen des § 438 Abs. 1 Ziffer 3 BGB (2 Jahre).§ 8 Schlussbestimmungen1. NebenabredenÄnderungen dieser Versteigerungsbedingungen im Einzelfall oderNebenabreden bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform.2. Fremdsprachige Fassung der VersteigerungsbedingungenSoweit die Versteigerungsbedingungen in anderen Sprachen als der deutschenSprache vorliegen, ist stets die deutsche Fassung maßgebend.3. Anwendbares RechtEs gilt ausschließlich das Recht der Bundesrepublik Deutschland. DasAbkommen der Vereinten Nationen über Verträge des internationalenWarenkaufs (CISG) findet keine Anwendung.4. ErfüllungsortErfüllungsort und Gerichtsstand ist, soweit dies rechtlich vereinbart werdenkann, Berlin.5. Salvatorische KlauselSollte eine oder mehrere Bestimmungen dieser Versteigerungsbedingungenunwirksam sein oder werden, bleibt die Gültigkeit der übrigen Bestimmungendavon unberührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gelten die entsprechendengesetzlichen Vorschriften.


Conditions of Saleof <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> <strong>GmbH</strong>Section 1 The Auction House1. The auction will be implemented on behalf of <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> <strong>GmbH</strong> –referred to hereinbelow as “<strong>Grisebach</strong>”. The auctioneer will be acting as<strong>Grisebach</strong>’s representative. The auctioneer is an expert who has been publiclyappointed in accordance with Section 34b paragraph 5 of the Gewerbeordnung(GewO, German Industrial Code). Accordingly, the auction is a public auction asdefined by Section 474 paragraph 1 second sentence and Section 383 paragraph3 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code).2. As a general rule, the auction will be performed on behalf of the Consignor, whowill not be named. Solely those works of art owned by <strong>Grisebach</strong> shall be sold atauction for the account of <strong>Grisebach</strong>. Such items will be marked by an “E” in thecatalogue.3. The auction shall be performed on the basis of the present Conditions of Sale.The Conditions of Sale are published in the catalogue of the auction and on theinternet; furthermore, they are posted in an easily accessible location in the<strong>Grisebach</strong> spaces. By submitting a bid, the buyer acknowledges the Conditionsof Sale as being binding upon it.Section 2 Catalogue, Pre-Sale Exhibition and Date of the Auction1. CataloguePrior to the auction date, an auction catalogue will be published. This providesgeneral orientation in that it shows images of the works of art to be sold at auctionand describes them. Additionally, the catalogue will provide information onthe work’s creator(s), technique, and signature. These factors alone will definethe characteristic features of the work of art. In all other regards, the cataloguewill not govern as far as the characteristics of the work of art or its appearanceare concerned (color). The catalogue will provide estimated prices in EURamounts, which, however, serve solely as an indication of the fair market value ofthe work of art, as does any such information that may be provided in othercurrencies.<strong>Grisebach</strong> will prepare the catalogue to the best of its knowledge and belief, andwill exercise the greatest of care in doing so. The catalogue will be based on thescholarly knowledge published up until the date of the auction, or otherwisegenerally accessible, and on the information provided by the Consignor.Seriously interested buyers have the opportunity to request that <strong>Grisebach</strong> providethem with a report outlining the condition of the work of art (conditionreport), and they may also review any expert appraisals that <strong>Grisebach</strong> may haveobtained.The information and descriptions contained in the catalogue, in the conditionreport or in expert appraisals are estimates; they do not constitute any guarantees,in the sense as defined by Section 443 of the Bürgerliches Gesetzbuch(BGB, German Civil Code), for the characteristics of the work of art.<strong>Grisebach</strong> is entitled to correct or amend any information provided in the catalogueby posting a notice at the auction venue and by having the auctioneermake a corresponding statement immediately prior to calling the bids for thework of art concerned.2. Pre-sale exhibitionAll of the works of art that are to be sold at auction will be exhibited prior to thesale and may be viewed and inspected. The time and date of the pre-sale exhibition,which will be determined by <strong>Grisebach</strong>, will be set out in the catalogue. Theworks of art are used and will be sold “as is”, in other words in the conditionthey are in at the time of the auction.3. <strong>Grisebach</strong> will determine the venue and time at which the auction is to be held. Itis entitled to modify the venue and the time of the auction, also in those cases inwhich the auction catalogue has already been sent out.Section 3 Calling the Auction1. Bidder number<strong>Grisebach</strong> will issue a bidder number to each bidder. Each bidder is to acknowledgethe Conditions of Sale as being binding upon it.At the latest twenty-four (24) hours prior to the start of the auction, bidders asyet unknown to <strong>Grisebach</strong> must register in writing, providing a written bank referenceletter of recent date, so as to enable <strong>Grisebach</strong> to issue a bidder number tothem.At the auction, only the bids submitted using a bidder number will be considered.2. Item call-upThe auction of the individual work of art begins by its being called up by theauctioneer. The auctioneer is entitled to call up the works of art in a differentsequence than that published in the catalogue, to join catalogue items to form alot, to separate a lot into individual items, and to pull an item from the auctionthat has been given a lot number.When the work of art is called up, its price will be determined by the auctioneer,denominated in euros. Unless otherwise determined by the auctioneer, the bidincrements will amount to 10 % of the respective previous bid.3. Bidsa) Floor bidsFloor bids will be submitted using the bidder number. A sale and purchaseagreement will be concluded by the auctioneer bringing down the hammer toend the bidding process.Where a bidder wishes to submit bids in the name of a third party, it mustnotify <strong>Grisebach</strong> of this fact at the latest twenty-four (24) hours prior to theauction commencing, submitting a corresponding power of attorney from thatthird party. In all other cases, once the work of art has been knocked down,the sale and purchase agreement will be concluded with the person who hasplaced the bid.b) Written absentee bidsSubject to <strong>Grisebach</strong> consenting to this being done, bids may also be submittedin writing using a specific form developed for this purpose. The biddermust sign the form and must provide the lot number, the name of the artist,the title of the work of art and the hammer price it wishes to bid therefor. Thebidder must acknowledge the Conditions of Sale as being binding upon it.By placing a written bid, the bidder instructs <strong>Grisebach</strong> to submit such bid inaccordance with its instructions. <strong>Grisebach</strong> shall use the amount specified inthe written bid only up to whatever amount may be required to outbid anotherbidder.Upon the auctioneer knocking down the work of art to a written bid, a saleand purchase agreement shall be concluded on that basis with the bidderwho has submitted such written bid.Where several written bids have been submitted in the same amount for thesame work of art, the bid received first shall be the winning bid, provided thatno higher bid has been otherwise submitted or is placed as a floor bid.c) Phoned-in absentee bidsBids may permissibly be phoned in, provided that the bidder applies in writingto be admitted as a telephone bidder, and does so at the latest twenty-four(24) hours prior to the auction commencing, and furthermore provided that<strong>Grisebach</strong> has consented. The bidder must acknowledge the Conditions ofSale as being binding upon it.Bids phoned in will be taken by a <strong>Grisebach</strong> employee present at the auctionon the floor, and will be submitted in the course of the auction in keeping withthe instructions issued by the bidder. The bid so submitted by the bidder shallcover exclusively the hammer price, and thus shall not comprise the buyer’spremium, any allocated costs that may be charged, or turnover tax. The bidmust unambiguously designate the work of art to which it refers, and mustwherever possible provide the lot number, the artist and the title of the work.<strong>Grisebach</strong> may make a recording of bids submitted by telephone. By filing theapplication to be admitted as a telephone bidder, the bidder declares its consentto the telephone conversation being recorded. Unless it is required asevidence, the recording shall be deleted at the latest following the expiry ofthree (3) months.d) Absentee bids submitted via the internetBids may be admissibly submitted via the internet only if <strong>Grisebach</strong> has registeredthe bidder for internet bidding, giving him a user name and password,and if the bidder has acknowledged the Conditions of Sale as being bindingupon it. The registration shall be non-transferable and shall apply exclusivelyto the registered party; it is thus entirely personal and private. The user isunder obligation to not disclose to third parties its user name or password.Should the user culpably violate this obligation, it shall be held liable by<strong>Grisebach</strong> for any damages resulting from such violation.


Bids submitted via the internet shall have legal validity only if they are sufficientlydeterminate and if they can be traced back to the bidder by its username and password beyond any reasonable doubt. The bids transmitted viathe internet will be recorded electronically. The buyer acknowledges thatthese records are correct, but it does have the option to prove that they areincorrect.In legal terms, <strong>Grisebach</strong> shall treat bids submitted via the internet at a pointin time prior to the auction as if they were bids submitted in writing. Bids submittedvia the internet while an auction is ongoing shall be taken into accountas if they were floor bids.4. Knock downa) The work of art is knocked down to the winning bidder if, following three callsfor a higher bid, no such higher bid is submitted. Upon the item beingknocked down to it, this will place the bidder under obligation to accept thework of art and to pay the purchase price (Section 4 Clause 1). The biddershall not be named.b) Should the bids not reach the reserve price set by the Consignor, the auctioneerwill knock down the work of art at a conditional hammer price. This conditionalhammer price shall be effective only if <strong>Grisebach</strong> confirms this bid inwriting within three (3) weeks of the day of the auction. Should another biddersubmit a bid in the meantime that is at least in the amount of the reserveprice, the work of art shall go to that bidder; there will be no consultationswith the bidder to whom the work of art has been knocked down at a conditionalhammer price.c) The auctioneer is entitled to refuse to accept a bid, without providing any reasonstherefor, or to refuse to knock down a work of art to a bidder. Where abid is refused, or where a work of art is not knocked down to a bidder, theprior bid shall continue to be valid.d) The auctioneer may revoke any knock-down and may once again call up thework of art in the course of the auction to ask for bids; the auctioneer may doso in all cases in which– The auctioneer has overlooked a higher bid that was submitted in a timelyfashion, provided the bidder so overlooked has immediately objected tothis oversight;– A bidder does not wish to be bound by the bid submitted; or– There are any other doubts regarding the knock-down of the work of artconcerned.Where the auctioneer exercises this right, any knock-down of a work of artthat has occurred previously shall cease to be effective.e) The auctioneer is authorized, without being under obligation of giving noticethereof, to also submit bids on behalf of the Consignor until the reserve priceagreed with the Consignor has been reached, and the auctioneer is furthermoreauthorized to knock down the work of art to the Consignor, citing theconsignment number. In such event, the work of art shall go unsold.Section 4 Purchase Price, Payment, Default1. Purchase priceThe purchase price consists of the hammer price plus buyer’s premium.Additionally, lump sum fees may be charged along with statutory turnover tax.A. For works of art marked in the catalogue by the letter “R” behind the lot number,the purchase price is calculated as follows:a) Buyer’s premium<strong>Grisebach</strong> will add a buyer’s premium of 25 % to the hammer price.A buyer’s premium of 20 % will be added to that part of the hammer price thatis in excess of EUR 500,000. A buyer’s premium of 15 % will be added to thatpart of the hammer price that is in excess of EUR 1,000,000.b) Turnover taxThe hammer price and the buyer’s premium will be subject to statutoryturnover tax in the respectively applicable amount (standard taxation provisions,marked by the letter “R”). For original works of art, the tax rate currentlyamounts to 7 %; for collectibles as defined by Item 54 of Annex 2 toSection 12 (2) no. 1 of the Umsatzsteuergesetz (UStG, German Turnover TaxAct), it likewise currently amounts to 7%; while it is 19 % for photographs,prints and screenprints.c) Exemption from turnover taxNo turnover tax will be charged where works of art are sold that are acquiredin states within the community territory of the European Union by corporationsand exported outside of Germany, provided that such corporations haveprovided their turnover tax ID number in applying for and obtaining theirbidder number. It is not possible to register this status after the invoice hasbeen issued, and more particularly, it is not possible to perform a correctionretroactively.No turnover tax shall be charged for the sale of works of art that are delivered,pursuant to Section 6 paragraph 4 of the Umsatzsteuergesetz (UStG,German Turnover Tax Act), to destinations located in states that are not aMember State of the EU, provided that their buyers are deemed to be foreignpurchasers and have proved this fact in accordance with Section 6 paragraph2 of the German Turnover Tax Act. The buyer shall bear any import turnovertax or duties that may accrue abroad.The above provisions on turnover tax correspond to the legislative status quoand are in line with the practice of the Tax and Revenue Authorities. They aresubject to change without notice.B. For works of art that have not been specially marked in the catalogue, thepurchase price will be calculated as follows:For buyers having their residence in the European Union, <strong>Grisebach</strong> will add abuyer’s premium of 30 % to the hammer price. A buyer’s premium of 25 % will beadded to that part of the hammer price that is in excess of EUR 500,000. A buyer’spremium of 20 % will be added to that part of the hammer price that is inexcess of EUR 1,000,000. This buyer’s premium will include all lump sum fees aswell as the statutory turnover tax (margin scheme pursuant to Section 25a of theGerman Turnover Tax Act). These taxes and fees will not be itemized separatelyin the invoice.Buyers to whom delivery is made within Germany, as defined by the GermanTurnover Tax Act, and who are entitled to deduct input taxes, may have aninvoice issued to them that complies with the standard taxation provisions asprovided for hereinabove in paragraph A. Such invoice is to be requested whenapplying for a bidder number. It is not possible to perform any correctionretroactively after the invoice has been issued.2. Due date and paymentThe purchase price shall be due for payment upon the work of art being knockeddown to the buyer.The purchase price shall be paid in euros to <strong>Grisebach</strong>. Cheques and any otherforms of non-cash payment are accepted only on account of performance.Payment of the purchase price by set-off is an option only where the claims arenot disputed or have been finally and conclusively determined by a court’sdeclaratory judgment.Where payment is made in a foreign currency, any exchange rate risk and anyand all bank charges shall be borne by the buyer.3. DefaultIn cases in which the purchase price has not been paid within two (2) weeks ofthe invoice having been received, the buyer shall be deemed to be defaulting onthe payment.Upon the occurrence of such default, the purchase price shall accrue interest at1 % per month, notwithstanding any other claims to compensation of damagesthat may exist.Two (2) months after the buyer has defaulted on the purchase price, <strong>Grisebach</strong>shall be entitled – and shall be under obligation to do so upon the Consignor’scorresponding demand – to provide to the Consignor the buyer’s name andaddress.Where the buyer has defaulted on the purchase price, <strong>Grisebach</strong> may rescind theagreement after having set a period of grace of two (2) weeks. Once <strong>Grisebach</strong>has so rescinded the agreement, all rights of the buyer to the work of artacquired at auction shall expire.Upon having declared its rescission of the agreement, <strong>Grisebach</strong> shall be entitledto demand that the buyer compensate it for its damages. Such compensation ofdamages shall comprise in particular the remuneration that <strong>Grisebach</strong> has lost(commission to be paid by the Consignor and buyer’s premium), as well as thecosts of picturing the work of art in the catalogue and the costs of shipping,storing and insuring the work of art until it is returned or until it is once againoffered for sale at auction.Where the work of art is sold to a bidder who has submitted a lower bid, orwhere it is sold at the next auction or the auction after that, the original buyermoreover shall be held liable for any amount by which the proceeds achieved atthat subsequent auction are lower than the price it had bid originally.<strong>Grisebach</strong> has the right to exclude the defaulting buyer from future auctions andto forward the name and address of that buyer to other auction houses so as toenable them to exclude him from their auctions as well.Section 5 Post Auction SaleIn the course of a two-month period following the auction, works of art that have goneunsold at the auction may be acquired through post auction sales. The post auctionsale will be deemed to be part of the auction. The party interested in acquiring thework of art is to submit a bid either in person, by telephone, in writing or via the internet,citing a specific amount, and is to acknowledge the Conditions of Sale as beingbinding upon it. The sale and purchase agreement shall come about if <strong>Grisebach</strong>accepts the bid in writing within three weeks of its having been received.The provisions regarding the purchase price, payment, default, pick-up and liability forworks of art acquired at auction shall apply mutatis mutandis.


Section 6 Acceptance of the Work of Art Purchased at Auction1. Pick-upThe buyer is under obligation to pick up the work of art at the latest one (1)month after it has been knocked down to the buyer.However, <strong>Grisebach</strong> is not under obligation to surrender to the buyer the work ofart acquired at auction prior to the purchase price set out in the invoice havingbeen paid in full.Title to the work of art shall devolve to the buyer only upon the purchase pricehaving been paid in full.2. Storage<strong>Grisebach</strong> shall store the work of art acquired at auction until it is picked up,doing so at the longest for one (1) month, and shall insure it at its own cost, theamount insured being equal to the purchase price. Thereafter, <strong>Grisebach</strong> shallhave the right to store the work of art with a specialized fine art shipping agentand to insure it there. At its choice, <strong>Grisebach</strong> may instead store the work of artin its own premises, charging a monthly lumpsum fee of 0.1 % of the purchaseprice for the costs of storage and insurance.3. ShippingWhere the buyer instructs <strong>Grisebach</strong> in writing to ship to it the work of artacquired at auction, subject to the proviso that the purchase price has been paidin full, <strong>Grisebach</strong> shall procure the appropriate shipment of the work of art to thebuyer, or to any recipient the buyer may specify, such shipment being performedby a specialized fine art shipping agent; <strong>Grisebach</strong> shall take out correspondingshipping insurance. The buyer shall bear the costs of packaging and shipping thework of art as well as the insurance premium.4. Default of acceptanceWhere the buyer fails to pick up the work of art within one (1) month (Clause 1)and fails to issue instructions for the work of art to be shipped to it (Clause 3), itshall be deemed to be defaulting on acceptance.5. Sale to other partiesShould the buyer, prior to having paid the purchase price in full, sell the work ofart it has acquired at auction, it hereby assigns to <strong>Grisebach</strong>, as early as at thepresent time and on account of performance, the entirety of all claims to whichit is entitled under such onward sale, and <strong>Grisebach</strong> accepts such assignment.Insofar as the claims so assigned are in excess of the claims to which <strong>Grisebach</strong>is entitled, <strong>Grisebach</strong> shall be under obligation to immediately re-assign to thebuyer that part of the claim assigned to it that is not required for meeting itsclaim.Section 7 Liability1. Characteristics of the work of artThe work of art is sold in the condition it is in at the time it is knockeddown to the buyer, and in which it was viewed and inspected. The other characteristicfeatures of the work of art are comprised of the statements made in thecatalogue (Section 2 Clause 1) regarding the work’s creator(s), technique andsignature. These statements are based on the scholarly knowledge published upuntil the date of the auction, or otherwise generally accessible, and on the informationprovided by the Consignor. No further characteristic features are agreedamong the parties, in spite of the fact that such features may be described ormentioned in the catalogue, or that they may garnered from information providedin writing or orally, from a condition report, an expert appraisal or the imagesshown in the catalogue. No guarantee (Section 443 of the BürgerlichesGesetzbuch (BGB, German Civil Code)) is provided for the work of art having anycharacteristic features.2. Buyer’s rights in the event of a defect of title being given (Section 435 of theGerman Civil Code)Should the work of art acquired be impaired by a defect of title because it isencumbered by rights of third parties, the buyer may, within a period of two (2)years (Section 438 paragraph 4 and 5 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB,German Civil Code)), rescind the agreement based on such defect of title, or itmay reduce the purchase price (Section 437 no. 2 of the German Civil Code). Inall other regards, the buyer’s rights as stipulated by Section 437 of the GermanCivil Code are hereby contracted out, these being the right to demand theretroactive performance of the agreement, the compensation of damages, orthe reimbursement of futile expenditure, unless the defect of title has beenfraudulently concealed.3. Buyer’s rights in the event of a material defect being given (Section 434 of theGerman Civil Code)Should the work of art deviate from the characteristic features agreed (work’screator(s), technique, signature), the buyer shall be entitled to rescind the agreementwithin a period of two (2) years after the work of art has been knockeddown to it (Section 438 paragraph 4 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB,German Civil Code)). The buyer shall be reimbursed for the purchase price it haspaid (Section 4 Clause 1 of the Conditions of Sale), concurrently with the returnof the purchased object in unaltered condition, such return being effected at theregistered seat of <strong>Grisebach</strong>.Claims to any reduction of the purchase price (Section 437 no. 2 of the GermanCivil Code), to the compensation of damages or the reimbursement of futileexpenditure (Section 437 no. 3 of the German Civil Code) are hereby contractedout. This exclusion of liability shall not apply should <strong>Grisebach</strong> have fraudulentlyconcealed the defect.The right to rescind the agreement for material defects shall be contracted outwherever <strong>Grisebach</strong> has sold the work of art for the account of the Consignorand has exercised, to the best of its ability, the greatest possible care in identifyingthe work’s creator(s), technique and signature listed in the catalogue, providedthere was no cause to doubt these statements’ being correct. In such event,<strong>Grisebach</strong> enters into obligation to reimburse the buyer for the buyer’s premium,any allocated costs that may have been charged, and turnover tax. Moreover,<strong>Grisebach</strong> shall assign to the buyer all of the claims vis-à-vis the Consignor towhich it is entitled as a result of the defects of the work of art, providing theConsignor’s name and address to the buyer. <strong>Grisebach</strong> shall support the buyer inany manner that is legally available to it and that it is able to apply in enforcingsuch claims against the Consignor.4. Errors in the auction proceedings<strong>Grisebach</strong> shall not be held liable for any damages arising in connection withbids that are submitted orally, in writing, by telephone or via the internet, unless<strong>Grisebach</strong> is culpable of having acted with intent or grossly negligently. This shallapply in particular to the telephone, fax or data connections being established orcontinuing in service, as well as to any errors of transmission, transfer or translationin the context of the means of communications used, or any errors committedby the employees responsible for accepting and forwarding any instructions.<strong>Grisebach</strong> shall not be held liable for any misuse by unauthorized third parties.This limitation of liability shall not apply to any loss of life, limb or health.5. Statute of limitationsThe statutory periods of limitation provided for by Section 438 paragraph 1Clause 3 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code) (two years)shall apply where the statute of limitations of claims for defects is concerned.Section 8 Final provisions1. Collateral agreementsAny modifications of the present Conditions of Sale that may be made in an individualcase, or any collateral agreements, must be made in writing in order to beeffective.2. Translations of the Conditions of SaleInsofar as the Conditions of Sale are available in other languages besidesGerman, the German version shall govern in each case.3. Governing lawThe laws of the Federal Republic of Germany shall exclusively apply. The UnitedNations Convention on the International Sale of Goods shall not apply.4. Place of performanceInsofar as it is possible to agree under law on the place of performance and theplace of jurisdiction, this shall be Berlin.5. Severability clauseShould one or several provisions of the present Conditions of Sale be or becomeinvalid, this shall not affect the validity of the other provisions. Instead of theinvalid provision, the corresponding statutory regulations shall apply.


EinliefererverzeichnisConsignor IndexImpressumImprint[3001] 26 [3002] 25 [3011] 56 [3015] 18 [3017] 6 [3026] 9, 35, 36[3037] 29 [3045] 30 [3053] 65 [3081] 39 [3088] 24 [3093] 27, 37[3111] 66 [3116] 57, 58 [3118] 2 [3123] 8 [3150] 7 [3169] 1[3181] 51 [3208] 17 [3223] 3 [3225] 14, 15, 40 [3232] 59 [3236] 46[3241] 33 [3318] 41 [3341] 28 [3346] 32 [3354] 52 [3362] 11[3364] 34 [3375] 4, 5, 50 [3381] 63 [3397] 19, 45 [3428] 43[3446] 38 [3451] 12 [3454] 48, 54, 62 [3464] 53 [3474] 42, 44, 49[3491] 13 [3506] 55 [3511] 16 [3513] 31 [3514] 20 [3516] 47[3518] 22 [3542] 64 [3545] 61 [3547] 60 [3552] 21 [3558] 10 [3559]23Herausgegeben von:<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> <strong>Auktionen</strong> <strong>GmbH</strong>,Fasanenstraße 25, D-10719 BerlinGeschäftsführer:Bernd Schultz, Micaela Kapitzky, Florian Illies,Dr. Markus Krause, Daniel von Schacky, Rigmor StüsselHRB 25 552, Erfüllungsort und Gerichtsstand BerlinKatalogbearbeitung:Dr. Markus Krause, Traute Meins, Stefan Pucks,Daniel von Schacky, Dr. Martin SchmidtResearch: Miriam KlugProvenienzrecherche: Dr. Sibylle EhringhausTextbeiträge: NB (Nina Barge), UC (Ulrich Clewing),AF (Dr. Andreas Fluck), AH (Dr. Arnulf Herbst),OH (Oliver Hell), FI (Florian Illies), EO (Dr. Elke Ostländer),sch (Susanne Schmid), CS (Prof. Dr. Christoph Stölzl),KW (Katrin Wittneven), DB (Dagmar Behr)Text-Lektorat: Axel Fischer, BerlinPhotos: Photostudio Bartsch, Karen BartschPhotobearbeitung: Ulf Zschommler© VG Bildkunst, Bonn 2013 (für vertretene Künstler)© Nachlaß T. Lux Feininger (Los 25)© Bibliothèque Kandinsky, Centre Pompidou (Los 18)Trotz intensiver Recherche war es nicht in allen Fällen möglich,die Rechteinhaber ausfindig zu machen.Produktion/DTP: Daniel LamprechtDatabase-Publishing: Digitale Werkstatt, J. Grützkau, BerlinHerstellung & Lithographie: Königsdruck <strong>GmbH</strong>Gedruckt auf Maxisatin, 150 g/qmSchrift: Didot und Corporate SAbbildungen auf dem Umschlag:Umschlag vorn: Karl Schmidt-Rottluff · Los 10© VG Bild-Kunst, Bonn 2013Umschlag hinten: Isa Genzken · Los 65Doppelseite vorn: Willi Baumeister · Los 48© VG Bild-Kunst, Bonn 2013 (Ausschnitt)Doppelseite 2/3: Max Liebermann · Los 4(Ausschnitt)Doppelseite 134/135: Otto Mueller · Los 13(Ausschnitt)Doppelseite hinten: Ernst Wilhelm Nay · Los 50© Elisabeth Nay-Scheibler, Köln /VG Bild-Kunst, Bonn 2013 (Ausschnitt)


144 Schmuckseite / zur Umschlagseite U3

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