Eierstock-, Eileiter - Sachsen-Anhaltische Krebsgesellschaft e.V.
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Ein langer Kampf<br />
Es gibt Geschichten, die sind so un -<br />
glaub lich, dass man sie in der Tat kaum<br />
glauben kann. Dennoch entstammen<br />
sie nicht dem Reich der Phantasie. Es<br />
sind Geschichten wie die von Silvia<br />
Reich (Name geändert), die gleich dreimal<br />
vom Krebs heimgesucht wurde, ihn<br />
besiegte und die heute, drei Jahre nach<br />
dem Ende ihrer Therapie, als geheilt gilt.<br />
Ein Rückblick: Silvia Reich ist gerade von<br />
einer Fernreise zurückgekehrt, da erleidet<br />
sie auf der Straße einen Schwächeanfall.<br />
Sie geht zum Arzt. Die Diagnose<br />
platzt in ihr bis dahin unbeschwertes<br />
und gesundes Leben: Magenkrebs im<br />
fortgeschrittenen Stadium. Die Krankheit<br />
hatte sich leise und ohne Vorzeichen<br />
in ihr Leben geschlichen. Doch sie<br />
kommt mit voller Wucht. „Ich hatte vorher<br />
kaum Beschwerden“, erinnert sie<br />
sich, „die Diagnose machte mich wü -<br />
tend und verzweifelt zugleich“.<br />
Viel Gewicht verloren<br />
Weil der Tumor schon zu groß war,<br />
konnte er zunächst nicht operiert werden.<br />
Stattdessen folgte eine strapaziöse<br />
Chemotherapie. „Es war die Hölle“, so<br />
Reich, die in dieser Zeit fast die Hälfte<br />
ihres Gewichts verlor. Rund 50 Kilo.<br />
Wäre sie vorher nicht etwas dicker<br />
gewesen, hätte sie diesen massiven<br />
Abbau kaum verkraftet. Doch die Chemotherapie<br />
zeigte Wirkung, der Tumor<br />
wurde kleiner und konnte schließlich<br />
doch noch operiert werden. Nach dem<br />
Eingriff habe der Operateur zu ihr<br />
gesagt, dass dies ihr neuer Geburtstag<br />
sei. „Das hat mich ungemein motiviert“,<br />
sagt die 67-Jährige.<br />
Und zunächst sah es tatsächlich so aus,<br />
als hätte sie es geschafft. Doch im März<br />
2006 wurde bei einer Untersuchung ein<br />
Nierentumor diagnostiziert. Das Martyrium<br />
ging weiter. Therapien, eine weite-<br />
20<br />
re Operation und kaum auszuhaltende<br />
Ungewissheit bestimmten die kommenden<br />
Monate. Lange Zeit war nicht<br />
klar, ob die Niere überhaupt erhalten<br />
werden kann. „Diese Ungewissheit war<br />
furchtbar“, erinnert sich Silvia Reich.<br />
Auch nachdem der Tumor an der Niere<br />
erfolgreich entfernt worden war, kehrte<br />
nur kurz Ruhe in ihr Leben ein. Nur drei<br />
Monate später spürte sie eine Schwellung<br />
am Hals. Eine erneute Hiobsbotschaft:<br />
Lymphdrüsenkrebs. Es folgten<br />
zwei weitere Jahre mit Chemotherapie,<br />
vielen Krankenhausaufenthalten und<br />
Operationen. „Es war eine schlimme<br />
Zeit“, sagt Silvia Reich heute. Doch sie<br />
sagt es inzwischen aus der sicheren Perspektive<br />
der ehemaligen Patientin.<br />
Denn inzwischen gilt sie als geheilt,<br />
erhält keine Therapien mehr.<br />
Vollständige Heilung bei einer so heimtückischen<br />
Krankheit wie Krebs, dass ist<br />
selbst im Alltag der Mediziner, die Silvia<br />
Reich im Krankenhaus Martha-Maria in<br />
Dölau unter Federführung von Oberärztin<br />
Ursula Haak behandelt haben, ein<br />
kleines Wunder. Das Wort „Spontanheilung“<br />
wollen sie dabei zwar nicht in den<br />
Mund nehmen. Schließlich habe ihre<br />
Patientin eine jahrelange Therapie hinter<br />
sich. „Dennoch ist es sehr selten,<br />
dass sich ein derart fortgeschrittener<br />
Krebs vollständig zurückbildet“, sagt<br />
Ärztin Ute Neef. Zumal zwischenzeitlich<br />
auch das Bauchfell betroffen war.<br />
Patientin als Mutmacherin<br />
Der Behandlungserfolg zeige aber, dass<br />
psychologische Aspekte durchaus eine<br />
Rolle spielen können. Soll heißen: Silvia<br />
Reich gilt als positiver Mensch. Selbst in<br />
den tiefen Tälern ihrer schmerzhaften<br />
und schwächenden Behandlungszyklen<br />
hat sie sich immer wieder aufgerappelt,<br />
ja sogar Mit-Patienten Mut gemacht.<br />
„Das beeinflusst den Erfolg der Therapie<br />
positiv“, sagt Onkologin Neef und<br />
ergänzt einen Satz, den sie den Patienten<br />
oft mit auf den Weg gibt: „50 Prozent<br />
machen wir und 50 Prozent<br />
machen Sie.“<br />
Doch wie schafft man das Unmögliche?<br />
Wie schafft man es, nicht zu verzweifeln<br />
im Kampf gegen eine Krankheit, an der<br />
jährlich tausende Menschen sterben.<br />
„Man muss es immer wieder versuchen“,<br />
sagt Reich und fügt hinzu: „auch<br />
ich habe geweint. Aber man kann nicht<br />
monatelang nur weinen“. Eine große<br />
Hilfe waren für sie auch ihr Mann und<br />
ihre Kinder. „Mein Mann hat mich viel<br />
abgelenkt und im Alltag motiviert. Als<br />
ich aus der Klinik kam, hatte meine<br />
Tochter die Wohnung mit frischen Frühlingsblumen<br />
vollgestellt“, erinnert sie<br />
sich. Therapiepausen wurden für Urlaube<br />
genutzt, in denen Silvia Reich Kraft<br />
tanken konnte. „Jeder in der Familie hat<br />
zu meiner Heilung beigetragen. Allein<br />
hätte ich es nicht geschafft.“<br />
Neue Perspektive<br />
Inzwischen ist Silvia Reich wieder zu<br />
Kräften gekommen. Die Spuren der Therapien<br />
sind ihr kaum anzusehen. Sie<br />
trifft sich mit Freunden, liest viel, lacht<br />
gern und hat einen großen Bewegungsdrang<br />
„Ich schaue anders auf das<br />
Leben“, sagt sie. „Konsum bedeutet mir<br />
nichts. Aber ich freue mich auf jeden<br />
neuen Tag.“<br />
Autorin:<br />
Ines Godazgar, Halle (Saale)<br />
Nachdruck aus der Mitteldeutschen<br />
Zeitung vom 2. Januar 2012<br />
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Mitteldeutsches Druck- und<br />
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leben 01/2012 · Selbsthilfe<br />
Foto: © Markus Wegner / PIXELIO