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Grüss Gott 2013

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»Geh aus, mein Herz, und suche Freud«Das Lied »Geh aus mein Herz« wird zu ganz unterschiedlichenAnlässen gerne gesungen. Daschallt und rauscht es, da schwingt es und jauchztes! Die Schöpfung jubelt, die Natur erwacht undfreut sich! Ich erinnere mich gerne an meine Zeitals Junge. Im Posaunenchor der Gemeinde habenwir mit diesem Lied das sommerliche Gemeindefestzum Beginn des <strong>Gott</strong>esdienstes angeblasen.So weckt mich dieses Lied heute noch aus somanchem Lebenswinterschlaf und bleibt für michein starkes Stück Kindheit, Zuhause und Heimat.Andi Weiss, evangelischer Diakon, Autor,Liedermacher und ModeratorLieder hätten bei vielen Menschen »eineprägende Bedeutung für den Glauben«,weiß der für Kirchenmusik zuständigeFachreferent im Landeskirchenamt, KirchenratManuel Ritter. Der »Liederschatz«wolle einen Beitrag dazu leisten, das Singenin Kirche und Schule zu fördern und damitauch die allgemeine Tradition des Singenszu stärken.Zum »Liederschatz«, den die bayerischeLandeskirche »gehoben« hat, zählen bekannteLieder wie »Komm, sag es allen weiter«oder »Der Mond ist aufgegangen«oder auch Weihnachtslieder wie »O dufröhliche«. Die Lieder-Sammlung ist alsLiederheft, Mitsing-CD, sowie mit Begleitheftund Arbeitshilfe für den Unterricht erhältlichbei: <strong>Gott</strong>esdienst-Institut, Postfach44 04 95, 90209 Nürnberg. (Internet:www.gottesdienstinstitut.org). Ganz einfachkann man sie aber auch im Internet unter:www.liederschatz-bayern.de aufrufen. Dortsind sie in vier verschiedenen Versionen zuhören: ganz klassisch von einem Kirchenchorgesungen, in einem Chorsatz vorgetragen,in einer modernen Version als GospeloderPop-Song intoniert, wie sie besondersKindern gefällt, oder von Bläsern gespielt.Wer möchte, kann gleich mitsingen, denndie Liedtexte stehen ebenfalls auf der Seite.Und es gibt Hintergrundinformationen zuallen Liedern. Jedes Lied hat einen Patenoder eine Patin bekommen, Männer undFrauen in besonderen Positionen in derLandeskirche. Drei Beispiele dafür sind aufdieser Seite in Wort und Bild festgehalten.»Auf der Flur erscheinen die Blumen /Die Zeit zum Singen ist da« heißt es in derBibel im Hohenlied Salomos 2,12.Rieke C. Harmsen»Befiehl du deine Wege«Das Lied »Befiehl du deine Wege« habe ich schonoft gesungen. Als ich meinen Vater und meineMutter gehen lassen musste. Als ich voller Angstzu meinem Mann ins Krankenhaus gefahren bin –lauthals, unter Tränen, das Lenkrad unseres Autosfest in beiden Händen. Ich singe es, wenn ich wiederspüre, dass es mit unserer, mit meiner Machteben nicht getan ist. Ich singe es, wenn ich neueKraft brauche.Susanne Breit-Keßler, Regionalbischöfin desKirchenkreises München /Oberbayern7


8EinkehrBei einem Wirte wundermildDa war ich jüngst zu Gaste,ein goldner Apfel war sein Schildan einem langen Aste.Es war der gute Apfelbaum,bei dem ich eingekehrt,mit süßer Kost und frischem Schaumhat er mich wohl genährt.Ich fand ein Bett zu süßer RuhAuf weichen grünen Matten.Der Wirt, er deckte selbst mich zuMit seinem grünen Schatten.Nun fragt’ ich nach der Schuldigkeit,da schüttelt er den Wipfel.Gesegnet sei er alle ZeitVon der Wurzel bis zum Gipfel.Rund ein Drittel von Deutschland ist mitWald bewachsen. Auf jeden Bundesbürgerkommen 85 Bäume, also ein kleines Wäldchen. 76verschiedene Baumarten wachsen bei uns. Nadelbäumeliegen auf Rang eins, gefolgt von Laubbäumenwie Buche und Eiche.1,2 Millionen Menschen arbeitenin der Forst- und Holzwirtschaft,beinahe doppelt so vielewie in der Autoindustrie.Die Liebe der Deutschenzum Wald hat sich besonders inder Zeit der Romantik entfaltet.Damals wurden GrimmsMärchen geschrieben, in denender Wald als geheimnisvoller,aber auch gefährlicher Raumbeschrieben wird. Wälder undeinzelne Bäume sind immerwieder »besungen« worden.Vom Dichter, Literaturwissenschaftler,Jurist und PolitikerLudwig Uhland aus Tübingen(1787 – 1862) stammt eine besondersschöne Huldigung aneinen Baum (siehe oben).Auwald (oben) und Baumkronenpfad imWalderlebniszentrum Füssen-Ziegelwies.DieDeutschenlieben ihrenWaldDer Wald steht für Ruhe, Erholung,Stille, frische Luft, aberauch für Freizeit und Abenteuer.Auf rund 200.000 Kilometernmarkierten Wanderwegen sinddie Deutschen unterwegs. Inrund 800 Waldkindergärten sindKinder den ganzen Tag an derfrischen Luft. Sie spielen mitHolz, Laub und Steinen. IhreZahl nimmt stetig zu.Auch die Zahl der Hochseilgärten,Kletterwälder und Baumkronenpfadeist stark gestiegen.Tierliebhaber genießen die interessantenNatur- und Wildparksoder Gehege in deutschen Wäldern.Pilze und Beeren sammelnist eine zusätzliche Freude in denverschiedenen Jahreszeiten.Waldlehrpfade und Walderleb-Fotos: Walderlebniszentrum Ziegelwies


niszentren laden zum Erkunden ein.Aber auch das ist ein neuer Trend:Etwa 50 Bestattungswälder gibt esmittlerweile in Deutschland. Hierdürfen offiziell Urnenbestattungenstattfinden.Vor etwa 2.000 Jahren war fastganz Europa von Wäldern bedeckt.Einen Großteil hat der Mensch gerodet.Die Wälder Nordeuropasentstanden erst vor 10.000 Jahren,als die letzte Eiszeit zu Ende ging.Zuerst wuchsen der Haselnussstrauchund die Birke, dann folgtenKiefer, Ulme und Esche und spätererst die Eiche. Wenn ein Wald zerstörtwird, sei es durch einen Brandoder durch Eingriffe des Menschen,und sich dann selbst überlassenwird, kann man beobachten, dassschon bald wieder junge Bäume ausdem Boden spriessen.Die zahlreichen Pflanzen- undTierarten, die einen Wald bevölkern,halten einander stets imGleichgewicht. Wenn eine ArtÜberhand nimmt, vermehrt sichauch eine andere, die sie zuihrer Beute macht. DieBewirtschaftung einesWaldes besteht darin,stets das natürlicheGleichgewicht waltenzu lassen.Aber in denAus demGästebuch:•»Der Barfuß-Pfad mitder Matschstrecke sowieder Balancier-Pfadwaren ein Erlebnis derbesonderen Art«.meisten Industrieländernwerdendie Wälderinzwischen sorgsambewirtschaftet.Ein Problemstellen die tropischenRegenwälderdar. Mancherortsist es für Schutzmaßnahmendafür bereitszu spät.1986 wurde von den VereintenNationen eine internationaleOrganisation zum Schutzder Tropenwälder gegründet. Sieuntersucht derzeit, ob eine Aufforstungdie tropischen Regenwäldervor dem Aussterben wirklich nachhaltigbewahren kann.In Deutschland sind die urtümlichen Buchenwälderrar geworden. Umso wichtiger ist es, diese•»Mein Sohn (6) undich waren zum zweitenMal dabei, wenn’sdarum geht, aus einemBaum eine Sitzbank zubauen. In diese Aktionist alles reingepackt:Spannung, Spiel undSpass. Macht weiter so«.•»Wir finden die Ideeund Umsetzung desWalderlebniszentrumsZiegelwies einfachgroße Klasse! Sowohlder Innenbereich, alsauch die Walderlebnispfadesind liebevoll gestaltetund sinnvoll indie Natur eingebettet«.Zu den Walderlebnispfaden inFüssen-Ziegelwies gehören auchAbenteuerspielplätze.Naturparadiese zu bewahren. Dafürsetzt sich unter anderem Greenpeaceein, das einen sofortigen Einschlagstoppfür alle Buchenwaldbeständefordert, die älter als 140 Jahre sind.Besonders bedroht in Deutschlandsind auch die Bergwälder, die beispielsweisedie Hälfte des bayerischenAlpenraums bedecken. ZweiDrittel davon sind Schutzwald. DerAlpenraum wird von den Auswirkungendes Klimawandels besondersstark getroffen. Berg- und Felsstürze,Lawinen, Stürme, Hochwasser, aberauch Schädlingsbefall nehmen zu.Der Wald reinigt als natürlicher Filterdie versickernden Niederschlägeund sorgt so für reines Quell- undGrundwasser. Der von den Wurzelndurchzogene Waldboden kann wieein Schwamm große Niederschlagsmengenspeichern, die dann erst miteiner zeitlichen Verzögerung wiederabgegeben werden.In den letzten Jahrzehnten sind diesogenannten Walderlebniszentren inBayern ausgebaut worden. Schulklassen,Familien und interessierteEinzelpersonen erfahrendort Wissenswertesund Informativesüber den LebensraumWald und erlebenden Waldhautnah. Ein besondersschöneskann man imAllgäu südlichvon Füssen ander Grenze zuÖsterreich besuchen.Im Außengeländevermittelnein selbstgeführterBergwald- und einAuwald-Pfad entlangdes Wildflusses LechSpaß, Erholung und Informationen.Beide Pfade sindimmer zugänglich. WalderlebniszentrumZiegelwies, Tiroler Straße 10,87629 Füssen, Telefon: 08362/93875-50. (Internet: www.walderlebniszentrum.eu).Die Öffnungszeiten derAusstellungsräume: 1. Mai bis 30.September Mo.–So. 10–17 Uhr, übriger Zeitraum:Di. bis Do. 10–16 Uhr. Fr.10–14 Uhr.9


Romantisches SegringenWeithin sichtbar liegt das uralte PfarrdorfSegringen auf einem schmalenAusläufer der Frankenhöhe rund zwei Kilometervon Dinkelsbühl entfernt. Der Nameverrät eine wohl im späten 5. Jahrhundert n.Chr. entstandene Alemannensiedlung einesSegro. Wer die Romantische Straße in Westmittelfrankenbereist und Dinkelsbühl mitseinem weitgehend erhaltenen historischenStadtkern besucht, sollte sich Segringen nichtentgehen lassen.Foto: Uwe WägerSchon die Umgebung ist »romantisch« imbesten Wortsinn: kleine abgelegene Dörfer,Mühlen und Weiler, Weiher und Wälder. DieFlur ist reich gegliedert mit Baumgruppen,Alleen, Hecken, welche Bachläufe, Weiher,Straßen und Wege säumen. Ein unverwechselbarfränkisches Dorf- und Landschaftsbildvon seltener Anmut bietet sich dem Betrachter,der sich Segringen nähert: Aus der Silhouettedes Dorfes ragt die evangelisch-lutherischeSt. Vinzenzkirche empor. Steilgiebelhäusermit großen, ruhigen Dachflächenstaffeln sich den steilen Hang zur Kirchehinauf (oben).Die »Mutterkirche« Dinkelsbühls stammtin ihren ältesten Bauteilen aus dem 12. Jahrhundert.Sie steht ebenso unter Denkmalschutzwie ihr ungewöhnlicher Friedhof mitseinen einheitlichen, blattgoldverziertenschwarzen Holzkreuzen (links). In der Literaturhat der Dichter Johann Peter Hebel inzweien seiner Kalendergeschichten dem Ortein Denkmal gesetzt: mit dem »Barbierjungenvon Segringen« (1809) und dem »Starvon Segringen« (1811).Der Friedhof in Segringen ist weit über Mittelfrankenhinaus bekannt und seit 1978denkmalgeschützt. Auf dem nicht sehr großenGelände gibt es keine Familiengräber.Immer wenn der Friedhof voll belegt ist, wirdder nächste Verstorbene im ältesten Grab bestattet.Alle Gräber schmückt das gleicheschwarze Holzkreuz. Es drückt aus, dass wirvor <strong>Gott</strong> alle gleich sind.Es gibt keine zuverlässigen Quellen überden Ursprung dieser Kreuze. Vermutlichwaren in der Vergangenheit auch auf den umliegendenFriedhöfen ähnliche Grabkreuzeüblich. Nur in Segringen hat sich die Traditionerhalten. Die jetzige Form mit den geschnitztenoder gemalten Verzierungen stammt ausder Zeit von 1800 – 1820 und wird in einerhiesigen Schreinersfamilie von einer Generationan die nächste weitergegeben.Für die Inschrift der Kreuze wird echtesBlattgold verwendet, das selbst bei ganzschwachem Licht noch einen »Morgenglanzder Ewigkeit« (so ein Lied im evangelischenGesangbuch) aufleuchten lässt. Am schönstenist der Friedhof im Frühjahr, wo alle Grä-10


er in den verschiedensten Farben der Stiefmütterchenleuchten. Aber auch im Sommerhat er seinen Reiz mit einem fast einheitlichenRot der »<strong>Gott</strong>esaugen« (Begonien)(unten). Im Winter erinnert der zurückhaltendeSchmuck, ebenso wie die immer einmalrenovierungsbedürftigen Grabkreuze, an dieHinfälligkeit des Lebens.Viele Besucher gehen lesend und sinnendvon einem Grab zum andern und bemerkenneben dem Namen, dem Alter in »Jahr,Monat und Tag« und der früheren Tätigkeitder Toten auch Bibelworte, die oft die Verstorbenenals Konfirmationssprüche durchdas Leben begleitet haben, bis sie dann zuletztim Trauergottesdienst den AngehörigenEin Museum von Krieg und FriedenDinkelsbühl lohnt den BesuchKaum eine Stadt in Bayern lebt so von dereigenen Historie wie Dinkelsbühl. Über dieHälfte der Altstadthäuser stammt aus derZeit von vor 1600, was eine in Süddeutschlandeinmalige Quote darstellt. Das vermeintlichschönste Fachwerkhaus Frankens,das Deutsche Haus, gehört dazu. Dinkelsbühlschwelgt aber nicht nur in romantischen Erinnerungen.Vor einigen Jahren wurde das»Haus der Geschichte – von Krieg und Frieden«im Alten Rathaus eröffnet. Es zeigt denAufstieg und den zeitweiligen Niedergangder Stadt ungeschminkt und beispielhaft fürDer historische Friedhof von Segringen steht unterDenkmalschutz.noch einmal ausgelegt wurden. (Die Kircheist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet).Der Stolz der Segringer auf ihr schönesDorf beruht nicht zuletzt auf ihrer starkenTraditionsverwurzelung. Dazu gehört dieSelbstverständlichkeit, mit der die kostenundzeitaufwendige Friedhofskultur (Holzkreuze,die nach 10 Jahren erneuert werdenmüssen, umfangreicher Blumenschmuck)von allen getragen wird. Ebenso wird altesBrauchtum hochgehalten, ganz gleich, ob essich um die Teilnahme der Segringer an derDinkelsbühler Kinderzeche handelt oder dieFreude am Osterfeuer, beim Maibaumaufstellen,beim Volkstanz oder anderem mehr.viele kleinere süddeutsche Reichsstädte, diedamalige konfessionelle Zerrissenheit und innereLähmung im Laufe ihrer Geschichteerlebt haben.Das Museum ist 2012 durch einen Anerkennungspreisim Rahmen der Verleihung desBayerischen Museumspreises ausgezeichnetworden. »Es zahlt sich aus, dass wir ganz bewusstden Weg weg vom Sammelsurium-Museumgewählt und die Schwerpunkte auf diekonstituierenden Momente der Stadtgeschichtegelegt haben«, freut sich OberbürgermeisterChristoph Hammer.Das Haus der Geschichte in Dinkelsbühl istvon November bis April täglich von 10 bis 17Uhr geöffnet, von Mai bis Oktober Montagbis Freitag von 9 bis 18 Uhr, an Samstagen,Sonn- und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.Foto: Uwe Wäger11


Das Freilichtmuseum »Dasaltbayerische Dorf« amSchliersee südöstlich vonMünchen ist seit der Eröffnung2007 ein beliebtes Ausflugszielgeworden. Ein besonderer Vorzugist, dass man mit der Eisenbahnbequem vorfahren kann.In einer Stunde ist man vomMünchner Hauptbahnhof dort.Von der Haltestelle Neuhaus /Fischhausen sind es dann nurnoch fünf Geh-Minuten bis zumEingang des Museums.Während der Fahrt kann manDas altbayerische Dorf desMarkus Wasmeiersich schon in aller Gemütsruheauf die oberbayerische Landschafteinstimmen. Zunächstgeht es über flaches Land mitWäldern und kleinen Dörfernund dann taucht man ins malerischeVoralpenland ein. Hügel,Bergwiesen, Kapellen, blumengeschmückteBauernhäuser.Der Schliersee wird im langsamenTempo umrundet undschon ist man dort.Im »altbayerischen Dorf« hatsich einer der beliebtestenSportler der letzten Jahrzehnte,die Skilegende Markus Wasmeier,seinen Bubentraum erfüllt.Wasmeier, gelernter Maler,und sein Vater Günther,Lüftlmaler und Restaurator,stammen aus dem Schlierseegebietund leben dort. Sie verfügenüber das nötige Handwerkszeugund wissen genau,was beim Ab- und Wiederaufbauvon historischen Gebäudenzu beachten ist. Die stattlichenHöfe des »altbayerischen Dorfes«mit ihren steinigen Schindeldächernsehen so aus, als obsie bereits seit Jahrhunderten12auf dem Plateau oberhalb desSchliersees thronen – und nichterst seit ihrem Wiederaufbauvor ein paar Jahren.»Ich möchte mit unserem Museumdas kulturelle Erbe unsererRegion pflegen und fürkommende Generationen bewahren,«sagt der Goldmedaillengewinnerund vielfacheSieger auf internationalen Skipisten.Der Eröffnung ging einelangjährige Planungs- und Bauphasevoraus. Neugier für dieGeschichte seiner Region seieine seiner Antriebsfedern gewesen,sagt Wasmeier. »Wennwir uns ihr zuwenden, werdenwir vielleicht zufriedener undhören mit dem Jammern auf.«Die gute alte Zeit war ebennicht nur gut, sondern auch entbehrungsreichfür die Menschen,die damals lebten.Darüber kann man im Museumsdorf– jenseits vom Bayern-Kitsch an anderen Orten – vielerfahren.Im Museum sind zwölf historischeGebäude aus dem Oberlanddetailgetreu wiederaufgebaut. In diesen wird dasbäuerliche Leben des 18. Jahrhunderts»zum Leben erweckt«.Aber nicht nur Gebäude werdenpräsentiert. Wasmeiermöchte »Landleben, wie eseinst war« dokumentieren. Undso gehören viele in den Bergenum den Schliersee beheimateteFotos: Markus Wasmeier Freilichtmuseum Schliersee


und teils vom AussterbenbedrohteTierarten wie Bergschafezu den »Bewohnern«desaltbayerischen Dorfes.In seinen Bauerngärtengedeihensehr seltene Gemüseund Alpenkräuter,die früherin jede Küche gehörten.Markus Wasmeierwird in diesem Jahrnen roten Teppich.« Er versucheimmer wieder, seine Gästeim Museumsdorf persönlich zubegrüßen – und das sind jetztrund 100.00 im Jahr –, wenn esdie sonstigen Verpflichtungenzulassen. »Es macht einenschon stolz, wenn man sieht,dass sich die Leute freuen. Dasist doch viel schöner, als wennsie sagen würden: Der schonwieder«!Auch eine Ausstellung überdie Geschichte der Elektrifizierungin Oberbayern ist im Museumsdorfzu sehen: Von derersten Glühlampe bis zu einigenim Originalzustand ausgestelltenKüchen aus den 40er bis indie 70er Jahre ist der technischeFortschritt im Haushalt dargestellt.Zu bestimmten Zeitenführen im Dorf eine Filzerin,Edelweißschnitzer, Korbflechter,Uhrmachermeister, Schmiedeund auch Schnapsbrennerihr Handwerk vor. Mankann sich für einen ganzen Tagin einem Seminar einschreiben,das das Bierbrauen vor 300 Jahren,vom Einmaischen bis zurWürzungskühlung, vermittelt.Großen Erfolg hat Wasmeiermit Events. So lädt er zu einemsonst in Deutschland kaum zusehenden Sport ein: Highland»Wenn ich etwasnicht kapiere,dann lass ich es«Markus Wasmeier50. Er pflegt die bayerischeVolksmusik und spielt Zitherund Schoßgeige. Als Zweijährigerstand er erstmals auf Skiernund gewann als Fünfjährigersein erstes Schülerrennen. 1994holte er bei den OlympischenSpielen in Lillehammer (Norwegen)zwei Goldmedaillen. Erwurde als erster männlicherSkirennläufer zum deutschenSportler des Jahres gewählt.Gestemmt hat Markus Wasmeierdie Dorfgründung mitSpenden und Patenschaften,Träger ist ein gemeinnützigerVerein. Schon als Elfjährigerhat er seinem Vater geholfen,das erste historische Bauernhauszu retten und zu transferieren.Heute lebt er mit seinerSüdtiroler Frau Brigitte undden drei Söhnen in einem historischenBauernhaus, 80 Metervom Bauernhaus seiner Elternentfernt. Zugute kommt ihmeine Portion gesunder Ehrgeizund sein Elternhaus. Dem einzigenSohn wurde früh vermittelt,»nie seinen Weg aufzugeben«.Wenn Wasmeier vonetwas überzeugt ist, bleibt erdran. Aber für ihn gilt auch:»Wenn ich etwas nicht kapiere,dann lass ich es.«Wasmeier gehört nicht zujenen, die sich nach Lebenshöhepunktenfallen lassen. Erpackt neue Aufgaben an. »Ichbin von Haus aus bodenständig.Wenn ich auffallen will, danndurch das, was ich tue, was icharbeite. Und nicht durch das,was ich repräsentiere. Ich willanpacken. Deshalb nehme ichmich zurück. Ich brauche kei-Games nach schottischemVorbild. Mehreremännliche undweibliche Mannschaftensowie Einzelwettkämpfertretengegeneinander in urigenSportarten an:Hopfabam schmeiß’n,Faßlrolln, Stoaheb’n,Stoaweitwurf, Hindernislaffaüber Berg und Tal, Eiertratz’n,Strickziang als Mannschaftswettbewerb.Die Öffnungszeiten im altbayerischenDorf sind vom1. April bis 3. November Dienstagbis Sonntag und an Feiertagenvon 10 bis 17 Uhr. Zueinem richtigen Erlebnis wirdder Besuch immer dann, wennman sich Zeit lässt, einen ganzenTag in der Alpenregion vonSchliersee und Spitzingsee verbringtund abends entspanntund beglückt mit der Eisenbahnwieder nach Hause oder insHotel fährt. (Weitere Informationenund den Veranstaltungskalender<strong>2013</strong> im Internetwww.wasmeier.de).13


Illustration: DrahnDer Mensch hat die besondere Gabe,sich in Gedanken sowohl in die Vergangenheitals auch in die Zukunft zu versetzen.Das hat aber durchaus zweiSeiten, denn es gibt Menschen, die lebenGESTERN –HEUTE –MORGENhauptsächlich in der Vergangenheit, derguten alten Zeit – wo angeblich alles besserwar: die Menschen netter und dasLeben ruhiger. Und dann gibt es Menschen,die leben in Gedanken am meistenin der Zukunft: Wenn ich das erreiche,dann …; wenn ich mehr Geld verdiene,dann…; wenn ich im Ruhestand bin,dann…Beiden Menschengruppen gemeinsamist: Sie stehen in der Gefahr, das Lebenheute zu verpassen! Denn vor lauterDenken nach hinten oder vorne sehen siedie Chancen nicht, die das Leben heutefür uns bietet, all das Schöne, was unserLeben reich macht: die menschlichen Beziehungen,die Selbstverständlichkeit, unstäglich satt essen zu können, die herrlicheNatur, die uns umgibt …Genau das meint Jesus, wenn er uns auffordert:»Seht die Vögel unter dem Himmelan, sie säen nicht, sie ernten nicht,und euer himmlischer Vater ernährt siedoch.«Schaut nicht zurück und nicht in die Zukunft,lasst Euch nicht verzehren von sorgenvollenRück- und Ausblicken, sonderngenießt das Leben jetzt – voller Vertrauendarauf, dass <strong>Gott</strong> Euch begleitet undGutes schenkt.Dabei war Jesus natürlich keiner, derVergangenheit und Zukunft aus seinemLeben ausgeblendet hat. Immer wiedererinnert er seine jüdischen Zeitgenossenan all das Gute, das ihr Volk im Lauf derJahrhunderte erfahren hat: die Befreiungaus der Sklaverei, die Bewahrung beimZug durch die Wüste,das Geschenk eines eigenenLandes. Daransollen sie sich erinnern!Genauso eröffnet erihnen den Blick nachvorne: auf die neue Zeitin einer anderen Welt,in der es keine Tränenmehr gibt und unserLeben nicht mehr vomLeid getrübt sein wird.Darauf sollen sich dieMenschen freuen.Aber der Unterschiedzu den Menschen von heute ist: Es gehtihm dabei nicht um eine Gegenwartsflucht,sondern um eine Wertschätzungdes Guten, das man in der Vergangenheiterfahren hat, um dadurch Kraft zu gewinnenin all den Herausforderungen, indenen wir heute stehen. Und der Blickder Vorfreude in die Zukunft soll uns dieHoffnungsperspektive aufzeigen, die unseremLeben im Hier und Jetzt zu Grundeliegt, es trägt.Beides hilft uns, das Leben im Hier undJetzt bewusster und dankbarer zu erlebenund es im Vertrauen auf <strong>Gott</strong>es Begleitunggestern, heute und morgen zu gestalten.Dann kann ich all das Schöne in einerganz anderen Art und Weise genießen:gelassen und dankbar. Dann kann ich imJetzt leben.Das freilich ist einfacher gesagt alsgetan! Wie so vieles andere in meinemLeben muss ich auch das Schritt fürSchritt einüben: mich an das Schöne inmeinem Leben erinnern, an manche Bewahrungund Schutz; mich nach dem Zielmeines Lebens fragen; und dann dieAugen aufmachen für all das Schöne inmeinem Leben heute – und es genießen,von morgens bis abends!Wäre der Urlaub nicht eine schöne Gelegenheit,dabei die ersten Schritte zu versuchen?Viel Erfolg dabei wünscht IhnenThomas Roßmerkel14


Foto: Heike Herzog-KuhnkeZunftzeichenLebendige Symbole handwerklicherVergangenheitWie die Zünfte entstandenDie Geschichte desZunftwesens ist sehrfacettenreich, und esist faszinierend zu sehen, wie siesich auf die Alltagskultur auswirkteund je nach Region ganzunterschiedlich prägte.Die geschichtlich herausragendeRolle der Zünfte wirddeutlich, wenn man sich vorAugen führt, dass das Handwerkschon immer zu den tragendenwirtschaftlichen Säulender Gesellschaft zählte. Bis zumBeginn des 19. Jahrhundertsexistierte kaum ein Gegenstanddes Alltags, der nicht aus derWerkstatt des Handwerkersstammte: Mobiliar, Nahrung,Kleidung, Werkzeuge und natürlichalles, was man für denBau einer schützenden Unterkunftbenötigte, wie vieles anderemehr.Die seit dem Hochmittelalterin ihrer Position gefestigtenHandwerker und Kaufleutewurden in den europäischenZunftzeichen der NürnbergerKupferschmiedeStädten zusehends zu selbstständigenGewerbetreibenden. Bereitsim 12. Jahrhundert bildetensich im deutschsprachigenRaum und europaweit Zünfte,Bruderschaften und Gilden. Diegenauen Ursprünge liegen imDunkeln.In diesen Zunftverbändenwurden politische, administrative,wirtschaftliche, soziale undreligiöse Aufgaben ausgeübt.Wer Mitglied werden wollte,musste Katholik sein und eineeheliche und »ehrliche« Abstammungnachweisen. Diestädtischen Handwerker warengezwungen, diesen genossenschaftlichorganisierten, strenghierarchisch gegliederten Interessengemeinschaftenbeizutreten.Denn: Nur der Zunft angehörigeMeister erhielten dasRecht, ihren Beruf in der Stadtauszuüben. Durch den Zunftzwangsollte im Einvernehmenmit der städtischen Obrigkeitund dem Klerus das jeweiligegewerbliche Monopol kontrolliert,die Konkurrenz ausgeschaltetund eine finanzielleGrundsicherung gewährleistetwerden. Das Hauptziel derZünfte aber bestand in der gemeinsamenBeschaffung derRohstoffe und Halbzeuge sowieder Qualitätssicherung ihrerhandwerklichen Erzeugnisse.Regelverstöße wurden schwergeahndet und konnten zumAusschluss aus der Zunft führen.Der Begriff Zunft leitet sichübrigens vom mittelhochdeutschenWort »zumft« ab. Das bedeutetin etwa »was sich ziemt«.Man hatte sich also in jeder Hinsicht»geziemlich« zu betragen.Die Organisationen waren jenach Stärke oder Bedeutungdes jeweiligen Handwerkszwei-15


ges in verschiedenen Gruppierungen– Einzel- oder Sammelzünfte– unterteilt.Die Handwerker siedeltensich in speziellen Stadtvierteln –meistens an einem Gewässer –an. Straßennamen in Altstädtenbezeugen das noch heute wiez.B. die »Färbergasse«, »AmKupfergraben« oder »Glockenbachviertel«.Bis zum späten Mittelalterwaren auch fast alle nichthandwerklichenBerufsstände Mitgliederin Zünften oder Gilden.Dazu gehörten Krämer, Musikanten,Dirnen, sogar fahrendesVolk und Bettler.Die soziale Absicherung imNotfall für Mitglieder und ihreFamilien ist für die damaligeZeit als fortschrittlich zu bezeichnen.Man beteiligte sich anden Kosten von Begräbnissen,Pflegefälle wurden in dafür bestimmtenHäusern untergebrachtund den Witwen derLebensunterhalt gesichert.Übung macht den MeisterVorzugsweise nahmen dieMeister natürlich ihre eigenenSöhne in die Zunft auf. DieLehrlinge wohnten imHause des Meisters beifreier Kost und Logis. VierJahre mindestens dauertedie Lehre, konnte aber bisauf sieben Jahre erweitertwerden. Nach Beendigungwurde der Lehrling»ledig« gesprochen undbekam den Gesellenbrief.Zur Erweiterung seineshandwerklichen Könnensmusste er nun als Geselleweitere drei Jahre aufWanderschaft gehen.Dann erst konnte er unterbestimmten VoraussetzungenMeister werden. Jede16Zunft hatte dabei ihre eigenenGesetze. Wollte man die Meisterprüfungablegen, hatte mangewisse Bedingungen zu erfüllen.Ein für damalige Verhältnisseteures Unterfangen: DasArbeitsmaterial musste selbstbezahlt werden. Die Prüferwaren mit Unterkunft, Speisund Trank zu versorgen. Zudemwurde gefordert, ein Meisterstückauf eigene Kosten anzufertigen,das als Beweis deshandwerklichen Könnens diente.Es wurde vom Meister inEhren gehalten und an einembesonderen Platz in der Werkstattpräsentiert.Zunftbräuche in Gesellschaftund ReligionBäckerBergbauZunftlade der Rauchfangkehrer, Fürstenfeld, 1719,Nussholz intarsiert, Messingblech vergoldetSchreinerMaurerZunftmitglieder, die zunehmendin Gesellschaft und Politik– etwa im Stadtrat – großen Einflussund Macht gewannen, trafensich alljährlich in einerbestimmten Herberge oder ineiner Zunftstube. Ein wichtigerGegenstand in diesem Raumwar die handwerklich aufwendiggestaltete Zunfttruhe. Nochheute sind uns prachtvolleExemplare aus dem 16. bis 18.Jahrhundert erhalten. Diese wieein Klapp-Altar gearbeitetenArtefakte sind versehen mitZunftzeichen, Schutzpatron,Jahreszahlen, Namen der Zunftmeisterund Sprüchen sowieeinem kunstvoll gearbeitetemSchloss. Die Schlüssel dazu hattennur der jährlich gewählteObermeister und der ältesteGeschworene. Beim feierlichenÖffnen dieser Lade, in derZunftdokumente, Siegel undGeld aufbewahrt wurden, diskutierteman unter strengster Geheimhaltungspflichtfinanzielle,juristische und fachliche Angelegenheiten.Nur bei geöffneterTruhe besaßen BeschlüsseRechtsgültigkeit. Lehrlinge wurdenbei einer genau festgelegtenFeierlichkeit »freigesprochen«.Mitunter trieb man auch derbeScherze mit den Jüngsten. Somussten sie bei diesen Festgelagennicht nur Spott ertragen,sondern auch ihre Trinkfestigkeitunter Beweis stellen.Im heutigen Sprachgebrauchhat sich der Begriff»zünftig feiern«erhalten.In München zeugenheute noch der Schäfflertanzund der gemeinsame»Metzgersprung« in denFischbrunnen vomBrauchtum der Zünfte.Auch die typische Zunftkleidungder Zimmerer-Gesellen erinnert noch andie alten Zeiten.Eine wichtige Rollespielte im Zunftwesen dieReligion. Man engagiertesich in der Kirche, war oftim Besitz eines eigenenFoto: Universalmuseum Joanneum, Graz


Altars oder einer Zunftkapelle.Am Jahrestag des jeweiligenZunft-Schutzpatrons waren bestimmteRituale mit Gesangund Gebeten bei einer Feier inder Zunftstube vorgeschrieben.Der Hl. Eligius wurde aufgrundseiner Legende u.a. als Schutzpatronder Schmiede angerufenund verehrt.SchneiderDruckerDachdeckerGärtnerKunstschlosserApothekerBesonders die Mahlzeiten undTrinkrituale waren fester Bestandteildes Zunftlebens. Eigensangefertigte Zunfthumpenund sog. »Schleifkannen« inphantasievollen Formen dientendiesen wichtigen Bräuchen. AusSilber, Kupfer, Zinn, Messingoder Glas gefertigt, waren sieverziert mit dem jeweiligenZunftemblem, der Darstellungdes Zunftheiligen, in protestantischenGegenden mit einer mythologischenFigur, Sprüchen,Namen und Jahreszahlen. Heutebilden die erhaltenen Objekteeine wichtige Quelle für die jeweiligeKultur- und Stadtgeschichte.Auch eine Blüte des Kupferschmiede-Handwerksgab esetwa in Nürnberg im 17. und 18.Jahrhundert, da plötzlich durchdie Entwicklung der Back- undKochkultur eine große Nachfragenach Küchen- und Gebrauchsgerätentstand. Um1650–1750 waren etwa 35 Meisterin dieser Zunft organisiert.In Augsburg war die GoldundSilberschmiedezunft im 17.und im 18. Jahrhundert führend.Tatsächlich gab es in der Fuggerstadtzu Zeiten von Mozartsschwäbischen Vorfahren mehrMeister dieser Zunft als Bäcker.Noch heute erhaltene Objekte,versehen mit Stadt- und Meistermarkeund dem sog. »Tremolierstich«– als Garantiezeichenfür gute Qualität – sind hervorragendeZeugnisse der hohenHandwerkskunst. BedeutendeAufträge des Adels und des Klerusverdeutlichten diese großeWertschätzung.Auflösung der ZünfteMit dem Aufkommen der vorindustriellenMassenproduktionverloren die Zünfte zu Beginndes 19. Jahrhunderts mehr undmehr an Bedeutung. 1869 kames in Deutschland dann zur Aufhebungder Zunftverfassung inStadt und Land. Die Gewerbefreiheitwurde jetzt eingeführtEs bildeten sich die heute gesetzlichverankerten Handwerks-Innungen.Zunftzeichen – bisheute lebendige SymboleDie typischen Symbole derhandwerklichen Vereinigungenaber haben die Zeiten überdauert:die Zunftzeichen. Jederkennt die berühmte Getreidegassein Salzburg. Die großteilsoriginal erhaltenen Häuserreihensind geschmückt mit sogenannten»Auslegern«, meist ausSchmiedeeisen gefertigt. Die oftvergoldeten Symbol-Schildervon Seifensiedern, Lebzeltern,Schreinern, Badern o.ä. vermittelnuns noch heute lebendigeHandwerks-Geschichte. Diesekunstvoll gearbeiteten Schilderwaren damals ein wichtiges Erkennungsmerkmal,vor allemfür die Kundschaft, die nichtlesen konnte.Meist handelte es sich um dieDarstellung eines charakteristischenWerkzeugs des jeweiligenHandwerksberufs. Doch nichtnur in der Salzach-Stadt kannman die Handwerkszeichen bewundern.Diese begegnen unsauch anderswo, beispielsweise inRothenburg ob der Tauber, bisin die Gegenwart: So gehört beiden »sprechenden Symbolen«die Schere zum Schneider, derSchuh deutet auf den Schusterhin, Fische stehen für den Fischer,das Mühlrad für den Müllerund die Breze für denBäcker usw.NachlebenAuch heute noch zieren derartigeSymbole beispielsweiseHäuserfassaden, Gasthausschilder,Firmenlogos, Briefpapierund Visitenkarten. An den Maibäumensind fast immer Darstellungenalter Zünfte zusehen. Diese zu deuten, gelingtnicht immer, denn mancherHandwerksberuf, wie der derBöttcher oder Küfner, ist heuteausgestorben.Wer sich über das faszinierendeThema »Zunft und Zunftzeichen«genauer informierenmöchte, dem seien die zahlreichenMuseen mit kunsthandwerklichenund volkskundlichenAbteilungen in Deutschland,Österreich und derSchweiz sowie in den ehemaligenOstgebieten empfohlen, dieAnschauliches zum diesem-Thema bieten.Madlon von Kern M.A.»Zünftig« – Geheimnisvolles Handwerk1500 – 1800, 21. März – 7. Juli <strong>2013</strong>.Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum,Nürnberg.17


Grenzen überschreiten imFoto: Renate FröschleDen älteren Deutschen ist der »Luggi«Leitner sicher noch wohlbekannt. Undauch an das Gezerre um seine Staatsbürgerschafterinnern sie sich. Leitner war ein begnadeterSkirennläufer und fuhr in den 60erJahren des vorigen Jahrhunderts internationalSiege und gute Platzierungen ein. Für sich natürlich.Aber für welche Nation? Darüber kam eszwischen Deutschland und Österreich zu einemKonflikt.Ludwig Leitner wurde 1940 als zweiter Sohneiner Bergbauernfamilie im Kleinwalsertal, dasgeschichtlich zu Österreich gehört, geboren. Dader Nachbarstaat aber seit 1938 an Deutschland»zwangsangeschlossen« war, kam der Luggi alsDeutscher zur Welt. Nach dem Kriege wurde dasBergtal, dessen einzige Verkehrsanbindung nachDeutschland (Oberstdorf im Allgäu) führt, wiederÖsterreich zugeschlagen. Der hoffnungsvolleSkifahrer startete also als Junior für Österreich.Als sich Erfolge einstellten, machten die deutschenSkiverbände geltend, dass er doch eigentlichein Deutscher sei. Der Luggi machte derDiskussion ein Ende, indem er die deutscheStaatsbürgerschaft annahm und bei den OlympischenSpielen 1960 in Squaw Valley (USA) fürDeutschland startete. Sein ebenfalls talentierterBruder Adalbert trat weiterhin für Österreich an.Solche Lebens- und Berufsläufe hat das Kleinwalsertaleinige zu bieten.Luggi Leitner führt heute ein gutgehendesHotel, wie sein Freund aus Kindertagen FriederBantel auch. Dessen Eltern kamen 1937 insKleinwalsertal, bauten ein Freizeitheim desCVJM-Ludwigsburg (Württemberg) auf und legtenden Grundstein für das Hotelunternehmender Familie. Frieder Bantel schüttelt sich vor Lachen,als er sich daran erinnert, dass er nach Einführungder Mehrwertsteuer in Deutschland einegewisse Zeit sowohl Deutschland wie ÖsterreichSteuern zahlen mußte. Heute ist alles klar: DasKleinwalsertal ist die drittgrößte zusammenhängendeSkiregion Österreichs,87 Prozent derGäste kommen ausDeutschland, 11 Prozentaus den Niederlandenund auf die Frage, wohinsein Kleinwalsertal denn nun gehöre, sagt Bantelwie aus der Pistole geschossen: »Nach Europa«.Wer durch das Kleinwalsertal fährt, blickt aufdie schroffen Berghänge der Vorarlberger Alpen,über die nur ein Fußweg führt. »Wir brauchendorthin keine Straße, bei uns ist es so schön, dassman hierbleiben kann«, sagt Frieder Bantel verschmitzt.Er zeigt sich gern in der historischenWalser-Tracht, so auch bei der Einführung desneuen bayerischen Landesbischofs 2011 in Nürnberg,an der er als langjähriger Kirchenvorsteherund Lektor der evangelischen Kreuzkirchen-Gemeindein Hirschegg/Kleinwalsertal teilnahm.Auch die Geschichte der Konfessionen imKleinwalsertal ist ein Beispiel für die Jahrhundertealte religiöse Zerrissenheit in Europa undden Beginn ihrer Überwindung Mitte des vergangenenJahrhunderts. Ins Kleinwalsertal kamen im13. Jahrhundert die ersten Siedler aus dem Wallisin der Schweiz und brachten ihre Traditionen mit,die bis heute geehrt werden. Seit Mitte des15.Jahrhunderts war »das Tal«, wie die Einheimi-Seit 60 Jahren ist die evangelische Kreuzkirche geistlicherEinkehrort für Einheimische und Urlauber im Kleinwalsertal.Die Gemeinde liegt auf österreichischem Boden, gehört aberzum Verwaltungsgebiet der bayerischen Landeskirche.18


Kleinwalsertalschen zu ihrer Heimat sagen,ein rein katholisches Gebiet.1933 fand erstmals ein evangelischer<strong>Gott</strong>esdienst für diewenigen ortsansässigen Protestantenund die evangelischenKurgäste statt.Als 1937 das württembergischeDiakonenehepaar Albertund Martha Bantel dasCVJM-Freizeitheim in einemBauernhof aufbauten, gewannendie Evangelischen einenMittelpunkt, um den sich einkleiner, treuer Kreis sammelte.Während des 2. Weltkriegsund danach gelangtenimmer mehr evangelischeChristen ins Kleinwalsertal,unter ihnen viele Evakuierteaus dem zerstörten Rheinland.Ein Kirchbau wurdenotwendig. Wie sehr sich viele Einheimischegegen die nicht-katholischen Zuzügler wehrten,bekamen die Evangelischen bei der Suche nacheinem Grundstück zu spüren. Immer wieder Absagen.Schließlich überließ eine Familie einenBauplatz, bei der Albert Bantel Gäste einquartierthatte, wenn seine eigenen Herbergsmöglichkeitenausgeschöpft waren. »Die evangelischenGäste sind mir genau so liebwie die katholischen«, soll dieBesitzerin gesagt haben.1953 wurde die kleine Bergkirchemit der wunderschönenholzgeschnitzten Gruppe»Jesus am Kreuz, flankiertvon zwei Engeln« über demAltar und dem farbigen Reliefentlang der Empore eingeweiht und späterein Saal angebaut, damit der damals überwältigende<strong>Gott</strong>esdienstbesuch von mehreren hundertGläubigen aufgenommen werden konnte. FriederBantel, der Koch gelernt hat und zeitweise aucheine Karriere als Skirennläufer angestrebt hat,berichtet von einem »Fingerzeig <strong>Gott</strong>es« nacheinem Unfall. Eine Stimme habe ihm gesagt, dassseine Aufgabe nicht das Skifahren sei, sondern dieSorge für die Gäste.Und so trat er in die Fußstapfen seiner Eltern, mitFoto: BrockertFrieder Bantel setzte mit seiner Fraudas Werk seiner Eltern fort, die imKleinwalsertal ein christlich inspiriertesHerbergswesen aufbauten.»Auf der Alm habe ichdie Ehrfurcht vor derNatur, den Tieren undden tätigen Menschengelernt«denen er und seine Geschwistertäglich um halb vier beiKaffee und Kuchen zusammensaßenund alle Familienangelegenheitenin Ruhedurchsprachen.Wie sein Vater bildete auchFrieder ein Team mit seinerFrau Elisabeth in der Hotellerieund Gastronomie. Ervervollkommnete seine Ausbildungin der Schweiz. Heutearbeitet einer ihrer Söhne imelterlichen Betrieb und einerTochter wurde dieLeitung des »Flagschiffs«der Familie,das Alphotelübergeben. Wiedas Hotel, das zuder Gruppe der besondersausgewählten österreichischen»KinderHotels«gehört, so liegen FriederBantel seine Jugend- und Gruppenhäuser imKleinwalsertal am Herzen, in denen Schulklassen,Jugendgruppen und einzelne Jugendliche preiswerteAufnahme finden. Für Frieder Bantelwaren drei Jahre als Hüttenbub im Sommer aufder Alm von Luggi Leitners Mutter, »einer großartigentiefgläubigen katholischen Frau« prägend.»Auf der Alm habe ich dieEhrfurcht vor der Natur, denTieren und den tätigen Menschengelernt, und dieseZeit hat mir eine Kraft undRuhe gegeben, die unbezahlbarwar bei allem, was ichspäter gemacht habe.«Raue Wildnis, urwüchsigeNatur und zahlreiche Freizeitmöglichkeiten wieBiwak-Touren, Klettern, Erlebniswandern,Canyoning oder Mountainbiken fordern die jungenBesucher, stärken ihren Gemeinsinn und lehrensie, nach dem tieferen Sinn des Lebens zufragen. Das Kleinwalsertal, das sich seinen Einwandererneinst so hart und abweisend präsentierte,ist heute eine einladende Region, derenVater und Mutter zwei Länder Europas sind. Informationendazu im Internet unter www.kleinwalsertal.com.Heinz Brockert19


»Familienfreizeiten« – dahinterverbirgt sich ein attraktivesAngebot der Evangelisch-LutherischenKirche in Bayern.Familienfreizeiten geben Elternund Kindern, die es sich sonstkaum leisten können, die Möglichkeiteines gemeinsamen Urlaubsin einer tollen Ferienanlage.In ihrem Amt für Gemeindedienstin Nürnberg hatdie Kirche das Referat »Familienerholung«angesiedelt. Dortwerden solche Freizeiten geplantund vorbereitet. Durchgeführtwerden sie von ChristaFlurer und ihren Teams, die ausganz Bayern kommen.Wenn die Diplom–Pädagoginvon diesen Familienfreizeitenund ihren Teams erzählt, strahlenihre Augen. »Gemeinsammit anderen Familien dieschönste Zeit des Jahres, denUrlaub, genießen. Ausspannen,neue Kräfte sammeln und Zeitfüreinander und sich selbsthaben: Wir schaffen die Freiräumedazu«, sagt Christa Flurer.»Familien haben es inunserer sich schnell wandelndenGesellschaft nicht leicht«,weiß die Pädagogin.Der Druck auf die Kinder inKindertageseinrichtungen undSchulen wächst. Die Beanspruchungder Eltern ebenso. DaFotos: afgFamilienfreizeitenbleibt oft kaum Zeit für gemeinsameAktivitäten in derFamilie. Die Familienfreizeitenrichten sich gerade an solcheMenschen, die aus finanziellenoder anderen Gründen an Familienurlaubkaum zu denkenwagen. Sie sollen die Chancebekommen, gemeinsam mitihren Kindern einen Urlaub zumachen, der zu ihren finanziellenund sonstigen Möglichkeitenpasst.Und darüber hinaus soll es einUrlaub sein, von dem alle überdie gemeinsame Ferienzeit hinausfür ihren Alltag und dessenGestaltung etwas mitnehmenkönnen. Die Familienfreizeitenwerden nicht nur inkirchlichen Gästehäuserndurchgeführt. Man sucht sichdafür schöne Plätze von Italienbis zur Insel Rügen an der Ostseeaus. Ein besonders qualifiziertesTeam bereitet Programmevor, die das Familienlebenstützen, aber nicht sozialpädagogischüberfrachtet sind.Im vergangenen Jahr nahmen67 Familien, 118 Erwachseneund 90 Kinder und Jugendliche,teil. Dabei waren auch 17 Familienmit nur einem Elternteil.Behinderte oder psychisch angeschlagenePersonen bekommenauf diesen Freizeiten eineihrer Situation angemesseneBetreuung. Neuerdings nehmenan diesen ökumenisch durchgeführtenFreizeiten auch Migrantenfamilienteil, in seltenenFällen sogar muslimische. Selbstsie beteiligen sich, so ChristaFlurer, an den zur freiwilligenTeilnahme angebotenen christlichenAktivitäten, wenn auchoft zaghaft.Seit drei Jahren finden mitgroßem Anklang auch Mehrgenerationen-Freizeitenstatt. Anihnen nehmen neben den Elternund Kindern auch Großeltern,Paten und solche Personenteil, die diese besondereForm der Gemeinschaft erfahrenmöchten.Das Rückgrat der Freizeitenund der ganze Stolz von ChristaFlurer sind die Teams. Sie setzensich zu einem nicht geringenAnteil aus jungen Leuten zusammen,die selbst als Kinderan solchen Familienfreizeitendes Amtes für Gemeindedienstteilgenommen haben. Mit großemEngagement und Einfühlungsvermögenengagieren siesich und übernehmen Verantwortung.»Kirchengemeindenunterstützen wir bei der Planungeigener Familienfreizeiten«,sagt die Pädagogin.Karl-Heinz UlrichAnmelden kann man sichbeim Amt für GemeindedienstFamilienerholung: Postfach 4404 65, 90209 Nürnberg, Telefon:0911/4316190/191.Mail: info@afg-elkb.de. WeitereInformationen auf der Internetseitedes Amtes http://www.afgelkb.de/kontakt/.Dort kann man auch ein pdfdes Freizeitprospekt <strong>2013</strong> herunterladen.20


A U S S T E L L U N GA K T U E L LDer Main in seinerganzen VielfaltDer Main fließt von Ostnach West. Das ist eine Seltenheitin Mitteleuropa. Diemeisten Flüsse tragen ihrWasser in Nord- oder Südrichtungins Meer. Der Mainist 527 Kilometer lang, wovon388 als Wasserstraße genutztwerden. Gelegentlich wird erals längster innerdeutscherFluss bezeichnet. Aber zähltman die Quellflüsse dazu istdie Weser mit 744 Kilometernlänger. Die anderen, erheblichlängeren deutschenFlüsse, Donau, Rhein, Elbeund Oder, entspringen odermünden im Ausland und sinddamit keine rein innerdeutschenFlüsse. Entlang desMains verlaufen zwei bedeutendeFreizeitangebote: der Main-Wanderwegund der Main-Radweg.Der Main ist kein »gerades« Gewässer,sondern er mäandriert und schlängelt sichauf seinem Weg durch oder entlang vonLandesausstellung<strong>2013</strong> des Hausesder BayerischenGeschichtePlakat der Landesausstellung»Main und Meer«.drei Bundesländern (Bayern,Baden-Württemberg undHessen) um Mittelgebirgszügeherum (Bild oben). Ergibt Städten wie Bamberg,Würzburg, Aschaffenburgund Frankfurt ihr Geprägeund fließt zumeist über siedlungsarmesGebiet, so auchdurch eines der größtenWeinanbaugebiete Deutschlandsin Franken.Die Wasserführung im Maiunterlag früher großenSchwankungen. Der Flusswurde im 20. Jahrhundert mitStaustufen, Schleusen, Kraftwerkenund Wehren für dieSchifffahrt und möglichstgleichmäßige Wasserständeausgebaut. Der Main ist einTeilstück einer durchgehenden europäischenWasserstrecke von der Nordsee zumSchwarzen Meer. 1992 wurde der Südteildes 171 Kilometer langen Main-Donau-Kanalsfertig gestellt, dessen Nordstrecke vom21


Main bis Nürnberg bereits seit 1972 befahrenwerden konnte. Der Bau zog viel Kritikvon Naturfreunden und Umweltschützernauf sich.Die Befürworter argumentierten, dassdiese Wasserstraße auch als Transportwegfür die Überleitung von Wasser aus demAltmühl- und dem Donaueinzugsgebietin das eher wasserarme Regnitz-Main-Gebiet dient.Noch im 19. Jahrhundertgehörte derMain zu den artenreichstenGewässernDeutschlands.Die Flussregulierungund die Wasserverschmutzungführten zu einemdrastischen Rückgang der Fischarten amUntermain beispielsweise von rund 35 aufvier. Mittlerweile ist der größte Teil der ursprünglichheimischen Arten wieder zurückgekehrt,allerdings können dieBestände vieler Arten sich nicht selbst erhalten,sondern nur durch gezielten Besatzmit Jungfischen. Über den Main-Donau-Kanal sind etwa 20 Arten aus dem Donauraumin den Main zugewandert.Die Auen des Obermains sind ein Lebensraumfür seltene Tiere wie Eisvogel, (Bild),Blaukehlchen, Rohrweihe und Prachtlibelle.Durch Renaturierungdes Flusslaufes,Anschlussehemaliger Kiesgrubenund andereMaßnahmen wirdversucht, die überregionalbedeutendenVorkommen zuschützen. Durch dieAusweisung vonNaturschutzgebietenwurden auch ananderen Stellen des Mains ökologischeInseln geschaffen.Bis Ende des 19. Jahrhunderts fror derMain etwa in jedem zweiten Jahr über seinengesamten Lauf zu, frühestens im Novemberund spätestens im Januar. Im 20.Jahrhundert führten die Aufheizung durchKraftwerke und Industrieanlagen verbundenmit den Stauwehren dazu, dass sich aufdem Fluss selbst in strengen Wintern immerseltener eine geschlossene Eisdecke bildete.Anders als Rhein und Mosel wurde derMain eher selten besungen. Dennoch entstandenim Laufe der Zeit eine Reihe vonGedichten über den Main. Hierzu zählt diezehnstrophige Ode »Der Main« von FriedrichHölderlin (Bild unten) aus dem Jahre1799, als er Hauslehrer in Frankfurt war.Darin heißt es unter anderem:Gastfreundlich nahmst du, Stolzer! bei dir mich aufUnd heitertest das Auge dem Fremdlinge,Und still hingleitende GesängeLehrtest du mich und geräuschlos Leben.O ruhig mit den Sternen, du Glücklicher!Wallst du von deinem Morgen zum Abend fort,Dem Bruder zu, dem Rhein, und dann mitIhm in den Ozean freudig nieder!Main und MeerDie LandesausstellungDer Main in seiner Vielfalt hat das Hausder Bayerischen Geschichte dazu inspiriert,ihm seine Landesausstellung <strong>2013</strong> zu widmen.»Der Main schlüpft in der Ausstellungin ganz unterschiedliche Rollen: Er ist Geheimnisträgerund Winzer, Lebensspenderund Unheilsbringer, Schiffsführer und Arbeitgeber,Seefahrer und Kunstschaffender«,heißt es in der Ankündigung derAusstellung »Main und Meer«. Sie ist in derKunsthalle Schweinfurt vom 9. Mai bis 13.Oktober täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnetund »bietet viele Aktiv- und Versuchsstationenfür Kinder und Erwachsene, wartetmit eindrucksvollen multimedialen Szenerienauf, macht Unterwassergeräusche hörbarund bringt Kulturgeschichte undNaturwissenschaft zusammen«, kündigt dasHaus der bayerische Geschichte an.(Das genaue Programm der Landesausstellungfindet sich im Internet unterwww.hdbg.de/Main).Wer den Main wirklich kennen lernenmöchte, der sollte den Main-Radweg befahren.Er ist ein etwa 600 Kilometer langergut ausgebauter Radfernweg in Frankenund Hessen. Er beginnt an den QuellflüssenWeißer Main bei Bischofsgrün undRoter Main bei Creußen. Von dort führt erweiter über Bamberg, Schweinfurt, Würzburg,Aschaffenburg, Frankfurt nach Mainz.22


Bildpostkarte mit einem-Jungen in Matrosenuniformvor dem Kriegsschiff»Bayern«. Die Bayern sindkein Volk von Seefahrern –dennoch war die Begeisterungfür die Marine undfürs Meer in der Kaiserzeitvon ca. 1890 bis 1918 sehrgroß. Der Matrosenanzugfür Kinder war sehr populär.(Alle Bilder auf dieserSeite stammen aus derLandesausstellung <strong>2013</strong>»Main und Meer«).Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub(ADFC) zeichnete 2008 den Weg als erstendeutschen Radfernweg mit fünf Sternenaus. Laut ADFC führen 90 Prozent desRadwegs durch naturnahe und landschaftlichreizvolle Gebiete. 90 Prozent sindasphaltiert und 77 Prozent der Strecke sindbreiter als 2,50 Meter.(Quellen: Haus der Bayerischen Geschichteund Wikipedia)Fundstücke aus dem Main: Sie stellen die Archäologievor Deutungsprobleme. Wer hat eine Kugeluhr an einernicht gerissenen Silberkette in den Fluß geworfen undwer die Pistole? Ist sie eine zum Verschwinden gebrachteTatwaffe, ein schlichter Verlust oder die Spur einerAuseinandersetzung am Fluss?Kinder beobachten ein Holzfloß von der Mainbrückein Zeil aus (um 1950). Der Anblick eines Floßes war zudieser Zeit schon nichts Alltägliches mehr. Die Staustufendes Mains und die zunehmende Schifffahrt brachtendie Flößerei zum Erliegen.Hölzerne Mainschiffe wie dieses im Modell befuhren bis etwa 1900 den Main. Da sie keinen eigenen Antriebhatten, wurden sie flussaufwärts von Pferden gezogen. Flussabwärts nutzten sie die Strömung des Wassers undsetzten bei geeignetem Wind auch ihre Segel ein. Ladebäume erleichterten das Einbringen und das Löschen derLadung. Die Unterkunft für die aus 4-5 Personen bestehende Besatzung lag unter Deck und war sehr einfach.Mehr als ein Strohsack und eine Truhe für die wenigen Habseligkeiten gab es pro Besatzungsmitglied nicht.Zwar war ein Ofen zum Kochen vorhanden, aber keine Toilette oder gar fließendes Wasser.23


N AT U R P U Rim Bayerischen WaldMeditative Wanderung: Die Natur wird zum Spiegel des Menschen.ie evangelische Christuskirchein Grafenauam Bayerischen Waldhat etwas, das man selten in Kirchensehen kann. Auf der einenSeite des Kirchenraums erlaubteine Reihe von großen, quadratischenFenstern mit durchsichtigemGlas den Blick nachdraußen – auch während des<strong>Gott</strong>esdienstes. Das sei so währendeines Umbaus entschiedenworden, erläutert PfarrerinSonja Schuster. Es hole dieNatur in den Kirchenraum hineinund erlaube den <strong>Gott</strong>esdienstbesuchern,ihre Blickeüber die an die Kirche angrenzendenBäume und Felderschweifen zu lassen. <strong>Gott</strong>esSchöpfung ist präsent, wennLieder, Gebete und Predigtworteseine Werke preisen.Der Umgang mit der Natur istein zentrales Thema im Lebendieser Kirchengemeinde, diesich auch eines phantasievollenProgramms für die Urlauber –zum Teil in Kooperation mit derkatholischen Ortsgemeinde – indieser südlichen Region desBayerwaldes rühmen kann. Derstaatlich anerkannte LuftkurortGrafenau liegt auf einer Höhevon etwa 650 Metern am Randdes Naturparks BayerischerWald, dessen Vegetation sichweitgehend selbst überlassenbleibt und der sich mehr als 40Jahre nach der Übergabe seinerBestimmung durchaus »Urwald«nennen darf. In Grafenauist die Nationalparkverwaltungbeheimatet. Werner Kirchner istFörster im Nationalpark, er lei-24


Familiengottesdienste in freier Natur mit anschließendem Grillen sind beliebt.tet einen Jugendzeltplatz und istseit Jahrzehnten in der evangelischenGemeinde aktiv. Er lädtwie Pfarrerin Schuster und andereMitarbeiter der Gemeindezu Meditativen Wanderungenim Nationalpark ein. Er vermitteltdie ursprüngliche Natur als»Spiegel des Menschen«, wie ersagt. Kirchner ist ein »wandelndesLexikon«, wie die Teilnehmerseiner Wanderungen betonen.Er kann von den Ursprüngendes Nationalparks erzählen,wie sich nach und nachdie zunächst zweifelnden Anrainerdes Parks überzeugen ließen,dass man der Natur sehrwohl ein Stück ihrer selbst ohneEingriffe des Menschen überlassenkann. Der Förster erzähltdavon, wie ein Sturm eine großeWaldfläche im Park knickte.Nach drei Jahren sprossen neueBäume aus dem Boden – ohnejegliches Zutun des Menschen.Pfarrerin Schuster, die viel inder Gemeinde mit ihrem Mann,einem Lehrer und Psychologen,gemeinsamen macht, schränktdie Formel »Natur = Offenbarung«etwas ein. »Nicht alles,Fotos: Evangelische Gemeinde Grafenau (2), Nationalpark Bayerischer Wald (1)was meinen Glauben ausmacht,kann ich in der Natur finden.«Aber: »Die Natur lehrt denMenschen das Staunen. MitEhrfurcht bewundern wir die filigranenÄderwerke der Blätter,die Vielfalt an Bodendeckern,die Ungeheuerlichkeitaltersgrauer Baumriesen«. DerNationalpark habe 1997 begonnen,»sich geistliche Partner zusuchen, die in enger Verbindungmit naturkundigen Försternund Naturpark-Rangern Wandergruppenbegleiten«. 2004wurde unter dem Motto »Himmelfahrtim Wald« der regionaleKirchentag des evangelischenDekanats Passaukurzerhand in den Wald verlegt.»Durch die Zusammenarbeitbesitzen wir eine reiche und oftspielerische Vielfalt von Möglichkeiten,Natur und Seele zuverbinden und zum Beispiel beiVollmondwanderungen, Psalmenwegenoder auf Seelensteigeneiner Urerfahrung desMenschen Raum zu geben«,sagt die Pfarrerin, deren Wiegein München stand. Ein besonderesAnliegen ist ihr, »Konfirmanden,Firmlinge und andereJugendgruppen gezielt Naturerleben zu lassen und dabeinicht aus Pflicht, sondern ausLiebe Schöpfungsverantwortungnahezubringen«.Es sei »einfacher und lohnender,mit Kindern nicht auf hoheBerge, sondern in den wildenWald zu gehen«. Einige derKonfirmandenInnen haben sichihre Konfirmationssprüche aufihre Wanderstäbe geschriebenund auch so können Worte derBibel zu einem Begleiter für daseigene Leben werden.Die Urlaubsregion BayerischerWald hat steigende Übernachtungszahlen.berichtet diePfarrerin. Und sie freut sich besondersüber »viele Stammgäste,die bei uns eine auchgeistige und geistliche Heimatgefunden haben«Die Selbstverständlichkeit,mit der Geistliches und Weltlichesim Alltag zusammenwirken,beeindruckt sie, sagt diePfarrerin über ihre Arbeit.Internet: www.nationalparkbayerischer-wald.deHeinz Brockert25


RegionalbischofChristian Schmidtpredigt gernein MundartSeit vielen Jahren lädt der Regionalbischofim KirchenkreisAnsbach-Würzburg ChristianSchmidt gelegentlich zu Mundart-<strong>Gott</strong>esdiensten.Ein Höhepunktist der <strong>Gott</strong>esdienst amFaschingssonntag, der auch imBayerischen Fernsehen übertragenwird. »Auch im Faschingmuss eine Predigt eine Predigtsein, muss <strong>Gott</strong>es Wort verkündigtund ausgelegt werden«, betontSchmidt. Wenn’s nur nochum irgendeine Gaudi ginge, daswäre zu wenig. Auf gut Fränkisch:»Aa a Faschingsbredigtderf ka Gschmarri sei!«Frage: Wie erklären Sie sichdas neu aufgeflammte Interessefür Dialekt und Mundart?Schmidt: Das Globale unseresLebens fordert das Regionalegeradezu wieder heraus. DieMenschen sind Weltbürger,aber gleichzeitig brauchen sieHeimat. Ich finde es schön, dassder Dialekt wieder entdecktwird. Es ist die erste Sprache,die das Kind lernt.Frage: Wann sind Sie daraufgekommen, dass der Dialektauch ein Teil Ihrer religiösenVerkündigung sein kann?Schmidt: Das ist schon langeher. Ich war Dorfpfarrer und26» IM O GD I «bei Hausbesuchen undÄhnlichem habe ichgespürt, dass es dieMenschen erfreut,wenn ich ihre Sprachespreche. Von einem,der zu ihnen gehört,läßt man sich auch maleher etwas sagen. Unddas hat mich dazu geführt,bei besonderenAnlässen wie etwa imFasching auch im Reimzu predigen.Frage: Kann man die 10 Gebotein Mundart sprechen?Schmidt: Das ist eine Nagelprobe.Wenn ich etwas nichtganz einfach sagen kann, dannwird auch die Übersetzung ineinen Dialekt schwierig. Aberich denke an einen Pfarrer zurück,der das vierte Gebot »Dusollst Deinen Vater und DeineMutter ehren« auf fränkischmal so übersetzt hat»Dei Vadder istimmer no dei Vadderund die Mudderbleibt allewoi deiMudder«. Da stecktviel drin. Das verstehtein jeder. DieÜbersetzung in denDialekt ist eineKunst. Da kann ichnicht einfach losquatschen.Sondern ichmuss spüren, wiewürde ein Mensch ineiner bestimmtenRegion etwas in seinerSprache sagen.Frage: Es geht alsonicht nur um Worte,sondern auch um dasEinfühlen in einemöglicherweise andereGefühlswelt?Schmidt: Wenn icheine Predigt in Fränkischhalte, dannschreibe ich sie nichtzuvor im Hochdeutschenauf. Ich fragemich: Was will ich wie wemsagen?Frage: Die Mundart-Bewegungin der Kirche ist auch organisiert.Was gibt es da in Bayern?Schmidt: Es gibt seit vielenJahren den Arbeitskreis Mundartin der Kirche. Dazu gehörenPfarrer und Pfarrerinnen, aberauch Nicht-Ordinierte. DieFrage, die sich stellt, ist: Wie erreichenwir Menschen, die wirsonst nicht immer erreichen?Eine letzte Frage: Wenn mander Liebsten oder dem Liebsten»Ich liebe Dich« oder »I mogdi« sagt, ist da ein Unterschied?Schmidt: »Ich liebe Dich« istein sehr, sehr großes Wort. Daswird einem Franken oder einemAltbayern nicht so leicht überdie Lippen gehen. »Du, i mogdi«, »Schatz, i mog di«. Da istviel Wärme drin.Gläubige GelassenheitWenn obber aans wos Schöns erwart,dem wird ganz gwieß is Herz net hart,naa, der bewahrt sich sei Vertrauen,tut offen in die Zukunft schauen;genau so machen mirs als Christen:mir fohrn auf der Vertrauenspisten,weil mir ja den erwarten denna,den mer als Freund und Bruder kenna.Su kenner mern, des is gewiss,weil er scho amol kumma isund uns den tiefsten Grund der Weltganz neu vor Augen hat gestelltund gsogt hat: <strong>Gott</strong> is net a alterund grantiger Bilanzbuchhalter,ka Schicksal is er und ka Gsponst,demsd niemols werkli traua konnst;er is net launisch, ka Tyrann,ka Geizkrogn, der net sehen kann,wenns uns gut geht, er ist net fern,die Zukunft steht net in die Stern –naa, <strong>Gott</strong> gönnt uns is Lebn vo Herzen,und kriegt im Bauch die größten Schmerzen,wenn aans kann Weg mer für sich siehgtund hoffnungslos darniederliegt.(Aus der Predigt »Wer glaubt, der bleibt – was kaumzu fassen – trotz aller Sorgen noch gelassen« des evangelischenRegionalbischofs von Ansbach-WürzburgChristian Schmidt, erschienen in »Die Kanzel wirdzur Bütt« Mabase-Verlag).


Foto: StörfixLuther-WegeFoto: StörfixAm 15. April 1530, einem Karfreitag, zieht einTross von rund 200 Edelleuten, Rittern, Theologen,Soldaten und weiteren Reisenden mit MartinLuther durch das Spitaltor in die Stadt Coburgein. Luther bleibt dort fast sechs Monate lang undbewohnt zwei Räume auf der Veste Coburg,einem der sichersten Orte im damaligen KurfürstentumSachsen.Ein Teil der Reisegesellschaft mit Kurfürst Johanndem Beständigen an der Spitze zieht einigeTage später weiter nach Augsburg, um vor demam 20. Juni beginnenden Reichstag die GedankenLuthers vorzutragen, die fortan in der Formulierungvon Philipp Melanchthon als Confessio Augustana(AugsburgerDie Veste (Burg) Coburg (oben)und ihre Luther-Stube.Bekenntnis) dieGrundlage der evangelisch-lutherischenKirchen werden. Lutherwäre gerne mitgefahren,aber dashätte den mit Reichsachtund Kirchenbannbelegten Reformatoraußerhalb dessäschsischen Territoriumsin erhebliche Gefahr gebracht.Sein Aufenthalt auf der Stadtburg wurde so gutes ging geheim gehalten. Luther entfaltete dorteine rege religiös-wissenschaftliche Tätigkeit undhielt Kontakt zu der Delegation in Augsburg undzu seiner Familie in Wittenberg durch Briefe, diefast täglich von Boten in Zwei- bis Drei-Tages-Ritten übermittelt wurden. Er betete und meditierteetwa drei Stunden am Tag.27


Am 1. Oktober kehrte KurfürstJohann nach Coburg zurück,ohne auf dem Reichstagden gewünschten Kompromissin der Religionsfrage erreichtzu haben. Luther hält eine Abschiedspredigtund reist mitdem Kurfürsten am 4. Oktobernach Wittenberg zurück. ÜberLuthers umfangreiche Tätigkeitin Coburg haben HistorikerFoto: Christoph LiebstLuther-Weg-Station Schloss Callenberg: Schlossherr Hans vonCallenberg schützte Luther auf der Veste Coburg.Foto: Christoph LiebstLuther-Weg-Station St.-Johannis-Kirche Rödental-Oeslau: Dasenglische Königshaus half bei der Renovierung.geurteilt, er sei »über sich selbsthinausgewachsen«, wie in einerBroschüre der Stadt Coburg»Der Reformator Martin Lutherin Coburg« nachzulesen ist.Luther übersetzte auf derVeste Teile der Bibel, aber auchFabeln des griechischen DichtersAesop. Er verfaßte StreitundBekenntnisschriften, indenen er sich unter anderem füreine möglichst flächendeckendeSchulpflicht für Kinder einsetzte.Und er vertrieb sich auchdie Zeit durch Fechten, Ringen,Drechseln, Singen, Komponierenund Musizieren auf derLaute. Aus der Coburger Zeitstammt sein bekannter Ausspruch,dass man beim Übersetzen»dem gemeinen Mann aufdem Markte auf das Maulsehen« soll.Das Coburger Land, der südlichsteZipfel des damaligenKurfürstentums Sachsen undheute eines der nördlichstenGebiete des Freistaates Bayernan der Grenze zu Thüringen, istein Zentrum der Reformationin Deutschland mit europäischerAusstrahlung. Dafürsorgte auch im vorvergangenenJahrhundert der aus Coburgstammenden Prinzgemahl derenglischen Königin Victoria, Albertvon Sachsen-Coburg undGotha.Vier Jahre sind es noch bis zur500-Jahr-Feier der Reformation2017, die »immer mehr als Bewegungverstanden wird, diealle Bereiche des Lebens durchdrungenhat«, erklärt der EuropäischeTourismusverbund»Stätten der Reformation«,dem 19 Städte in Deutschlandmit reformationsgeschichtlichemHintergrund von Berlin-Spandau bis Augsburg angehörenund der in enger Zusammenarbeitmit der DeutschenZentrale für Tourismus(DZT) eine Reiseroute LU-THER-TOUR entwickelt.(Internet: www.luthertour.eu/de). Die Werbung dafür geschiehtweltweit.Auf den Spuren Luthers kannman aber schon jetzt auf sogenannten»Lutherwegen« wandeln,die die BundesländerSachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen,Hessen und Bayern zumTeil schon fertig gestellt, ausgeschildertund mit Informationenzur geschichtlichen und religiösenBedeutung der Halteorteversehen haben. Dies Lutherwege-Netz,das Brücken zwischenMenschen, Religionen,Geschichte, Kultur und Landschaftbaut, wird rund 1.000 Kilometerumfassen (Internet:www.lutherweg.de).Bei der Eröffnung eines Teilstücksdes Lutherweges im CoburgerLand am 30. September2012 betonte die evangelischeRegionalbischöfin von OberfrankenDorothea Greiner:»Wir folgen auf dem Lutherwegnicht Luther nach, sondern mitihm Christus. Wir glauben nichtan Luther, sondern mit ihm an<strong>Gott</strong>. Luthers Weg war ein Wegzur Freiheit von Lebens- undGlaubensangst. Luthers Wegwar ein Weg zum Vertrauen aufdie Gnade <strong>Gott</strong>es. Luthers Wegwar ein Weg zur Standfestigkeit.Er wusste, was in der HeiligenSchrift steht. Sie war ihm Maßstabzur Beurteilung aller Lebens-und Glaubensfragen.«Der Lutherweg im CoburgerLand ist rund 96 Kilometer lang28


Foto: Pfarramt Meeder Foto: St. JohannisLuther-Weg-Station St.-Johannis Bad Rodach: Ort des Hilfe-Verprechens protestantischer Stände.und hat einen mittleren Schwierigkeitsgrad.Er beginnt in Neustadtbei Coburg, wo Luther inder dortigen St. Georgskirchegepredigt hat und berührt imweiteren Streckenverlauf auchdie Orte Rödental, Coburg,Meeder und Bad Rodach.In vielen Dörfern, durch dieder heutige oberfränkische Lutherwegführt, war Luther nichtpersönlich, aber sie haben eineBedeutung für die Reformation.Das Evangelisch-LutherischeDekanat Coburg hat einenreich bebilderten Wander- undPilgerführer »Auf Luthers Spurenim Coburger Land« herausgegeben,der über das Dekanatbezogen werden kann (Adresse:Dekanat, Pfarrgasse 6, 96450Coburg, Mail: dekanat.coburg@elkb.de),aber auch im Internetaufgerufen werden kann(www.coburg-evangelisch.de).Dazu Pfarrer Dieter Stößleinvom Evangelischen BildungswerkCoburg: »Der Lutherwegführt an 21 Kirchen und Kapellenvorbei. Alle werden imWander- und Pilgerführer beschrieben,ihre Baugeschichte,der Bezug zur Reformation undihre Besonderheiten. Dazu gibtLuther-Weg-Station St.-Laurentius Meeder: Ort eines jährlichenFriedensdankfestes.es Impulse zum Innehalten undNachdenken.« Zu jeder Stationist ein Lutherwort abgedruckt.»Mit jedem Kind, das dir begegnet,ertappst du <strong>Gott</strong> auf frischerTat«, heißt es beispielsweisebei der Station »St.-Johannis-KircheRödental-Oeslau«.Die spätgotische Kirchemit ihrem einzigartigen Zellengewölbewurde einst mit Spendenaus dem englischen Königshausrenoviert.Höhepunkt des Lutherwegesist sicherlich die Stadt und VesteCoburg. OberbürgermeisterNobert Kastner sagt über Luthersmehrfache Aufenthaltedort: »Er war nicht zufällig Gastin einer Stadt, die für ihre Liberalitätbekannt war«.Luthers Wohnräume und Wirkungsstättensind auf der Vestezu besichtigen. Die Kunstsammlungender Veste besitzt wertvolleNachweise seiner CoburgerZeit. In der CoburgerLandesbibliothek sind rund 700zeitgenössische Lutherausgabenaus dem 16. Jahrhunderteinsehbar. (Internet: www.coburg.de/luther).Eine wichtige weitere Stationauf dem Lutherweg ist dasSchloss Callenberg. Hans vonSternberg zu Callenberg betreuteLuther während dessenAufenthalt auf der Veste Coburg.Er festigte die Reformationim Coburger Land.Ein wichtiger Haltepunkt aufdem Coburger Lutherweg istdie St.Laurentius-Kirche inMeeder. Jedes Jahr feiert dieKirchengemeinde Meeder einFriedensdankfest in Erinnerungan das Ende des 30-jährigenKrieges (1618 - 1648). Seit den80er Jahren ist sie auch durchihr Friedensmuseum bekanntgeworden, in dem unteranderem an die bedeutendeCoburger FriedensaktivistinAnna B. Eckstein (1868 – 1947)erinnert wird.Kurz vor Ende des Lutherwegeskann im aufstrebenden KurortBad Rodach erholsameStation gemacht werden. Er hataber auch eine geschichtlicheBedeutung, denn in der St.-Johanniskirchetagten vom 6. – 8.Juni nach dem Reichstag zuSpeyer die protestantischenReichsstände und versprachensich im sogenannten »RodacherAbschied« gegenseitigen Beistand.Heinz Brockert29


ZEST FESTIVAL <strong>2013</strong>: FAR FROM HOMEAfter watching the Chamber of Rhetoric and dining onSouth Africa food, Zest Festival patrons can get cosy andwatch the award winning South African movie FanieFourie’s Lobola on the Murchison River foreshore.What happens when an Afrikaans guy and a Zulu girlfall in love and have to navigate their way through thecomplicated process of lobola? It’s a recipe for disasterexplored in Fanie Fourie’s Lobola, a contemporaryromantic comedy about love and tradition in a rapidlyevolving society. Funny yet hard hitting, the film tacklesthe thorny subject of crosscultural relationships withhumour and honesty.Directed by Henk Pretorius (Bakgat!, Bakgat! 2), and cowrittenby Pretorius and Janine Eser, Fanie Fourie’s Lobolastars talented newcomer Zethu Dlomo as Dinky and filmand comedy favourite, Eduan van Jaarsveldt as the affableFanie. The film is the first from Once Upon a Story, a scriptdevelopment initiative headed by veteran industry leaderPaul Raleigh and Janine Eser, which aims to take great SouthAfrican stories to the big screen and the world. Fanie Fourie’sLobola was produced by Lance Samuel and Kweku Mandelafrom Out of Africa Entertainment and Janine Eser.Language: English, Zulu and Afrikaans, with English subtitles. | 91


Das Valentin-Karlstadt-Musäumist einMuss in München.Karl Valentin tratgerne in Kostümenauf: hier als Loreley.Das Valentin-Karlstadt-Musäum im MünchnerIsartor umfasst nur wenigeRäume. Aber wer die Erinnerungenan einen großen Sohnder Stadt und seine DauerpartnerinLiesl Karlstadtnicht gesehen hat, hat einenwesentlichen Teil des Genius,des Humors und der Geschichtedieser Stadt verpasst.Die Gaudi beginnt schon an derEingangstür. 99jährige in Begleitungihrer Eltern habenfreien Eintritt, verspricht einMessingschild. Der Rest zahlt»299 europäische Centerl«. Geöffnetist von 11:01 bis 17:29Uhr. »Bei Regenschein, Tag undNacht, nur von außen und zwarkostenlos«, informiert eine weitereTafel.Im Valentin-Karlstadt-Musäumgeben sich Hintersinn,Spott, treffende Beobachtungund Witz um des Witzes willendie Hand. Eine Schale mit Wasserund dem Hinweis, dass»diese schöne Schneeplastik leidergeschmolzen« ist, gehörtebenso zur Dauerausstellungwie der Haken an der Wand, anden Karl Valentin seinen gelerntenBeruf – er war Schreiner– hängte. Vor etwas mehr als130 Jahren, am 4. Juni 1882, kamer in München als Kind eineshessischen Vaters und einersächsischen Mutter zur Welt.Auf der Bühne erinnerte ersich gerne daran mit den Worten:»Als ich das Licht der Weltund sodann die Hebamme erblickte,war ich sprachlos. Ichhatte diese Frau ja noch nie inmeinem Leben gesehen.« SeineSchulzeit erlebte er nach eigenerAussage als eine »siebenjährigeZuchthausstrafe«.Neben der Schreinereitrat er als Sänger undKomiker auf und besuchteeine Varietéschule.Valentin reisteals Musik-Komikerdurch deutsche Städte.Berühmte Kollegenschätzten ihn schon zuseinen Lebzeiten alseinzigartiges Phänomen.Thomas Mannsammelte ValentinsSchallplatten und konnteTextstellen aus dessenAn jedem Eck a GaudiFoto: HDBGDialogen auswendig.Karl Valentin und LieslKarlstadt spielten in 10 Filmen,unter anderem in »Die Erbschaft«,der später von den Nationalsozialistenwegen»Elendstendenzen« verbotenwurde. Nach dem Krieg versuchteer wieder als KünstlerFuß zu fassen, aber sein oft melancholischerHumor traf denGeschmack des Publikumsnicht mehr. 1948 starb Valentinvon der Öffentlichkeit weitgehendunbeachtet an den Folgeneiner Lungenentzündung, die ersich bei einem Auftritt auf einerungeheizten Kleinkunstbühnezugezogen hatte. 1953 ging dergesamte Valentin-Nachlass für 7.000Mark an die notleidendeFamilie Valentinnach Köln. Münchensjetziger KulturreferentHans Georg Küpperswertete diese Zeit so:»Im Umgang mit dem großenKünstler war die Mutterstadtmanchmal mehr Stief- alsMutter.« Dass es heute in Münchendas Valentin-Karlstadt-Musäum gibt, das jährlich70.000 Besucher anzieht, ist derprivaten Initiative des KunstmalersHannes König zu verdanken,der das Museum 1959im Isartor einrichtete und überJahre hinweg hier eine bedeutendeSammlung zu denMünchner Volkssängern zusammentrug.Über sein Leben hat Valentinmal gesagt: »Kunst ist schön,macht aber viel Arbeit« und:»Kunst kommt von können,nicht von wollen, sonst müsstees ja Wunst heißen.« Kurt Tucholskyrühmte an ihm: »KarlValentin gibt es nur ein Mal,weil er ein seltener, trauriger,unirdischer, maßlos lustigerKomiker ist.« Und ChristophSchlingensief rief ihm nach:»Valentin war die gelungeneSymbiose aus Bürgertum undAnarchie.« Eine überaus gelungene,reich bebilderte Gesamtschauvon Karl Valentin unddem Milieu der MünchnerVolkssänger enthält ein Sonderbanddes Hauses der BayerischenGeschichte »An jedemEck a Gaudi«,Augsburg 2011,der im »Musäum«, aber auch injeder Buchhandlung zu erhaltenist.

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