50<strong>Linde</strong> <strong>Annual</strong> 20103. Umwelt und Ressourcen3KlimafreundlicherKraftfahrzeugverkehrAuch für die internationale Automobilindustriegilt es, die CO 2 -Emissionen zu senken unddie Ressourcen zu schonen. Neben der Entwicklungvon batteriebetriebenen Fahrzeugenrückt bei der Elektromobilität die Brennstoffzelleimmer stärker in den Fokus der Autobauer– und damit auch der umweltfreundlicheEnergieträger Wasserstoff (H 2 ). So habenführende Industrieunternehmen im September2009 eine Absichtserklärung unterzeichnet,die die Markteinführung von hunderttausendenBrennstoffzellenfahrzeugen von 2015an vorsieht.Ausbau des Wasserstoff-TankstellennetzesNeue Wasserstoff-Tankstellenin KalifornienIm kalifornischen Emeryville er -richtet <strong>Linde</strong> für den regionalenOmnibusbetreiber AC Transiteine Wasserstoff-Tankstelle fürdie Betankung von Brennstoffzellenbussenund -Pkw. DieTankstelle verfügt über die neueste<strong>Linde</strong>-Technologie und bietetkomprimierten gasförmigenWasserstoff mit 350 bar und 700bar Druck an. Der Wasserstoffwird im flüssigen Zustand angeliefertund vor Ort gespeichert.Außerdem erzeugt ein Elektrolyseurvor Ort rund 60 Kilogrammgasförmigen Wasserstoff proTag. Neben der Station in Emeryvillewird <strong>Linde</strong> im Jahr 2011 eineweitere Wasserstoff-Tankstellefür AC Transit zur Versorgungeines Busdepots in Oakland ausrüsten.Um die Verbreitung von wasserstoffbetriebenenFahrzeugen zu unterstützen, ist es erforderlich,die entsprechende Infrastruktur aufzubauen.Deshalb hat sich die Initiative H 2Mobility zum Ziel gesetzt, die Zahl der Wasserstoff-Tankstellenin Deutschland Schrittfür Schritt zu erhöhen, um eine breite Markteinführungvon Brennstoffzellenfahrzeugenvon 2015 an zu ermöglichen. Gründungsmitgliederder H 2 -Mobility-Initiative sind <strong>Linde</strong>,Daimler, EnBW, OMV, Shell, Total, Vattenfallund die Nationale Organisation WasserstoffundBrennstoffzellen-Technologie (NOW).Auch die Clean Energy Partnership (CEP)setzt sich für die Kommerzialisierung vonWasserstoff als Kraftstoff der Zukunft ein undtreibt die Erprobung von Fahrzeugen undTankstellen unter realen Bedingungen voran.An der CEP sind derzeit neben <strong>Linde</strong> zwölfweitere Unternehmen beteiligt: die BerlinerVerkehrsbetriebe (BVG), BMW, Daimler, Ford,GM/Opel, die Hamburger Hochbahn, Shell,Statoil, Total, Toyota, Vattenfall Europe undVolkswagen.Im Mai 2010 haben die CEP-Partner <strong>Linde</strong>,Statoil und Total in Berlin eine zweite, hochmoderneWasserstoff-Tankstelle eröffnet. Dieneue Station bietet den umweltfreundlichenTreibstoff sowohl in flüssiger Form als auchgasförmig an. <strong>Linde</strong> liefert den flüssigen Wasserstoff,der vor Ort in hochisolierten Tanksgespeichert wird, sowie die Betankungs-Technologie.In Berlin entsteht derzeit eine weitere CEP-Wasserstoff-Tankstelle. Neben einem unterirdischenSpeicher für flüssigen Wasserstoffstellt <strong>Linde</strong> bei diesem Projekt auch das neuentwickelte Kryopumpen-Betankungssystembereit. Diese bislang leistungsstärkste Anlagein Europa wird bis Mitte 2011 in Betrieb gehenund die Betankung eines Fahrzeugs mit Hochdruck-Wasserstoffbei 350 und 700 bar inlediglich drei Minuten ermöglichen.Auch in der Hamburger HafenCity soll imRahmen der CEP bis Mitte 2011 eine öffentlicheWasserstoff-Tankstelle des EnergieversorgersVattenfall ihren Betrieb aufnehmen.Die Kapazität der Tankstelle ist auf eine Flottevon 20 Linienbussen mit Brennstoffzellenantriebausgelegt und verfügt zusätzlich übereine Zapfsäule für Pkw. Damit wird dies diegrößte Wasserstoff-Tankstelle in Europa sein.<strong>Linde</strong> liefert die schlüsselfertige Anlage, dieneben zwei Elektrolyseuren und Tanks fürdie Lagerung von gasförmigem Wasserstoff(CGH 2 ) auch zwei ionische Kompressoren derneuesten Generation und die dazugehörigenDispenser (siehe Glossar) für die Betankungmit 350 bar und 700 bar umfasst.„Grüner“ WasserstoffSelbst wenn Wasserstoff aus fossilen Rohstoffenwie Erdgas durch Dampfreformierung(siehe Glossar) erzeugt wird – die heute nochübliche Methode –, fallen bei seiner Nutzungals Kraftstoff für Brennstoffzellenfahrzeugein der Gesamtbilanz rund 30 Prozent wenigerCO 2 -Emissionen an als bei herkömmlichenTreibstoffen.<strong>Linde</strong>s langfristiges Ziel ist es jedoch, Wasserstoffaus regenerativen Energien zu produzierenund damit einen durchweg nachhaltigenEnergieträger bereitzustellen. <strong>Das</strong>Unternehmen arbeitet auf vielen Gebietenan entsprechenden Technologien. Am <strong>Linde</strong>Standort Leuna in Sachsen-Anhalt (Deutschland)hat <strong>Linde</strong> im Berichtsjahr eine Pilotanlagein Betrieb genommen, in der Wasserstoffaus Rohglycerin erzeugt wird. <strong>Das</strong> Glycerinentsteht als Nebenprodukt bei der Herstellungvon Biodiesel aus Pflanzenölen. Zur Produktiondes so genannten grünen Wasserstoffsnutzt <strong>Linde</strong> den selbst ent wickeltenPyroreforming-Prozess. Bei diesem chemischthermischenVerfahren wird das entsalzteRohglycerin unter hohem Druck und bei Temperaturenvon mehreren Hundert Grad Celsiusaufgespalten. <strong>Das</strong> dabei entstehende wasserstoffreicheGas wird zur Reinigung und Verflüssigungin die vor Ort bestehenden <strong>Linde</strong>Wasserstoff-Anlagen eingespeist. Mit demauf diese Weise gewonnenen „grünen“ Wasserstoffwill das Unternehmen künftig unteranderem die neuen Wasserstoff-Tankstellen inBerlin und Hamburg versorgen.Eine weitere Option zur Produktion von„grünem“ Wasserstoff ist die Vergasung vonfesten Biomasseabfallstoffen. <strong>Linde</strong> engagiertsich auf diesem Gebiet mit einem Partner undhat in diesem Jahr den Bau einer entsprechendenPilotanlage unterstützt.
51Schwefelfreier Treibstoff<strong>Das</strong> Industriegas Wasserstoff ist nicht nur einsauberer Energieträger, sondern trägt auchmaßgeblich dazu bei, die Umweltverträglichkeitvon konventionellen fossilen Kraftstoffenzu verbessern. In Raffinerien dient das Gas vorallem dazu, Benzin und Diesel zu entschwefelnund damit bei deren Verbrennung dieEmissionen zu reduzieren.In diesem Marktsegment hat <strong>Linde</strong> in denUSA im Jahr 2010 seine Position mit der Inbetriebnahmeeiner 22,5 Kilometer langen Wasserstoff-Pipelineweiter gestärkt. Die Pipelineverbindet die Shell-Raffinerie in Deer Park,Texas, mit den texanischen Wasserstoff-Anlagen von <strong>Linde</strong> in Clear Lake und LaPorte.Die Investitionen in dieses Projekt betrugenrund 50 Mio. USD.Ökologische und ökonomische Vorteile gleichermaßenbietet <strong>Linde</strong>s SURE-Technologiezur Rückgewinnung von Schwefel aus petrochemischenProzessen unter Einsatz von Sauerstoff.Für dieses innovative Verfahren hat<strong>Linde</strong> im Berichtsjahr in China einen wichtigenReferenzkunden gewonnen: die YangtzePetrochemical Corp. (YPC), eine Tochtergesellschaftder Sinopec Corporation. <strong>Das</strong> Unternehmensetzt SURE in seiner Raffinerie seit September2010 ein, um die Rückgewinnung vonSchwefel von derzeit 70.000 auf 100.000 Jahrestonnenzu steigern.LNG aus KohleflözgasDer Markt für verflüssigtes Erdgas (LiquefiedNatural Gas, LNG) wächst – nicht zuletzt deshalb,weil der Kraftstoff LNG (siehe Glossar) imVergleich zu herkömmlichem Diesel beim Verbrennungsprozessrund 20 Prozent wenigerCO 2 freisetzt.In Australien erzeugt <strong>Linde</strong> in Zusammenarbeitmit der Queensland Gas Company (QGC)jetzt erstmals LNG aus Kohleflözgas. <strong>Das</strong> Kohleflözgaswird von QGC geliefert und von<strong>Linde</strong> in einer neuen LNG-Anlage nahe Miles,Queensland, verflüssigt. Die Anlage soll täglich50 Tonnen flüssiges Erdgas für die Betankungvon Lastkraftwagen und für industrielleEinsatzzwecke produzieren. Diese Mengeentspricht etwa 70.000 Liter Diesel. Die erstenGaslieferungen sind für den Sommer 2011vorgesehen.<strong>Linde</strong> plant, an der Ostküste Australiensein LNG-Tankstellennetz mit acht Stationenaufzubauen. Die Tankstationen sollen sowohlaus der neuen Anlage in Queensland als auchaus einer Verflüssigungs-Anlage in Tasmanienversorgt werden.EU-Studie bestätigt: Wasserstoff ist ein Schlüsselzu emissionsfreier MobilitätWasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge werden einwichtiger Bestandteil einer zukünftigen emissionsarmen Mobilitätsein. Dies ist ein Ergebnis der bislang umfangreichsten europäischenStudie zu den Zukunftschancen verschiedener Antriebskonzepteim Individualverkehr. In einem mittleren Szenario geht dieStudie davon aus, dass Brennstoffzellenfahrzeuge im Jahr 2050einen Anteil von 25 Prozent am Fahrzeugbestand erreichen werden.Dazu sind bis 2020 Investitionen in Höhe von rund 3 Mrd. EURin den Aufbau einer europaweiten Infrastruktur von Wasserstoff-Tankstellen notwendig.Die Studie zeigt, dass Brennstoffzellenfahrzeuge im Vergleichzu batterieelektrischen Automobilen den Vorteil einer größerenReichweite und einer kürzeren Betankungszeit haben. Somit sindBrennstoffzellen die am besten geeignete Antriebstechnik für dieReduzierung von CO 2 -Emissionen im mittleren und oberen Fahrzeugsegment.Dieses Segment umfasst etwa 50 Prozent aller Fahrzeugeund verursacht zurzeit rund 75 Prozent aller CO 2 -Emissionenim Straßenverkehr.Bei einer Betrachtung der Gesamtkosten der Fahrzeugnutzungnähern sich alle Antriebskonzepte im Jahr 2025 deutlich an, wobeidurch steuerliche Vergünstigungen oder Anreizsysteme dieser Zeitpunktnäher in die Gegenwart gerückt werden kann. Der Anteilder Wasserstoff-Infrastruktur an den Gesamtkosten beträgt nurrund 5 Prozent. Die komplette Studie findet man im Internet unterwww.zeroemissionvehicles.eu.