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Richelsdorfer Gespräche - AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft

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5.<br />

<strong>Richelsdorfer</strong><br />

<strong>Gespräche</strong><br />

mit Hr. Dr. Clemens Veltrup zum Thema<br />

„Motivierende Gesprächsführung“<br />

1


Beiträge und Referate der<br />

Träger:<br />

FACHKLINIK RICHELSDORF<br />

Klinik für soziopsychosomatische Krankheiten<br />

Am Kirchrain 2a 36208 Wildeck-Richelsdorf<br />

Tel.: (06626) 92 22-0 Fax: (06626) 92 22-129<br />

e-mail: info@fachklinik-richelsdorf.de<br />

Web: www.kte-ag.de/richelsdorf.htm<br />

IK-Nr. 51 066 13 51<br />

KTE Gesellschaft für Krankenhaus + Therapieeinrichtungen mbH<br />

& Co. Fachklinik Richelsdorf KG<br />

Indikationen:<br />

Behandlung von Alkohol- und/oder Medikamentenabhängigkeit<br />

Individuelle Therapieangebote:<br />

Auffang-/Rückfallbehandlungen, Paarbehandlungen,<br />

Intervalltherapien, Behandlung von suchtkranken schwangeren<br />

Frauen und jungen Müttern mit Kindern (Säuglinge, Klein- und<br />

Schulkinde), Arbeitstrainings- und Integrationsphase für arbeitslose<br />

Suchtmittelabhängige<br />

Kosten- und Leistungsträger:<br />

Renten- und Krankenkassenversicherungsträger, Sonstige<br />

Voraussetzungen für die Aufnahme:<br />

Freiwilligkeitserklärung, abgeschlossene Entgiftungsbehandlung,<br />

Kostenzusage des Leistungsträgers<br />

Therapieansatz:<br />

Psychoanalytisch-interaktionelle Psychotherapie mit den<br />

Schwerpunkten:<br />

Fokussierung auf die bisherige Beziehungsdynamik<br />

die Bedeutung des Suchtmittelgebrauchs in diesem<br />

Zusammenhang<br />

lösungsorientierte Entwicklungsförderung<br />

Behandlungsdauer:<br />

8-12 Wochen (bei Verlängerung bis 16 Wochen)<br />

Therapieziele:<br />

Abstinenz<br />

familiäre, soziale und berufliche Wiedereingliederung<br />

Verbesserung der Bewältigungsstrategien in Konfliktsituationen<br />

Behandlungsplätze: 72<br />

Therapeutisches Team:<br />

Ärzte, Psychologen, Pädagogen, Sozialarbeiter, Sporttherapeuten,<br />

Gestaltungstherapeuten, Werktherapeuten, Krankenschwestern<br />

und -pfleger<br />

Besonderheiten:<br />

Die Fachklinik Richelsdorf ist ein kleines, überschaubares Haus,<br />

das durch begleitende Einzeltherapie und eine flexible<br />

Therapiedauer (8-16) Wochen ein hohes Maß an individueller<br />

Behandlung bietet.<br />

Aufnahmeleitung:<br />

Telefon: (0 66 26) 92 22-222, Telefax (0 66 26) 92 22-129


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort<br />

Der Referent<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

Seite<br />

........................................................................................................................... 3<br />

..........................................................................................5<br />

Motivationale (Kurz-)Interventionen in der Beratung<br />

In der Rehabilitation Abhängigkeitskranker ...................................................6<br />

-2-


Beiträge und Referate der<br />

Vorwort<br />

Motiviertende Gesprächsführung<br />

Die Förderung der Änderungsbereitschaft ist eine zentrale<br />

Aufgabe von Beratern. Behandlern und Betreuern, die mit<br />

Menschen arbeiten, welche Störungen durch psychotrope<br />

Substanzen aufweisen.<br />

Das 5. <strong>Richelsdorfer</strong> Gespräch war dem Thema: “Motivierende<br />

Gesprächsführung” gewidmet. Am Vormittag führte Dr. Clemens<br />

Veltrup, Diplompsychologe und Psychotherapeut, in einem<br />

ausführlichen Beitrag in die Thematik ein. Er stützte sich dabei im<br />

wesentlichen auf die Arbeit von Miller und Rollnik, die die motivierende<br />

Gesprächsführung als ein “Konzept zur Beratung von<br />

Menschen mit Suchtproblemen” entwickelt haben.<br />

Motivierende Gesprächsführung kann definiert werden als “ein<br />

direktives, klientenzentrierentes Beratungskonzept zur Lösung<br />

ambivalenter Einstellungen gegenüber Verhaltensänderungen”.<br />

Als hilfreiches Modell zur Erfassung der Veränderungsmotivation<br />

hat sich das Phasenmodell von Prochaska und DiClemente<br />

erwiesen, das von einer Abfolge von Stadien ausgeht, die<br />

Menschen durchlaufen, wenn sie ein Problem bearbeiten. Es<br />

sind dies die Stadien:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Absichtslosigkeit<br />

Absichtsbildung<br />

Vorbereitung<br />

Handlung<br />

Aufrechterhaltung und schließlich<br />

Rückfall<br />

Motivation bezieht sich dann auf das derzeitige Stadium der<br />

Veränderungsbereitschaft, ist also nicht etwas statisches,<br />

sondern vollzieht sich als Prozess. In einem anderem<br />

Sprachgebrauch ließe sich die Suche und Förderung der<br />

Veränderungsbereitschaft beschreiben als ein “Abholen des<br />

Menschen da wo er gerade steht”. In jedem Stadium ergeben sich<br />

jeweils spezifische motivierende Aufgaben und Strategien des<br />

Therapeuten.<br />

-3-


Der<br />

Referent<br />

-4-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

Dr. Veltrup stellte in seinem Vortrag die fünf wesentlichen<br />

Prinzipien motivierender Gesprächsführung vor.<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Empathie ausdrücken<br />

Diskrepanzen entwickeln<br />

Beweisführung vermeiden<br />

den Widerstand aufgeben<br />

Selbstwirksamkeit fördern<br />

Und zeigte an Beispielen, in welchen Fallstricken man sich im<br />

Gespräch sehr leicht verheddern kann. Er legte besonderes<br />

Augenmerk auf die Strategien im Umgang mit Widerstand und<br />

die Würdigung derAmbivalenz.<br />

Am Nachmittag wurden in Kleingruppen in sehr angeregter<br />

Atmosphäre die Umsetzungsmöglichkeiten des Gehörten<br />

diskutiert. Die Teilnehmer steuerten eigene Beispiele<br />

geglückter oder missglückter Gesprächsführung mit Klienten<br />

bei. Man war sich einig, dass die “Motivierende<br />

Gesprächsführung” viele nützliche und hilfreiche Anregungen<br />

bereithält, vor allem im Umgang mit “schwierigen” oder<br />

scheinbar “unmotivierten” Klienten, dass es jedoch einiger<br />

Übung bedarf, die Prinzipien auch anzuwenden und<br />

aufgestellte “Fallen” zu vermeiden.<br />

Alfred Scheib<br />

Leitender Psychologe<br />

Dipl.-Psych. Dr. Clemens Veltrup<br />

KTE Therapieverbund Ostsee<br />

Weidenweg 9-15, 23562 Lübeck<br />

Tel.: 0451/5021802<br />

Fax: 0451/5021801<br />

E-Mail: veltrup@tvo.ktge-ag.de


Beiträge und Referate der<br />

Motivationale (Kurz-) Interventionen in der Beratung und<br />

Behandlung von Menschen mit Suchtmittelproblemen<br />

Einleitung<br />

„Der ist ja gar nicht motiviert, der will doch mit dem Trinken gar nicht aufhören“.<br />

„Sie sind noch nicht so weit, Sie müssen erst noch tiefer fallen, dann können Sie ja mal vorbeikommen,<br />

wenn Sie wirklich IhrenAlkoholkonsum aufgeben wollen<br />

„Bei dem macht doch eine Therapie keinen Sinn, der hat doch alles verloren, was soll das noch mit einer<br />

Behandlung“<br />

„Sie schaffen das sowieso nicht, den Drogenkonsum zu beenden“.<br />

So oder so ähnlich reden Menschen über und mit Menschen, die einen suchtmittelbezogene Störung, sei<br />

es ein riskanter Alkoholkonsum, ein schädlicher Gebrauch oder eine Abhängigkeit von psychotropen<br />

Substanzen aufweisen. Von solchen Beeinträchtigungen sind viele Menschen betroffen.<br />

Epidemiologische Studien zeigen, dass in Deutschland bei etwa 3% der Bevölkerung eine<br />

Suchtmittelabhängigkeit vorliegt. Die Zahl der Substanzmissbraucher wird auf ca. 5% geschätzt.<br />

In den vergangenen Jahren erfolgte ein systematischer Ausbau des Suchthilfesystem, die auch im<br />

Bereich der so genannten „legalen“ Drogen zu einem Paradigmenwechsel führte im Zusammenhang mit<br />

der Gestaltung von Behandlung: statt der Behandlungskette wird nun ein Netzwerk der Hilfe angeboten.<br />

Dadurch ergeben sich vielfältige Änderungen (vgl. Abbildung 1) in der Suchthilfe, die gegenwärtig längst<br />

nicht abgeschlossen sind.<br />

Abbildung 1: Behandlungssystem<br />

Grundlagen und Grundhaltungen der motivationalen Interventionen<br />

Interventionskette Interventionsnetzwerk<br />

Organisation<br />

klar gegliederte Hilfssystem(mit eindeutigen<br />

Zuständigkeiten<br />

Differenziertes Hilfesystem<br />

Interventionsablauf Weitgehend strukturierter/ standardisierter Ablauf Koordinations- und Planungsgremien<br />

Zentrale Intervention Entwöhnungsbehandlung Gemeindenahe Hilfsangebote<br />

Behandler<br />

Multiprofessionalität (Schwerpunkte: Sozialarbeit,<br />

Psychotherapie)<br />

Vielfältige Interventionsstrategien (Schwerpunkt:<br />

Interventions-ansätze<br />

Gruppenbehandlung)<br />

-5-<br />

Multiprofessionalität (zunehmende<br />

Bedeutung der medizinisch-<br />

psychiatrischen Behandlung)<br />

Unterschiedliche<br />

Interventionsansätze


Stadien der Veränderung<br />

-6-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

Damit Alkoholkonsumenten eine Änderung ihres Trinkens in Erwägung ziehen, müssen u.a.<br />

folgende Bedingungen erfüllt sein:<br />

� Ein kritisches Ereignis (z. B. familiäre Konflikte, Verlust der Fahrerlaubnis wegen Führen<br />

eines Fahrzeugs im alkoholisierten Zustand, ein Gelegenheitsanfall im Entzug oder der<br />

Verlust des Arbeitsplatzes) muß mit dem problematischen Trinkverhalten in Verbindung<br />

gebracht werden.<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Es müssen individuell wichtige Wertebereiche durch den Alkoholkonsum beeinträchtigt<br />

werden.<br />

Die Verantwortung für das eigene Verhalten muß vom Betroffenen anerkannt werden.<br />

Der Alkoholiker muß sich vorstellen können, die notwendigen Änderungen seines<br />

Verhaltens erreichen zu können.<br />

Es müssen attraktive Verhaltensalternativen zum problematischen Trinken bestehen.<br />

Jellinek (1952) beschreibt in seinem Verlaufsmodell (Prodromalphase, kritische Phase,<br />

chronische Phase) einen linearen sozialen, psychischen und körperlichen Abstiegsprozess.<br />

Dieses Modell hat die therapeutische Arbeit mit Abhängigen stark beeinflusst. Es impliziert,<br />

dass erst an dem (absoluten) „Tiefpunkt“ eine Veränderung erfolgen kann. Durch<br />

professionelle Hilfe wird der Restitutions- und Rehabilitationsprozess eingeleitet. Relative<br />

Tiefpunkte, die einen Ausstieg aus dem Abhängigkeitspozess möglich erscheinen lassen,<br />

werden eher vernachlässigt. Demgegenüber stehen Modelle aus der psychologischen<br />

Forschung, die zeigen, daß ein Veränderungsprozeß durch spezifische Einstellungen und<br />

Verhaltensweisen in Gang gesetzt wird und auch mittels geeigneter Interventionen<br />

beschleunigt werden kann. Nach Prochaska und DiClemente (1986) lassen sich folgende<br />

Phasen der Veränderung unterscheiden: Precontemplation (Ahnung), Contemplation<br />

(Absicht), Action (Aktion zur Erreichung von Verhaltensänderung), Maintenance<br />

(Aufrechterhaltung) und Relapse (Abbruch des neuen Verhaltens). In der Ahnungsphase<br />

macht sich der Betroffene keine „ernsten“ Gedanken über Art, Ausmaß und Folgen seines<br />

Alkoholkonsums. Er denkt nicht ernsthaft über eine Verhaltensänderung nach. Hinweise<br />

aus dem sozialen Umfeld wegen des überhöhten Trinkens werden nicht besonders ernst<br />

genommen. DerAlkoholkonsum wird bagatellisiert. Manche Betroffene beginnen wegen der<br />

zunehmenden Kritik, heimlich zu trinken. In der Phase der Absichtsbildung findet eine erste<br />

kritische Reflexion des Konsumverhaltens statt. Der Betroffene beobachtet sich selbst<br />

intensiver, wird selbstaufmerksamer und entschließt sich tendenziel zur<br />

Verhaltensänderung. Es werden verschiedene Verhaltensalternativen erwogen. Der<br />

Betroffene reagiert aber u.U. sehr abwehrend auf Vorhaltungen anderen wegen des<br />

Alkoholtrinkens. In der Handlungsphase (Aktion) versucht der Betroffene, eine Änderung<br />

des Verhaltens zu erreichen, also das Problemverhalten aufzugeben. Er sucht dabei<br />

Unterstützung von Vertrauten oder auch bei professionellen Helfern. Das neue Verhalten<br />

wird erprobt. In der Phase der Aufrechterhaltung wird das neue Verhalten stabilisiert bzw.<br />

weiterentwickelt. Das Leben ohne Störungen durch psychotrope Substanzen beginnt. Dazu<br />

nimmt der Betroffene möglicherweise suchtspezifische Hilfsangebote in Anspruch oder<br />

vertraut auf die Unterstützung durch sein soziales Netzwerk. Der Rückfall in das alte<br />

Verhalten (Abbruch der Verhaltensänderung), bei Alkoholabhängigen ist dies die<br />

Beendigung der Abstinenz, kann dazu führen, daß jemand wieder in die Ahnungsphase<br />

abgleitet („Nun trinke ich ja nicht mehr so schlimm wie früher, jetzt ist doch alles eigentlich<br />

gut“), so daß eine Änderung in Richtung erneuterAbstinenz vom Betroffenen abgelehnt oder<br />

zumindest als nicht notwendig angesehen wird. Prochaska et al. (1992) haben in


Beiträge und Referate der<br />

Weiterentwicklung dieses Stadienmodells einen spiralförmigen Verlauf der Veränderung<br />

beschrieben. Auch haben sie die Phase „Preparation“ (Aktionsvorbereitung) eingeführt als<br />

Vorstufe zur Handlungsphase. Sutton (1995) spricht nicht von Stufen oder Stadien der<br />

Veränderung sondern von Änderungszuständen („states of change“), die sich zeitlich<br />

unterschiedlich erstrecken können. Durch bestimmte therapeutische Strategien ist die<br />

Änderungsbereitschaft systematisch zu erhöhen (vgl.Abbildung 2)<br />

Neben den Änderungsphasen sind auch verschiedene motivationale Dimensionen zu<br />

unterscheiden. So unterscheidet man (1) Abstinenzmotivation, (2) Behandlungsmotivation und<br />

(3) Motivation zur Veränderung belastender und belasteter Lebensfelder.<br />

Motivationale Grundhaltungen<br />

Ahnung Steigerung des Problembewusstseins<br />

(Informationserarbeitung zur Reduzierung von Defensivstrategien )<br />

Stützende Beziehungen<br />

(Betroffene unterstützen, ihr Fehlverhalten aber nicht begünstigen)<br />

Absichtsbildung „Wachrütteln der Emotionen“<br />

(Betroffene anregen, sich mit Problemverhalten auseinander zusetzen und sich mit<br />

den negativen Konsequenzen zu konfrontieren)<br />

Aktion Neue Selbstbewertung<br />

(reflektiertes statt automatisiertes Verhalten erarbeiten, neues Selbstbild, Treffen<br />

einer Entscheidung)<br />

Ermöglichung von sozialer Entlastung<br />

(Hilfe bei Suche nach öffentlicher Unterstützung, Selbsthilfegruppen)<br />

Aufrechterhaltung Feste Vorsätze<br />

(Hilfe bei Entscheidungsumsetzung und dem Entwurf konkreter Handlungspläne)<br />

Belohnungsstrategien<br />

(Unterstützung bei der Suche nach Verstärkern zur Belohnung des neuen Verhaltens )<br />

Kontrolle der Umwelt<br />

(Konstruktive Strategien zur Bewältigung von Hochrisikosituationen unter<br />

Einbeziehung des sozialen Umfeldes entwickeln, Erinnerungshilfen aufbauen)<br />

Stützende Beziehungen<br />

(gemeinsam Sport treiben, keine Schuldgefühle gegenüber anderen, Veränderung der<br />

Lebensbedingungen)<br />

Entwicklung von Lebenszufriedenheit<br />

Im Unterschied zur traditionell eher konfrontativen Behandlungsstrategie bei Menschen mit<br />

Alkoholproblemen empfehlen Miller und Rollnick (1991) ein Umgehen, das durch<br />

Wertschätzung und Empathie gekennzeichnet ist. Ziel ist der Aufbau von<br />

Veränderungsbereitschaft beim Klienten bzw. Patienten. Das Akzeptieren des Störungsbildes,<br />

-7-


-8-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

welches sich in Aussagen wie „Ich bin Alkoholiker“ widerspiegelt, wird in der motivationalen<br />

Intervention als nicht notwendig für die Einleitung einer Verhaltensänderung angesehen.<br />

In der motivationalen Intervention ist es notwendig, eine Diskrepanz zu erzeugen zwischen den<br />

vorhandenen Wünschen und Hoffnungen des Betroffenen (nach Sicherung des Arbeitsplatzes,<br />

Zufriedenheit, Harmonie) und der gegebenen (alkoholischen) Realität. Somit wird der<br />

unerwünschte Ausgangszustand zum Ansatzpunkt der Motivierungsarbeit. Dabei sollen<br />

Auseinandersetzungen (z.B. über die „tatsächlich“ getrunkene Alkoholmenge) vermieden<br />

werden. Von professionellen Helfern, die mit Alkoholmissbrauchern bzw. abhängigen arbeiten,<br />

werden immer wieder typische Einstellungen bei den Betroffenen beschrieben, die einen<br />

Veränderungsfortschritt verhindern. Dazu gehören v.a. sogenannte Defensiv- bzw.<br />

Abwehrstrategien im Sinne einer kognitiven Verzerrung auf der Ebene des verleugneten<br />

Suchtmittelmissbrauchs. Diese Verleugnungs- bzw. Bagatellsierungstrategien begleiten den<br />

Prozeß der Abhängigkeitsentwicklung und konsolidierung und verstärken die psychischen,<br />

sozialen und körperlichen Auswirkungen der Erkrankung, da es nicht zu selbstregulativen<br />

Verhaltenssteuerungen kommt. Diese Form der Abwehr kann als psychischer Schutz des<br />

Alkoholabhängigen verstanden werden, um sein alkoholisches Lebenssystem aufrechterhalten<br />

zu können. John (1989) fand einen positiven Zusammenhang zwischen negativen<br />

Einstellungen zum Alkoholismus und Alkoholikern und dem Ausmaß der Abwehr der eigenen<br />

Suchtproblematik: Je mehr ein Betroffener die negativen Folgen seines Alkoholkonsums<br />

erkennt, um so geringer ist dieAbwehr.<br />

Defensivstrategien sind auch Ausdruck des Interaktionsgeschehens zwischen Behandler und<br />

den Betroffenen. Im Gespräch soll der Widerstand des Betroffenen reduziert werden. Um<br />

dieses Ziel zu erreichen, sind bestimmte Gesprächstechniken notwendig. In der Abbildung 3<br />

finden sich dazu einige Beispiele.<br />

Miller und Rollnick (1991) betonen die Notwendigkeit der Förderung der Selbstwirksamkeit der<br />

Patienten. Der Glaube an die eigenen Bewältigungsfertigkeiten soll gesteigert werden. Durch<br />

kleine Änderungsschritte sollen die Patienten Erfolgserlebnisse erfahren und zunehmend<br />

Selbstvertrauen gewinnen. Das Ziel ist es, erstrebenswerte, attraktive Verhaltensalternativen<br />

aufzubauen.<br />

Weitere wichtige Grundhaltungen sind nach Miller und Sanchez (1993) sind die Rückmeldung<br />

des Behandlers an den Betroffenen über eingetretenen Folgen des Konsumverhaltens, die<br />

Empfehlung von konkreten (Verhaltens-)Änderungen unter Berücksichtigung der<br />

Entscheidungsfreiheit des Klienten bzw. Patienten sowie ein einfühlendes, nicht-wertendes<br />

Verstehen für die Problemsituation der Betroffenen.<br />

Abbildung 3: Motivationaler Umgang mit Defensivstrategien bei Menschen mit Alkoholproblemen<br />

Kanfer et al. (1995) betonen, daß Motivierung im Sinne des Selbstmanagement die Förderung<br />

positiver Anreize meint. Die von den Klienten (Patienten) als bedeutsam eingeschätzten Ziele<br />

und Werte werden in den Mittelpunkt gerückt, und die Beratung ist somit eben nicht (nur) darauf<br />

gerichtet, momentane negative Bedingungen zu beenden. Der Behandler soll sich um<br />

maximale Transparenz des therapeutischen Vorgehens bemühen und die Autonomie der<br />

Entscheidung des Patienten berücksichtigen.


Beiträge und Referate der<br />

Diagnostische Instrumente<br />

Grundlage für die Durchführung motivationaler Interventionen ist auch eine ausreichende<br />

Diagnostik. Dabei unterscheiden wir zwischen Verfahren zur Erfassung der (primären)<br />

Verleugnung<br />

Der Patient leugnet<br />

einen überhöhten<br />

Konsum von Alkohol.<br />

Bagatellisierung<br />

Der Patient meint,<br />

daß der Behandler<br />

die Risiken und<br />

Gesundheitsgefahren<br />

übertreibt.<br />

Verschiebung<br />

Der Patient schiebt<br />

die Verantwortung<br />

für den Alkohol-<br />

konsum auf andere.<br />

Pessimismus<br />

Der Patient äußert<br />

sich resignativ über<br />

sich oder andere.<br />

Ablehnung von<br />

Angeboten:<br />

Der Patient ist mit<br />

den Vorschlägen zur<br />

Veränderung nicht<br />

einverstanden, bietet<br />

aber auch keine<br />

Alternativen an.<br />

„Ich trinke doch nur<br />

ab und zu ein Bier.<br />

Alles andere ist üble<br />

Nachrede“.<br />

„Ich trinke nicht mehr<br />

als die meisten<br />

meiner Bekannten.<br />

Was ist denn daran<br />

so schlimm? Man<br />

gönnt sich ja sonst<br />

nichts“.<br />

„Ich trinke doch nur,<br />

weil ich tagsüber von<br />

meinem Vorgesetzten<br />

systematisch<br />

gegängelt werde“.<br />

„Ach ich kann doch<br />

nichts mehr<br />

verändern, das hat<br />

alles keinen Sinn“.<br />

„Ich brauche keine<br />

Suchttherapie, das<br />

schaffe ich alleine.“<br />

Entpathologisieren<br />

„Sie scheinen zu befürchten, daß man Sie als<br />

Alkoholiker abstempelt. Aber darum geht es nicht.<br />

Wichtiger ist es, sich den bisherigen Alkoholkonsum<br />

genau anzusehen und sich dann persönlich zu<br />

entscheiden, ob Veränderungen notwendig sind und<br />

wie diese erreicht werden können“.<br />

Darstellen der Ambivalenz<br />

„Das muß sehr verwirrend für Sie sein: auf der einen<br />

Seite finden sich nachweisbare Folgeschäden, auf der<br />

anderen Seite denken sie selbst, daß Ihr Konsum doch<br />

ungefährlich sein müsste. Vielleicht können wir<br />

gemeinsam versuchen, diesen Widerspruch aufzulösen<br />

...“.<br />

Akzentuierte Zustimmung<br />

„Sie haben da etwas sehr Wichtiges erkannt. Es geht<br />

um mehr als das Trinken. Probleme mit Alkohol haben<br />

häufig auch mit Schwierigkeiten in anderen Bereichen,<br />

z. B. in der Familie oder am Arbeitsplatz zu tun“.<br />

Perspektiverweiterung<br />

„Wenn man seinen persönlichen Tiefpunkt erreicht hat,<br />

kann man kaum Auswege erkennen. Ich denke, daß<br />

allein die Tatsache, daß Sie den Kontakt zu mir gesucht<br />

haben, zeigt, daß Sie sich doch eine Veränderung<br />

wünschen. Das bewundere ich sehr. Darum geben Sie<br />

gerade jetzt nicht auf. Es gibt Hoffnung auf<br />

Veränderung“.<br />

Kontinuität der Hilfe anbieten<br />

„Aufgrund meiner Erfahrungen bin ich skeptisch, aber<br />

Sie scheinen ja sehr zuversichtlich zu sein. Dieser<br />

Glaube an die eigene Kompetenz ist tatsächlich wichtig,<br />

um die Alkoholproblematik zu überwinden. Ich möchte<br />

Ihnen gerne einen neuen Gesprächstermin in ca. 2<br />

Wochen anbieten, in dem Sie mir über Ihre bis dahin<br />

gemachten Erfahrungen berichten können ...“.<br />

-9-


Vergebung<br />

Der Patient gibt<br />

reumütig z.B. einen<br />

Rückfall zu und<br />

erwartet Trost und<br />

Vergebung.<br />

Zweifel<br />

Der Patient<br />

bezweifelt die<br />

Stichhaltigkeit der<br />

(diagnostischen)<br />

Aussagen des<br />

Behandlers.<br />

Feindseligkeit<br />

Der Patient drückt<br />

offen feindseliges<br />

Abwehrverhalten<br />

aus.<br />

Endloses<br />

Diskutieren<br />

Der Patient versucht<br />

das Gespräch in<br />

einen<br />

Meinungsaustausch<br />

umzufunktionieren.<br />

„ Ich weiß, daß ich<br />

wieder einmal versagt<br />

habe. Meine Frau ist<br />

zurecht enttäuscht.<br />

Immerwiederkommt<br />

mir der Alkohol<br />

dazwischen, so ist<br />

das eben ...“<br />

„Also, so wie sie das<br />

darstellen, stimmt das<br />

alles nicht. Bei mir ist<br />

alles in Ordnung.“<br />

„Sie sind doch völlig<br />

unfähig.Undsoeiner<br />

nennt sich Arzt. “<br />

„Also, wenn man den<br />

Ärzten glauben<br />

würde, wäre ja jeder<br />

Mensch Alkoholiker.<br />

Der Alkohol gehört in<br />

unserer Gesellschaft<br />

dazu ...“.<br />

-10-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

Förderung der Selbstwirksamkeit<br />

„Sie schildern Ihr Verhalten als schicksalhaft gegeben,<br />

als wäre nichts veränderbar. Sie haben alle Fertigkeiten<br />

zur Überwindung der Sucht. Wichtig ist, daß Sie<br />

beginnen, sich mit den auslösenden und<br />

aufrechterhaltenden Bedingungen des Trinkens<br />

auseinandersetzen und frühzeitig nach aktiven<br />

Vermeidungs- oder auch Bewältigungsmöglichkeiten<br />

suchen. Konkret bedeutet dies ...“.<br />

Paradoxe Intervention<br />

„Ich freue mich, daß Sie so glücklich und zufrieden sind.<br />

Man trifft davon nur wenige Menschen. Vermeiden Sie<br />

unbedingt irgendwelche Änderungen in Ihrem Leben.<br />

Machen Sie auf jeden Fall so weiter wie bisher. Ihr<br />

Partner und ihre Kinder sind ja sicher auch sehr<br />

zufrieden mit Ihnen. Und erst Ihr Vorgesetzter, da läuft<br />

ja alles mehr als prima. Ich beneide Sie, aber wirklich“.<br />

Veränderung des Fokus<br />

„Meine Sicht der Dinge gefällt Ihnen nicht. Okay, Sie<br />

haben die Möglichkeit, einen anderen Experten zu<br />

befragen. Und dieses Angebot sollten Sie unbedingt<br />

nutzen. Es geht um Ihre körperliche und psychische<br />

Gesundheit, nur das ist wichtig, nicht unsere<br />

Kommunikationsprobleme“.<br />

Betonung der Eigenverantwortlichkeit<br />

Es geht um Ihren Alkoholkonsum, es geht um Ihre<br />

persönliche Einschätzung Ihrer Alkoholproblematik,<br />

nicht um das Problem an sich oder als solches. Sie sind<br />

der Betroffene, an Ihnen liegt es, sich mit Ihrer<br />

Alkoholproblematik auseinander zusetzen und gezielt<br />

Veränderungsschritte einzuleiten.“<br />

Störungsmerkmale, Instrumenten zur Erhebung „sekundärer“ Störungen (Konsequenzen des<br />

Problemverhaltens) und Tests, die vor allem die Änderungsbereitschaft des Betroffenen<br />

prüfen. Instrumente im Rahmen der motivationalen Beratung und für die Planung einer<br />

Motivationstherapie sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet: (1) es sind wenig<br />

zeitaufwendige Verfahren, und (2) sie ermöglichen eine Einschätzung über die<br />

Behandlungsbedürftigkeit des Problems.


Beiträge und Referate der<br />

Abbildung 4: Screening-Verfahren zur Erfassung von Alkoholproblemen<br />

Der Einsatz von Screening-Instrumenten zur Erkennung von Alkoholproblemen ist möglich und sinnvoll<br />

bei neuen Patienten in der Praxis des niedergelassenen Arztes (z.B. im Rahmen einer allgemeinen<br />

Befragung zum gesundheitsbezogenen Verhalten) sowie bei allen Patienten während ihres<br />

Krankenhausaufenthaltes. In derAbbildung 4 findet sich eine Übersicht der wichtigsten Verfahren.<br />

Abbildung 5: AUDIT-Instrument<br />

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,<br />

da Alkohol zu gesundheitlichen Schäden führen kann, werden Sie in diesem Fragebogen nach<br />

Ihren Trinkgewohnheiten gefragt. Bitte beantworten Sie die Fragen so genau wie möglich, da<br />

sie Grundlage für ein ärztliches Gespräch sind.<br />

Instrument<br />

AUDIT<br />

Anzahl der Items<br />

Diagnosestellung: Alkoholmißbrauch<br />

bzw. –abhängigkeit<br />

(Babor & Grant, 1989)<br />

CAGE<br />

10 Items (fünffach gestuft) > 8 Punkte<br />

(Mayfield et al., 1974)<br />

LAST<br />

4 dichotome Items > 1 Zustimmung<br />

(Rumpf et al., 1997)<br />

SceeT-9<br />

7 dichotome Items > 1 Zustimmung<br />

(Richter et al., 1994) 9 Items Grenzwertüberschreitung<br />

Als Maßeinheit gilt:<br />

1 Drink= 0,2l Bier oder 0,1l Wein/Sekt oder ein Glas (0,02l= „Einfachen“) Korn, Rum, Weinbrand<br />

oder ähnliches<br />

Ein wichtiges Instrument zur Erfassung der erlebten Konsequenzen des überhöhten Konsums<br />

ist das Fragebogeninventar von Miller et al. (1995). „The Drinker Inventory of Consequences“<br />

umfaßt verschiedene Versionen für Suchtmittelabhängige und ihre Angehörigen. Es können<br />

„Lifetime-Konsequenzen“ sowie aktuelle Folgen des überhöhten Konsums erhoben werden.<br />

Die Langform umfaßt 50 Items, die Kurzform besteht aus 15 Items. Es werden fünf<br />

Konsequenzbereiche unterschieden (vgl.Abbildung 5).<br />

-11-


Abbildung 6: The Drinker Inventory of Consequences<br />

Wie oft haben Sie alkoholische<br />

Getränke getrunken?<br />

-12-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

Neben der Erfassung der alkoholismusrelevanten Symptome und Folgeschäden ist die<br />

Erhebung der Veränderungsbereitschaft von großer Bedeutung. Das bereits beschriebene<br />

„Model of Change“ von Prochaska und DiClemente (1983) bildet die theoretische Grundlage für<br />

die nachfolgenden Verfahren.<br />

0 1 2 3 4<br />

Nie 1mal im<br />

Monat<br />

seltener<br />

oder<br />

2mal im<br />

Monat<br />

3mal im<br />

Monat<br />

4 oder<br />

mehrmals im<br />

Monat<br />

Wie viele Drinks trinken Sie pro<br />

Tag?<br />

1-2 3-4 5-6 7-9 10 oder mehr<br />

Wie oft trinken Sie 6 oder mehr Nie Weniger als Einmal im Einmal in Fast täglich<br />

Drinks pro Tag?<br />

einmal<br />

Monat<br />

im Monat der Woche<br />

Wie oft hatten Sie im letzten Jahr Nie Weniger als Einmal im Einmal in Fast täglich<br />

das Gefühl, Sie könnten nicht einmal im Monat der Woche<br />

aufhören zu trinken, wenn Sie Monat<br />

angefangen haben?<br />

Wie oft konnten Sie im letzten Jahr Nie Weniger als Einmal im Einmal in Fast täglich<br />

nicht das tun, was von Ihnen einmal im Monat der Woche<br />

erwartetet wurde, weil Sie Alkohol<br />

getrunken hatten?<br />

Monat<br />

Wie oft brauchten Sie schon Nie Weniger als Einmal im Einmal in Fast täglich<br />

morgens ein alkoholisches Getränk, einmal im Monat der Woche<br />

weil Sie vorher stark getrunken<br />

hatten?<br />

Monat<br />

Wie oft haben Sie im letzten Jahr Nie Weniger als Einmal im Einmal in<br />

nach dem Alkoholtrinken einmal im Monat der Woche<br />

Gewissensbisse gehabt oder sich<br />

schuldig gefühlt?<br />

Monat<br />

Wie oft haben Sie sich nicht an die Nie Weniger als<br />

Einmal in Fast täglich<br />

Ereignisse der Nacht zuvor erinnern einmal im<br />

der Woche<br />

können, weil Sie Alkohol getrunken<br />

hatten?<br />

Monat<br />

Haben Sie sich oder einen anderen Nein Ja, aber<br />

Ja, im letzten<br />

schon einmal verletzt, weil Sie nicht im<br />

Jahr<br />

Alkohol getrunken hatten?<br />

letzten Jahr<br />

Hat Ihnen ein Verwandter, Freund Nein Ja, aber<br />

Ja, im letzten<br />

oder Arzt geraten, Ihren nicht im<br />

Jahr<br />

Alkoholkonsum zu verringern?<br />

letzten Jahr


Beiträge und Referate der<br />

Rollnick et al. (1992) haben ein Instrument mit 12 Items entwickelt („Readiness of Change<br />

Questionnaire“). Es werden über drei Subskalen mit jeweils vier fünffach gestuften Items<br />

(„stimme voll zu“, „stimme zu“, „bin unsicher“, „stimme nicht zu“, „stimme überhaupt nicht zu“),<br />

die Veränderungsdimensionen: „Vorabsicht“ (= Ahnung) , „Absicht“ und „Umsetzung“ (=Aktion)<br />

erfaßt.<br />

Subskalen Beispielitems<br />

Körperliche Folgen<br />

Ich habe einen Kater gehabt oder mich nach dem Trinken<br />

(8 Items)<br />

schlecht gefühlt.<br />

Intrapersonale Konsequenzen Ich habe mich wegen meinen Trinkens geschämt und schuldig<br />

(8 Items)<br />

gefühlt.<br />

Soziale Folgen<br />

Ich habe tageweise bei der Arbeit oder in der Schule aufgrund<br />

(7 Items)<br />

meines Trinkens gefehlt.<br />

Interpersonale Konsequenzen Meine Fähigkeit ein guter Vater/ eine gute Mutter zu sein,<br />

(10 Items)<br />

wurde durch mein Trinken eingeschränkt.<br />

Verringerung der Impulskontrolle Ich bin schon einmal eine körperliche Auseinandersetzung<br />

(12 Items)<br />

während meines Trinkens geraten.<br />

Kontroll-Skala<br />

Ich habe den Geschmack von Bier, Wein oder Schnaps<br />

(5Items)<br />

genossen.<br />

Von Miller und Tonigan (1996) wird der Socrates- Fragebogen empfohlen, der insgesamt 19<br />

Items umfaßt. Es werden folgende Phasen der Veränderung erfasst: „Precontemplation“,<br />

„Contemplation“, „Determination“, „Action“ und „Maintenance“ über jeweils fünffach gestufte<br />

Items. Darüber hinaus ergab die Datenanalyse von Miller et al. (1996) im Rahmen der Match<br />

Studie eine Drei-Faktorenlösung, nämlich „Ambivalence“, „Recognition“ sowie „Taking Steps“.<br />

Mittels der genannten diagnostischen Verfahren ist es dem Untersucher möglich, die Fragen,<br />

ob ein Alkoholmissbrauch bzw. eine -abhängigkeit vorliegt zu beantworten und gezielte<br />

(motivationale) Interventionen durchzuführen, um Veränderungen bezüglich des<br />

Substanzkonsums, der Bereitschaft an umfassendere Behandlungsformen teil- und<br />

Änderungen in belasteten und belastenden Lebensfelder vorzunehmen.<br />

Anwendungsmöglichkeiten motivationaler Interventionen<br />

Motivationale Interventionen durch den niedergelassenen Arzt<br />

Schätzungen gehen nun davon aus, dass von etwa 70% der Abhängigen zumindest einmal im<br />

Jahr Kontakt zu einem niedergelassenen Arzt, zumeist ihrem Hausarzt aufnehmen. Bei etwa<br />

jedem zehnten, der vom niedergelassenen (Haus-)Arzt behandelt wird, liegt ein<br />

Alkoholmissbrauch bzw. eine Alkoholabhängigkeit vor. Dabei ist die Quote der Männer mit<br />

alkoholbezogenen Problem ungefähr dreimal höher als der Frauenanteil. Zumeist stellen sich<br />

diese Patienten mit somatischen und psychischen Beschwerden in der Praxis des niedergelassenen<br />

Arztes vor, diese stehen aber häufig in einem funktionellen Zusammenhang mit dem<br />

überhöhten Alkoholkonsum. Der niedergelassene Arzt ist ein wichtiger Ansprechpartner in dem<br />

-13-


-14-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

Behandlungssystem für Menschen mit Alkoholproblemen. Er wird von den Betroffenen als<br />

zuverlässiger und kompetenter Behandler geschätzt. Dem niedergelassenenArzt kommt somit<br />

eine zentrale Rolle zu, Patienten frühzeitig auf die Gefahren des überhöhten Alkoholkonsums<br />

hinzuweisen, um eine frühzeitige Modifikation dieses gesundheitsschädlichen Verhaltens zu<br />

erreichen und somit eine Chronifizierung zu verhindern. Darüber hinaus kann er alkoholabhängige<br />

Patienten motivieren, eine suchtspezifische Behandlung (ambulante oder teil- bzw.<br />

vollstationäre Therapiemaßnahmen) zu nutzen.<br />

Das National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (1995) empfiehlt niedergelassenen<br />

Ärzten folgende vier Schritte, um Patienten mit Alkoholproblemen helfen zu können: (1)<br />

Alkoholkonsum erfragen, (2) Alkoholbezogene Problem erfassen, (3) Angemessene<br />

Interventionen zur Verhaltensänderung empfehlen oder selbst durchführen und (4) das<br />

Trinkverhalten des Patienten regelmäßig beobachten. Im deutschen Sprachraum liegen<br />

mittlerweile mehrere Interventionsansätze für niedergelassene Ärzte vor, mit dem Ziel, die<br />

Änderungsbereitschaft bei Menschen mit Alkoholproblemen systematisch zu fördern. In<br />

Abbildung 7 wird ein systematisches Vorgehen dargestellt.<br />

Abbildung 7 : Checkliste zur Kurzintervention bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit<br />

durch den niedergelassen Arzt<br />

Aktualprävalenz<br />

Allgemeinkrankenhaus<br />

N= 1167<br />

Allgemeinarztpraxen<br />

N= 929<br />

Alkoholmißbrauch 4,80% 3,50%<br />

Alkoholabhängigkeit 12,70% 7,20%<br />

Remittierte<br />

Alkoholabhängigkeit 2,60% 5,30%<br />

Motivationale Interventionen in der psychiatrischen Versorgung und<br />

im Suchthilfesystem<br />

Es sollen nun einige Beispiele genannt werden, wie der motivationale Ansatz in der Beratung<br />

und Therapie von Menschen mit Alkoholproblemen im Suchthilfesystem (z.B. in<br />

Suchtberatungsstellen oder Fachkliniken) und der psychiatrischen Behandlung umgesetzt<br />

werden kann.


Beiträge und Referate der<br />

Motivationale Beratungsansätze<br />

Schritt 1:<br />

Erfasssung des<br />

Alkoholkonsums<br />

Schritt 2:<br />

Förderung der<br />

Änderungsbereitschaft:<br />

� Vermittlung der<br />

diagnostischen<br />

� Erkenntnisse<br />

� Ärztliche Empfehlung<br />

� Entscheidung des<br />

Patienten<br />

� Schadensbegrenzende<br />

Interventionen<br />

Schritt 3:<br />

Förderung der<br />

Änderungskompetenz<br />

Schritt 4:<br />

Kontinuierliche<br />

Beobachtung und<br />

Begleitung<br />

Ärztlich-therapeutische<br />

Haltungen<br />

1. Vertrauensvolle<br />

Arbeitsbeziehung herstellen<br />

2. Kompetenz vermitteln<br />

� Erkenntnisse plausibel und<br />

nicht wertend vermitteln<br />

� Selbstmotivationale Aussagen<br />

bei Patienten fördern<br />

� Diskrepanz bei Patienten<br />

erzeugen<br />

� Konstruktiven Umgang mit<br />

Defensivstrategien<br />

ermöglichen<br />

� Entscheidung der Patienten<br />

ermöglichen<br />

� Gesprächsinhalte<br />

zusammenfassen<br />

� Änderungszuversicht der<br />

Patienten fördern<br />

� Entscheidung der Patienten<br />

absichern<br />

� Loben der Patienten<br />

� Auf Gefährdungen<br />

aufmerksam machen<br />

-15-<br />

Ärztliches Vorgehen<br />

Diagnostik I<br />

Eingangsfragen zur Erfassung des<br />

Alkoholkonsums<br />

Vertiefungsfragen zur Erfassung der<br />

Schwere des riskanten<br />

Alkoholkonsums<br />

Diagnostik II<br />

CAGE- Fragen stellen<br />

Diagnostik III<br />

Prüf-Fragen zur Erfassung von<br />

Abhängigkeit<br />

Ärztliche Empfehlungen bei<br />

Alkoholabhängigkeit:<br />

Abstinenz<br />

Inanspruchnahme von<br />

suchtspezifischer Behandlung<br />

Verhaltensänderung bei<br />

Alkoholabhängigkeit:<br />

Entzugsbehandlung<br />

Inanspruchnahme von<br />

suchtspezifischer Behandlung<br />

Beobachtung und Begleitung von<br />

Alkoholabhängigen:<br />

Rückfallprävention<br />

Rückfallmanagement


-16-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

In der motivationalen Beratung gilt es, die genannten therapeutischen Grundhaltungen so<br />

umzusetzen, daß die Änderungsbereitschaft von Klienten und Patienten gefördert wird und<br />

somit erste Veränderungsschritte geplant werden können. Als Einstieg haben sich folgende<br />

Themen als sinnvoll erwiesen: (1) Durchsprechen eines typischen Tagesablaufes, um die<br />

Lebensumstände des Betroffenen kennenzulernen und die Änderungsbereitschaft abschätzen<br />

zu können. (2) Positive und negative Aspekte des Substanzkonsums erfragen, der Betroffene<br />

soll so für sich klären, welche Vorteile der Alkoholkonsum für ihn hat und ob bereits<br />

unerwünschte Folgen eingetreten sind. Eine solche Gegenüberstellung hilft, den<br />

Entscheidungsprozeß voranzubringen (3) Informationen über den Substanzgebrauch und<br />

mögliche Folgen in unbedrohlicher Form vermitteln, (4) Veränderungswünsche für die Zukunft<br />

erfragen und Hindernisse, v.a. im Zusammenhang mit dem aktuellen Substanzkonsum,<br />

explorieren (Diskrepanzerzeugung), (5) die Sorgen des Betroffenen bezüglich des eigenen<br />

Konsums erfragen und (6) bei der Entscheidung, in welcher Weise eine Veränderung des<br />

Substanzgebrauchs erfolgen sollte, beraten.<br />

Beim Drinker´s Check Up (Miller et al., 1987) handelt es sich um ein erweitertes strukturiertes<br />

Beratungsprogramm. Menschen, die ihren Alkoholkonsum als problematisch erleben, werden<br />

über Pressemitteilungen zu einer zweistündigen Untersuchung eingeladen. Das<br />

Trinkverhalten wird mittels eines diagnostischen Instrumentes eingeschätzt, ein<br />

halbstandardisiertes Interview und ein Angehörigengespräch werden durchgeführt. Über einen<br />

Bluttest werden die alkoholismusrelevanten Laborwerte erhoben, und es wird eine<br />

neuropsychologische Testung vorgenommen. Bei einem zweiten Termin werden mit dem<br />

Betroffenen die Resultate durchgesprochen und trinkbezogene Empfehlungen gegeben.<br />

Der Verlust des Führerscheins aufgrund des Führen eines Kraftfahrzeuges im alkoholisierten<br />

Zustand kann als wichtiger Änderungszeitpunkt genutzt werden. Von verschiedenen<br />

Organisationen und psychosozialen Beratungsstellen werden Trainingsprogramme mit dem<br />

Ziel des „kontrollierten Trinkns oder derAufrechterhaltung vonAbstinenz angeboten.<br />

Motivationstherapie im Rahmen des „qualifizierten Entzuges“<br />

Motivationstherapeutische Maßnahmen sind zunehmend auch Bestandteil der stationären und<br />

ambulanten Therapie (vg. Mugele, 1995). Vorzugsweise werden Motivationsbehandlungen<br />

aber im Rahmen der stationären Entzugsbehandlung v.a. in psychiatrischen Kliniken<br />

durchgeführt. Die zwei- bis sechswöchige Maßnahmen, schließen sich unmittelbar an die<br />

körperliche Entgiftung an. Es handelt sich zumeist um gruppentherapeutische Programme mit<br />

folgenden Zielsetzungen: (1) Förderung eines angemessenen Problemverständnisses<br />

bezüglich des Alkoholkonsums und damit verbunden die Entwicklung der Bereitschaft,<br />

abstinent zu leben, (2) Erhöhung der Veränderungsmotivation und kompetenz im<br />

Zusammenhang mit belastenden und belasteten Lebensfeldern, (3) Erkennen der<br />

Notwendigkeit, weiterführende (suchtspezifische) Behandlungsmaßnahmen in Anspruch zu<br />

nehmen.<br />

In Abbildung 6 werden die wichtigsten Behandlungselemente der Motivationstherapie<br />

dargestellt.


Beiträge und Referate der<br />

Abbildung 8: Behandlungselemente der Motivationstherapie<br />

Bei der Motivationstherapie handelt es sich zumeist um ein hochstrukturiertes<br />

Therapieangebot, bestehend aus aufeinander abgestimmten Behandlungselementen. Die<br />

Behandlung findet entweder auf der Entzugsstation statt oder wird auf einer eigenen<br />

„Motivationsstation“ durchgeführt. Es wird überwiegend im gruppentherapeutischen Setting<br />

mit 8-15 Teilnehmern gearbeitet (vgl. Lübecker Behandlungsmodell; Veltrup et al., 1996).<br />

Veränderung des<br />

Förderung der<br />

Alkoholkonsumverhaltens Behandlungsbereitschaft<br />

� Problemzentrierte � Information über<br />

Gruppengespräche<br />

Therapiemöglichkeiten<br />

� Bibliotherapie<br />

� Vorbereitung der<br />

� Rollenspiel zur Prävention<br />

von Abstinenzbeendigung<br />

Weiterbehandlung<br />

� Ärztliche<br />

Visiten)<br />

Aufklärung (z.B.<br />

-17-<br />

Verbesserung der<br />

Lebensgestaltung<br />

� Sozialarbeiterische Beratung<br />

� Beschäftigungstherapie<br />

� Angehörigengruppe<br />

� Wochenendurlaub<br />

Motivationsförderung im Rahmen von Entwöhnungsbehandlungen<br />

Die alkoholabhängigen Patienten in stationären Entwöhnungsbehandlungen befinden sich in<br />

unterschiedlichen Phasen der Änderungsbereitschaft, so dass es sehr wohl notwendig ist,<br />

gezielte motivationale Interventionen durchzuführen mit dem Ziel die Veränderungsmotivation<br />

als Grundlage für die Förderung von Änderungskompetenz zu erhöhen. Als Beispiel für ein<br />

motivationales Programm sei kurz das Vorgehen in der salus Klinik Lindow, einer stationären<br />

Einrichtung fürAlkoholabhängige skizziert.<br />

Nach Erfassung der Änderungsbereitschaft mittels des SOCRATES wird mit dem Patient die<br />

Teilnahme an einem dreiwöchigen Motivationsprogramm für Patienten in der Ahnungs- und<br />

Absichtsphase besprochen. Innerhalb dieses Programms finden viermal wöchentlich ca.<br />

45minütige Vortrage zu relevanten Aspekten der Abhängigkeitserkrankung statt. In einer sich<br />

daran anschließenden „Basisgruppe“ werden die im Vortrag vermittelten Informationen mittels<br />

kleiner (gruppendynamischer) Übungen, Rollenspiele, schriftlicher Aufgaben etc. vertieft. So<br />

soll die Verarbeitung der Informationen durch die Patienten verbessert werden. Beispiele für<br />

Vortragsthemen und den Inhalten der Basisgruppe finden sich inAbbildung 7


-18-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

Abbildung 9: Motivationsprogramm einer stationären Entwöhnungsbehandlung<br />

Motivationale Ansätze in der Nachsorge<br />

In der Nachsorge ist Ziel von motivationalen Interventionen zum einen dieAufrechterhaltung von<br />

Abstinenz. Die genannten therapeutischen Grundhaltungen des motivationalen Ansatzes<br />

tragen dazu bei, diesen Prozeß des Sich-Bemühens um Abstinenz zu sichern. Im<br />

Zusammenhang mit möglichen Rückfällen ist es mittels der motivationalen Ansatzes<br />

notwendig, eine erneute Änderungsbereitschaft zu erreichen, so daß der Betroffene erkennt,<br />

daß die Reabstinenz ein notwendiges und sinnvolles Ziel sein kann. Im Zusammenhang mit<br />

diesem Rückfallmanagement steht somit die Entpatholigisierung des Rückfallgeschehens<br />

zugunsten der konstruktiven Bewältigung.<br />

Vortragsthema Übungen in der Basisgruppe<br />

Alkoholkonsum in Deutschland Die Patienten sollen sich Werbeanzeigen aus Zeitschriften<br />

anschauen und erfassen, welche Normen im Zusammenhang mit<br />

dem Konsum von Alkohol deutlich werden, die beste Werbeanzeige<br />

auswählen und angelehnt daran, eine Anzeige eine Werbekampagne<br />

Körperliche Wirkungen des<br />

Alkoholkonsums<br />

für Abstinenz entwickeln.<br />

In Kleingruppen sollen die Patienten den Weg des Alkohols durch<br />

den Körper in Form einer Comic -Geschichte malen und die<br />

Geschichte dann in der Großgruppe vorstellen.<br />

In einem Arbeitsbogen tragen die Patienten ihren durchschnittlichen<br />

Alkoholkonsum ein und berechnen dann den entsprechenden<br />

Promillewert, den sie amTag durchschnittlich erreichen und<br />

besprechen die erlebten Konsequenzen.<br />

Entwicklung von Abhängigkeit Die Patienten sollen in kleinen Gruppen ein Rollenspiel spielen, in<br />

dem sie Ihrem Nachbarn erklären, was ein Alkoholiker ist.<br />

Abwehrstrategien: Ich habe Die Patienten sollen ihre „besten Ausreden“ und Tricks im<br />

kein Alkoholproblem Zusammenhang mit der Verleugnung des überhöhten<br />

Alkoholkonsums zusammentragen.<br />

In einem „Quiz“ stellt der Gruppenleiter Ausreden von Patienten dar,<br />

die während der Behandlung bei der Alkoholkontrolle auffällig<br />

geworden sind. Die Patienten sollen raten, ob die Geschichte stimmt<br />

oder der Betroffene „gelogen“ hat.<br />

Nutzung von therapeutischer In Kleingruppen sollen die Patienten auflisten, welche Argumente (1)<br />

Hilfe<br />

Familienangehörige, (2) Vorgesetzte am Arbeitsplatz, (3)<br />

Therapieerfahrene, (4) Ärzte nutzen könnten, um Betroffene von der<br />

Notwendigkeit einer Behandlung zu überzeugen. In einem<br />

Rollenspiel vor dem Plenung spielt ein Patienten einen<br />

Alkoholabhängigen, ein Kleingruppenvertreter übernimmt<br />

entsprechende Rolle des Familienanghörigen, Arztes etc. Es erfolgt<br />

dann eine Diskussion im Plenum.


Beiträge und Referate der<br />

Rückfall Die Patienten sollen alle Elemente, die zu einem Rückfall führen<br />

können, jeweils einzeln auf einem DinA4 Blatt aufschreiben. Es<br />

werden dann alle Blätter auf dem Boden in eine solche Reihe<br />

gebracht, daß sich ein Rückfallmodell ergibt.<br />

Anschließend sollen die Patienten in Kleingruppen für die<br />

verschiedenen Phasen des Rückfalls Vermeidungs- bzw.<br />

Bewältigungsstrategien erarbeiten und anschließend in der<br />

Großgruppe vorstellen: Vorläufer (Lebensstil), Umgang mit<br />

Risikosituation, Bewältigung des Rückfallschocks.<br />

Abschließende Bemerkungen<br />

Der motivationale Ansatz wird als sehr effektive Interventionsstrategie dargestellt, welche in<br />

den unterschiedlichen Phasen des Änderungsprozesses und in unterschiedlichen Settings<br />

angewendet werden kann. Somit kann dieser Ansatz als eine Art Basisintervention genutzt<br />

werden. In Deutschland ist die Umsetzung dieses Ansatzes noch eher defizitär. Es liegen aber<br />

mittlerweile gut eingeführte Weiterbildungsangebote vor, die professionellen Helfern in der<br />

Suchthilfe und darüber hinaus auch Mitarbeitern im psychiatrisch-psychozialen und<br />

medizinischen Basisversorgungssystem ermöglicht, sich mit diesem „neuen“ Ansatz vertraut<br />

zu machen.<br />

-17-


-18-<br />

<strong>Richelsdorfer</strong> <strong>Gespräche</strong><br />

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Lambertus.

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