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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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Nähe u.a. Diese Zweiteilung ist in vielen Bereichen der Wirtschaft<br />

gegeben. So mag die Kenntnis einer Computersprache direkt den Zugang<br />

zu einem Job ebnen, das kommunikative Geschick eines Verkäufers,<br />

Abteilungsleiters oder gar Politikers läßt sich mit diesem groben Maß<br />

nicht messen.<br />

Diejenigen, die voreilig sagen, es gäbe keinen Nutzen für die Kompetenz<br />

in einer Regionalsprache und Regionalkultur, verstehen den durchgehend<br />

kommunikativen und symbolischen Charakter wirtschaftlicher<br />

Prozesse nicht.<br />

Im diffusen Bereich des schulischen Bildungsauftrages kann man zwei<br />

Grundstrategien verfolgen:<br />

- Everything goes. Man bietet für alle Initiativen, neue Bildungsinhalte<br />

in das Programm einzufügen, einen Platz. Vernünftigerweise werden<br />

diese Angebote nicht für alle und nicht überall gemacht. Die Schüler<br />

(oder Eltern) wählen aus dem Angebot, und die Gesamtentwicklung<br />

verläuft weitgehend selbstorganisiert: Was gefällt, bleibt; was nicht gefällt,<br />

verschwindet.<br />

- Man kann einen minimalen Konsens suchen und gewisse Bildungsinhalte<br />

als verbindlich festlegen. Aus der demokratischen Organisation<br />

des Staates ergeben sich z.B. bestimmte Zielsetzungen des Unterrichts,<br />

Gesetzeskenntnisse werden bei allen Bürgern vor Gericht vorausgesetzt<br />

usw., Geographie- und Geschichtskenntnisse sind ebenfalls<br />

für das demokratische Mitwirken notwendig.<br />

Eine normsetzende Kraft werden regionale Themen nicht erreichen. Im<br />

Gegenteil, der Verzicht auf die Verteidigung der regionalen Identität<br />

gegen Fremde, besonders aus anderen deutschen Regionen, kennzeichnet<br />

die norddeutsche Regionalkultur. Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen,<br />

dass dieser Faktor als Bildungsfaktor zu ignorieren wäre, ist aber falsch.<br />

Das gleiche Argument würde allen intoleranten und aggressiven Identitäten<br />

die Schule weit öffnen. Ich behaupte, dass die breite, norddeutsche<br />

Mehrheitskultur gerade deshalb an der Schule sichtbar sein sollte, damit<br />

ein Angebot vorhanden ist, das jenseits konfliktärer nationaler Identitäten<br />

liegt, jenseits deutscher, türkischer usw. Identitäten, und das eine Tradition<br />

des Ausgleiches beinhaltet. So gesehen, sind die Inhalte eines Faches<br />

Regionalsprache und Regionalkultur weit mehr als ein beliebiges Bildungsgut<br />

im ständig wechselnden Feld neuer Angebote. Es geht um die<br />

regionale und historische Fundierung eines gesellschaftlichen Bewusstseins<br />

generell, um eine Verwurzelung, welche gegen die ideologischen<br />

Rattenfänger immunisiert und welche sich wegen ihres unprogrammatischen<br />

Charakters nicht lenken und manipulieren läßt.<br />

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