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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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- Die Schule schafft die Voraussetzung dafür, dass der Absolvent in dem<br />

ökonomischen Leben des Landes seinen Platz findet, seine Existenz sichern<br />

kann. Der Schüler investiert also Lernarbeit, die einen<br />

Tauschwert in den Berufspositionen bzw. Einkommensperspektiven<br />

hat. In diesem Bereich ist die Schule integraler Teil des Wirtschaftslebens.<br />

Das Problem für die Gestaltung des Schulprogramms liegt darin,<br />

trotz der Vielfalt späterer Berufsanforderungen, eine Grundmenge von<br />

Fertigkeiten zu vermitteln, welche möglichst vielen Schülern nützlich<br />

ist.<br />

- Die Schule hat einen allgemeinen Bildungsauftrag und übernimmt (für<br />

die Eltern und die Gesellschaft) einen Teil der Erziehungsarbeit. Ist im<br />

ersten Bereich noch eine abschätzbare Nutzenfunktion für Entscheidungsprozesse<br />

verfügbar, so ist im zweiten Bereich die Zielsetzung der<br />

Bildungsarbeit selbst fragwürdig. Als Ersatz dienen ideologische oder<br />

ganz abstrakte philosophische Wertsetzungen. Es fragt sich sogar, ob<br />

in dieser Situation überhaupt eine allgemeine Zielsetzung mehr als<br />

eine Meinung sein kann.<br />

7.4. Mögliche Zielsetzungen eines Unterrichts im Bereich Regionalkultur<br />

und Regionalsprache<br />

Vor dem Sprachwechsel, der in <strong>Bremen</strong> verstärkt seit der Eingliederung<br />

in das Deutsche Reich einsetzte (vgl. <strong>Wildgen</strong>, 1986, 1988a, b, waren<br />

viele soziale Bereiche nur über das Medium Plattdeutsch zugänglich.<br />

Eine Plattdeutsch-Kompetenz war somit die Voraussetzung für eine (erfolgreiche)<br />

Berufstätigkeit. Mit der Zeit schwand diese Barriere für Zugereiste<br />

und kippte. Hochdeutsch wurde zur Barriere und man überzeugte<br />

die Mehrzahl der Eltern, dass der soziale Aufstieg nur um den Preis der<br />

Aufgabe der Familiensprache realisierbar war.<br />

Das Plattdeutsche behielt aber einen Wert, auch wenn es nicht mehr als<br />

Vorraussetzung für den Zugang zu bestimmten Berufen wirkte. Im<br />

Bereich der Alltagskommunikation blieb es ein Signal der regionalen Zugehörigkeit<br />

und war Garant für eine kulturelle Verbundenheit. Grob<br />

gesagt, auf der Ebene der staatlichen Reglementierung, besonders in der<br />

Schule, konnte sich der Sprachwechsel zum Hochdeutschen „auszahlen“.<br />

Im Alltag aber blieb der Tauschwert des Plattdeutschen erhalten.<br />

Betrachtet man Sprachen unter Aspekten des Marktes, muss man<br />

berücksichtigen, dass der Tauschwert einer Sprachkompetenz meist nicht<br />

Geld, Berufsposition, sozialer Status ist, vielmehr gibt es andere<br />

symbolische Tauschwerte, wie Vertrauen und Glaubwürdigkeit, soziale

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