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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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auf die Sprachwahl zu gestalten, um eine direkte oder indirekte<br />

Sprachrepression zu verhindern. Dazu gehören:<br />

- die Einschulungsphase, d.h. der Eintritt in das Ausbildungssystem,<br />

- Übergänge im Ausbildungssystem, wie Wechsel zum Gymnasium,<br />

Abitur, Hochschulzugang, Hochschulabschluss (und Zwischenprüfungen),<br />

in abgewandelter Form bei Lehrlingen und Berufsschülern.<br />

- Staatliche Entscheidungsprozesse, z.B. Standesamt, Polizei, Gericht<br />

usw.<br />

An dieser Stelle mag mancher zweifeln, ob das Szenario, das entworfen<br />

wird, noch realistisch ist. Den Zweiflern möchte ich das vorher<br />

skizzierte Szenario (Stichwort: der letzte Mohikaner als Komparse)<br />

empfehlen. Eine auf Ausgleich zielende Sprachpolitik muss auch mit der<br />

verdeckten Repression einzelner Sprachen Schluss machen. Zum Nulltarif<br />

ist ein Erhalt der Zweisprachigkeit und damit der Zweigleisigkeit<br />

zwischen regionaler Identität einerseits und europäischer Integration<br />

andererseits (die Integration in die bundesrepublikanische Kultur war nie<br />

ein Problem), nicht realisierbar. Wir haben uns so sehr an die stille<br />

Repression der bodenständigen Kultur, an die einseitige Bevorzugung der<br />

Universalität versprechenden Tendenzen gewöhnt, dass ein Verzicht<br />

darauf, wie ein Verlust wahrgenommen wird. In Wirklichkeit laufen wir<br />

Gefahr, eigene Traditionen gegen billige Perlen einzutauschen (um den<br />

letzten Mohikaner noch einmal im Geiste herbeizuzitieren).<br />

77<br />

4.4. Welche Konsequenzen hat dieses Szenario für die Diskussion<br />

der „Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen“?<br />

Trotz der recht allgemeinen Bestimmungen der Charta ist klar, dass die<br />

drei letztgenannten Punkte zum Kernbestand des in der Charta vorgesehenen<br />

Minderheitenschutzes gehören.<br />

Die Realisierung kann von drei organisatorischen Zentren ausgehen:<br />

- Die <strong>Universität</strong>, insbesondere der Bereich Germanistik, ist verantwortlich<br />

für die wissenschaftliche Erforschung des Niederdeutschen<br />

und seiner aktuellen Entwicklungen (die philologisch-historischen<br />

Aspekte sind sprachpolitisch von geringerer Relevanz); außerdem ist<br />

sie zuständig für die Ausbildung von Lehrern und Kursleitern, welche<br />

die Förderbestimmungen der Charta in der Praxis umsetzen.<br />

- Das Institut für Niederdeutsche Sprache (INS) in seiner Funktion der<br />

Dokumentation und der Information könnte auch in den Teilregionen<br />

aktiv werden (eventuell durch Außenstellen).

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