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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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72<br />

Theoretisch wäre die Region an der Oder mit Niederdeutsch, Deutsch,<br />

Polnisch ein die nationalen Grenzen überlappender Bereich (Ansätze sind<br />

in der Konzeption der <strong>Universität</strong> von Frankfurt/Oder erkennbar). Es ist<br />

aber fraglich, ob das Niederdeutsche hier als Bindeglied dienen kann. Im<br />

Gegensatz zur holländischen Grenze gibt es kein grenzüberschreitendes<br />

Dialektkontinuum und die sprachliche Differenz ist noch schärfer als an<br />

der deutsch-dänischen Grenze. 35<br />

Unter dem Gesichtspunkt des Europas der Regionen sind Impulse für<br />

das Niederdeutsche also am ehesten im Grenzgebiet Holland-Deutschland<br />

zu erwarten. <strong>Bremen</strong> scheint schon außerhalb dieser Region zu liegen.<br />

Als Zentren bieten sich im Norden wohl Groningen und Emden<br />

(eventuell noch als <strong>Universität</strong>sstadt Oldenburg) an.<br />

4.1.2. De-Urbanisierung<br />

Der Verlust des Niederdeutschen ging wie bereits die Karten von Janssen<br />

(1943) zeigen, von den Städten aus, außerdem gibt es ein Süd-Nordgefälle.<br />

Nach der Befragung des „Niedersächsischen Wörterbuches“ sprachen<br />

1938 in den folgenden Städten weniger als 50% der Eltern mit ihren<br />

Kindern Plattdeutsch. Hannover (und fast das ganze südliche Niedersachsen),<br />

Osnabrück, Meppen, Syke, Delmenhorst, Oldenburg, <strong>Bremen</strong>,<br />

Brake, Wesermünde (Bremerhaven), Wilhelmshaven, Jever, Wittmund,<br />

Leer.<br />

Im Nordniedersächsischen strahlen <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven stark ins<br />

Umland, während Oldenburg, Jever, Wittmund, Leer eng von Regionen<br />

mit 50-74% bzw. 75-<strong>10</strong>0% Niederdeutsch-Gebrauch (Eltern mit Kindern)<br />

umgeben sind. Auch die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage zum<br />

Gebrauch des Niederdeutschen von 1984 zeigen das Bild des Stadt-Land-<br />

Gefälles und die Abnahme in der jüngeren Generation. Die Urbanisierung<br />

des Landes ist nach einem Prozess, der mehr als ein Jahrhundert gedauert<br />

hat, fast abgeschlossen. Die Stadt-Land-Grenze ist in der Terminologie<br />

moderner Geographen fraktalisiert. Betriebe siedeln sich im Umland an,<br />

die Bevölkerung ländlicher Regionen pendelt zu den Industriestandorten.<br />

Die Urbanisierung hat somit eine Sättigung erreicht. Rein landwirtschaftlich<br />

organisierte Teilregionen sind praktisch verschwunden und damit<br />

auch die traditionelle Sozialstruktur, welche die Lokalsprachen hervorgebracht<br />

und getragen hat. Mit dem Ende dieser Entwicklung verschwindet<br />

35 Das Sorbische (Wendische) in der Lausitz kann als Sprachinsel die Funktion<br />

eines Zwischengliedes zwischen Deutschland und Polen nicht übernehmen<br />

(vgl. auch Geske und Schulze, 1997).

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