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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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3. Das Bremer Platt. Skizze einer Grammatik<br />

Grammatiken des Niederdeutschen, meist von Dialekten des Niederdeutschen,<br />

haben fast alle mindestens einen der folgenden Mängel:<br />

- Wenn sie vorstrukturalistisch sind (und diese Phase reicht bei manchen<br />

germanistischen Linguisten bis in die 70er Jahre) beziehen sie die vorgefundenen<br />

Sprachformen auf ein fiktives Westgermanisch bzw. nehmen<br />

das weniger fiktive, spätmittelalterliche Mittelniederdeutsche als<br />

Bezugspunkt. Dies gilt besonders für die Lautlehre. Das Sprachsystem<br />

etwa des Bremischen Platts, wird also nicht autonom im Sinne von<br />

de Saussure als „langue“ beschrieben, sondern als sprachhistorisches<br />

Derivat. 20<br />

- Die neueren Beschreibungen (teilweise auch schon ältere) nehmen<br />

selbstverständlich das rivalisierende Hochdeutsche als Vergleichsmaßstab.<br />

Das Niederdeutsche wird jetzt (ahistorisch) als abgeleitet, im<br />

Kontrast zur Norm stehend beschrieben. Dies könnte man im Sinne der<br />

historischen Derivation als die Vorwegnahme einer zukünftigen Konvergenz<br />

mit dem Hochdeutschen, im Wesentlichen durch die Nivellierung<br />

der Differenzen zum Hochdeutschen interpretieren.<br />

Beide Optionen sind sowohl grammatik-theoretisch als auch historisch<br />

und soziolinguistisch nicht befriedigend. Im Falle des Bremer Platts wird<br />

dadurch sowohl die Grammatik von Heymann, die (gemäß ihres Publikationsdatums<br />

1909) historisch-vergleichend aufgebaut ist, methodisch<br />

fragwürdig als auch die 1998 erschienene „Niederdeutsche Grammatik“.<br />

Den ersten Mangel (mangelnde historische Autonomie) teilen auch die<br />

Kapitel zur Niederdeutschen Phonologie, Morphologie und Syntax in<br />

Cordes und Möhn (1983) und die dialektologische Untersuchung von<br />

Bollmann (1942), welche u.a. die Mundart von Grambkermoor bei <strong>Bremen</strong><br />

untersucht. In Detailfragen, werde ich dennoch die Ergebnisse dieser<br />

Studien berücksichtigen. In der Methodik der Erhebung ist auch der<br />

Deutsche Sprachatlas primär kontrastiv, da hochdeutsche Sätze von<br />

Nicht-Fachleuten in die Mundart übersetzt werden; dasselbe gilt für<br />

Sekundäranalysen anhand von Daten des Deutschen Sprachatlas (DAS)<br />

(vgl. Goosens, 1973).<br />

20 Ternes, 1999: 240, sagt richtig zu einzelnen Laut- und Wortvergleichen:<br />

„Beschreibungen von Lautentwicklungen dieser Art sagen nichts über das<br />

phonologische System (das Phonemsystem) aus.“

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