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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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aren Widerspruch zum Sprachwechsel steht, gezeigt. Auch die Entscheidungen<br />

mancher Eltern für das Plattdeutsche, die freilich statistisch nicht<br />

repräsentativ sind, verweisen auf eine latente und tendenziell sich verstärkende<br />

Gegentendenz zur hochdeutschen Einsprachigkeit. Dies mag ein<br />

Nostalgieeffekt sein. Gegen eine solche Interpretation spricht aber die<br />

Bereitschaft gerade älterer Menschen, sich die in der Jugend nur mangelhaft<br />

gelernte Sprache systematisch in Seminaren anzueignen. Am deutlichsten<br />

ist die allgemeine Bejahung vielleicht im Bereich der unzähligen<br />

Theatergruppen (Speeldeels) und ihrer begeisterten Zuhörerschaft. Welche<br />

Schlussfolgerungen kann man daraus für die Zukunft des Plattdeutschen<br />

ziehen? Ich bin mir bewusst, dass eine Prognose sehr riskant ist,<br />

will es aber dennoch wagen.<br />

Es gibt einen Bedarf nach regionaler Identität. Der Sprachwechsel<br />

(teilweise auch die Uniformierung der Ortsbilder und der sozialen Gefüge)<br />

hat eine Lücke entstehen lassen. Durch die Modernisierung ist aber<br />

gleichzeitig der (vorwiegend bäuerliche) Kontext der Ortssprachen verlorengegangen,<br />

so dass es an handfesten Bezugspunkten für eine regionale<br />

Identität fehlt. Das plattdeutsche Theater füllt diese Lücke symbolisch aus<br />

und führt manchen zu einem kontrollierten Gebrauch einer Regionalsprache,<br />

die er/sie im Alltag nicht mehr beherrscht. Das Wiedereindringen des<br />

Plattdeutschen in verloren geglaubte Domänen ist eine Reaktion auf dieselbe<br />

Mangelsituation.<br />

Welche Lösungen die Zukunft bringen wird, ist unsicher. Wahrscheinlich<br />

wird es zu einer partiellen, eher symbolischen Wiederbelebung der<br />

verlorenen Sprachkultur kommen. Falls es zur Verdrängung des Hochdeutschen<br />

aus vielen Domänen (Schulen, Großbetriebe, Administration)<br />

durch das Englische kommt, könnten die Regionalisierungstendenzen an<br />

Bedeutung gewinnen, da weder das Hochdeutsche noch das Englische die<br />

Funktionen einer "Nah-Sprache" ausfüllen können.<br />

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