Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen
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2. Zweisprachige Kindererziehung in der Familie (ein Lehrprojekt)<br />
2.1. Skizze des Lehr-Projektes: Niederdeutsch in Schule und Gesellschaft<br />
an der <strong>Universität</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Im Verlauf des ersten Semesters des Lehrprojektes: Niederdeutsch in<br />
Schule und Gesellschaft, dessen Ergebnisse in diesem Band dokumentiert<br />
werden, startete eine studentische Initiative; wir sprechen im Folgenden<br />
vom „Videoprojekt“. 16<br />
Im Video-Projekt wurden Antworten auf zwei Fragen gesucht:<br />
Erste Frage: Wo ist das Plattdeutsche noch lebens-, d.h. überlebensfähig?<br />
Wir vermieden systematisch die klassischen Orte, wo man Reliktsprachen<br />
sucht: entlegene Gebiete, Berufsgruppen mit großem Schwund, oder<br />
aber jene Inseln, wie plattdeutsche Vereine, Lesewettbewerbe,<br />
Speeldeels. Diese Bereiche sind für das Fortleben des Plattdeutschen<br />
wichtig, kein Zweifel, aber sie haben sich in der Öffentlichkeit und in den<br />
Medien bereits ihren Raum geschaffen. Wir wollten dagegen das<br />
Plattdeutsche der Klein- und Schulkinder (im Kontext der Familie), das<br />
der Heranwachsenden in Jugendgruppen (außerhalb der Fürsorge von<br />
Familie und Staat) dokumentieren und dabei auch die Bewusstseinsentwicklung<br />
in der jungen Generation, die (vielleicht) nicht mehr die alten<br />
Klischees und Wertungen reproduziert, welche Pädagogen und Sprachpolitiker<br />
in der Bevölkerung verbreitet haben. Wir wollten Stimmen<br />
hören, die spontan aus dem aktuellen Lebenskontext kommen und deshalb<br />
auch auf zukünftige Möglichkeiten deuten.<br />
Zweite Frage: Wie sieht die öffentliche Bewusstseinsbildung besonders<br />
bei den Trägern politischer Entscheidungen aus.<br />
Der zentrale Punkt ist dabei die Aufnahme des Niederdeutschen in die<br />
Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen, d.h. eine<br />
offizielle Anerkennung des Existenzrechtes für das Plattdeutsche. Wie<br />
wirkt sich diese Perspektive auf die Sprecherschaft des Plattdeutschen<br />
16 Andreas Tiéschky hat auch ein erstes Demo-Band hergestellt; die Kontakte zu<br />
Familien, welche ihre Kinder plattdeutsch bzw. zweisprachig: plattdeutschhochdeutsch<br />
erziehen, hat Heike Wöhlke organisiert (mit der Unterstützung<br />
vieler Zeitungsredaktionen in <strong>Bremen</strong> und umzu).