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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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Entgegen dem Bild, welches sich dem Fremden, teilweise dem Einheimischen,<br />

in norddeutschen Städten bietet, kann, außer in den südlichen<br />

Gebieten, die Mehrheit Plattdeutsch. In Nordniedersachsen (NIn) und<br />

Hamburg (HH) kann weniger als ein Drittel kein Plattdeutsch, ebenso<br />

viele behaupten von sich, dass sie sehr gut Plattdeutsch sprechen können.<br />

1.3.2. Sprachwechsel in <strong>Bremen</strong> anhand sprachbiographischer Interviews<br />

Die Idee, direkt die Bevölkerung zur erlebten Geschichte zu befragen,<br />

geht auf die polnischen Soziologen Thomas und F. Znaniecki zurück. In<br />

den frühen 80er Jahren wurden diese Ansätze aus den 30er Jahren in Geschichtswissenschaft<br />

12 und empirischer Soziologie 13 auch in Deutschland<br />

wieder aufgegriffen. In Erhebungen Anfang der 80er Jahre habe ich etwa<br />

70 ältere Menschen in <strong>Bremen</strong> befragt, um Lebensumstände und Gründe<br />

des Sprachwechsels Plattdeutsch—Hochdeutsch aufzudecken. Ich will<br />

einige Ergebnisse, gesichtet nach wichtigen Aspekten, vorstellen. 14<br />

Die zeitliche Situierung des Sprachwechsels in <strong>Bremen</strong> fällt ganz unterschiedlich<br />

aus, je nach sozialer Schicht und Stadtviertel. Als Beispiel<br />

für einen frühen Sprachwechsel mögen die Äußerungen einer Bremerin,<br />

die 1907 im Ostertorviertel geboren wurde, dienen:<br />

"... ich bin Bremerin, meine Eltern waren Bremer, meine<br />

Großeltern und meine Urgroßeltern, hat kein Mensch<br />

Plattdeutsch gesprochen, ich habe hier im Sommer erst auf<br />

diesem Landgut bei meinen Großeltern oft gewohnt und da<br />

hab ich mit der Tochter vom Hofmeister gespielt ... und die<br />

sprach Plattdeutsch."<br />

Die Sprecherin ging ins Lyzeum, "und da hat nie jemand Platt gesprochen“.<br />

Trägt man diese Angaben in eine Zeitskala ein, ergibt sich, daß in<br />

den wohlhabenden Kreisen in <strong>Bremen</strong> teilweise bereits Mitte des<br />

19. Jahrhunderts Hochdeutsch gesprochen wurde. Allerdings verfügte<br />

man passiv über das Niederdeutsche, da es sowohl auf dem Lande als<br />

auch in den unteren Schichten noch eine einsprachige, Niederdeutsch<br />

sprechende Bevölkerung gab. Eine andere Sprecherin, die in demselben<br />

vornehmen Altersheim wohnt und in Utbremen lebte, berichtet dagegen,<br />

12 Vgl. Niethammer, 1980.<br />

13 Vgl. Matthes u.a., 1981.<br />

14 Vgl. <strong>Wildgen</strong>, 1988: 123-131.<br />

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