02.12.2012 Aufrufe

Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

zelnen Orten und bezogen auf besondere Textsorten zog sich der Wechsel<br />

bis ins 19. Jahrhundert hin. So führte Lübeck sein Oberstadtbuch bis<br />

1809 in Niederdeutsch. 9 In Ostfriesland machte das Niederländische dem<br />

Hochdeutschen bei der Ablösung des Niederdeutschen Konkurrenz. Das<br />

Hochdeutsche wurde zwar schnell als Sprache des Hofes übernommen,<br />

die Verordnungen waren aber um 1700 zur Hälfte und um 1800 zu zwei<br />

Drittel in Niederländisch.<br />

Bezieht man die Sprechsprache mit ein, so kann man den Wandel als<br />

eine Veränderung der Mehrsprachigkeit am Hof, in der Kanzlei und im<br />

Bürgertum beschreiben. Die breite Bevölkerung bleibt bis Ende des<br />

19. Jahrhunderts einsprachig niederdeutsch. Die Zweisprachigkeit (bzw.<br />

die Dreisprachigkeit der Gebildeten) durchlief die folgenden Phasen:<br />

Spätes Mittelalter (Hansezeit)<br />

Volk (regionales Nd.)<br />

Frühe Neuzeit (ab ca. 1540)<br />

Volk (regionales Nd.)<br />

17.—19. Jh.<br />

Volk (regionales Nd.)<br />

Verwaltung (Mhd.)<br />

Verwaltung / Hof (Hd.)<br />

17<br />

Verwaltung / Hof (Hd.; teilweise<br />

Französisch, Niederländisch)<br />

Tabelle 3: Konstellationen der Mehrsprachigkeit<br />

Daneben gab es bei den Gebildeten bis Anfang des 19. Jahrhunderts<br />

das Latein und auch noch das Französische als wichtige Schriftsprachen.<br />

Aus einer Sicht „von unten“ änderte sich die Situation erst mit der Einführung<br />

der allgemeinen Schulpflicht (um 1840), die aber erst einige<br />

Jahrzehnte später sprachpolitisch zum Tragen kam. Ab Mitte des<br />

19. Jahrhunderts setzte auch eine heiße Diskussion über den Wert des<br />

Plattdeutschen ein. Ludolf Wienbarg und Jonas Goldschmidt forderten<br />

mit Hinweis auf eine soziale Chancengleichheit die Ausrottung des<br />

Plattdeutschen; Heinrich Burgwardt forderte 1857 einen Sprachunterricht<br />

auf niederdeutscher Grundlage. <strong>10</strong> Die eigentliche Geschichte der gesprochenen<br />

Sprache des Volkes fehlt allerdings in den Abhandlungen zur<br />

Sprachgeschichte, die methodisch von geschriebenen/gedruckten Quellen<br />

die Kanzleisprache auf Hochdeutsch um. (Diese war zwar noch lange nicht<br />

einheitlich, zeigte aber starke Tendenzen zur Vereinheitlichung.)<br />

9 Vgl. Sodmann, 1973: 119, Fn. 8.<br />

<strong>10</strong> Vgl. Schuppenhauer und Werle, 1995: 1412.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!