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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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Ostfriesland und wanderten später nach Ostpreußen (in die Nähe von<br />

Danzig) ab. Als nach der Teilung Polens (1772) ihr Gebiet preußisch<br />

(deutsch) wurde, kamen sie wegen ihrer Weigerung, Waffen zu tragen, in<br />

Konflikt mit dem preußischen Staat. In zwei Zügen (1789 und 1793)<br />

wanderten sie auf Einladung von Zarin Katharina II., d. Gr., nach Süd-<br />

Rußland. Die erste Gruppe etablierte „Plautdietsch“ als Predigersprache,<br />

da die Prediger meist Laien waren. Die zweite Gruppe (Neue Kolonie)<br />

wählte die Luther-Form der Bibel, so dass eine andere Sprachvariante<br />

üblich wurde, die dem Hochdeutschen näher stand.<br />

Als um 1870 die Privilegien der Mennoniten in Russland aufgehoben<br />

wurden, gab es eine Emigration nach Kanada und in die USA (eine<br />

zweite Welle folgte 1917). Gleichzeitig wurden mennonitische Siedlungen<br />

in West-Sibirien und im Amur-Gebiet gegründet. Als im Ersten<br />

Weltkrieg die deutsche Sprache an kanadischen Schulen verboten wurde,<br />

kam es zur Emigration nach Mexiko, Honduras, Paraguay und Argentinien.<br />

Das „Plautdietsch“ bzw. die beiden in Rußland gespaltenen Dialekte<br />

wurden somit weit nach Asien und über die amerikanischen Kontinente<br />

verteilt.<br />

Dieser Sonderfall ist insofern von Interesse, als er die Rolle einer<br />

Gruppenbindung (durch die Religion) und ihre Wirkung beim Erhalt und<br />

bei der Verbreitung einer Varietät des Niederdeutschen zeigt. Eben diese<br />

Bindungen sind in den Stammgebieten verlorengegangen bzw. sie sind in<br />

schwächer ausgeprägte soziale Soliditäten, wie sie regionale Traditionen<br />

und ein regionales Geschichtsbewusstsein aufweisen, umgewandelt worden.<br />

1.3. Sprachwechsel im Bereich des mündlichen Sprachgebrauchs<br />

(mit dem Schwerpunkt <strong>Bremen</strong> und Bremer Umland 1870-<br />

1930)<br />

Die Tendenz einer Ersetzung der mittelniederdeutschen Schriftsprache<br />

bzw. seiner regionalen Varianten durch die neuhochdeutsche Schriftsprache<br />

erreichte ihren Höhepunkt zwischen 1540 und 1550, als die meisten<br />

Kanzleien in Norddeutschland zum Hochdeutschen wechselten. 8 An ein-<br />

8 Zwischen 1500 und 1539 gehen neun Städte, zwischen 1540 und 1560 16<br />

Städte und zwischen 1561 und 1600 sechs Städte zum Hochdeutschen über.<br />

Die nordniedersächsischen Städte folgen relativ spät der allgemeinen Tendenz:<br />

Lübeck 1530-1615; Hamburg 1555-1600; <strong>Bremen</strong> 1555-1630; Emden<br />

1570-1640. Im Osten stellten Danzig 1550, Reval 1561-152, Riga ca. 1560

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