Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen
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9. Grundkurse Niederdeutsch in der Sek. II<br />
(von Willi Persuhn)<br />
Der GK-Niederdeutsch wird seit nunmehr fast <strong>10</strong> Jahren (seit 1990) an<br />
fünf Bremer Sek. II-Schulen angeboten: am SZ am Rübekamp in<br />
Walle/Gröpelingen, am Gymnasium Horn, am Gymnasium an der Hamburger<br />
Straße, am SZ Delmestraße in der Neustadt und am Gerd-Rolfs-<br />
Gymnasium in Vegesack. Niederdeutsch wird somit in jedem Bremer<br />
Stadtteil (zumindest im Bereich der Sek. II) an mindestens einer Schule<br />
gelehrt und gehört inzwischen zum Profil der betreffenden Schulen. Von<br />
den Schülerinnen und Schülern wird der Kurs gut aufgenommen. Jedes<br />
Jahr wählen mehr als <strong>10</strong>0 SchülerInnen pro Jahrgang diesen Kurs.<br />
Im Folgenden möchte ich die Legitimation, die didaktischen und methodischen<br />
Grundlagen sowie die Unterrichtsinhalte dieses Kurses erläutern.<br />
9.1. Grundlagen für die Legitimation des Niederdeutschen in der<br />
Schule<br />
Die Grundlage für die Berücksichtigung des Niederdeutschen im Unterricht<br />
ergibt sich einerseits aus der sprach- und kulturgeschichtlichen Stellung<br />
des Niederdeutschen, andererseits aus der heutigen sprechsprachlichen<br />
Realität in Norddeutschland.<br />
So war das „Mittelniederdeutsche“ von 1200 bis 1500 Schrift- und<br />
Hochsprache im gesamten Nord- und Ostseeraum und prägte als Sprache<br />
des Handels, der Diplomatie und des Rechts entscheidend die Kultur<br />
Norddeutschlands.<br />
- Mit der Übernahme des Hochdeutschen seit der Reformation ist das<br />
Niederdeutsche allmählich zur Mundart „degradiert“ worden, d.h. zu<br />
einer regional und funktional begrenzten gesprochenen Sprache.<br />
- Besonders seit Mitte des 19. Jahrhunderts haben Industrialisierung,<br />
Verstädterung, Etablierung der Pflichtschule, Ausbreitung der Massenmedien<br />
und vor allem die Bildung des deutschen Nationalstaates<br />
die soziale Geltung und den Gebrauch des Niederdeutschen zunehmend<br />
zurückgedrängt.<br />
Das Niederdeutsche sank zum Teil in untere Gesellschaftsschichten<br />
und/oder in weniger geachtete Kommunikationsbereiche ab, was zu einer<br />
sprachlichen und damit auch sozialen und politischen Zurücksetzung der<br />
niederdeutsch-sprechenden Bevölkerung führte. Niederdeutsch wurde als