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Download - Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt

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am 1. Oktober 1900, wurde das ersteLadenschlussgesetz e<strong>in</strong>geführt. Das zeigt:Der freie Sonntag ist e<strong>in</strong>e Errungenschaft<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Zeit und musste mühseligerkämpft werden. Die Errungenschaft desfreien Sonntags steht abermals zurDisposition – und mit ihm <strong>der</strong> Sozialstaat.Erkenntnis 1: Der Sonntag war schone<strong>in</strong>mal verschwunden und musste wie<strong>der</strong>erkämpft werden. Der Sonntagsschutz istTeil <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Sozialstaatsent wicklung.Der freie Sonntag ist e<strong>in</strong>e kulturelleund zivilisatorische Errungenschaft, dieabermals zur Disposition steht. Wer heuteden Sonntag aushöhlt, <strong>der</strong> baut denSozialstaat ab.Wir brauchen e<strong>in</strong>e gesellschaftliche Bewegung, die dafür sorgt, dass die SonnundFeiertage erhalten bleiben. Der freieSonntag musste erkämpft werden wie <strong>der</strong>Rechts- und Sozialstaat auch. Erst e<strong>in</strong>eKoalition von Kirchen und Gewerkschaftenwar stark genug, das Humanum e<strong>in</strong>erfreien Zeit als Teil <strong>der</strong> sozialstaatlichenEntwicklung politisch durchzusetzen.Die Begründung im Grundgesetz spiegeltdiese erfolgreiche Koalition im Kampffür den Sonntagsschutz mit <strong>der</strong> Formelwi<strong>der</strong>: „Tag <strong>der</strong> Arbeitsruhe und <strong>der</strong>seeli schen Erhebung“ (Art. 140, GG).Erkenntnis 2: Wenn Kirchen undGewerkschaften nicht geme<strong>in</strong>sam für denErhalt des Samstags, des Sonntags undweitere Arbeitszeitverkürzung kämpfen,werden sie am Ende beide als Verliererdastehen.Wir leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kultur des Konsumismus.Konsumieren wird zum Lebenszielund zu e<strong>in</strong>em Event. Dann kommenFamilien wie zu e<strong>in</strong>em Familienerlebnisam Sonntag <strong>in</strong> die Shopp<strong>in</strong>gcenter. DerKonsumismus hat nicht nur e<strong>in</strong>e glitzernde Vor<strong>der</strong>fassade, son<strong>der</strong>n auchse<strong>in</strong>e Rückseite. Der Sonntag soll dasRad <strong>der</strong> <strong>Dienst</strong>leistungsgesellschaft <strong>in</strong>Schwung br<strong>in</strong>gen. Die Kosten dafür habendie Beschäftigten mit schlechten Arbeitsbed<strong>in</strong>gungenzu zahlen: Teilzeitarbeit,400-Euro-Jobs, befristete Arbeit. Weraber se<strong>in</strong>en Beitrag zur Umsatzsteigerunggar nicht leisten kann, <strong>der</strong> wird ausgeschlossen:Das s<strong>in</strong>d die Armen, die Hartz-IV-Empfänger. Für sie gibt es Sozialkaufhäuserund Tafeln, wo die Waren, bevorsie entsorgt würden, noch Verwendungf<strong>in</strong>den …Erkenntnis 3: Der Konsumismus f<strong>in</strong>detauf dem Rücken <strong>der</strong>er statt, die gezwungens<strong>in</strong>d, sich mit ihrer Lebenszeit denKonsumwünschen <strong>der</strong> „Konsumbürger“unterzuordnen.Der Druck auf den Sonntag ist e<strong>in</strong> Doppelangriff:Er zerstört die Kultur und bautsozialstaatliche Errungenschaften ab.Beim Kampf um den Sonntag geht es ume<strong>in</strong>en Zielkonflikt zwischen den religiösen,kulturellen und sozialen Gesichtspunktenauf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en und wirtschaftlichen Erwägungen auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Der Sonntagist gerade dadurch Sonntag, dass ernichts kostet und nichts br<strong>in</strong>gt. Er hat e<strong>in</strong>eWährung, die nicht an <strong>der</strong> Börse taxiertund <strong>in</strong> Geld e<strong>in</strong>getauscht werden kann,denn kulturelle und soziale Errungenschaften stehen nicht auf e<strong>in</strong>er Ebene mitökonomischen Interessen. Der Sonntagist e<strong>in</strong>e ökonomiefreie und unbewirtschafteteZeit. Können wir uns den Sonntagnoch leisten o<strong>der</strong> lassen die Ladenschlusszeiten möglichen Umsatz entgehen? Wer fragt, ob wir uns den Sonntago<strong>der</strong> den Sozialstaat noch leisten können,glaubt, e<strong>in</strong> kulturelles o<strong>der</strong> soziales Gutverrechnen zu können. Vielleicht bestehtdie größte Gefahr für den Sonntag dar<strong>in</strong>,wenn man nicht mehr davon weiß, dasskulturelle Werte und ökonomische Güternicht zum gegenseitigen Tausch zurVerfügung stehen.Erkenntnis 4: Der Kampf um denSonn tag muss aus <strong>der</strong> Sonntagsfrage heraustreten.Der versprochene Wohlstandund Reichtum macht arm: Mitten im anwachsendenReichtum s<strong>in</strong>d wir so armdran, dass wir sogar kulturelle Werte <strong>der</strong>Feiertagskultur für das Immer-mehrhaben-Wollenopfern.Feiertage zeigen, was <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaftwichtig ist, und geben Auskunft darüber,wer das Sagen hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft.Deshalb geht es im Kampf um denerwerbsfreien Sonntag um e<strong>in</strong>e Machtfrage:Wem gehört die Zeit me<strong>in</strong>es Lebensund unserer geme<strong>in</strong>samen Lebenszeit ?Prof. Dr. Franz Segbersapl. Professor für SozialethikUniversität MarburgTag <strong>der</strong> Arbeit 2011+++ Haltet me<strong>in</strong>e Feiertage; ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Herr, euer Gott. 3. Mose 19,3 +++ Wer arbeitet, dem ist <strong>der</strong>5

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