Januar 2008 (3.500 KB) - Gudjons Apotheke
Januar 2008 (3.500 KB) - Gudjons Apotheke
Januar 2008 (3.500 KB) - Gudjons Apotheke
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
INHALT<br />
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />
In eigener Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />
Internationaler Hahnemann Congress (IHC)<br />
Ettlingen 27. – 29. September 2007<br />
Interview mit Dr. Carl Rudolf Klinkenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 – 5<br />
Ein Schritt zurück, zwei nach vorn<br />
von cand. med. Timo Pfeil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 – 11<br />
Celebrating Links – The Homoeopathic Conference<br />
Heidelberg 19. – 21. Oktober 2007<br />
Interview mit Harry van der Zee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 – 13<br />
Lehrmeinungen, Glaubenssätze und Widersprüche<br />
Homöopathisches Paradigma und Paradogma<br />
auf dem Blueberry Hill<br />
Vortrag von Uta Santos-König . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 – 18<br />
Massimo Mangialavoris “Method of Complexity”<br />
Vortrag-Zusammenfassung von Dr. Ose Hein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 – 26<br />
Internationaler Coethener Erfahrungsaustausch (ICE)<br />
Koethen 8. – 10. November 2007<br />
Interview mit Lars Broder Stange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 – 28<br />
Anthroposophische Medizin und Homöopathie –<br />
ähnlich oder gegensätzlich?<br />
von Lars Broder Stange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 – 30<br />
Homöopathie in der ambulanten geriatrischen Versorgung<br />
von Dr. Michael Teut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 – 34<br />
6. Internationales Symposium “Homöopathie in Klinik, Praxis<br />
und Forschung” im Dr. von Haunerschen Kinderspital München<br />
1. Dezember 2007<br />
Interview mit Dr. med Mira Dorcsi-Ulrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 – 37<br />
Konstitution und Diathese in der Wiener Schule der Homöopathie<br />
von Dr. med. Leopold Drexler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 – 40<br />
Entwicklungsauffälligkeit: Normvarianz oder Grund zur Sorge?<br />
von Dr. med. Angelika Enders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />
Genetische Syndrome in der Frühförderung: Was sollten wir wissen?<br />
von Dr. med. Angelika Enders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Homöopathie bei Entwicklungsauffälligkeiten<br />
von Dr. med. Herbert Pfeiffer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 – 45<br />
<strong>Gudjons</strong>-Mittelliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 – 23
EDITORIAL<br />
Homöopathie 2007.<br />
Vier internationale Kongresse im Herbst 2007 zeichnen vier Bilder.<br />
Zu Hahnemanns Lebzeiten gab es eine klare Definition<br />
für Homöopathie.<br />
Wie ist das heute?<br />
Die Jagd auf die richtige Arznei ist geblieben, aber es<br />
scheint viele verschiedene richtige Arzneien zu geben, je<br />
nachdem, ob man mit Hahnemann, Kent, v. Boenninghausen,<br />
Dorcsi, Sankaran, Mangialavori oder Scholten<br />
auf die Jagd geht.<br />
Sind wir schlauer geworden seit Hahnemann?<br />
Sind die Modalitäten wichtiger als die Emotionalitäten?<br />
…oder das subjektive Empfinden des Patienten?<br />
Gibt es überhaupt eine Objektivität der Beobachtung?<br />
Die Physiker verneinen diese Frage.<br />
Viele Fragen, wer weiß die Antworten?<br />
Verwandelt sich die Welt, in der wir leben, oder vielleicht nur unsere Sichtweise?<br />
Hier haben die Organisatoren der vier internationalen Kongresse ihre Visionen und<br />
Intentionen dargestellt. Von jedem der vier Kongresse sind im Anschluss an die Interviews<br />
mit den Organisatoren einige kurzgefasste Vorträge abgedruckt.<br />
So kann sich jeder Leser eine eigene Meinung bilden.<br />
Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass der „wissenschaftliche Kern“ der Homöopathie<br />
zeitlos und immer gleich ist.<br />
Was sich ändert sind die Arzneifindungstechniken. Sie werden immer differenzierter.<br />
Die Betrachtung der Arzneirohstoffe, der chemischen Elemente und der Mineral-,<br />
Pflanzen- und Tierreiche wird systematischer angegangen.<br />
Ein Bewusstsein für das Wesenhafte alles Seienden entfaltet sich.<br />
1
2<br />
IN EIGENER SACHE …<br />
Auch im Herstellungslabor geht es um Wachstum und Entfaltung, Struktur und Organisation.<br />
Nach 20 Jahren Aufbau und Entwicklung einer Eigenständigkeit heraus<br />
aus dem <strong>Apotheke</strong>nbetrieb, verlangt das Labor eine sorgfältige Führung neben<br />
fachkundigen und doch liebevollen Mitarbeitern bei der Arzneibereitung.<br />
An dieser Stelle ist ein qualifizierter Geschäftsführer die<br />
beste Lösung.<br />
Hier ist er: Darf ich Ihnen Herrn Roland Heller vorstellen.<br />
Die pharmazeutische Qualifizierung nach AMG § 15 hat<br />
er sich bei Heumann-Pharma, Altana-Pharma und den<br />
Kneipp-Werken erworben.<br />
Der volle Überblick über die Homöopathie von Arnica bis<br />
Zincum, von Anamnese bis Zystitis wurde mit dem Zertifikat<br />
des erfolgreich absolvierten Augsburger Drei-Monats-<br />
Roland Heller<br />
kurs für homöopathischen Ärzte bestätigt.<br />
Vom Herstellen der Arzneiverreibungen über Imprägnieren von Globuli, Schreiben<br />
von SOPs und GMP-relevanten Dokumenten bis zum Erstellen von pharmazeutischen<br />
Verfahrensanweisungen und Herstellprotokollen hat Herr Heller jede Arbeit im Hause<br />
selbst gelernt und vorgenommen.<br />
Mit Sicherheit wird er auch Ihre Fragen optimal<br />
beantworten können, und falls er nun nicht jeden<br />
Trick beim Repertorisieren kennen sollte …<br />
… Gibt es ja immer noch unsere medizinischwissenschaftliche<br />
Hotline von Herrn Dr. Haberstock<br />
in Augsburg, werktags telefonisch erreichbar<br />
unter 0821-56789666 zwischen 12:30 und<br />
Dr. Jörg Haberstock<br />
14:00 Uhr.<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: <strong>Gudjons</strong>-<strong>Apotheke</strong>, Wankelstrasse 1, D-86391 Stadtbergen<br />
Tel.: +49 821 4441000 • Fax: +49 821 4441001<br />
e-mail: apotheke@gudjons.com • Internet: www.gudjons-apotheke.de<br />
© Gestaltung: Christian Korn, Feuerbachstrasse 6a, D-84034 Landshut • www.apanoua.de<br />
Abbildungen: von den Autoren zur Verfügung gestellt.<br />
Vol. 10 / Nr. 1– 02/<strong>2008</strong>
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.– 29. SEPTEMBER 2007<br />
INTERVIEW MIT DR. CARL RUDOLF KLINKENBERG<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Lieber Herr Dr. Klinkenberg,<br />
Sie haben eine internationale Homöopathietagung<br />
ausgerichtet. Was waren Ihre Beweggründe dazu?<br />
Dr. Klinkenberg: Der Kongress entstand aus Liebe<br />
zur Homöopathie und aus Begeisterung an den<br />
Erfolgen, die ich jeden Tag erlebe.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Was ist Ihre Intention generell<br />
gewesen?<br />
Dr. Klinkenberg:<br />
Ein internationales<br />
Forum<br />
für Homöopathie<br />
zu schaffen. Nicht<br />
für Sexy Homöopathie,<br />
nicht für<br />
Trendy Homöopathie,<br />
sondern<br />
für Homöopathie.<br />
Ich wollte die besten<br />
Homöopathen<br />
der Welt an einem<br />
Ort versammeln und ihnen Gelegenheit zum Austausch<br />
untereinander und mit den Teilnehmern geben.<br />
Damit meine ich nicht nur die Redner, sondern<br />
wirklich alle, die kommen. Patel, Schroyens,<br />
Rastogi und andere sehr erfahrene Homöopathen<br />
hatten sich als Teilnehmer angemeldet. Da habe<br />
ich die Gelegenheit genutzt und sie um einen eigenen<br />
Beitrag gebeten.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Es gibt ja bereits verschiedenartige<br />
Homöopathietagungen. Was sollte bei Ihrer<br />
Tagung anders sein?<br />
Dr. Klinkenberg: Ich habe die Redner nur nach<br />
qualitativen, nicht nach kommerziellen Gesichtspunkten<br />
eingeladen. So kamen in Deutschland<br />
noch unbekannte Redner wie Carlos Cámpora, der<br />
Teilnehmer des IHC<br />
dann sogar von den Teilnehmern die allerhöchste<br />
Bewertung bekam.<br />
Außerdem wurden die Teilnehmer mit Fragestunden,<br />
Diskussionen und Round Table intensiv eingebunden.<br />
Es ist üblich, dass die Redner nach ihrem Vortrag<br />
abreisen. Auf dem Hahnemann Congress nahmen<br />
sie die ganze Zeit teil. Dies machte einen maximalen<br />
Austausch<br />
aller mit allen<br />
möglich.<br />
Wir haben bewusst<br />
einen<br />
hochwertigen<br />
Rahmen gewählt<br />
und dafür gesorgt,<br />
dass Politiker<br />
und Journalisten<br />
kommen.<br />
Den Rahmen haben<br />
auch die<br />
klassischen Musiker geschaffen. Das nutzt der Homöopathie.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Nach welchen Gesichtspunkten<br />
haben Sie die Referenten ausgewählt ?<br />
Dr. Klinkenberg: Als Homöopathen sind sie<br />
überdurchschnittlich erfolgreich.<br />
Sie erklären ihre Methode so, dass ich sie verstehen<br />
kann. Wenn sie eine Anamnese machen, nehmen<br />
sie die realen Symptome und dichten nichts<br />
hinein. Und damit kann ich in der Praxis arbeiten.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: ...und die Themen?<br />
Dr. Klinkenberg: Ich habe die Referenten gebeten<br />
über ein Thema zu sprechen, mit dem sie<br />
sich persönlich auseinandersetzen. Ich habe sie<br />
3
4<br />
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.–29. SEPTEMBER 2007<br />
INTERVIEW MIT DR. CARL RUDOLF KLINKENBERG<br />
ermuntert, über ihre Stärken zu sprechen. Carlos<br />
Cámpora zum Beispiel hat große Erfolge bei der<br />
Heilung von psychischen Krankheiten und hat deshalb<br />
darüber gesprochen. Oder Frederik Schroyens<br />
mit seiner fantastischen Repertoriumskenntnis.<br />
Grundlagenthemen und homöopathische Philosophie<br />
waren fürs erste Mal wichtig, damit die<br />
Richtung klar ist.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wollten Sie eine bestimmte<br />
Information geben, war an eine Art Schulung der<br />
Therapeuten gedacht oder an Themen, über die<br />
man zum Nachdenken angeregt werden soll?<br />
Dr. Klinkenberg: Ein Kongress inspiriert. Er<br />
bringt neueste Forschungen, Erkenntnisse und ist<br />
auch Kontaktbörse.<br />
Mein Eröffnungsvortrag “Was ist ein Symptom” ist<br />
eine Einladung zur Sauberkeit im Denken. Schulung<br />
der inneren Einstellung und Schulung der<br />
wichtigsten Schritte Fallaufnahme, Ausarbeitung,<br />
Mittelwahl, Folgemittel. Darum ging es. Und vor<br />
dem IHC hatte André Saine seinen zweitägigen<br />
Workshop.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Hatten Sie sich ein übergeordnetes<br />
Tagungsthema vorgestellt?<br />
Dr. Klinkenberg: Ich glaube, dass ein Kongress<br />
dann gut ist, wenn jeder Referent ein Thema präsentiert,<br />
für das er sich am meisten selbst interessiert,<br />
für das er Spezialist ist – vorausgesetzt,<br />
das Thema passt. Wenn sich hieraus ein übergeordnetes<br />
Tagungsthema ergibt – noch besser. Die<br />
Teilnehmer haben auch ihre Themen mitgebracht.<br />
Für mich war das Thema erstmal Niveau schaffen.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wie haben die Teilnehmer die<br />
Vorträge aufgenommen?<br />
Dr. Klinkenberg: Sehr konzentriert, der Saal war<br />
immer voll. Niemand war während der Vorträge<br />
in den Gängen. Die Stille und Aufmerksamkeit war<br />
maximal hoch bis zum Schluss am Samstag Nachmittag.<br />
Für mich war es eine Freude zu sehen, wie<br />
konzentriert auch die Referenten selbst die Vorträge<br />
der anderen Referenten und die Diskussionen<br />
verfolgten. Ich hatte ihnen ja vorher versprochen,<br />
dass die Vorträge so interessant werden, dass<br />
sie davon profitieren.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Gab es interessante Diskussionen?<br />
Dr. Klinkenberg: Ja. Auch die Referenten untereinander<br />
brachten kontroverse Meinungen zum<br />
Ausdruck. Das Material, das Andreas Gärtner aufgenommen<br />
hat, ist es wert, veröffentlicht zu werden.<br />
Die Vorträge und Diskussionen sollen in Buchform<br />
erscheinen. Dafür suchen wir noch Mithelfer.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Haben diese Sie dazu gebracht,<br />
eine ähnliche Veranstaltung in späteren<br />
Jahren zu planen?<br />
Dr. Klinkenberg: Ja, eine Fortsetzung war von<br />
Anfang an geplant und wird von Teilnehmern und<br />
Referenten sehr gewünscht.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Welche Beiträge fanden die<br />
meiste Beachtung?<br />
Dr. Klinkenberg: Die Beiträge von Heiner Frei,<br />
Carlos Cámpora, André Saine und Ubiratan Adler.<br />
Besonders positiv wurden die Vorträge der bei uns<br />
noch nicht so bekannten Rednern aufgenommen.<br />
Die ganz Berühmten wurden kritischer bewertet.<br />
Das liegt vielleicht an der hohen Erwartungshaltung.<br />
Es zeigt aber auch, dass es noch eine Menge<br />
hervorragender Homöopathen gibt, die es zu<br />
entdecken lohnt.
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.–29. SEPTEMBER 2007<br />
INTERVIEW MIT DR. CARL RUDOLF KLINKENBERG<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wie beurteilen sie das Interesse<br />
an dieser Veranstaltung?<br />
Dr. Klinkenberg: Es gibt ein großes Interesse<br />
am Hahnemann Congress innerhalb der homöopathischen<br />
Gemeinschaft. Es ist wie mit Coca Cola<br />
und einem guten Bordeauxwein. Nicht jeder<br />
trinkt den Bordeaux.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wer waren die Teilnehmer?<br />
Dr. Klinkenberg:<br />
60 Prozent<br />
Ärzte und 40 ProzentHeilpraktiker,<br />
fast nur fortgeschritteneHomöopathen.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell:<br />
Wie sind Sie<br />
selbst mit dem<br />
Ergebnis der Tagung<br />
zufrieden?<br />
Dr. Klinkenberg: Mir hat es riesigen Spaß gemacht.<br />
Die Referenten haben schon in der ersten<br />
Mittagspause den Folgekongress geplant. Sie wollen<br />
alle wiederkommen.<br />
Wir bekommen immer noch, Anfang Dezember,<br />
begeisterte Anrufe und E-mails von den Teilnehmern.<br />
Darüber freue ich mich.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Hat sich Ihre Vision erfüllt?<br />
Dr. Klinkenberg: Der Kongress ist ein Schritt in<br />
die richtige Richtung.<br />
Innenhof des Ettlinger Schlosses<br />
Mein Ziel ist es, der Homöopathie wieder den Stellenwert<br />
zu schaffen, der ihr gebührt und den sie<br />
im 19ten Jahrhundert einmal innehatte. Die Homöopathie<br />
war damals die modernste aller medizinischen<br />
Richtungen. Seit dieser Blütezeit haben<br />
sich die konventionelle Medizin und auch unsere<br />
Lebensqualität enorm weiterentwickelt.<br />
Leider hat sich die Homöopathie in den letzten 20<br />
Jahren zurückentwickelt, indem sich ihre Anhänger<br />
für mittelalterliche<br />
Ideen begeistern,<br />
zum Beispiel<br />
Signaturen.<br />
Manche Therapeutenvermischen<br />
die theoriefreie<br />
Methode<br />
mit Vorstellungen<br />
aus dem jetzigen<br />
Zeitgeist, zum<br />
Beispiel mit psychologisierenden<br />
Interpretationen. Manche halten auch an überkommenen<br />
Konzepten fest, die im Licht heutiger<br />
medizinischer Erkenntnisse unhaltbar sind.<br />
Homöopathie wird wieder eine führende Rolle im<br />
Gesundheitswesen übernehmen. Sie wird einer<br />
großen Zahl von Menschen zur Verfügung stehen.<br />
Das ist meine Vision. Um das zu erreichen, brauchen<br />
wir ein hohes Niveau in der Ausbildung. Wir<br />
brauchen eine Methodik, die von der Öffentlichkeit<br />
und von klinischen Medizinern ernst genommen<br />
wird. Dafür setze ich mich ein.<br />
5
6<br />
Wer von diesem Kongress Buntes oder Leichtverdauliches<br />
erwartete, wurde sicherlich bitter<br />
enttäuscht. Nicht, dass Powerpoint und Beamer<br />
verboten waren, jedoch konnte man das all zu Bunte,<br />
Schrille und Extravagante im Programm lange<br />
suchen. Der Kongress schrieb sich die zeitlosen<br />
Grundlagen der Homöopathie als richtungsweisend<br />
für sein Programm<br />
auf die<br />
Fahnen.<br />
André<br />
Saine<br />
und die<br />
IHA<br />
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.– 29. SEPTEMBER 2007<br />
EIN SCHRITT ZURÜCK, ZWEI NACH VORN<br />
Allen voran im<br />
Programm war<br />
André Saine, der<br />
mit einem 2-Tages-Workshop<br />
über die Lösung<br />
von Fällen mit<br />
seltenen Mitteln und zwei weiteren Vorträgen ein<br />
viel gefragter Redner auf dem Kongress war. Sein<br />
Workshop und sein anschließendes Seminar über<br />
die „Arzneimittelfindung komplizierter Fälle“ war<br />
zweifelsohne einer der Höhepunkte des Kongresses.<br />
Man wurde jedoch den Eindruck nicht los,<br />
dass André Saine nur deshalb den langen Weg nach<br />
Deutschland zurück gelegt hatte, um dem Publikum<br />
seinen seit dem Jahr 2001 gehegten Plan zu<br />
offenbaren, nämlich die International Hahnemannian<br />
Association (IHA) wieder aufleben zu lassen.<br />
Die politische Konnotation dieser Proklamation<br />
war dem geschichtsbeflissenen Homöopathen<br />
schnell klar. Die ursprüngliche ‚International Hahnemannian<br />
Association (IHA)’, wurde als Abspal-<br />
VON CAND. MED. TIMO PFEIL<br />
tung vom ‚American Institute of Homoeopathy<br />
(AIH)’ 1880 gegründet. Adolph Lippe und Co. trieben<br />
damals überaus selbstbewusst einen Keil durch<br />
das AIH, als sich darin Tendenzen zeigten, die unwiderruflich<br />
eine Verwässerung der Hahnemannschen<br />
Homöopathie mit sich gebracht hätten. Neben<br />
A. Lippe waren auch J.H. Allen, C.M. Boger,<br />
J.H. Clarke, J.T.<br />
Kent und E.B.<br />
Nash Mitglieder<br />
in diesem hochkarätigen<br />
Kreis.<br />
Die IHA bestand<br />
in dieser Form bis<br />
1959. Saine nutzte<br />
die Gunst der<br />
Stunde und erklärte<br />
dem er-<br />
stauntenPublikum, dass dieser<br />
Kongress nun der<br />
erste offizielle<br />
und öffentliche Schritt für die Wiederbelebung der<br />
IHA darstellen soll – eine Verfassung der Gesellschaft<br />
liege bereits vor, die Gründung eines Journals<br />
als Publikationsorgan der Mitglieder wird der<br />
nächste anzugehende Schritt sein. Die Bestrebungen<br />
für die Wiederbelebung der IHA sieht Saine<br />
als überaus wichtig für den Fortbestand der Homöopathie<br />
im Allgemeinen. Auf die weitere Entwicklung<br />
können wir gespannt sein…<br />
André Saine nutzte die Gunst der Stunde und<br />
verkündete die Wiederbelebung der „International<br />
Hahnemannian Association (IHA)“<br />
Dr. Peter Minder<br />
und das Bogersche Konzept<br />
Ein vergessener Schatz der Homöopathiegeschichte<br />
wurde von Peter Minder, dem Schweizer<br />
Präsidenten der Ärztegesellschaft für Homöopa-
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.–29. SEPTEMBER 2007<br />
EIN SCHRITT ZURÜCK, ZWEI NACH VORN<br />
thie, gehoben. In seinem zweiteiligen Vortrag führte<br />
er in das Homöopathie-Konzept von C.M. Boger<br />
ein. Boger praktizierte über 40 Jahre lang als<br />
Nachfahre deutscher Einwanderer in Parkersburg<br />
(Virginia). Wie C. Dunham war er dank seiner<br />
Sprachkenntnisse nicht auf die häufig mit Fehlern<br />
behafteten Übersetzungen der deutschen homöopathischen<br />
Literatur angewiesen. Er arbeitete sich<br />
intensiv in die Schriften Bönninghausens ein, die<br />
ihm als Grundlage<br />
und Orientierung<br />
für eigene<br />
Arbeiten dienten.<br />
Peter Minder<br />
zeichnete in seinem<br />
Vortrag Bogers<br />
Weg von seiner<br />
Bewunderung<br />
Bönninghausens<br />
und dem daraus<br />
resultierenden<br />
„Bönninghausens<br />
Characteristic and Repertory“ bis zur Veröffentlichung<br />
seiner eigenen zwei äußerst prägnanten<br />
Werke ‚Synoptic Key’ und ‚General Analysis’ nach.<br />
Bogers Homöopathiekonzept bildet eine methodologische<br />
Brücke zwischen den großen Pionieren<br />
wie Bönninghausen, Lippe und dem vom Swedenborgianismus<br />
geprägten Kent.<br />
Peter Minder zeigte anschaulich die zwei möglichen<br />
Wege, die man mit den Werken Bogers in der<br />
Fallanalyse einschlagen kann. Ohne jedoch gleich<br />
hiermit Verwirrung stiften zu wollen, sollte man<br />
sich kurz vor Augen führen, was denn nun überhaupt<br />
charakteristische Symptome sind. Unter dem<br />
Oberbegriff der sog. charakteristischen Symptome<br />
lassen sich im Grunde zwei Symptomengruppen<br />
subsumieren: Erstens die eigentlichen cha-<br />
rakteristischen Symptome, d.h. diese Symptome,<br />
die nur einem Mittel oder wenigen Mitteln eigen<br />
sind und zweitens Geniussymptome im Sinne Bönninghausens.<br />
Geniussymptome einer Arznei umfassen<br />
nun all jene Empfindungen, Modalitäten<br />
oder Begleitsymptome etc., die sich bei der Arzneimittelprüfung<br />
bei einem oder mehreren Prüfern<br />
an verschiedenen Körperregionen gezeigt haben.<br />
D.h. diese Symptome durchlaufen quasi wie<br />
ein roter Faden<br />
das Symptomenbild<br />
der Arznei.<br />
Die dritten und<br />
vierten Grade im<br />
Therapeutischen<br />
Taschenbuch<br />
(TBB) repräsentieren<br />
die Genuissymptome<br />
der Arznei. Zum<br />
Konzentrierte Zuhörer beim IHC<br />
Beispiel sind zwei<br />
weitläufig bekannte<br />
Geniussymptome von Rhus-t „Agg. in der<br />
Ruhe“ und „Agg. nach Bewegung“. Diesen Sachverhalt<br />
nun erst einmal klargestellt, macht das Bogersche<br />
Konzept leichter verständlich: Wenn bei<br />
der Durchsicht der Patientenanamnese klar wird,<br />
dass detailreiche, charakteristische Symptome vorhanden<br />
sind, benutzt man Bogers ausführliches<br />
„Characteristics and Repertory“. Hier ähnelt das<br />
Vorgehen dem der Kentschen Repertorisationsmethode.<br />
Fehlen jedoch präzise Angaben zu den<br />
Symptomen, so ist es möglich, Bogers „Minirepertorien“<br />
Synoptic Key und General Analysis heran<br />
zu ziehen. In diesen beiden Repertorien ist der<br />
Geniusgedanke Bönninghausens geradezu in<br />
Form gegossen. Die Rubriken sind klein und beinhalten<br />
nur diese Arzneimittel, die dem Genius des<br />
7
8<br />
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.–29. SEPTEMBER 2007<br />
EIN SCHRITT ZURÜCK, ZWEI NACH VORN<br />
Symptoms entsprechen. Bei der Arzneimittelwahl<br />
werden nur eine Hand voll besonders hervorstechender<br />
Symptome herangezogen. Ins Gewicht fallen<br />
vor allem diese Symptome, bei denen der Geniusgedanke<br />
auch auf Seiten der Patientensymptomatik<br />
erfüllt wird. Peter Minder macht diesen<br />
Kniff Bogers anhand eines Beispiels einleuchtend:<br />
Leidet der Patient unter brennenden Magenschmerzen<br />
sowie einem brennenden Hautausschlag,<br />
dann zieht<br />
sich die Empfindung<br />
„Brennen“<br />
wie ein roter Faden<br />
durch die<br />
Symptomatik des<br />
Patienten. Aus<br />
diesem Grund<br />
würde man z.B.<br />
die Rubrik<br />
„Brennen – stechend“<br />
im General<br />
Analysis konsultieren.<br />
Dasselbe gilt nicht nur für Empfindungen,<br />
sondern gleichermaßen auch für Modalitäten<br />
und generalisierbare, objektive Symptome.<br />
Auch Symptome in der Familienanamnese werden<br />
unter diesem Aspekt mit berücksichtigt. Ohne großen<br />
philosophischen Unterbau und Abstraktionen<br />
kann man hier mit der Bogerschen Herangehensweise<br />
klar und praktisch Informationen aus<br />
der hereditären Belastung des Patienten für die Arzneifindung<br />
verwerten. Exakte Lokalisationen des<br />
Beschwerdebildes (Kopf, Rücken, Zähne etc.) werden<br />
erst dann mitberücksichtigt, wenn pathologische,<br />
objektive Gewebeveränderungen vorliegen.<br />
Peter Minder veranschaulichte die Vorgehensweise<br />
Bogers am Ende seines Vortrags an einem Fallbeispiel<br />
aus seiner Praxis, das hier nur gekürzt wie-<br />
Vortragssaal im Ettlinger Schloss<br />
dergegeben werden kann: Es handelt sich um einen<br />
45-jährigen Mann, der schon seit seiner Pubertät<br />
unter Arthropathia psoriatica leidet; sein<br />
Großvater mütterlicherseits hatte auch Psoriasis.<br />
Seit 14 Monaten klagt er über zunehmende Gelenkschmerzen<br />
abwechselnd an verschiedenen Gelenken<br />
des ganzen Körpers, die Schwellungen wandern<br />
von Gelenk zu Gelenk. Seit acht Jahren bestehen<br />
viele Warzen an beiden Händen; friert schon<br />
immer sehr<br />
leicht. Familienanamnese:<br />
Vater<br />
starb an Creutzfeld-Jakob-Krankheit,<br />
Mutter hat<br />
seit einigen Jahren<br />
eine schwere<br />
Multiple Sklerose,<br />
sein Bruder<br />
seit vielen Jahren<br />
atopische Ekzeme,<br />
der Vater der<br />
Mutter leidet an chronischer Migräne.<br />
Da wirklich charakteristische, detailreiche, d.h.<br />
vollständige Symptome fehlen, wird der Fall mithilfe<br />
der General Analysis repertorisiert. Folgende<br />
Symptome bzw. Rubriken der General Analysis<br />
charakterisieren den Fall, gehen im Sinne Bogers<br />
durch die individuelle Patientensymptomatik bzw.<br />
der überindividuellen Familiensymptomatik.<br />
„Haut (GA 120)“: Denn die Haut, sowohl beim Patienten<br />
als auch bei seinem Bruder sind Schauplatz<br />
von objektiv sichtbaren, pathologischen Veränderungen.<br />
„Gelenke (GA 095)“: Denn die arthritischen Beschwerden<br />
bringen sichtbare lokale Symptome<br />
hervor (Ödem).
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.–29. SEPTEMBER 2007<br />
„Kopf (GA 156)“: Sowohl Vater (CFJ), Mutter (MS)<br />
sowie ihr Vater (chronische Migräne) war der<br />
Kopf/ZNS Hauptschauplatz des körperlichen Leidens.<br />
Die Arzneien Bell, Calc, Sil und Sulph gehen durch<br />
alle Rubriken. Anhand der konstitutionellen Kälteempfindlichkeit,<br />
einer vorhandenen Kopfschmerzsymptomatik<br />
und dem obligatorischen Materia<br />
Medica-Abgleich, wurde diese Auswahl auf die<br />
Arznei Silicea heruntergebrochen, die in einer Q3,<br />
Q6, Q12, Q18,<br />
C1000 und XM in<br />
langen Abständen<br />
gegeben, den Patientenbeschwerdefrei<br />
machten.<br />
Peter Minder holte<br />
das Publikum<br />
dort ab, wo es<br />
stand. Ohne den<br />
in der BönninghausschenDenkweise<br />
Vertrauten<br />
zu langweilen<br />
noch die Neuhinzugekommenen zu überfordern,<br />
zeigte er das verblüffend Universelle an Bogers Homöopathiekonzept:<br />
Die Fallanalyse lässt sich in ihrem<br />
Vorgehen nicht auf ein Schema oder gar Muster<br />
reduzieren. Allem voran – bei Boger wie auch<br />
sonst in der Homöopathie – steht die Leitregel,<br />
dass die Arzneifindung per Repertorium nie einseitig,<br />
schematisch oder reduktionistisch sein<br />
kann, sondern sich immer dem gegebenen Fall und<br />
dessen individueller Symptomatik anzupassen hat.<br />
Dr. Heiner Frei und die Methode<br />
nach von Bönninghausen<br />
EIN SCHRITT ZURÜCK, ZWEI NACH VORN<br />
Der klare und fundierte Vortrag vom Schweizer<br />
Kinderarzt Heiner Frei zeigte wieder einmal, wie<br />
viel homöopathischer, genialer Geist in von Bönninghausens<br />
Werk steckt. Freis bemerkenswerte<br />
Berner ADH/ADHS-Doppelblindstudie (2001-<br />
2005) wies einen signifikanten Vorteil von Homöopathie<br />
gegenüber Placebo auf. Frei arbeitete<br />
dabei nach der Methode von Bönninghausen und<br />
sichert die Mittelwahl mit der Polaritätsanalyse<br />
nach von Bönninghausen ab. Sein Vortrag brachte<br />
dem Publikum die erkenntnisreichen Früchte<br />
nahe, die er im<br />
Zuge seiner Berner<br />
Studie ernten<br />
konnte. Durch<br />
Misserfolge zu<br />
Beginn der Studie<br />
enttäuscht, fand<br />
Frei heraus, welcheSchwachstellen<br />
sein Vorgehen<br />
beinhaltete: Es<br />
waren zunächst<br />
Heiner Frei teilte mit dem Publikum die Früchte seiner die Symptomen-<br />
ADHS-Doppelblindstudie<br />
schilderungen<br />
durch die Eltern<br />
der kleinen Patienten sowie die Verwendung subjektiver<br />
Symptome, die zur falschen Arznei führten.<br />
Darüber hinaus ergab eine zu starke Gewichtung<br />
auf subjektive Empfindungen und Gemütssymptome<br />
des Patienten häufig eine falsche<br />
Mittelauswahl. Doch welche Symptome werden<br />
vom Patienten am zuverlässigsten übermittelt, welche<br />
können zur Arzneimittelwahl herangezogen<br />
werden? Freis Erkenntnis ist mehr als einleuchtend<br />
und äußerst praxisrelevant. Zum einen bieten die<br />
sog. Grundmodalitäten des Erkrankten eine hohe<br />
Verschreibungssicherheit: „Bei einem Menschen<br />
in China kann Kälte genauso die Beschwerden verschlimmern<br />
wie hier in Europa“, so Frei. Weiter<br />
sind Modalitäten, zu denen ein gegenteiliges, d.h.<br />
9
10<br />
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.–29. SEPTEMBER 2007<br />
EIN SCHRITT ZURÜCK, ZWEI NACH VORN<br />
polares Symptom existiert (z.B. Durst/Durstlosigkeit),<br />
in Bezug auf die Arzneimittelwahl sehr hoch<br />
einzustufen. Entweder hat man Durst oder nicht,<br />
entweder verschlimmert Kälte oder nicht, das sind<br />
feststehende Tatsachen, sie bedürfen keiner Interpretation<br />
oder Spekulation. Um Treffsicherheit<br />
und Effizienz weiter steigern zu können, entwickelte<br />
Frei einen Fragebogen, in den der Patient<br />
selbst seine eigenen Symptome in die Sprache des<br />
Repertoriums<br />
übersetzen kann.<br />
Damit umging<br />
Frei elegant eine<br />
zusätzliche Interpretationsmöglichkeit(=Fehlerquelle).<br />
Weiter<br />
brach Frei in seinem<br />
Vortrag eine<br />
Lanze für die He-<br />
ranziehung der<br />
pathognomonischen<br />
Symptome<br />
des Patienten, die<br />
seit dem fehlinterpretierten Aufsatz von Carroll<br />
Dunham „Pathognomonic Symptoms and Characteristic<br />
Symptoms“ aus dem Jahre 1866 in Verrufenheit<br />
geraten waren.<br />
Die Schatzkiste des Dr. Srinivasan<br />
öffnete für das Publikum seine Fallakten aus rund<br />
50-jähriger Praxiserfahrung. Er zeigte sein Vorgehen<br />
an Hand von vielen Praxisbeispielen, in denen<br />
eine einzige Arzneimittelgabe die Heilung des<br />
Falles vollbrachte. So berichtete er einen kleinen<br />
Ausschnitt aus einer homöopathischen Begleittherapie<br />
bei einer 45-jährigen Frau mit einem duktalen<br />
Mamma-Karzinom. Eine Staffel Chemotherapie<br />
hatte sie schon hinter sich gebracht, jedoch<br />
hatte sie nun Angst vor den Nebenwirkungen weiterer<br />
Chemotherapien. Der Tumor war steinhart,<br />
stechende Schmerzen wie von Nägeln agg. in der<br />
Nacht. Ihre Menopause begann vor einem Jahr. Sie<br />
neigt zu allergischen Hautläsionen mit starkem<br />
Juckreiz. Sie arbeitet täglich für mehrere Stunden<br />
an einem Handwebestuhl. Herr Srinivasan fragte<br />
nach einer emotionalen Ursache oder einem psychischen<br />
Trauma, jedoch fand er dafür keine Anhaltspunkte.<br />
Er<br />
begann mit Carbo<br />
animals Q1, dann<br />
Q2, worauf die<br />
Schwellung kleiner<br />
wurde, anschließendwurde<br />
sie rot, als ob<br />
ein Abszess zur<br />
Entleerung erscheinen<br />
würde.<br />
Nach kurzer Zeit<br />
begann sich die<br />
faltige Haut des<br />
Tumors und das<br />
umliegende Gewebe abzuschälen und bald kam es<br />
zur Absonderung eines übel riechenden, eitrigen<br />
Sekrets. Dabei blutete es stark. Die eitrige Absonderung,<br />
das ulzeröse Geschehen und das Blutungsgeschehen<br />
gaben die Grundlage für die Verschreibung<br />
von Phosphorus Q1 und Q2. Die Absonderungen<br />
wurden weniger und tolerierbar. Es<br />
gab nach Phosphorus keine weiteren Symptome<br />
für eine Folgeverschreibung.<br />
KR Srinivasan öffnete für das Publikum seine Fallakten<br />
aus 50-jähriger Praxisarbeit<br />
Die meisten Referenten des IHCs machten deutlich,<br />
wie man mit dem Wissen der alten, zeitlosen<br />
Meister wie zum Beispiel Bönninghausen (Heiner<br />
Frei) und Boger (Peter Minder) Krankheiten unserer<br />
Zeit klar und vor allem nachvollziehbar heilen<br />
kann. Sie versuchten dabei nicht das Rad neu
INTERNATIONAL HAHNEMANN CONGRESS (IHC)<br />
ETTLINGEN 27.–29. SEPTEMBER 2007<br />
EIN SCHRITT ZURÜCK, ZWEI NACH VORN<br />
Herr Dr. Klinkenberg dankt allen Referenten des IHC am Ende der Tagung<br />
zu erfinden, sondern das schon Vorliegende sinnvoll<br />
anzuwenden. Der IHC konnte zeigen, dass das<br />
Alte der Homöopathie gar nicht so alt ist, sondern<br />
in einer Zeit des homöopathischen Methodenplu-<br />
ralismus aktueller und nötiger ist denn je. Ein Blick<br />
zurück zeigte sich dabei erneut als horizonterweiternd,<br />
nicht als anachronistisch: Ein Schritt zurück<br />
bedeutet in diesem Fall, zwei nach vorn.<br />
Cand. med.<br />
Timo A. Pfeil<br />
Heiliggeiststraße 9<br />
69117 Heidelberg<br />
11
12<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Im Oktober dieses Jahres wurde<br />
der 20. Geburtstag von Homoeopathic Links mit<br />
einem großen Congress in Heidelberg gefeiert.<br />
Mehr als 1000 Teilnehmer aus 43 Nationen waren<br />
gekommen, um dabei zu sein. Homoeopathic<br />
Links ist eine internationale Zeitschrift für Homöopathen,<br />
die von Beat Spring zum ersten Mal<br />
herausgegeben<br />
wurde.<br />
Harry van der<br />
Zee: Ja, Beat<br />
Spring und Lorraine<br />
Taylor haben<br />
mit Links<br />
1987 angefangen.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell:<br />
Wie und<br />
wann sind Sie dazu<br />
gekommen,<br />
Herr van der Zee?<br />
Harry van der Zee: Eigentlich hat alles so angefangen:<br />
Am Ende der Vithoulkas Seminare in<br />
London wollten viele der Teilnehmer miteinander<br />
in Verbindung bleiben, um zu hören, wie die Fälle<br />
laufen und um von einander zu lernen. Dadurch<br />
hat sich unser newsletter schnell in ein internationales<br />
Journal verwandelt. Ich kam 1995 dazu<br />
und habe die erste Ausgabe für 1996 vorbereitet.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Als Sie 1995 einstiegen, hatten<br />
Sie sicher bestimmte Vorstellungen, wie Sie das<br />
Heft gestalten wollten. Oder haben Sie die grundsätzliche<br />
Idee von Beat Spring und Lorraine Taylor<br />
übernommen? Vielleicht wollten Sie auch eigene,<br />
weitere Ideen verwirklichen?<br />
CELERBRATING LINKS<br />
THE HOMOEOPATHIC CONFERENCE<br />
HEIDELBERG 19.– 21. OKTOBER 2007<br />
INTERVIEW MIT HARRY VAN DER ZEE<br />
Harry van der Zee: Beat Spring und Lorraine<br />
Taylor hatten sich ein wunderbares Konzept ausgedacht<br />
und „Gastautoren“ für einzelne Ausgaben<br />
eingeladen. Damit haben sie sich einerseits weniger<br />
unter Druck gesetzt und es entstand zum anderen<br />
eine größere Vielfalt an Artikeln und Autoren.<br />
Als wir – Jean Pierre Jansen, Corrie Hiwat und<br />
ich – Links übernahmen,<br />
waren<br />
wir sehr angetan<br />
von dem Konzept<br />
und hatten vor,<br />
dabei zu bleiben<br />
und die Artikel<br />
langsam qualitativ<br />
zu verbessern.<br />
Links war eine<br />
Plattform für Homöopathen<br />
rund<br />
um die Welt, die<br />
unabhängig von<br />
allen Organisationen und Schulen waren. Es war eine<br />
Zeitschrift für und von Homöopathen. Sowohl die<br />
Leser, als auch die Schreiber kamen aus allen Ländern<br />
der Erde.<br />
Wir hatten allerdings das Gefühl, dass es zu wenig<br />
Kommunikation mit den Ländern gab, in denen wenig<br />
Englisch gesprochen wurde. Deshalb wurde es<br />
zu einem unserer Ziele, Ausgaben in anderen Sprachen<br />
herauszugeben. So entstand 1996 eine tschechische<br />
Ausgabe, später folgten dann spanische,<br />
russische und japanische Versionen.<br />
Dr. Massimo Mangialavori und Harry van der Zee<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wie haben sich Stil und Inhalt<br />
in den folgenden Jahren entwickelt? Hat sich<br />
Ihre Intention mit verändert?
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
Harry van der Zee: Links bietet allen Homöopathen<br />
eine organisations- und schulenunabhängige<br />
Plattform. Diese Plattform wird hauptsächlich<br />
zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch genutzt,<br />
wie man Fallaufnahmen und Fallanalysen verbessern<br />
und ein tieferes Verständnis für alte und neue<br />
Arzneien entwickeln kann. Präsentation von Fällen,<br />
Materia Medica, Arzneimittelprüfungen und<br />
Artikel über Philosophie und Meinungsaustausch<br />
stellen noch immer den Hauptinhalt dar.<br />
Im Laufe der Jahre haben wir für die Dauer der<br />
Beobachtung der Fälle und der „Follow-ups“ den<br />
Standard erhöht. Da die Verifizierung von homöopathischem<br />
Wissen auf einer großen Zahl von<br />
individuellen Fallgeschichten beruht, muss von den<br />
Vorstellungen dieser Fallbeispielen und speziell<br />
den „Follow-ups“ eine hohe Qualität verlangt werden.<br />
Dies ist und bleibt ein wichtiges Thema. In<br />
der kommenden Ausgabe wird allen Abonnenten<br />
ein Fragebogen gesendet, um deren Meinung zu<br />
erfahren, wie die Zeitschrift sich weiterhin entwickeln<br />
soll. Links ist wirklich ein Journal von und<br />
für Homöopathen der ganzen Welt. Deshalb ist uns<br />
ihre Meinung über die Richtung, die wir einschlagen<br />
sollen, wichtig.<br />
Ich persönlich glaube, dass die Homöopathie eindrucksvolle<br />
Fortschritte in Bezug auf Fallaufnahme,<br />
Fallanalyse und Materia Medica Forschung erzielt<br />
hat.<br />
Trotzdem haben wir weitgehend unser größtes Potenzial<br />
vernachlässigt, nämlich die Behandlung von<br />
INTERVIEW MIT HARRY VAN DER ZEE<br />
Epidemien. Der Weg über den „Genius epidemicus“<br />
ermöglicht eine Behandlung von sehr vielen<br />
Menschen mit höchstmöglichen Ergebnissen. Epidemien<br />
einschließlich Infektionskrankheiten und<br />
kollektiven Traumen sind die Ursache von vielen<br />
individuellen und chronischen Beschwerden in<br />
Folgegenerationen. Wenn wir diese behandeln, arbeiten<br />
wir näher an der Ursache der Krankheiten<br />
und können gleichermaßen heilen und vorbeugen.<br />
Ich selbst habe seit einigen Jahren mit der Behandlung<br />
von AIDS in Afrika zu tun. Besonders in<br />
Entwicklungsländern hat die Homöopathie viel zu<br />
bieten, weil hier Epidemien von viel größerer Bedeutung<br />
sind als individuelle Erkrankungen. Die<br />
Homöopathie, preiswert, effektiv, ohne Nebenwirkungen<br />
oder Therapieresistenzen, ist eine wunderbare<br />
Lösung für die Behandlung von Epidemien<br />
wie AIDS, Malaria, Tbc oder der erwarteten Vogelgrippe.<br />
Ich hoffe, dass Links über diese Themen in naher<br />
Zukunft mehr berichten wird. Ich habe für Mai<br />
<strong>2008</strong> eine Konferenz zu dem Thema Homöopathie<br />
in Entwicklungsländern in Holland geplant und<br />
hoffe, dass viele Menschen, die in Entwicklungsländern<br />
aktiv sind, kommen, um Erfahrungen auszutauschen<br />
und voneinander zu lernen.<br />
Für Interessenten an dem Afrikaprojekt hier die<br />
Website: www.arhf.nl.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Vielen Dank für den informativen<br />
Bogen über die vergangenen 20 Jahre bis<br />
heute und morgen, lieber Harry van der Zee.<br />
13
14<br />
Ich habe gute Freunde, die – anstatt wie ich<br />
nach Italien zu Massimo Mangialavori – zehn<br />
Jahre lang nach Indien gefahren sind und ähnlich<br />
begeistert von der Bombay-Schule der Homöopathieberichteten.Inzwischen<br />
habe ich<br />
etliche Krankengeschichten<br />
ein<br />
und derselben<br />
Arznei aus der<br />
italienischen<br />
und der indischen<br />
Schule<br />
verglichen und<br />
Folgendes festgestellt:<br />
Ein beliebiger, gut dokumentierter Fall der Arznei<br />
von Mangialavori hat absolut nichts gemeinsam<br />
mit einem beliebigen, gut dokumentierten<br />
Fall derselben Arznei X von Sankaran, selbst<br />
wenn beide Fälle gleichermaßen tiefgreifende Heilungen<br />
und ein zehnjähriges Follow-up aufweisen<br />
und in diesem Zeitraum keine andere Arznei gegeben<br />
wurde. Sankaran hätte sicherlich etwas anderes<br />
für Mangialavoris Fall verschrieben und umgekehrt.<br />
Da beide im Verordnen von Arzneien sehr<br />
versiert sind, wären beide offensichtlich bei einem<br />
hohen Anteil der Fälle erfolgreich, auch wenn sie<br />
aus sehr unterschiedlichen Gründen verschiedene<br />
Arzneien anwenden. Was könnte dies bedeuten,<br />
abgesehen davon, dass es der fundamentalistischen<br />
Vorstellung widerspricht, dass es „nur eine<br />
richtige Arznei gibt, und dass, falls es zwei gibt,<br />
CELEBRATING LINKS<br />
THE HOMOEOPATHIC CONFERENCE<br />
HEIDELBERG 19.– 21. OKTOBER 2007<br />
LEHRMEINUNGEN, GLAUBENSSÄTZE UND WIDERSPRÜCHE<br />
HOMÖOPATHISCHES PARADIGMA UND PARADOGMA AUF DEM BLUEBERRY HILL<br />
VORTRAG VON UTA SANTOS-KÖNIG / ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
Frau <strong>Gudjons</strong>, Roland Heller, Dr. Ulrich Fischer<br />
eine nicht so tiefgreifend wie die andere wirkt“?<br />
Gibt es eine Meta-Theorie, die beide (und weitere)<br />
Modelle umfassen könnte und die über eine<br />
einfache, respektvolle Koexistenz nach dem Motto<br />
„Viele Wege<br />
führen nach<br />
Rom“ hinausgeht?<br />
Es scheint jedenfalls<br />
die Arznei als<br />
ein objektives<br />
Bild, über das ein<br />
weitgehender homöopathischer<br />
Konsensus besteht,<br />
nicht mehr<br />
zu geben. Es gibt<br />
ein Mangialavori-Bild, ein Sankaran-Bild, und natürlich<br />
etliche andere auch.<br />
Wenden wir also unsere Aufmerksamkeit dem Therapeuten<br />
zu. Wer ist jener, vom optimistischen, aufgeklärten<br />
Hahnemann noch als vorurteilsfreier Beobachter<br />
bezeichnete Dritte im Bund mit Patient<br />
und Arznei?<br />
Wir sitzen alle auf dem Stuhl des Therapeuten mit<br />
all unserer Geschichte, unseren Vorurteilen, unseren<br />
Glaubenssätzen, unserer jeweiligen Gestimmtheit.<br />
Wir sitzen da als Kommunizierende und<br />
damit als „in Sprache Handelnde“, also als SUB-<br />
JEKTE, eben so sehr wie unsere Patienten.<br />
Subjektivität ist nicht vermeidbar, und Subjektivität<br />
hat nichts zu tun mit Beliebigkeit, sondern ich<br />
meine damit authentisches Dasein, wissend, dass
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
HOMÖOPATHISCHES PARADIGMA UND PARADOGMA AUF DEM BLUEBERRY HILL<br />
VORTRAG VON UTA SANTOS-KÖNIG / ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
ich die Verantwortung dafür trage, wie mir die Welt<br />
und der Patient erscheinen, wie ich der Welt und<br />
dem Patienten entgegenkomme.<br />
Wir ermöglichen und verhindern durch unsere besondere<br />
subjektive Präsenz, dass Dinge gesagt oder<br />
verschwiegen werden, durch die Art unserer Fragen<br />
leiten wir die Aufmerksamkeit des Patienten<br />
nach Innen. Er soll in Worte fassen, was er subjektiv<br />
empfindet.<br />
Es ist eine spezielle Dynamik, ein einzigartiger Prozess,<br />
unwiederholbar in dieser Form der Begegnung.<br />
Zwei Subjekte, ein Prozess, der zu einer Gestalt<br />
wird, die, wenn der Prozess glückt, in die Gestalt<br />
einer heilsamen Arznei mündet.<br />
Wie kann dieser Prozess glücken? Diese Frage<br />
scheint mir viel wichtiger als die Frage nach der<br />
„richtigen“ Arznei.<br />
Fragen lenken die Aufmerksamkeit und Energie.<br />
Die Art der Frage bahnt die Art der Antwort und<br />
hat daher Auswirkungen.<br />
Die Frage, ob eine Arznei die (einzig) richtige ist,<br />
hat Auswirkungen. Sie macht eng, weil jede andere<br />
daneben falsch sein muss. Dadurch entsteht ein<br />
mögliches Feld für wechselseitige Abwertung und<br />
Konkurrenz, und das ist ein Hauptgrund, warum<br />
ich das Dogma der einzig richtigen Arznei ablehne.<br />
Ich halte es außerdem für völlig unnötig, ja sogar<br />
für einen Rückfall hinter jede systemische Erkenntnis,<br />
so zu tun, als wären Patient und die heilende<br />
Arznei in einer quasi „objektiven“ Ähnlichkeitsbeziehung<br />
zueinander und als wäre der Einfluss<br />
des Therapeuten vernachlässigbar, wo es<br />
doch sein betrachtendes Auge ist, das die Ähnlichkeit<br />
feststellt, selbst wenn der Patient scheinbar<br />
ohne Zutun des Therapeuten zu seiner Arzneiquelle<br />
gelangt.<br />
Die Frage hingegen, wie ein Prozess glücken kann,<br />
der zu einer guten Arznei führt, lenkt die Aufmerksamkeit<br />
darauf, welche Ressourcen der Therapeut<br />
braucht, was in ihm – über sein Homöopathiewissen<br />
hinaus – geschult werden muss, und das macht<br />
weit, und es bringt den Therapeuten in seine Selbstverantwortung<br />
als aktiver, subjektiver Begleiter.<br />
Wir könnten uns aber auch fragen, ob wir vielleicht<br />
in unserer Anstrengung, von Seminar zu Seminar<br />
zu pilgern und eine bestimmte Methode immer<br />
besser nachzumachen, unser eigenes kreatives Potenzial<br />
verpassen?<br />
Nach diesem Vorwort beschreibt Uta Santos König,<br />
wie sie eine ihr relativ unbekannte Pflanze prüft, die<br />
sie bei einem Patienten nach Lokalsymptomen mit<br />
sehr gutem Erfolg verwendet hatte.<br />
CONDURANGO,<br />
eine mir bis dahin weitgehend unbekannte lateinamerikanische<br />
Pflanzenarznei, hatte ein großes<br />
exulzerierende Basaliom im rechten Mundwinkel<br />
eines Patienten in so eindrucksvoller Weise<br />
und so rasch zum Abheilen gebracht, dass ich<br />
mich aus Dankbarkeit und Neugier eingehender<br />
mit dieser Pflanze, die ich so gut wie nicht kannte<br />
und nur aufgrund eines Lokalsymptoms verordnet<br />
hatte, beschäftigen wollte.<br />
Ich zog mich also ein Wochenende lang in eine<br />
Eremitage zurück, ich aß wenig, saß in Stille, nahm<br />
Condurango C30 mehrmals täglich ein und wartete<br />
darauf, dass sich in mir und durch mich ein<br />
Symptomenbild zeigen würde, das unsere Materia<br />
Medica bereichern könnte.<br />
Was geschah, war, dass ich träumte. Ich hatte vier<br />
Träume hintereinander. Der erste verband mich<br />
zurück zu einer Arzneiprüfung mit Convallaria, die<br />
ich vor mehr als 10 Jahren gemacht hatte.<br />
15
16<br />
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
HOMÖOPATHISCHES PARADIGMA UND PARADOGMA AUF DEM BLUEBERRY HILL<br />
VORTRAG VON UTA SANTOS-KÖNIG / ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
Die nächsten drei Träume nahmen Bezug zur Homöopathie<br />
und waren sehr klare, zum Teil sehr<br />
humorvolle Bilder zu meinen homöopathischen<br />
Fragen, und wie immer, wenn aus dem Urgrund<br />
des Unbewussten Bedeutungsvolles auftaucht, war<br />
ich zutiefst berührt. Ich nahm diese Bilder sehr,<br />
sehr ernst und ließ mich von ihnen leiten.<br />
Ich fühlte mich durch diese vier Condurangoträume<br />
bestätigt und aufgefordert,<br />
meinen eigenen<br />
homöopathischen Weg zu<br />
gehen.<br />
Nachdem ich wieder zu<br />
Hause war, las ich über<br />
Condurango nach und erfuhr,<br />
dass lateinamerikanische<br />
Schamanen diese<br />
Pflanze verwenden, um mit<br />
ihrer Hilfe Klarheit in ihren<br />
Fragen zu erhalten. Genau<br />
das hatte ich erlebt.<br />
Diese Erfahrung war das<br />
Tor zu einem Experiment,<br />
das Uta Santos König mit<br />
einer Patientin, einer Medizinstudentin, anschließend<br />
unternahm.<br />
Die verwendete Arznei stellt sie aus dem Blut<br />
der Patientin selbst her. Das Blut wurde der Patientin<br />
während eines Trancezustands entnommen,<br />
in dem sie sich in einem emotionalen<br />
Zustand befand, der mit ihrer Krankheit in<br />
Beziehung stand.<br />
Die Patientin hatte vor Jahren ein Non-Hodgkin<br />
Lymphom, das erfolgreich mit Zytostatika behandelt<br />
worden war. Die damals erlebten Gefühle,<br />
Ängste und Traumen stiegen jetzt aus der<br />
Tiefe ihres Wesens auf, und das war der Grund,<br />
warum sie ihre Ärztin konsultiert hatte.<br />
Nach einigen Versuchen mit unklaren Ergebnissen<br />
des potenzierten Eigenbluts in C12 folgten<br />
weitere intensive Gespräche. Dann wird der Versuch<br />
mit erneut entnommenem, potenziertem<br />
Trance-Blut wiederholt.<br />
Die Patientin schrieb:<br />
Liebe Frau Dr. Santos-König,<br />
ich habe mir Ihren Rat zu Herzen genommen<br />
und mich auf den Akt der<br />
Verpuppung konzentriert<br />
und darauf vertraut,<br />
dass es funktionieren<br />
wird – dass die<br />
Puppe aufbricht.<br />
In dieser Zeit habe ich<br />
oft vom Sterben geträumt,<br />
ich sterbe, Menschen,<br />
die ich kenne,<br />
sterben – aber es waren<br />
keine Alpträume... sondern<br />
eher ein Gefühl von<br />
Normalität, dass Sterben<br />
oder Absterben ein na-<br />
Condurango<br />
türlicher Prozess ist.<br />
Nach diesen Träumen habe<br />
ich mich besser gefühlt... Manchmal habe<br />
ich seit dem das tiefe, innere Gefühl, mich dem<br />
Lebensstrom hingeben zu ... Ich denke, ich gebe<br />
ein Stück Verantwortung ab. Ich habe nicht<br />
mehr so stark das Gefühl, für alles verantwortlich<br />
zu sein. Stattdessen habe ich jetzt<br />
manchmal das Gefühl, das Leben leitet mich,<br />
als hätte ich meinen Lebensfaden gefunden,<br />
der mich entlang meines Weges führt, und der<br />
Weg ist gut so, wie er ist. ... Das sind völlig<br />
neue Ansätze für mich, die mein Leben wirklich<br />
bereichern. So habe ich mich tatsächlich<br />
verpuppt, und ich muss gestehen, ich fühle<br />
mich als recht prächtiger Schmetterling!
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
HOMÖOPATHISCHES PARADIGMA UND PARADOGMA AUF DEM BLUEBERRY HILL<br />
VORTRAG VON UTA SANTOS-KÖNIG / ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
Wir sehen uns nach ein paar Wochen wieder<br />
und sie erzählt:<br />
Es war wie ein Geburtsprozess, die Angst, dass der<br />
Kokon nicht platzen könnte. Dann habe ich total<br />
losgelassen, und dann hat es funktioniert. Die wichtigste<br />
Erkenntnis war, dass ich zu mir sehr, sehr<br />
streng bin, mir viel abverlange. ..<br />
Es war ein trauriger Prozess. Ich habe vier Stunden<br />
geheult, wie lieblos ich mir selber gegenüber<br />
bin, auch anderen gegenüber<br />
streng und lieblos.......,dann<br />
bin ich eingeschlafen<br />
und gereinigt<br />
aufgewacht....<br />
Ich sage mir, niemand<br />
kann dich so gern haben,<br />
wie du selber, und niemand<br />
kann so streng<br />
sein.... jetzt ist es ganz tief<br />
im Herzen.<br />
Ich bin eine ganz zarte,<br />
sensible Person, vielleicht<br />
brauche ich jetzt<br />
den Panzer gar nicht<br />
mehr so.<br />
Ich habe viel mehr Energie, die Müdigkeit ist weg.<br />
Fühle mich einfach wohl.<br />
Keinerlei Beschwerden, Verdauung funktioniert<br />
prächtig, keine schlaflosen Nächte, kein Grübeln,<br />
auch nicht mehr so angespannt.<br />
Ich hatte die verwegene Hoffnung, dass sich so ein<br />
tiefer Wandel auch objektivieren lassen müsste. Ich<br />
hatte von der Quantenfraktalbildanalyse des Blutes<br />
gehört und Kontakt mit Peter Pfaffenbichler aufgenommen,<br />
der diese Technik entwickelt hat. Wir<br />
hatten besprochen, dass ich PatientInnenblut vor<br />
und nach meiner Behandlung schicken würde.<br />
Hier das Blut der jungen Patientin vorher und<br />
nachher (siehe Seite 18).<br />
Und dazu ein paar Worte vom Experten.<br />
MANDALA<br />
Das Bild eines Mandala entspricht meinem<br />
derzeitigen Verständnis von tiefen Heilungsprozessen<br />
am besten.<br />
Vom äußeren Rand eines Mandala aus gibt es<br />
verschiedene Eingangstüren<br />
zu einem<br />
Weg in die Mitte,<br />
wobei ich mit<br />
„Mitte“ Gesundheit<br />
in ihrer umfassenden,<br />
körperlichen,<br />
seelischen und spirituellen<br />
Bedeutung<br />
meine, ein nie ganz<br />
erreichtes Ideal, –<br />
und „Eingangstür“<br />
ist die Metapher für<br />
die jeweilige Arznei-<br />
Mandala<br />
information, die als<br />
„Einstieg“ in der Begegnung<br />
zwischen Therapeut und Patient auftaucht.<br />
Die Schritte führen zur selben Mitte.<br />
Das Ziel ist dasselbe, und die Prozesse kommen<br />
einander, je weiter man sie geht, immer näher.<br />
Die Frage ist, OB wir den Einstieg gefunden<br />
haben, nicht welcher Einstieg der richtige ist.<br />
Der Weg vom Rand zum Zentrum ist von jedem<br />
Punkt aus gleich lang, und den Weg geht<br />
der Patient alleine, unterschiedlich schnell,<br />
je nachdem auch, wie seine Lebensumstände<br />
förderlich oder hinderlich für ihn sind.<br />
Das relativiert auf heilsame Weise die Bedeutung<br />
des Therapeuten. Seine Aufgabe, sei-<br />
17
18<br />
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
HOMÖOPATHISCHES PARADIGMA UND PARADOGMA AUF DEM BLUEBERRY HILL<br />
VORTRAG VON UTA SANTOS-KÖNIG / ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
ne kreative, schöpferische, subjektive Aufgabe<br />
ist es, im Gespräch mit dem Patienten eine<br />
Türe zu finden, und danach den Patienten seinen<br />
Weg gehen zu lassen, ohne dass wir der<br />
weit verbreiteten Therapeuten-Krankheit<br />
namens „Omnipotentopathie“ anheim fallen.<br />
Wir sind mit unseren Arzneien nicht für alles<br />
zuständig.<br />
Dr. Ose Hein<br />
Jutastr. 13<br />
80636 München<br />
Sie kennen sicher das nette Lied „BLUEBERRY<br />
HILL“. Ich wünsche Ihnen, dass Sie am Sonntagabend<br />
von diesem Kongress in Heidelberg – oder<br />
frei ins Englische übersetzt, – von diesem Kongress<br />
in Blueberry Hill sagen mögen, wie es in dem Lied<br />
heißt:<br />
„I found my thrill, my homoeopathic thrill on Blueberry<br />
Hill“<br />
Uta Santos-König<br />
uta@santos.koenig.at
Massimos Methode im Umgang mit der Homöopathie<br />
hat nach meinem Dafürhalten ein<br />
unserer Zeit weit vorausschauendes Verständnis ermöglicht<br />
und lässt eine strukturierte Erkenntnis<br />
zu, die sehr gute, auch für Kollegen nachvollziehbare<br />
Ergebnisse gebracht hat. Seine Methode hat<br />
zu einer inneren<br />
Landkarte von<br />
homöopathischen<br />
Arzneifamilien<br />
mit ihren dazugehörigen<br />
Themen<br />
geführt, was mir<br />
und vielen Anderen<br />
zu einer enormenstrukturellen<br />
Hilfe bei der<br />
Fallanalyse und<br />
Verordnung der<br />
konstitutionellen<br />
Arznei geworden ist.<br />
In Heidelberg hat Massimo sein Modell anhand der<br />
differenzierten Darstellung von Oleum animale vorgestellt<br />
(s.u.). Er hat ebenfalls ausgeführt, in welcher<br />
Tradition die Denkweise der Zeit Hahnemanns<br />
stand. Damit wurde deutlich, dass Massimos<br />
Methode durchaus im Einklang mit der Denkart<br />
Hahnemanns steht. Es war die Zeit des Wandels<br />
von analogem zu mehr logischem Denken.<br />
Dies führte damals ganz allgemein zu einer Verarmung<br />
und Reduktion des analogen Denkens auf<br />
ein einzelnes, oberflächliches Attribut einer Substanz<br />
anstelle der Analogie zu einem PROZESS. Dieser<br />
Wandel in der westlichen Kultur veränderte damals<br />
das Konzept der bis dahin vorherrschenden<br />
CELEBRATING LINKS<br />
THE HOMOEOPATHIC CONFERENCE<br />
HEIDELBERG 19.– 21. OKTOBER 2007<br />
MASSIMO MANGIALAVORIS “METHOD OF COMPLEXITY”<br />
EINE ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
Signaturenlehre auf dramatische Weise, vergleichbar<br />
mit der Reduktion eines Filmes auf nur<br />
ein Bild, eines Gedichtes auf nur ein Wort, eines<br />
Arzneimittels auf nur ein Symptom. Hahnemann<br />
tat sein Bestes, um uns zu zeigen, dass Ähnlichkeit<br />
ein komplexes Modell meint, das NICHT auf<br />
einzelnen Symptomen<br />
basiert,<br />
sondern auf einer<br />
ORGANISATION<br />
von Symptomen.<br />
Ähnlichkeit ist also<br />
eine Organisation<br />
von Symptomen<br />
mit innerem<br />
Zusammenhang<br />
(Kohärenz) und<br />
insofern ein rationales<br />
Modell,<br />
um die Wirksamkeit<br />
einer Substanz mit Hilfe einer homöopathischen<br />
Arzneiprüfung (AMP) sowie über den Beweis<br />
ihrer Effizienz in der klinischen Anwendung<br />
zu demonstrieren. In die gleiche Richtung weist<br />
M.Mangialavoris Methode: sie fordert uns auf, das<br />
analytische Vorgehen um die Strukturierung der<br />
ORGANISATION von Symptomen nach ihrem inneren<br />
Zusammenhang und um die analoge Betrachtungsweise<br />
der vielschichtigen Aspekte einer<br />
Substanz zu erweitern.<br />
Messestand des Labor <strong>Gudjons</strong> in Heidelberg<br />
v. links: Herr Heller, Frau <strong>Gudjons</strong>, Dr. Klinkenberg<br />
Mit Hilfe der „Method of Complexity“ lässt sich diese<br />
Organisation von Symptomen nach ihrem inneren<br />
Zusammenhang, ihrer Kohärenz abbilden.<br />
Mit dieser Struktur entstehen die Themen und, in<br />
der Folge daraus erarbeitet, die Arznei-Familien.<br />
19
20<br />
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
MASSIMO MANGIALAVORIS “METHOD OF COMPLEXITY”<br />
VORTRAG-ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
Was ist das Gemeinsame, was sind die gemeinsamen<br />
Themen und was unterscheidet die eine von<br />
der anderen Arznei? Dazu ist die theoretische<br />
Struktur der „Method of Complexity“ hilfreich, die<br />
sich wie folgt gliedert:<br />
Die theoretische Struktur der “Method of<br />
Complexity” von Massimo Mangialavori:<br />
A) Studium des inneren Zusammenhanges einer<br />
Substanz<br />
durch:<br />
• Studium<br />
der Substanz<br />
an<br />
sich, ihre<br />
Beschreibung,chemischenEigenschaften<br />
• Studium<br />
der Toxikologie<br />
und der<br />
traditionellen Verwendung einer Substanz<br />
• Studium der mythologischen Dimensionen<br />
und Legenden sowie deren ritueller Gebrauch<br />
B) Organisation der Symptome nach ihrem inneren<br />
Zusammenhang (Kohärenz), resultierend<br />
aus AMP und zuverlässiger klinischer Erfahrung.<br />
Die Suche nach einer möglichen Kohärenz<br />
durch das Studium einer Substanz<br />
C) Erforschen der “Überlebens- Strategien” dieser<br />
Substanzen sowie welche Strategie ein<br />
Mensch (bzw. ein anderes biologisches System),<br />
der diese Substanz als Heilmittel benötigt,<br />
bewusst oder unbewusst gewählt hat, um<br />
sein Überleben zu sichern<br />
Dr. M. Mangialavori vor seinem Vortrag<br />
am <strong>Gudjons</strong>-Stand<br />
D) Die Definition der fundamentalen, wichtigsten<br />
“Themen” einer Arznei (als Resultat der Erkenntnisse<br />
aus A-C)<br />
E) Die mögliche Beziehung zu anderen Arzneien,<br />
basierend auf diesen möglichen gemeinsamen<br />
Themen (Konzept der homöopathischen Familie)<br />
F) Zuverlässige, klinische Bestätigung mit Langzeitverlauf<br />
unter<br />
einer Arznei<br />
Dieses Vorgehen<br />
macht die Vielschichtigkeit<br />
auch im Ergebnis<br />
aus und führt zu<br />
den fundamentalen,charakteristischen<br />
Themen einer<br />
Substanz. Entsprechend<br />
dem<br />
“Model of Complexity”<br />
ist es von<br />
grundlegender<br />
Bedeutung, den inneren Zusammenhang (Kohärenz)<br />
und die Ähnlichkeit zwischen der Substanz,<br />
dem Arzneimittel und der erfolgreichen klinischen<br />
Anwendung (klinische Evidenz) durch Verlaufsbeobachtungen<br />
von Patienten (die mehrere Jahre<br />
ausschliesslich mit einer Arznei behandelt wurden)<br />
herauszuarbeiten.<br />
Diese Kohärenz basiert:<br />
• Auf der pathogenetischen Aktivität und/oder toxikologischen<br />
Wirkung einer Substanz auf ein<br />
biologisches System<br />
• Studium der ethno-antropologischen Informationen,<br />
Geschichte, Mythen und Legenden<br />
sowie der traditionellen Verwendung
• Der Ähnlichkeit (similitude) zwischen den<br />
wichtigsten Anpassungs- Strategien einer Substanz<br />
und den wichtigsten Strategien eines biologischen<br />
Systems<br />
Die Anwendung dieser theoretischen Struktur am<br />
Beispiel von OLEUM ANIMALE inklusive der klinischen<br />
Verifizierung über Langzeit-Verlaufs-Beobachtungen<br />
von Patienten, die mehrere Jahre ausschließlich<br />
mit dieser Arznei behandelt wurden,<br />
führten Massimo<br />
zu folgenden Informationen<br />
und<br />
Themen:<br />
Zu A):<br />
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
MASSIMO MANGIALAVORIS “METHOD OF COMPLEXITY”<br />
VORTRAG-ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
– Oleum animale<br />
(auch<br />
„Dippels Öl“<br />
genannt nach<br />
seinem Erfinder)<br />
wird aus<br />
dem Geweih<br />
des Hirsches<br />
gewonnen,<br />
„stag’s horn“, indem es mehreren komplizierten<br />
chemischen Prozessen unterworfen<br />
wird. Man findet einen hohen Gehalt an (flüchtigem)<br />
Kohlenstoff und Stickstoff.<br />
– Oleum animale wurde in der traditionellen Medizin<br />
und in der Alchemie für Kopfschmerzen<br />
und neurologische Erkrankungen,bei Epilepsie,<br />
Neuralgien, Katalepsie etc. angewendet.<br />
– Das Thema Prometheus und das “Monster”,<br />
das ohne Erfolg versuchte, den Vater zufrieden<br />
zu stellen, indem er Außerordentliches vollbrachte,<br />
aber... Dies Thema ergab sich aus der<br />
Einlassung auf die mit dieser Substanz verbundenen<br />
Mythen und Legenden, die Massimo<br />
in Heidelberg im Einzelnen geschildert hat<br />
(Johann C. Dippel und dessen Verbindung zur<br />
Frankenstein-Thematik)<br />
Oleum animale (auch “Dippels Öl” genannt)<br />
wird aus dem Geweih des Hirsches gewonnen<br />
– das Symbol der “deciduous stag’s horns”: der<br />
Verlust der männlichen Kraft.<br />
Zu B):<br />
Die Symptome im Repertorium sind in der Regel<br />
als Ergebnis aus AMP (hier gut geprüft durch Nenning<br />
und Trinks) und zuverlässiger klinischer Erfahrung<br />
zustande gekommen, zumindest bei den<br />
zu früheren Zeiten ins Repertorium aufgenommenen<br />
Arzneien.<br />
Wenn man die<br />
Symptome im Repertorium,<br />
die<br />
von Ol-an aufgeführt<br />
sind, entsprechend<br />
ihres<br />
inneren Zusammenhangesordnet,<br />
lassen sich<br />
diese in Symptom-Gruppeneinteilen.<br />
Für Ol-an<br />
ergeben sich<br />
dann Gruppierungen,<br />
die sich unter folgenden Überschriften<br />
subsummieren lassen:<br />
Rückzug, Kongestion, brennende Schmerzen, Obstruktion/Erstickungsgefühl,<br />
Steifigkeit/Blockade,<br />
ineffektive Anstrengungen und Hypochondrie.<br />
Zu F): Die klinische Evidenz<br />
Fallbeispiele (in Form einer kurzen Übersicht) zu<br />
Ol-an:<br />
Fall 1 (Verlaufsbeobachtung über 5 Jahre unter<br />
Behandlung mit Ol-an)<br />
war der einer 41-jährigen Frau, die extrem langsam<br />
in ihren Bewegungen war, da sie darüber die<br />
Schmerzen reduzieren konnte. Sie hatte uner-<br />
Fortsetzung auf Seite 24<br />
21
22<br />
LISTE ALLER ERHÄLTLICHEN ARZNEIMITTEL / FEBRUAR <strong>2008</strong><br />
● Abies canadensis<br />
Abies nigra<br />
Abrotanum<br />
Absinthium<br />
Acalypha indica<br />
Aceticum acidum<br />
● Acid. phenylaethylbarb.<br />
Acidum salicylicum<br />
Aconitum *<br />
Adonis vernalis<br />
Aesculus hippoc.<br />
Aethiops antimon.<br />
Aethusa cynapium<br />
Agaricus *<br />
Agnus castus *<br />
● Agraphis nutans<br />
Ailanthus gland.<br />
Alchemilla vulg.<br />
Alcoholus<br />
Aletris farinosa<br />
Alfalfa<br />
Allium cepa *<br />
Allium sativum<br />
Aloe soc. *<br />
Aloe vera *<br />
Alumen<br />
Alumina *<br />
● Alumina silicata<br />
Aluminium<br />
● Aluminium phos.<br />
● Amalgam<br />
Ambra *<br />
● Amethyst<br />
Ammonium carb.<br />
Ammonium mur.<br />
Anacardium orient. *<br />
Anagallis arv.<br />
Anantherum<br />
● Androctonus<br />
Angustura vera<br />
Anhalonium<br />
Anthemis nobilis<br />
Antimonium crud. *<br />
Antimonium tart. *<br />
● Apis male<br />
Apis mellifica *<br />
Apisinum *<br />
Apocynum cannab.<br />
Apomorphinum<br />
● Aqua Bad Ragaz<br />
Aqua marina<br />
Aralia racemosa<br />
Aranea diad.<br />
● Aranea diad. Hinterl.<br />
Argentum met. *<br />
Argentum muriaticum<br />
Argentum nitricum *<br />
● Argentum phos.<br />
Aristolochia clem. *<br />
Arnica *<br />
Arsenicum album *<br />
Arsenicum hydrogen.<br />
Arsenicum jodatum *<br />
Arsenicum met.<br />
Arsenicum sulf. flav.<br />
Artemisia vulg.<br />
Arum maculatum<br />
Arum triphyllum<br />
Arundo mauritanica<br />
Asa foetida<br />
Asarum europaeum<br />
Asparagus off.<br />
● Astacus<br />
Asterias rub.<br />
Atropinum sulfuricum<br />
Aurum ars.<br />
● Aurum bromatum<br />
Aurum colloidale<br />
Aurum jodatum<br />
Aurum met. *<br />
Aurum mur. nat. *<br />
Aurum muriaticum *<br />
Aurum sulfuratum<br />
Avena sativa<br />
● Ayahuasca<br />
● Bacillinum<br />
● Badiaga<br />
Bambus<br />
Baptisia<br />
Barium aceticum<br />
Barium carb. *<br />
Barium jodatum<br />
Barium muriaticum<br />
● Barium phos.<br />
Barium sulf.<br />
Basalt<br />
● BCG Vaccine<br />
Belladonna *<br />
Bellis perennis *<br />
Benzoicum acid.<br />
Berberis *<br />
Berberis aquifolium<br />
● Bilirubinum<br />
Bismutum metallicum<br />
Bismutum subnitricum<br />
● Blatta americana<br />
● Blatta orientalis<br />
Borax *<br />
● Bothrops lanceolatus<br />
Bovista<br />
● Brassica napus<br />
● Bromazanil ®<br />
Bromum *<br />
Bryonia *<br />
Bufo rana *<br />
Butyricum acidum<br />
Cactus *<br />
Cadmium sulph.<br />
Caladium seguinum<br />
Calcium ars.<br />
Calcium bromatum<br />
Calcium carb. *<br />
Calcium fluoratum *<br />
Calcium jod. *<br />
Calcium mur.<br />
Calcium phos. *<br />
● Calcium silicatum<br />
Calcium sulf. *<br />
● Calculus renalis<br />
Calendula *<br />
Camphora *<br />
Cantharis *<br />
Capsicum *<br />
Carbo animalis *<br />
Carbo veg. *<br />
Carbolicum acidum<br />
Carboneum sulf.<br />
● Carcinosinum<br />
Cardiospermum<br />
Carduus marianus<br />
● Castor equi<br />
Caulophyllum *<br />
Causticum *<br />
Ceanothus amer.<br />
● Cenchris<br />
Chamomilla *<br />
Chelidonium *<br />
Chelone glabra<br />
China *<br />
Chininum<br />
Chininum ars. *<br />
Chininum hydr.<br />
Chininum sulf.<br />
Chlorum<br />
Chocolate<br />
● Cholesterolum<br />
Chromium oxidatum<br />
Cicuta virosa<br />
Cimicifuga *<br />
Cina *<br />
Cinnabaris<br />
Cinnamomum<br />
● Citrullus lanatus<br />
● Citrus limonum<br />
Citrus vulg.<br />
● Cladonia rangiferina<br />
Clematis recta *<br />
Cobaltum nitricum<br />
● Coca Cola ®<br />
● Coccinella sept.<br />
Cocculus *<br />
● Coccus cacti<br />
Cochlearia arm.<br />
● Codeinum phos.<br />
Coffea cruda *<br />
● Coffea tosta<br />
Colchicum *<br />
Collinsonia canad.<br />
Colocynthis *<br />
● Comocladia<br />
Condurango<br />
Conium *<br />
Convallaria<br />
Copaiva<br />
Corallium rubrum *<br />
● Cortisonum<br />
Crataegus oxyacantha<br />
Crocus sativus *<br />
● Crotalus cascavella<br />
● Crotalus horridus<br />
Croton tiglium *<br />
● Culex musca<br />
Cuprum arsenic.<br />
Cuprum metallicum *<br />
● Cuprum phos.<br />
Cuprum sulfuricum<br />
Curare<br />
Cyclamen *<br />
● Cymbopogon citr.<br />
Cypripedium pub.<br />
Cytisus laburnum<br />
Diamant<br />
● Diazepam<br />
Digitalis *<br />
Dioscorea vill.<br />
● Dipsacus silvestris<br />
● Dolichos pruriens<br />
● Dopamin<br />
● Doryphora<br />
● DPT Vaccine<br />
Drosera *<br />
● DT Vaccine<br />
Dulcamara *<br />
● Eagleblood<br />
Echinacea angustif.<br />
Eichhornia crassipes<br />
● Elaphomyces<br />
● Elaps corallinus<br />
Elaterium off.<br />
● Encepur<br />
Ephedra vulgaris<br />
Equisetum hyemale<br />
Erigeron canad.<br />
Eucalyptus globulus<br />
Eupatorium perf. *<br />
Euphorbium<br />
Euphrasia *<br />
Fabiana imbr.<br />
Fagopyrum esculentum<br />
Ferrum ars.<br />
Ferrum jodatum<br />
Ferrum metallicum *<br />
Ferrum muriaticum<br />
Ferrum phosphor. *<br />
Ficus religiosa<br />
Filipendula ulmaria<br />
Fluoricum acidum *<br />
● Formica rufa<br />
Formicicum acidum<br />
Fragaria vesca<br />
● FSME Vaccine ®<br />
Fucus vesiculosus<br />
● Funiculus umbilicalis<br />
● Gadus morrhua<br />
● Galanthus nivalis<br />
Galega<br />
Gallicum acidum<br />
Galphimia glauca<br />
● Gammastrahlen<br />
● Gardasil® Impfstoff<br />
● Gelee royale<br />
Gelsemium *<br />
● Gentiana acaulis<br />
Geranium robertianum<br />
● Germanium<br />
Ginkgo biloba<br />
Ginseng<br />
● Gletscherwasser<br />
Glonoinum *<br />
Gnaphalium polyceph.<br />
Gossypium herbaceum<br />
Granatum<br />
Granit<br />
Graphites *<br />
Gratiola off.<br />
Grindelia robusta<br />
Guajacum<br />
● Guaninum<br />
Gummi arabicum<br />
● Gunpowder<br />
Hamamelis *<br />
Harpagophytum proc.<br />
Hedera helix<br />
Hekla lava *<br />
Helleborus *<br />
● Heloderma<br />
Hepar sulfuris *<br />
● Hepatitis A Vaccine<br />
● Hepatitis B Vaccine<br />
● Heracleum<br />
Hippomane man.<br />
● Hippomanes<br />
Hippuricum acidum<br />
● Homarus<br />
Hura brasiliensis<br />
Hydrastis *<br />
Hydrocotyle asiatica<br />
Hydrogenium<br />
● Hydrophis<br />
Hyoscyamus *<br />
Hypericum *<br />
Ignatia *<br />
● Ilex mate<br />
Indium metallicum<br />
● Infanrix hexa ® Vacc.<br />
● Influenza Vacc.<br />
● Interferonum<br />
Ipecacuanha *<br />
Iridium metallicum<br />
Iris *<br />
Jaborandi<br />
Jodum *<br />
Juglans regia<br />
● Juncus effusus<br />
Juniperus communis<br />
Kalium ars. *<br />
Kalium bichromicum *<br />
Kalium bromatum<br />
Kalium carbonicum *<br />
Kalium chloricum<br />
Kalium cyan.<br />
● Kalium ferrocyanatum<br />
Kalium jodatum *<br />
Kalium mur.<br />
Kalium nitricum<br />
Kalium phos. *<br />
● Kalium silicatum<br />
Kalium sulf. *<br />
Kalmia<br />
Karlsbad M¸hlenbr.<br />
Karlsbad Sprudel<br />
● Katha edolis<br />
Kreosotum *<br />
● Lac asinum<br />
● Lac cameli
LISTE ALLER ERHÄLTLICHEN ARZNEIMITTEL / FEBRUAR <strong>2008</strong><br />
● Lac caninum<br />
● Lac caprinum<br />
● Lac defloratum<br />
● Lac delphinum<br />
● Lac equinum<br />
● Lac felinum<br />
● Lac humanum<br />
● Lac ovinum<br />
● Lachesis *<br />
● Lachnanthes tinct.<br />
Lacticum acidum<br />
Lactuca virosa<br />
Lamium album<br />
Lapis albus<br />
● Lapis lazuli<br />
● Larix decidua<br />
● Larus argentatus<br />
Lathyrus sativus<br />
Latrodectus mac. *<br />
Laurocerasus off. *<br />
Ledum *<br />
Lemna minor<br />
● Leontopodium alp.<br />
● Leopardschnurrbart<br />
● Leukeran ®<br />
Lilium tigrinum *<br />
Limestone<br />
● Limulus cyclops<br />
● Linognathus<br />
Lithium carb.<br />
Lobelia inflata<br />
● Luesinum<br />
Luffa operculata<br />
Luna<br />
Lycopodium *<br />
Lycopus virginicus<br />
● Lyssinum<br />
Magnesium carb. *<br />
● Magnesium fluoratum<br />
● Magnesium hydroxyd<br />
Magnesium mur. *<br />
Magnesium phos. *<br />
Magnesium sulf.<br />
Magnetis pol. arct.<br />
Magnetis pol. austr.<br />
Magnetis poli ambo<br />
● Manasarova<br />
Mandragora off.<br />
Manganum acet.<br />
Manganum carb. *<br />
Marble<br />
● Masern Vaccine<br />
● Mater perlarum<br />
● Medorrhinum *<br />
● Medusa<br />
● Melatonin<br />
Melilotus alba<br />
Melilotus officinalis<br />
Mentha piperita<br />
Menyanthes trifoliata<br />
● Mephites putorius<br />
Merc. jod. rub.<br />
● Merc. praec. albus<br />
● Merc. praec. flav.<br />
Mercurialis perennis<br />
Mercurius corr.<br />
Mercurius cyan.<br />
● Mercurius oxid. rub.<br />
Mercurius sol. *<br />
Mercurius vivus H. *<br />
● Methotrexat<br />
Mezereum *<br />
Millefolium<br />
● MMR Vaccine<br />
● Mondstein<br />
● Moschus<br />
● Mumio = Asphalt<br />
● Murex<br />
Muriaticum acid. *<br />
● Musa paradisiaca<br />
Myristica seb.<br />
Myrrha<br />
Naja trip. *<br />
Natrium ars.<br />
Natrium brom.<br />
Natrium carb. *<br />
Natrium fluor.<br />
● Natrium hydroxyd<br />
Natrium jod.<br />
Natrium mur. *<br />
● Natrium mur. Tibet<br />
● Natrium nitricum<br />
Natrium phos.<br />
Natrium sal.<br />
Natrium sil.<br />
Natrium sulf. *<br />
Neon<br />
Niccolum<br />
Nicotinum<br />
● Niobium sulfuricum<br />
Nitricum acidum *<br />
Nuphar luteum<br />
Nux mosch. *<br />
● Nux mosch. e rad.<br />
Nux vomica *<br />
Ocimum basilicum<br />
Ocimum sanctum<br />
Oenanthe aquatica<br />
Okoubaka aubrevillei *<br />
Oleander<br />
● Oleum animale<br />
● Oleum jecoris aselli<br />
Olibanum sacrum *<br />
● Olivin<br />
● Oniscus asellus<br />
Opium *<br />
● Opuntia vulgaris<br />
Origanum majorana<br />
Origanum vulgare<br />
● Ornithogalum umb.<br />
● Oryza s. flores<br />
● Ossa sepiae<br />
● Ovi gallinae pellicula<br />
● Oxalat - Nierenstein<br />
Oxalicum acidum<br />
Oxygenium<br />
● Ozon<br />
Paeonia officinalis<br />
Palladium met.<br />
Paris quadrifolia<br />
Passiflora incarnata<br />
● Pecten jacobaeus<br />
● Pentavac ®<br />
● Pertussis Vacc.<br />
Petasites<br />
Petiveria tetrandra<br />
Petroleum *<br />
● Petroleum (Roh?l)<br />
Petroselinum sativum<br />
Phosphoricum acid. *<br />
Phosphorus *<br />
Physostigma ven.<br />
Physostigminum<br />
Phytolacca *<br />
Picrinicum acid. *<br />
Pilocarpinum<br />
Piper methysticum<br />
● Placenta<br />
Plantago major<br />
Platinum met. *<br />
Platinum muriaticum<br />
Plumbum aceticum<br />
Plumbum met. *<br />
Podophyllum *<br />
● Polio-oral virelon ® vacc.<br />
● Pollen-Mix<br />
● Polyaethylen-Plastik<br />
Populus tremuloides<br />
● Prednisolonum<br />
● Prionurus australis<br />
● Propolis<br />
Prunus spinosa<br />
● Psorinum<br />
● Psylocybe cub.<br />
● Psylocybe cyan.<br />
● Psylocybe mex.<br />
● Ptelea trifoliata<br />
Pulsatilla prat. *<br />
● Pyrogenium *<br />
Quassia amara<br />
● Quercus<br />
● Rabivac ®<br />
Ranunculus bulb.<br />
Ranunculus sceleratus<br />
Raphanus sativus<br />
Ratanhia peruviana<br />
Rauwolfia serpentina<br />
Rheum *<br />
Rhododendron chry.<br />
Rhus tox. *<br />
● Rhus venenata<br />
● Ribes rubrum<br />
Ricinus communis<br />
Robinia pseudacacia<br />
● Rosa damascena<br />
Rosmarin off.<br />
● Röteln Vacc.<br />
● Rubin<br />
Rubus fruct.<br />
Rubus idaeus<br />
Rumex *<br />
Ruta *<br />
Sabadilla<br />
Sabal serrulata<br />
Sabina<br />
Saccharum album<br />
● Salix alba<br />
● Salvia divinorum<br />
Salvia officinalis<br />
Sambucus nigra *<br />
Sanguinaria *<br />
● Sanguis draconi<br />
Sanicula aqua *<br />
Sarothamnus scoparius<br />
Sarsaparilla off.<br />
● Scarlatinum<br />
Scrophularia nodosa<br />
● Secale cereale<br />
Secale cornutum *<br />
Selenium<br />
Senega off.<br />
Sepia *<br />
● Serotoninum<br />
● Serum anguillae<br />
Silicea *<br />
Sinapis nigra<br />
● Sodalith<br />
Sol<br />
Solanum lycopersicum<br />
Solanum nigrum<br />
Solanum tub.<br />
Solidago virg. *<br />
● Sphingurus<br />
Spigelia *<br />
Spongia *<br />
Squilla maritima<br />
Stannum met. *<br />
Staphisagria *<br />
Sticta *<br />
Stramonium *<br />
Strontium carbonicum<br />
● Strontium metallicum<br />
Strophantus hisp.<br />
Strychninum nitr.<br />
Strychninum purum<br />
Succinum purum<br />
Sulfur *<br />
Sulfur jodatum<br />
Sulfuricum acid. *<br />
Symphoricarpus<br />
Symphytum off. *<br />
Syzygium jambol.<br />
Tabacum *<br />
Tarantula hisp. *<br />
Taraxacum officinale<br />
Taxus baccata<br />
Tellurium met.<br />
Terebinthina<br />
● Terminalia arjuna<br />
● Tetanol ® Vacc.<br />
● Tetraclinis articulata<br />
Teucrium marum verum<br />
Thallium aceticum<br />
Thallium metallicum<br />
● Thallium sulfuricum<br />
Thea sinensis<br />
Thlaspi bur. past.<br />
Thuja *<br />
● Thymolum<br />
Thymus vulgaris<br />
● Thyreoidinum<br />
● Tigerschnurrbart<br />
Tilia europaea<br />
● Triticum e seminibus<br />
● Tuberculinum bov.<br />
● Tuberculinum Koch *<br />
● Twinrix ® Vacc.<br />
● Uricum acidum<br />
Urtica dioica<br />
Urtica urens *<br />
Ustilago maydis<br />
Uva ursi<br />
Valeriana off.<br />
● Venus mercenaria<br />
Veratrum album *<br />
Veratrum viride<br />
Verbascum *<br />
● Vermiculite<br />
● Vespa crabro<br />
● Vibhuti<br />
Viburnum opulus<br />
Vinca minor<br />
Viola odorata<br />
Viola tricolor *<br />
● Vipera aspis<br />
Vipera berus<br />
● Virus reg. ap.<br />
Viscum alb.<br />
● Wei?e Lilie<br />
Wiesb. Kochbr.<br />
Wolfram<br />
X-Ray<br />
Xanthoxylum am.<br />
● Yohimbinum<br />
● Yttrium sulfuricum<br />
Zincum aceticum<br />
Zincum metall. *<br />
Zincum phos.<br />
Zincum val.<br />
Zingiber officinale<br />
● Zirconium phos.<br />
● Diese Arzneien sind ausschließlich<br />
direkt über die<br />
<strong>Gudjons</strong>-<strong>Apotheke</strong> erhältlich.<br />
* Diese Arzneien sind in<br />
C30, C200 und C1000<br />
auch als Einzeldosis (12<br />
große Globuli = 0,5 gr.)<br />
verfügbar<br />
Sie haben Ihre gewünschte<br />
Arznei auf dieser Liste nicht<br />
gefunden? – Wir besorgen<br />
Ihnen jede erhältliche Arznei<br />
weltweit.<br />
<strong>Gudjons</strong> <strong>Apotheke</strong><br />
Wankelstr. 1<br />
D-86391 Stadtbergen<br />
Tel.: +49 821 4441000<br />
Fax: +49 821 4441001<br />
www.gudjons-apotheke.de<br />
23
24<br />
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
Fortsetzung von Seite 21<br />
MASSIMO MANGIALAVORIS “METHOD OF COMPLEXITY”<br />
VORTRAG-ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
trägliche Schmerzen und Steifigkeitsgefühl im<br />
Kreuzbein. Die Diagnose war: Entzündung der Nervenwurzeln.<br />
Sie litt außerdem an chron. Entzündung<br />
der Ohren seit Kindheit mit deutlicher Hörminderung<br />
und chron. Absonderungen aus den<br />
Ohren. Über Jahre litt sie an starkem Husten, so<br />
dass sie Angst hatte, zu ersticken. Sie hatte außerdembesonders<br />
starke Beschwerdenaufgrund<br />
einer fehlendenZahnanlage.<br />
Sie hatte nur<br />
12 Zähne. Der<br />
Unter- und Oberkiefer<br />
war zu<br />
kurz, was sie ihr<br />
Leben lang entstellt<br />
hatte und ihr<br />
gesamtes Lebensgefühl<br />
bestimmte,<br />
das durch Depression gekennzeichnet war. In ihrer<br />
Ehe hatte sie sich immer dem Erwartungsdruck<br />
ihres Mannes gebeugt, hatte versucht, seinem Anspruch<br />
zu entsprechen, ebenso wie früher dem des<br />
Vaters, von dem sie sich nie akzeptiert gefühlt hatte.<br />
Seit Kindheit hatte sie den Eindruck, andere<br />
Menschen würden denken sie sei ein Monster.<br />
Fall 2 (Verlaufsbeobachtung über mehr als<br />
5 Jahre unter Ol-an)<br />
war der eines 16-jährigen Jungen, der gerade an<br />
einem Akustikus-Neurinom operiert worden war.<br />
Auch er bewegte sich extrem langsam. Als kleines<br />
Kind fiel er oft in Ohnmacht. Seit seinem 6. Lebensjahr<br />
litt er an epileptischen Anfällen, nach denen<br />
er nie wach bleiben konnte, sondern einschlief.<br />
Auch er hatte kongenital fehlende Zähne. Bei ihm<br />
waren es die oberen 2 Schneidezähne, die fehlten.<br />
Andere Beschwerden waren noch: chron. Kopfschmerzen,<br />
mit unerträglichem Hitzegefühl im<br />
Kopf, besonders in Folge von emotionalem Stress<br />
und eine gewisse Verwirrung. Er träumte oft von<br />
dem Monster, das Frankenstein erschaffen hatte.<br />
Er hatte hohe Erwartungen an sich selbst, und<br />
wenn er keinen Erfolg hatte, wurde er sehr wütend.<br />
Das Letzte was er wollte war, seinen Vater und<br />
seine Freunde zu enttäuschen, was seiner Ansicht<br />
nach aber der Fall<br />
war.<br />
Zu C):<br />
Das Erkennen<br />
der Überlebensstrategie<br />
eines<br />
Systems ist deshalb<br />
von so grosser<br />
Bedeutung,<br />
weil sie etwas<br />
Zentrales über<br />
Dr. M. Mangialavori in der Pause nach seinem Vortrag die Arznei aussagt<br />
und sich in der<br />
Spiegelung des Patienten ebenso zentral zeigt. Bei<br />
Drogen z.B. ist eine Überlebensstrategie die der<br />
(Selbst-)Betäubung, Analgesie, um arbeits- und<br />
einsatzfähig zu bleiben. Bei Ol-an wäre eine Strategie<br />
u.a. die, sich enorm anzustrengen, ohne dass<br />
sich aber der gewünschte Erfolg einstellt.<br />
Zu D):<br />
Aus der Anwendung der „Method of Complexity“<br />
ergeben sich also folgende kennzeichnende Themen<br />
und Informationen, die für Ol-an bedeutsam<br />
sind:<br />
– Das Thema Prometheus und das „Monster“,<br />
das versucht,den Erwartungen des Vaters gerecht<br />
zu werden, aber es nie schafft, selbst nicht<br />
durch die aussergewöhnlichsten Taten<br />
– Das Thema des Verlustes der männlichen Kraft
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
MASSIMO MANGIALAVORIS “METHOD OF COMPLEXITY”<br />
VORTRAG-ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
Allgemeine Pathologien:<br />
– Uneffektive Bemühungen ganz allgemein<br />
– Stirnkopfschmerz, Kopfschmerz im Zusam- – zurückgewiesen zu werden<br />
menhang mit Ernährung<br />
– Rezidiv. Otitiden, Hörminderung<br />
– Parästhesien, Taubheit, Juckreiz ohne Ausschlag<br />
– Nervenentzündungen, Radiculitis, Trigeminus-<br />
Neuralgie, klonische Konvulsionen<br />
– Fehlende<br />
Zahnanlage,<br />
Kiefergelenke<br />
(war evident<br />
in den Fällen)<br />
Zu E):<br />
Das Konzept der homöopathischen Familien<br />
Dies Konzept ist lediglich eine mögliche Perspektive<br />
unter vielen (wie auch das Konzept der Miasmen,<br />
der Königreiche oder akademische Klassifikationen<br />
wie in der Botanik etc.). In der Praxis<br />
hat es sich jedoch<br />
als sehr sinnvoll<br />
erwiesen, diese<br />
homöopathischen<br />
Arznei-Familien<br />
– Ohnmacht<br />
herauszuarbei-<br />
– Depressiver<br />
ten.<br />
Rückzug<br />
Horizontale Be-<br />
Wahrnehmungen<br />
ziehungen zu an-<br />
im Körper:<br />
deren Arzneien<br />
– Kälte des un-<br />
ergeben sich zum<br />
teren Körpers<br />
mit Hitze des<br />
Das Konzept der homöopathischen Familien<br />
am Beispiel von Oleum animale<br />
einen aus dem<br />
Zusammenhang<br />
oberen Kör-<br />
der Ausgangspers<br />
Substanzen, am Beispiel von Ol-an mit:<br />
– Sich nach oben bewegende Energie<br />
• Tierischen Arzneien wie: Cerv, Mosch<br />
– Penetrierende Schmerzen, oft von hinten nach • Ölen (meist tierischen Ursprungs) wie:<br />
vorn sich erstreckend<br />
Ol-j, Ol-suc, Lec, Ichth, Pix,…<br />
– Rigidität, geblocktes, gebrochenes Gefühl • Carbo ähnlichen Substanzen: Carb-an, Carb-<br />
– Teile des Körpers nahezu abwesend und Verv,<br />
Graph, Adam, Germ, Carbn-s, Carb-ac...<br />
langen zu reiben<br />
Vertikale Beziehungen ergeben sich zum anderen<br />
– Fremdkörpergefühl<br />
aufgrund der gemeinsamen fundamentalen The-<br />
– Völlegefühl, Kongestion, Schwere- versus men einer Arznei, am Beispiel von Ol-an mit:<br />
Leeregefühl<br />
• Einigen Rutaceen: Ang, Xan, Ptel, Dict…<br />
– Abweisend, repulsiv<br />
(typisch ist auch hier u. a., viel zu viel zu<br />
Mögliche Hauptängste:<br />
– die Unfähigkeit, die väterlichen Erwartungen<br />
zu erfüllen<br />
tun, überaktiv, hohe Erwartungen an sich<br />
selbst, sowie die Tendenz, sich zurückzuziehen<br />
...)<br />
25
26<br />
CELEBRATING LINKS – HEIDELBERG 19. – 21. OKTOBER 2007<br />
MASSIMO MANGIALAVORIS “METHOD OF COMPLEXITY”<br />
VORTRAG-ZUSAMMENFASSUNG VON DR. OSE HEIN<br />
• Einigen Fabaceen: Dol, Der, Lath, Mim-p…<br />
(haben u. a. eine neurologische Pathologie als<br />
Schwerpunkt auf körperlicher Ebene gemeinsam<br />
und auch hier das Thema der extremen<br />
Anstrengungen, die aber keinen Erfolg<br />
bringen...)<br />
• Einigen Silicea- ähnlichen Arzneien: Cast-eq,<br />
Bamb-a, Equis, Sphing… (haben u. a die<br />
Steifheit/Blockade gemeinsam und auch<br />
hier: so gut man kann immer besser zu werden)<br />
Ein homöopathisches Arzneimittel wie Ol-an oder<br />
eine Droge wie Agar spiegelt ganz andere zentrale<br />
Themen als ein Magnesium- Salz. Das Leben eines<br />
Homöopathen vereinfacht sich ungemein,<br />
wenn z.B. diese 3 Arzneien für einen Patienten mit<br />
Epilepsie bei der Repertorisation in die engere<br />
Wahl kommen, denn nun haben wir die Möglichkeit,<br />
auch in Arzneifamilien zu denken, anstatt nur<br />
auf das einzelne Arzneimittel zu schauen.<br />
Die Methode Massimo Mangialavoris führt zu vielschichtiger,<br />
lebendiger Kenntnis und Erkenntnis sowohl<br />
bezogen auf die Arznei in ihren verschiedenen<br />
Dimensionen als auch bezogen auf den Patienten<br />
in seiner komplexen Struktur. Das Wichtigste<br />
aber ist, dass dadurch die Verschreibung der konstitutionell<br />
passenden Arznei oft viel besser gelingt.<br />
Darin liegt ihre besondere Qualität in der Praxis.<br />
Homepage Massimo Mangialavori:<br />
www.mangialavori.com<br />
Das Kongresshaus in Heidelberg mit Park
INTERNATIONALER COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
INTERVIEW MIT LARS BRODER STANGE, VORSITZENDER<br />
DES DEUTSCHEN ZENTRALVEREINS HOMÖOPATHISCHER ÄRZTE E.V.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Warum hat<br />
der Deutsche Zentralverein homöopathischer<br />
Ärzte e. V.<br />
(DZVhÄ) den ICE initiiert?<br />
Lars Broder Stange: Der Internationale<br />
Coethener Erfahrungsaustausch<br />
(ICE) entstand<br />
aus dem Bedürfnis, ein interaktives<br />
Forum für wissenschaftlich<br />
bedeutsame Impulse aus dem<br />
Bereich der Homöopathie zu<br />
schaffen.<br />
Das ist auf den größeren Kongressen wie z.B. der<br />
Jahrestagung nur eingeschränkt möglich.<br />
Der ICE findet seit 2001, dem Jahr der Gründung<br />
des InHom, regelmäßig im Herbst jeden Jahres in<br />
Köthen statt. Initiator und bisheriger Leiter ist der<br />
Arzt für Allgemeinmedizin Gerhard Bleul, der sich<br />
damals als zweiter Vorsitzender des DZVhÄ und<br />
später als Leiter von InHom enorm für ICE und In-<br />
Hom engagiert hat.<br />
Es ist ein Treffen engagierter homöopathischer Ärztinnen<br />
und Ärzte , die sich unter einem Schwerpunktthema<br />
zusammenfinden, um sich fachlich<br />
über die Vorträge auszutauschen. Es gibt genügend<br />
Raum für Diskussionen und eigene Überlegungen<br />
aller Teilnehmer.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Der Veranstalter ist das Europäische<br />
Institut für Homöopathie (InHom).<br />
Wofür steht das Institut?<br />
Lars Broder Stange: Das Europäische Institut<br />
für Homöopathie(InHom) wurde zusammen mit<br />
der Homöopathie-Stiftung am 19. April 2001 vom<br />
Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte<br />
(DZVhÄ) in Köthen gegründet.<br />
Das InHom ist als wissenschaftliches<br />
Institut mit dem Ziel gegründet<br />
worden, die verstreuten<br />
wissenschaftlichen Bemühungen<br />
um die Homöopathie möglichst<br />
zu bündeln und weitere<br />
Arbeiten anzuregen. Themen<br />
wie Arzneimittelprüfungen, Therapie-Studien,Falldokumentation,<br />
Pharmakologie und Fragen<br />
Lars Broder Stange<br />
zum Wissenschaftsverständnis<br />
der Homöopathie werden hier<br />
behandelt und dokumentiert. Die Aktivitäten des<br />
InHom umfassen neben Forschungsprojekten die<br />
Organisation von Fortbildungen, die Dokumentation<br />
und Publikationen.<br />
Aus diesem Institut heraus soll eine von der Tagespolitik<br />
unabhängige Wissenschaftsgesellschaft<br />
für Homöopathie entstehen.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Warum ist die Reihe an Köthen<br />
gebunden?<br />
Lars Broder Stange: Köthen spielt in der Geschichte<br />
der Homöopathie eine besondere Rolle,<br />
weil Hahnemann hier 14 Jahre ungestört forschen<br />
und arbeiten konnte. Sein großes Spätwerk,<br />
die „Chronischen Krankheiten“, ist in Köthen entstanden.<br />
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte<br />
e.V. ist 1829 hier gegründet worden.<br />
So lag es nahe, da auch die Stadt Köthen mit dem<br />
DZVhÄ eine Partnerschaft zur Förderung der Homöopathie<br />
eingegangen ist, ein zukunftsweisendes<br />
Projekt hier anzusiedeln.<br />
27
28<br />
INTERNATIONALER COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH (ICE)<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Welches sind die Ziele der<br />
ICE- Reihe?<br />
Lars Broder Stange: Kurz gesagt, es sollen Forschungskonzepte<br />
und Inhalte einem kritischen und<br />
interessierten Fachpublikum vorgestellt und gemeinsam<br />
diskutiert werden, möglichst über die<br />
Landesgrenzen hinweg.<br />
Themenschwerpunkte waren bisher u. a. Arzneimittelprüfungen,<br />
Forschung in<br />
Deutschland und<br />
Europa, Behandlungen<br />
von Krebs<br />
und ADHS , Homöopathie<br />
im<br />
klinischen Alltag ,<br />
Prävention und<br />
Geriatrie, und<br />
der „subjektive<br />
Faktor Arzt“ in<br />
der Behandlung.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell:<br />
Wie unterscheidet sich die Reihe von den<br />
DZVhÄ-Jahrestagungen?<br />
Lars Broder Stange: Durch ihre Themenzentriertheit,<br />
ihre geringere Teilnehmerzahl und damit<br />
die Möglichkeit, sich intensiv mit den gebotenen<br />
Themen auseinanderzusetzen. Die Jahrestagungen<br />
haben das Ziel, Antworten auf die jeweiligen<br />
Fragen der Zeit zu geben und neue Fragen zu<br />
entwickeln.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wie lauten die Themenschwerpunkte<br />
für <strong>2008</strong>?<br />
Lars Broder Stange: Das ICE 8 wird vom 20.<br />
bis 22. 11. <strong>2008</strong> stattfinden und sich der homöo-<br />
INTERVIEW MIT LARS BRODER STANGE<br />
Vortrag von Prof. Dr. sc. med. Klaus-Roland Jahn,<br />
Charité Berlin während des ICE 7<br />
pathischen Behandlung schwerer Pathologien widmen.<br />
Fachlich geleitet wird es von Angelika Gutge-Wickert.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Werden die ICE-Beiträge veröffentlicht?<br />
Lars Broder Stange: Grundsätzlich ja.<br />
Fünf Tagungen des InHom sind als Audio- CDs dokumentiert,<br />
die<br />
Publikationen liegen<br />
als Berichte<br />
größtenteils im<br />
PDF- Format vor.<br />
Drei Publikationen<br />
sind in gebundener<br />
Form<br />
erhältlich.<br />
Bei Interesse<br />
wenden Sie sich<br />
bitte an:<br />
Europäisches Institut für Homöopathie (InHom)<br />
Springstraße 28<br />
D-06366 Köthen (Anhalt)<br />
Mail: info@inhom.de<br />
Web: www.inhom.de<br />
Alle Informationen zu Publikationen und Veranstaltunger<br />
erhalten Sie hier:<br />
Christoph Trapp<br />
Presse- & Öffentlichkeitsarbeit<br />
Deutscher Zentralverein<br />
homöopathischer Ärzte<br />
Am Hofgarten 5<br />
D-53113 Bonn<br />
Tel +49 (0)228/2425332<br />
Fax +49 (0)228/2425331<br />
presse@dzvhae.de,<br />
www.welt-der-homoeopathie.de
INTERNATIONALER COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
“ANTHROPOSOPHISCHE MEDIZIN UND HOMÖOPATHIE –<br />
ÄHNLICH ODER GEGENSÄTZLICH?”<br />
ZUSAMMENFASSUNG DES VORTRAGS VON LARS BRODER STANGE<br />
Podiumsdiskussion Anthroposophie/Homöopathie von links nach rechts: Dr. Matthias Girke, Dr. Jens-Uwe<br />
Goos, Dr. Gerhard Bleul, Lars Broder Stange und Curt Kösters<br />
„Das Höchste wäre zu begreifen, dass alles Faktische<br />
schon Theorie ist. Die Bläue des Himmels<br />
offenbart uns das Grundgesetz der Chromatik.<br />
Man suche nur nichts hinter den Phänomenen,<br />
sie selbst sind die Lehre.“<br />
Goethe, Maximen und Reflexionen<br />
Unter diesem Thema trafen sich am 9. November<br />
2007 in Köthen im Rahmen des ICE<br />
7 Vertreter der anthroposophischen Medizin und<br />
der Homöopathie zu einem ersten öffentlichen Gedankenaustausch.<br />
Es diskutierten miteinander: der Internist Dr. Matthias<br />
Girke als Vorstand im Dachverband Anthroposophische<br />
Medizin in Deutschland (DAMID),<br />
der Frauenarzt Dr. Jens-Uwe Goos als praktizierender<br />
anthroposophischer und homöopathischer<br />
Arzt, Lars Broder Stange und Curt Kösters als homöopathische<br />
Allgemeinärzte und Vorstandsmitglieder<br />
des DZVhÄ.<br />
Die Gesprächsleitung lag in den bewährten Händen<br />
von Gerhard Bleul.<br />
Nach einer Vorstellungsrunde ging es im ersten Teil<br />
des Gesprächs, an dem sich das Auditorium bald<br />
lebhaft beteiligte, um die Stellung der potenzierten<br />
Arznei im therapeutischen Kontext. Es wurde<br />
deutlich, dass es seitens der anthroposophischen<br />
Ärzte (und bei Kenntnis der Quellenlage) keine<br />
grundsätzlichen Bedenken gegen die Anwendung<br />
von Hochpotenzen gibt, wenn sie lege artis angewendet<br />
werden.<br />
Dr. Girke: „Wir haben die Arzneien von den Homöopathen<br />
geklaut, aber wir sind freundliche Diebe!“<br />
Auf der anderen Seite sollten die Kollegen, die<br />
kombinierte Hochpotenzen im Rahmen des anthroposophischen<br />
Therapiekonzeptes über längere<br />
Zeit verordnen, Kenntnisse über das Auftreten<br />
möglicher Arzneiprüfungssymptome haben,<br />
um Schaden vom Patienten abzuwenden. Das fand<br />
29
30<br />
INTERNAT. COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH (ICE)<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
“ANTHROPOSOPHISCHE MEDIZIN UND HOMÖOPATHIE –<br />
einhellige Zustimmung, und eine Folgerung war,<br />
dass im Unterricht der anthroposophischen Kollegen<br />
ausführlichere Kenntnisse über Arzneimittelbilder<br />
vermittelt werden sollten.<br />
Der sogenannte „Placeboeffekt“ ist für die Anthroposophen<br />
kein Thema. Hier bemerkte der Kollege<br />
Michael Teut: Sind wir Homöopathen durch<br />
die regelmäßig wiederkehrende Placebo-Diskussion<br />
traumatisiert, weil wir dann immer im Blickpunkt<br />
sind? Sind wir immer das Opfer?<br />
Möglicherweise liegt es an unserem – historisch<br />
gesehen – hohen Anspruch, von Konzept und Praxis<br />
her die „bessere Medizin“ zu sein, während sich<br />
die anthroposophische Medizin von Beginn an als<br />
Ergänzung der naturwissenschaftlich begründeten<br />
Medizin verstand.<br />
Die differenzierte Anamnesetechnik der Homöopathie<br />
wurde einhellig als wichtiger Baustein jeder<br />
individuellen Behandlung anerkannt.<br />
Die Unterstützung des Gesundungspotentials<br />
(„Saltogenese“) findet in der Anthroposophie eine<br />
hohe Aufmerksamkeit.<br />
Durch z.B. Kunsttherapie oder Atemtherapie wird<br />
die seelische Ebene angesprochen. Die biographische<br />
Arbeit („Was will mir meine Krankheit jetzt<br />
sagen? Was will ich?“), die auch die „Würde des<br />
Krankseins“ nicht aus dem Blick verliert, will zur<br />
Lebensstiländerung und zum Gewinnen einer erneuerten<br />
Lebensperspektive verhelfen. Diese differenzierte<br />
„Diätetik“ ist ein Feld, in dem wir Homöopathen<br />
durchaus Anregungen und Erweiterungen<br />
des vielleicht manchmal sehr konkret aufgefassten<br />
Behandlungsauftrages („Die Warze muss<br />
weg!“) lernen können.<br />
Ob die (auch mythologischen) Zusammenhänge,<br />
in die die Anthroposophie die Naturstoffe als Ausgangsbasis<br />
der Arzneien stellt, in homöopathischen<br />
ÄHNLICH ODER GEGENSÄTZLICH?”<br />
Schulen eine Entsprechung haben, bzw. wo sie differieren,<br />
wäre eine eigene Untersuchung wert.<br />
Der „anthroposophisch-weltanschauliche Überbau“<br />
wurde von einigen Zuhörern als schwer verständlich<br />
bewertet, und als ein Rückzugsgebiet gesehen,<br />
in das sich der Anthroposoph gewissermaßen<br />
wie in einen Schutzraum zurückziehen<br />
kann und sich nicht weiter erklären muss.<br />
Homöopathie wird dagegen oft als klarer konturiert<br />
und transparenter („quasi handwerklich“)<br />
wahrgenommen. Homöopathie als „Kind der Aufklärung“<br />
ist der möglichst vorurteilslosen Beobachtung<br />
verpflichtet. Demgegenüber betonte der<br />
Kollege Girke, dass die Anthroposophie primär<br />
kein Lehrgebäude („Überbau“), sondern eine (Erkenntnis-)<br />
Methode sei. Damit wäre ein Dialog<br />
über methodologische Fragen und Konzepte<br />
durchaus denkbar und wünschenswert.<br />
Wir können ungeheuerlich viel voneinander lernen<br />
und sollten diese Diskussion als einen Start<br />
für eine weitere Vertiefung sehen, so Girke.<br />
Auch das Publikum wünschte sich gemeinsame<br />
Forschungsprojekte und kasuistische Studien im<br />
Dialog.<br />
Festzuhalten war:<br />
Beide Methoden zeichnen sich durch<br />
– eine ganzheitliche Sichtweise<br />
– ein dynamisches Krankheitsverständnis und<br />
– die Individualisierung aus.<br />
Es wäre weiter zu untersuchen, ob wir den oben<br />
zitierten Goethe-Ausspruch ähnlich oder verschieden<br />
interpretieren! Wir stehen am Anfang eines<br />
hoffentlich folgenreichen Gespräches mit dem<br />
beiderseitigen Mut, Einsicht zu haben und freuen<br />
uns auf eine Fortsetzung!<br />
Lars Broder Stange<br />
1.Vorsitzender DZVhÄ
INTERNATIONALER COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
“HOMÖOPATHIE IN DER AMBULANTEN GERIATRISCHEN VERSORGUNG”<br />
ZUSAMMENFASSUNG DES VORTRAGS VON DR. MICHAEL TEUT<br />
Homöopathie in der Geriatrie<br />
Geriatrische Patienten leiden häufig unter schwerwiegenden<br />
Einschränkungen der Mobilität und Autonomie.<br />
Endstrecken von individuellen Erkrankungsbiographien,<br />
die sich in schweren Organpathologien<br />
und Multimorbidität niederschlagen.<br />
Viele chronische Erkrankungen sind auch konventionell<br />
nicht<br />
vernünftig therapierbar,<br />
und es<br />
fehlen therapeutische<br />
Alternativen.<br />
Häufige geriatrische<br />
Probleme<br />
sind z.B. Erschöpfungszustände,Schwindel,Gangstörungen,<br />
Sturzgefahr,<br />
che Medikamente einzusparen. Ideal wäre es,<br />
wenn die Anzahl der eingenommenen konventionellen<br />
Arzneien auf eine Zahl zwischen drei und<br />
fünf reduziert werden könnte. Dies entspricht den<br />
Empfehlungen geriatrischer Leitlinien zur Pharmakotherapie,<br />
stellt sich aber leider im Alltag als<br />
häufig unrealistisch heraus. Nichtarzneiliche Therapiemöglichkeiten<br />
sollten voll ausgeschöpft werden,insbesondereBewegungstherapie,<br />
Sport,<br />
Physiotherapie<br />
und ordnungstherapeutische<br />
Maßnahmen,<br />
Schlafhygiene,<br />
Ernährung und<br />
Trinken und psychosoziales<br />
Hemiparese und Baustelle: In diesem Gebäude wird im Jahr 2009 die neue<br />
postapoplekti- Europäische Bibliothek für Homöopathie in Köthen eröffnet<br />
sche Residuen,<br />
Morbus Parkinson, kognitive Störungen und Demenzen,<br />
Frakturen, Traumata, Kachexie, Exsikkose,<br />
chronische Schmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen,<br />
chronische Bronchitis, Pneumonien<br />
und Diabetes mellitus mit Folgekomplikationen.<br />
Ein großes Problem stellen Multimedikation und<br />
unerwünschte Arzneiwirkungen dar. Das wichtigste<br />
Ziel der homöopathischen Therapie besteht in der<br />
Anregung der Selbstheilung. Bei schweren Organpathologien<br />
sind die Selbstheilungspotentiale<br />
eingeschränkt, so dass realistische Therapieziele<br />
die Linderung akuter und chronischer Krankheiten<br />
und die Steigerung der Lebensqualität und des<br />
Wohlbefinden sind. Wichtig ist es insbesondere,<br />
die Autonomie und Gesundheits-Kompetenz des alten<br />
Patienten zu fördern und nebenwirkungsrei-<br />
Wohlbefinden.<br />
Demenzerkrankungen<br />
Patienten, die unter einer Demenz erkrankt sind,<br />
haben in der geriatrischen Praxis einen großen Anteil.<br />
Die Häufigkeit dementieller Erkrankungen<br />
steigt mit dem zunehmenden Alter. Während in der<br />
Altersgruppe zwischen 65 und 69 Jahren nur 1,2%<br />
an einer Demenz leiden, beträgt der Anteil bei den<br />
über 90jährigen 35%, die Anzahl der Dementen<br />
verdoppelt sich in der Altersgruppe alle 5 Jahre.<br />
Die häufigste Demenz ist mit ca. 50-60% die Alzheimer-Demenz,<br />
gefolgt von der gefäßbedingten<br />
vaskulären Demenz mit ca. 20%. Darüberhinaus<br />
gibt es zahlreiche weitere Ursachen für Demenzerkrankungen.<br />
31
32<br />
INTERNATIONALER COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH (ICE)<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
“HOMÖOPATHIE IN DER AMBULANTEN GERIATRISCHEN VERSORGUNG”<br />
Im Folgenden möchte ich einige Beispiele aufzeigen,<br />
wie mit dem General Analysis Repertorium<br />
von C. M. Boger bei Demenzpatienten vorgegangen<br />
werden kann.<br />
Als Zentralrubrik (Hauptsymptom) bietet sich, sofern<br />
keine andere charakteristische Beschwerde<br />
im Vordergrund steht, die Rubrik „Gedächtnis, Erinnerungsvermögen“<br />
an.<br />
Gedächtnis, Erinnerungsvermögen:<br />
Anac, Arn,<br />
Aur, Bar-c, Bell,<br />
Calc-c, Cann,<br />
Con, Hell, Hyo,<br />
Lach, Lyc, Merc,<br />
Nat-m, Nux-m,<br />
OP, Pho-ac, Stap,<br />
Sul<br />
Diese Rubrik<br />
kann mit verschiedenenspezifizierendenRubriken<br />
kombiniert<br />
werden. Diese Rubrik richtet sich nach der individuellen<br />
Ausprägung (Charakterisierung) der Demenz.<br />
Das Schema hat sich klinisch bewährt. Ich<br />
möchte zeigen, wie man mit dem begrenztem Rubrikensatz<br />
der General Analysis die klinische Hauptsymptomatik<br />
gut abbilden kann.<br />
Kasuistik: Demenz bei<br />
Normaldruckhydrozephalus<br />
Anamnese und Befund<br />
Die 76jährige Patientin leidet unter einem Normaldruckhydrozephalus,<br />
Diabetes mellitus, Adipositas,<br />
Hypertonie, chronischen Wirbelsäulen-<br />
Schmerzen bei Osteoarthritis, Hyperlipoproteinä-<br />
Kongressteilnehmer Dr. Heinz Kant<br />
im Gespräch mit dem Refernten<br />
mie und steht unter einer Schmerztherapie mit Tramadolor<br />
® . Es findet sich seit über einem Jahr eine<br />
progrediente kognitive Störung und Gangstörung.<br />
Im CCT findet sich ein fortgeschrittener Normaldruckhydrozephalus<br />
als Ursache der demenziellen<br />
Entwicklung. Die neurologische und geriatrische<br />
Klinik lehnte eine Drainage-Therapie aufgrund<br />
des fortgeschrittenen Befundes ab. In der<br />
Untersuchung war ein erneutes kognitives Assessmentaufgrund<br />
fehlender<br />
Sprechfähigkeit<br />
nicht durchführbar,<br />
Verlust der<br />
Gehfähigkeit, Ataxie,<br />
Erschöpfung<br />
und Apathie. Eine<br />
Urin- und Stuhlinkontinenz<br />
war<br />
neu hinzugekom-<br />
men, die Patientin<br />
saß im Rollstuhl.<br />
Fallanalyse und Repertorisation<br />
Es werden für die Repertorisation folgende General<br />
Analysis-Rubriken kombiniert:<br />
Gedächtnis, Erinnerungsvermögen<br />
Inaktivität (Apathie)<br />
Koordinationsstörung<br />
Inkontinenz<br />
Ergebnis (Anzahl der Rubriken): Sul (4), Arn (3),<br />
Bell (3), Con (3), Hyo (3), Pho-ac (3)<br />
Verschreibung<br />
Die Patientin erhält Acidum phosphoricum LM VI<br />
2 x tgl. 5° über 6 Wochen und 12 Sitzungen Physiotherapie.
Verlauf<br />
INTERNATIONALER COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH (ICE)<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
“HOMÖOPATHIE IN DER AMBULANTEN GERIATRISCHEN VERSORGUNG”<br />
Nach 6 Wochen ist das Gedächtnis deutlich gebessert,<br />
eine Unterhaltung ist möglich und die Patientin<br />
ist über kurze Strecken gehfähig, die Urin-<br />
/Stuhlinkontinenz besteht nicht mehr. Der Erfolg<br />
konnte über 6 Monte Nachbeobachtungszeit stabilisiert<br />
werden.<br />
Weitere Kasuistiken von Patienten<br />
mit demenziellen Erkrankungen<br />
Ein 87jähriger Mann mit einer vaskulären Demenz<br />
wurde aufgrund eines Drehschwindels mit Verschlechterung<br />
durch Bewegung mit gutem symptomatischem<br />
Erfolg mit Conium maculatum behandelt.<br />
Ein Mann mit einem fortgeschrittenen Korsakow-Syndrom<br />
mit den Leitsymptomen Aggression,<br />
Kotschmieren und Zupfen an den Windeln<br />
wurde mit Hyoscyamus und Agaricus behandelt.<br />
Darunter verbesserten sich Kognition, Verhalten<br />
und Inkontinenz. Der Patient war zuletzt zu einem<br />
strukturierten Gespräch fähig und konnte aus dem<br />
Bett mobilisiert werden.<br />
Inkontinenz<br />
Ein großes Problem im Alter stellen Urin- und Stuhlinkontinenz<br />
dar. Hier sollten auch ihre Ursachen<br />
diagnostisch abgeklärt und möglichst kausal behandelt<br />
werden. Häufig lassen sich zumindest in<br />
Bezug auf die Lebensqualität Verbesserungen erzielen.<br />
Zur homöopathischen Begleittherapie hat sich folgende<br />
General-Analysis-Rubrik bewährt:<br />
Inkontinenz, Stuhl, Urin, sexuell, etc.: Alo, Arn, Ars,<br />
Bell, Caus, Chin, Con, Dios, Gel, Hyo, Mur-ac, Natm,<br />
Pho, Pho-ac, Pod, Pul, Sele, Sep, Stap, Sul.<br />
Bei Urininkontinenz sind aus meiner Erfahrung die<br />
wichtigsten Arzneien Causticum, Acidum phosphoricum,<br />
Staphisagria, Pulsatilla, Sepia.<br />
Bei Stuhlinkontinenz kommen besonders in Frage<br />
Aloe, Hyoscyamus, Acidum phosphoricum, es<br />
sollte auch an Opium gedacht werden.<br />
Kasuistik – Blaseninkontinenz<br />
und Apoplex<br />
Anamnese und Untersuchungsbefund<br />
Die 75jährige Patientin erlitt vor einem Jahr einen<br />
ischämischem Insult, im CCT vaskuläre Leukenzephalopathie,<br />
außerdem besteht eine Karotisstenose,<br />
eine Hyperlipoproteinämie, Hyperthyreose<br />
und eine Urininkontinenz. Sie klagt über Erschöpfung,<br />
hat keine Kraft mehr, schwere Beine.<br />
Beim Gehen das Gefühl von Schwanken, wie betrunken,<br />
Fallneigung nach links, aber kein Schwindelgefühl.<br />
Ihre Stimme hört sich, wenn sie spricht,<br />
seit dem Schlaganfall subjektiv anders an. Es besteht<br />
ein trockener Reizhusten und Urinabgang<br />
beim Husten und bei Anstrengungen. Wenn die<br />
Blase voll ist, kann es zu unkontrollierbarem Harnabgang<br />
kommen. In der BWS und LWS stechende<br />
Schmerzen. Seit dem Schlaganfall besteht ein nicht<br />
kontrollierbares Lachen und Weinen bei traurigen<br />
oder lustigen Geschichten. Sie leidet unter Durchschlafstörungen<br />
und wacht alle 2 h auf. Sie ist mitfühlend,<br />
will Menschen helfen. Sie fühlt sich häufig<br />
frostig und ist durstig.<br />
Fallanalyse und Repertorisation<br />
Es werden für die Repertorisation folgende Rubriken<br />
kombiniert:<br />
Inkontinenz, Stuhl, Urin, sexuell, etc (General Analysis)<br />
Mitfühlend, Mitleid (Phatak-Repertorium)<br />
Schmerz, Stechen(Phatak-Repertorium)<br />
Als einzige Arznei geht Causticum durch alle Rubriken.<br />
33
34<br />
INTERNATIONALER COETHENER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH (ICE)<br />
8.–10. NOVEMBER 2007<br />
“HOMÖOPATHIE IN DER AMBULANTEN GERIATRISCHEN VERSORGUNG”<br />
Verschreibung<br />
Die Patientin erhält Causticum Q3 5 Tropfen zur<br />
Nacht.<br />
Verlauf<br />
Nach 20 Tagen ist der Schlaf besser, der trockener<br />
Reizhusten viel besser, die Urininkontinenz<br />
deutlich gebessert. Nach 46 Tagen ist die Urininkontinenz<br />
verschwunden, der Husten weg, die Mobilität<br />
gut, die Patientin fühlt sich topfit.<br />
Verschreibung: Causticum Q4 jeden 3. Tag 5 Tropfen.<br />
Nach 60 Tagen liegt Normalbefinden vor, keine<br />
Beschwerden mehr, Causticum wird abgesetzt.<br />
Wohnhaus Samuel Hahnemanns in Köthen<br />
Ausblick<br />
Wie Sie an den geschilderten Fallbeispielen gesehen<br />
haben, eignet sich die Arbeitsweise mit den<br />
Bogerschen Repertorien und dem Phatak-Repertorium<br />
gut zur geriatrischen Versorgung, da sie<br />
pragmatisch klinisch ausgerichtet sind, sich schwere<br />
Pathologien gut abbilden und die Methode außerdem<br />
zeitsparend ist.
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM<br />
“HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS UND FORSCHUNG”<br />
IM DR. VON HAUNERSCHEN KINDERSPITAL MÜNCHEN<br />
1. DEZEMBER 2007<br />
INTERVIEW MIT FRAU DR. MED. MIRA DORCSI-ULRICH<br />
,Am 1.12.07 fand zum 6. Mal<br />
das Internationale Symposium<br />
„Homöopathie in Klinik, Praxis<br />
und Forschung“ im Dr. von<br />
Haunerschen Kinderspital der<br />
Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München statt.<br />
Auch in diesem Jahr war das<br />
Symposium mit über 220 Teilnehmern<br />
gut besucht.<br />
Dieses Symposium wird gemeinsam<br />
vom Dr. von Haunerschen<br />
Kinderspital und dem Verein Globulus<br />
e.V. veranstaltet. Globulus ist ein gemeinnütziger<br />
Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht<br />
hat, die ärztliche Homöopathie in den Kinderkliniken<br />
zu fördern. Dabei ist der Schwerpunkt<br />
bisher das Dr. von Haunersche Kinderspital, in<br />
dem das Homöopathie-Team durch Krankenkassen<br />
und Spendengelder finanziert wird. Frau<br />
Dr. Mira Dorcsi-Ulrich und Frau Dr. Sigrid Kruse<br />
sind die Zentralfiguren dieses Vereins.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Liebe Mira Dorcsi-Ulrich, das<br />
Internationale Symposium „Homöopathie in Klinik,<br />
Praxis und Forschung“ ist ein Teil der Visionen,<br />
die Sie vor Jahren verwirklichen wollten. Wie<br />
ist es dazu gekommen?<br />
Dr. Mira Dorcsi-Ulrich: Die Entwicklung zu<br />
dem, was heute realisiert ist, verlief in Stufen. Auslöser<br />
war der Wunsch von Herrn Prof. Hellbrügge,<br />
Mathias Dorcsi für die Homöopathie-Ausbildung<br />
in den Münchner Kinderarzt-Kursen zu gewinnen.<br />
Das war im Jahr 1989. Mathias Dorcsi sag-<br />
Dr. med. Mira Dorcsi-Ulrich<br />
te zu. So wurden in den nächsten<br />
8 Jahren 160 Kinderärzte im<br />
Kinderzentrum (= Deutsche<br />
Akademie für Entwicklungsrehabilitation<br />
e.V.) in Homöopathie<br />
ausgebildet. Dadurch entstand<br />
die Vision zur Integration<br />
der Homöopathie in die Universität.<br />
Sie wurde initiiert, als 1995 im<br />
Dr. von Haunerschen Kinderspital<br />
das Modellprojekt „Homöopathie<br />
in der Pädiatrie“<br />
durch die 6-jährige Finanzierung der Karl und Veronica<br />
Carstens-Stiftung ermöglicht wurde.<br />
Gleich anfangs wurde deutlich, dass eine wirkliche<br />
Integration der Homöopathie des Dialoges zwischen<br />
den Vertretern der klinischen Medizin und<br />
denen der Homöopathie bedurfte. Bedenken Sie,<br />
hier begegnen sich verschiedene Welten mit unterschiedlichen<br />
Denkmustern, Lebenslandschaften<br />
und Werten.<br />
Gedanken über eine Verwirklichung eines solchen<br />
Dialogs führten nach und nach zu der Idee und<br />
Grundstruktur unseres Symposiums. Zu einem<br />
Thema unserer Wahl sprechen die Vertreter der<br />
klinischen Medizin und die der Homöopathie jeweils<br />
aus ihrer Sicht und ihrem Erfahungsschatz.<br />
Anschließend gibt es eine Diskussion zwischen den<br />
Vertretern beider Richtungen.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Das könnte doch zu heftigen<br />
Wortwechseln führen, wenn die Weltbilder so weit<br />
auseinander liegen. Wie sind die Diskussionen<br />
denn verlaufen?<br />
35
36<br />
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM “HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS<br />
UND FORSCHUNG” IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
INTERVIEW MIT FRAU DR. MED. MIRA DORCSI-ULRICH<br />
Dr. Mira Dorcsi-Ulrich: Unser Motto für diese<br />
Symposien lautet: „Wir wollen uns in Achtung<br />
und Achtsamkeit begegnen“. Die Diskussionsbeiträge<br />
verlaufen inzwischen harmonisch und unterstützen<br />
unser Anliegen, gemeinsam mit dem geringsten<br />
Risiko den besten Weg zur Heilung unserer<br />
kleinen Patienten zu finden. Beim letzten<br />
Symposium kam es zu besonders lebhaften und<br />
konstruktiven Diskussionen in diesem Sinne.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wer waren denn die Zuhörer?<br />
Dr. Mira Dorcsi-Ulrich: Ärzte, Heilpraktiker,<br />
Krankenschwestern, Hebammen, Ergo- und Physiotherapeuten<br />
und Studenten der Medizin. Bei<br />
dem diesjährigen Symposium war ein hoher Anteil<br />
der Ärzteschaft vertreten.<br />
Die gespannte und respektvolle Aufmerksamkeit<br />
während der Vorträge sprachen für sich.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Wie ist es möglich, ein Symposium<br />
in dieser Form zustande zu bringen?<br />
Dr. Mira Dorcsi-Ulrich: 1. Das Thema Homöopathie<br />
als personotrope Medizin, hier vorgestellt<br />
nach der Wiener Schule von Mathias Dorcsi,<br />
weckt bei vielen Ärzten Interesse an dieser Heilmethode.<br />
2. Das Modellprojekt Homöopathie in der Kinderheilkunde,<br />
seit 1995 geleitet von Dr. Sigrid Kruse,<br />
ist deutschlandweit zu einem Projekt mit Vorbildcharakter<br />
in pädiatrischen Kliniken geworden.<br />
An einigen Kinderkliniken besteht der Wunsch, das<br />
Modell zu übernehmen, so dass diese Ärzte gerne<br />
zum Symposium kommen. Frau Dr. Katharina Adam<br />
und Frau Stefanie Schetzek gehören ebenfalls zum<br />
homöopathischen Ärzteteam, das an der gewaltigen<br />
Organisation für ein solches Symposium arbeitet.<br />
Ich danke ihnen allen von ganzem Herzen.<br />
3. Dem Dr. von Haunerschen Kinderspital verdanken<br />
wir den Rahmen und den Ort, dieses Symposium<br />
durch zu führen. Herr Prof. Reinhardt, der<br />
Klinikchef dieses renommierten Kinderspitals, hat<br />
in diesem Jahr mit seiner Einführungsrede “das<br />
Miteinander” besonders betont.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Was war Ihre Grundintention,<br />
einen solchen Kongress zu schaffen ?<br />
Dr. Mira Dorcsi-Ulrich: Die drei Grundintentionen<br />
haben sich über die Jahrzehnte nicht geändert:<br />
1. Die Integration der Homöopathie in die Universitätskinderklinik<br />
2. In Deutschland entwickelt sich ein tiefes Verständnis<br />
und der Wunsch nach ökologischer Medizin<br />
in Form der „Komplementären alternativen<br />
Medizin“ (KAM) und besonders der Homöopathie.<br />
Diesen Wunsch unterstützen wir. Homöopathie ist<br />
der grösste und älteste deutsche medizinische “Exportartikel”<br />
in die Länder dieser Erde, z.B. nach<br />
Indien und Südamerika.<br />
3. Eine Brücke zu schmieden zwischen der Homöopathie<br />
und der klinischen Medizin und dadurch<br />
auch den Dialog zwischen den Ärzten und<br />
den Patienten zu finden.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Kann die große Beteiligung<br />
beim 6. Symposium an dem speziellen Thema<br />
„Konstitution und Diathese“ liegen?<br />
Dr. Mira Dorcsi-Ulrich: Ja, das mag sein. Es<br />
ist auch mein persönliches Lebensthema, Konstitution<br />
und Diathese beim Menschen zu ergründen.<br />
Darüber denke ich schon nach, seit ich 1983 in<br />
Baden bei Wien zum ersten Mal an den Wiener<br />
Kursen von Mathias Dorcsi teilgenommen habe.
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM “HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS<br />
UND FORSCHUNG” IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
INTERVIEW MIT FRAU DR. MED. MIRA DORCSI-ULRICH<br />
Damit können wir eine Prognose der Erkrankung<br />
des Patienten stellen. Das ist ein zentrales Thema<br />
für mich als Ärztin. Sollte ich eines Tages selbst erkranken,<br />
will ich auch eine solche Aussage zur<br />
Prognose von einem qualifizierten Homöopathen<br />
erhalten.<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell: Vielen Dank für den tiefen Einblick<br />
in Ihre Welt der Homöopathie und die Hintergründe<br />
des Symposiums, liebe Mira Dorcsi-Ulrich.<br />
Das Homöopathie-Team v. links:<br />
Dr. Katharina Adam, Dr. Mira Dorcsi-Ulrich, Dr. med. Sigrid Kruse, Stefanie Schetzek<br />
Das nächste Symposium<br />
“Homöopathie in Klinik, Praxis und Forschung”<br />
findet am 15.11.<strong>2008</strong> statt.<br />
Die Zusammenfassung der Vorträge der letzten Jahre erhalten Sie bei<br />
Dr. med. Sigrid Kruse<br />
Tel.: 089-5160-7724<br />
mail: sigrid.kruse@med.uni-muenchen.de<br />
oder Herunterladen von: www.globulus.org<br />
37
38<br />
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM<br />
“HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS UND FORSCHUNG”<br />
IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“KONSTITUTION UND DIATHESE IN DER WIENER SCHULE DER HOMÖOPATHIE”<br />
ZUSAMMENFASSUNG DES VORTRAGS VON DR. MED. LEOPOLD DREXLER<br />
Die Wiener Schule<br />
der Homöopathie<br />
Der Begründer der Wiener<br />
Schule der Homöopathie war<br />
Mathias Dorcsi (1923 – 2001).<br />
Die Wiener Schule der Homöopathie<br />
bestand im engeren Sinn<br />
seit dem Beginn der “Badener<br />
Kurse” 1975 bis etwa 1989.<br />
Sie ist eine Schule der Begegnung<br />
mit dem Kranken, eine Schule des<br />
Sehens, Fühlens und Verstehens<br />
des Patienten und der Arznei. Sie lehrte, der Intuition<br />
ihren Platz in der Homöopathie zu gewähren.<br />
Kennzeichen einer Schule ist ein Lehrprogramm,<br />
welches ein einheitliches Bild der Homöopathie<br />
vermittelt und ein Lehrerteam, das inhaltlich gleiche,<br />
jedoch persönlich gefärbte und vor allem widerspruchsfreie<br />
Aussagen macht.<br />
Nach 1989, dem Umzug Dorcsis nach München,<br />
wird die Wiener Schule in den Homöopathiekursen<br />
für Kinderärzte in der Deutschen Akademie für<br />
Entwicklungsrehabilitation in München, anschließend<br />
am Dr. von Haunerschen Kinderspital der<br />
Universität München weiter getragen. Ausbildungskurse<br />
im Sinne der Wiener Schule fanden<br />
in Tschechien, Slowenien, Ungarn und in weiteren<br />
Staaten statt. Heute sind es neben dem Dr. von Haunerschen<br />
Kinderspital die Ärzte aus seinem ehemaligen<br />
Lehrerteam, sowie viele ehemalige Hörer<br />
und „Schüler“ Dorcsis, die den Geist dieser Schule<br />
weiter vermitteln.<br />
Schon 1964 forderte Mathias Dorcsi in der Zeitschrift<br />
für Klassische Homöopathie (KH) die Schaf-<br />
Dr. med. Leopold Drexler<br />
fung von Schulen, „in denen die<br />
Eigengesetzlichkeit der homöopathischen<br />
Medizin gelehrt und<br />
erlernt werden kann. ... Dort<br />
muss nach allen Seiten hin an einer<br />
Medizin der Person gearbeitet<br />
werden“. Diese Forderung<br />
erhob er neuerlich 1971 in der<br />
„Acta Homoeopathica“ und forderte<br />
Skripten für eine zweijährige<br />
Ausbildung in Form von Intensivkursen.<br />
Didaktische und<br />
inhaltliche Grundlagen wurden<br />
am Wiener Ligakongress 1973 erarbeitet. 1975<br />
wurde unter Leitung von Mathias Dorcsi das Ludwig<br />
Boltzmann Institut für Homöopathie an der Wiener<br />
Poliklinik begründet. Im gleichen Jahr begannen<br />
die dreistufigen „Badener Kurse“ mit Kurs I<br />
„Organotropie“, in dem der Hörer, ausgehend von<br />
seinem klinischen Wissen, schrittweise mit der homöopathischen<br />
Methode vertraut gemacht wurde.<br />
Im Kurs II wurde „Ätiologie“ in den Mittelpunkt gestellt.<br />
Hier wurden die den Menschen prägenden,<br />
auslösenden Ursachen behandelt. Im Kurs III wurde<br />
auf die Themen „Konstitution und Diathese“ eingegangen.<br />
Für Dorcsi ist die Homöopathie eine<br />
„personotrope Medizin“, die sich durch die Begriffe<br />
von Konstitution und Diathese erfassen und vermitteln<br />
lässt.<br />
Die Konstitution<br />
Konstitution ist die angeborene und erworbene<br />
geistig-seelisch-körperliche Verfassung oder die<br />
angeborene und erworbene Anpassungs- und Regulationsweise<br />
eines Individuums.
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM “HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS<br />
UND FORSCHUNG” IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“KONSTITUTION UND DIATHESE IN DER WIENER SCHULE DER HOMÖOPATHIE”<br />
Das Wort Konstitution leitet sich aus den zwei lateinischen<br />
Worten „con“ (= zusammen) und „statuere“<br />
(= setzen, stellen) her. Ein Bereich der Konstitution<br />
ist angeboren. Es handelt sich hier um den<br />
Anteil, der genetisch von den Eltern und Vorfahren<br />
vererbt und uns ins Leben mitgegeben wurde.<br />
Der andere Anteil ist der in unserem Leben erworbene<br />
Anteil, der durch unsere Lebensumstände,<br />
Familiensituation, Bildung, Freunde, Menschen,<br />
Beziehungen, Ereignisse etc. geformt wurde.<br />
All diese Anteile und Bereiche sind ineinander<br />
gewoben und machen uns zu dem, der wir heute<br />
sind. Konstitution ist weder gut noch schlecht, sondern<br />
neutral und wertfrei.<br />
Konstitution ist wandelbar, veränderbar durch die<br />
Einflüsse von außen und durch unsere Erlebnisse<br />
im Inneren. Hier spielen vor allem die auslösenden<br />
Ursachen eine Rolle, Ereignisse, die unser<br />
Leben, unser Denken und Handeln prägen und<br />
somit zu einem Teil unserer Selbst werden.<br />
Konstitution ist mehr als die Summe der Symptome.<br />
Konstitution umfasst mehr als die im Repertorium<br />
gefundenen Gesichtsfarbe von rot oder<br />
blass, oder die Leibesbeschaffenheit von dick oder<br />
dünn. Konstitution ist ein lebendiger, dynamischer<br />
Ausdruck unserer menschlichen Existenz. Hinter<br />
rot verbirgt sich warm, feucht, kräftig mit einer guten<br />
Prognose. Hinter blass steht kalt, trocken, müde,<br />
schwach mit einer vergleichbar schlechteren<br />
Prognose. Später kam noch fahl mit der noch<br />
schlechteren Prognose hinzu.<br />
Die Konstitution ist lehr- und vermittelbar. In der<br />
Wiener Schule der Homöopathie wurde dies in der<br />
Annäherung zu den Gegensatzpaaren gelehrt: rot<br />
– blass, warm – kalt, feucht – trocken, ruhig –<br />
unruhig, still – laut, verschlossen – gesellig.<br />
Hier gilt es, nicht nur den kranken Menschen zu<br />
erfassen, sondern gemäß dem Ähnlichkeitsgesetz<br />
die Arznei zu verstehen. Dies geschah vor allem<br />
auf zwei Ebenen: im Stufenplan, ursprünglich als<br />
3-bändige Skripten verfasst, ab 1977 im Haug Verlag<br />
in Buchform herausgegeben, werden in mehreren<br />
Stufen von der Organotropie ausgehend über<br />
Ätiologie, Konstitution in unterschiedlichen Rubriken<br />
jeweils 12 Arzneien in 3er Gruppen mit nur<br />
wenigen Sätzen anhand der Leitsymptome beschrieben.<br />
Nachdem nur etwa 150 Arzneien behandelt<br />
werden, werden immer wieder dieselben<br />
Arzneien von verschiedenen Richtungen und Aspekten<br />
beschrieben, so dass im Leser nicht nur<br />
ein Arzneibild, sondern vor allem ein Arzneigefühl<br />
entsteht.<br />
Auf der zweiten Ebene war es die Patientendemonstration<br />
mit dem Üben der Arzneimittelfindung<br />
anhand des „blauen“, früher „roten“, später „grauen“<br />
Büchleins. Dieses enthielt lediglich das Inhaltsverzeichnis<br />
des Stufenplanes mit den Rubriken<br />
und den entsprechenden Arzneien. Zunächst<br />
wurde die entsprechende Rubrik ausgewählt, dann<br />
die jeweiligen Arzneien entweder in die engere<br />
Wahl gezogen oder verworfen. Hierzu müssen jedoch<br />
die Arzneien des Stufenplanes bekannt und<br />
bereits ein Gefühl für sie entwickelt worden sein.<br />
Intuition ist ein Teil der ärztlichen Kunst. In einer<br />
Zeit der zunehmenden (scheinbaren) „Objektivierbarkeit“<br />
und Nachvollziehbarkeit der Computerrepertorisation<br />
ist auch in der Homöopathie die<br />
Intuition im Erfassen des Patienten und der Arznei<br />
wichtig. Von Anfang an lehrte die Wiener Schule<br />
auch den Teil der Intuition ihren Stellenwert einzuräumen:<br />
jede Arznei, die einem „einfällt“, sei –<br />
ohne zu reflektieren – am rechten Rand des Anamneseblattes<br />
sofort aufzuschreiben. Oft können diese<br />
intuitiv notierten Arzneien die Arzneiwahl entscheiden.<br />
39
40<br />
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM “HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS<br />
UND FORSCHUNG” IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“KONSTITUTION UND DIATHESE IN DER WIENER SCHULE DER HOMÖOPATHIE”<br />
Die Diathese<br />
Während die Konstitution die leiblich-seelisch-geistige<br />
Verfassung in der Gesundheit ist, bezieht sich<br />
die Diathese auf das Verhalten oder die Reaktionsweise<br />
in der Krankheit. Diathese ist die angeborene<br />
und erworbene Organschwäche und Systemminderwertigkeit.<br />
Es ist die angeborene und<br />
erworbene Krankheitsbereitschafts-Tendenz<br />
und/oder der Prozess in der Krankheit.<br />
Wir kennen die 3 Diathesen: die lymphatische (I),<br />
die lithämische (II) und die destruktive (III).<br />
Die tuberkulinische, exsudative, hypotone Diathese<br />
enthält die Qualitäten schwächlich, spärlich, unzulänglich,<br />
ängstlich, schüchtern, gehemmt.<br />
Die Lithämie, auch produktive, hypertonische, hypertrophe,<br />
gonorrhoische Diathese, umfasst die Eigenschaften<br />
stark, überschüssig, übertrieben,<br />
prahlerisch, aufdringlich, euphorisch.<br />
Die destruktive Diathese zeigt vor allem die Tendenz<br />
zur Destruktion. Sie umfasst die Begriffe atonisch,<br />
atrophisch, zerfallend, gereizt, gehässig, zerstörerisch,<br />
feindselig, läppisch, geschwätzig.<br />
Allen diesen Diathesen hat Dorcsi immer wieder<br />
neu einteilend die Arzneien zugeordnet und sowohl<br />
in Tabellen aufgeführt als auch in seiner Arzneimittellehre<br />
beschrieben. Seine Arzneibeschreibungen<br />
in seinen Skripten wie in seinen Büchern<br />
beginnt er mit den Hinweisen zur Konstitution und<br />
Diathese. Erst anschließend folgt die Rubrik der<br />
Beschwerden, den klinischen Hinweisen, dann folgen<br />
Ätiologie und Modalitäten, Stimmung, Benehmen,<br />
Leibsymptome und das Kopf-zu-Fuß-<br />
Schema.<br />
Über die Konstitution und Diathese haben wir die<br />
Möglichkeiten, den Menschen (und die Arznei) zu<br />
verstehen und ihm mit der entsprechenden Arznei<br />
zu einer neuen Stufe der Gesundheit zu verhelfen.<br />
Dr. med. Leopold Drexler<br />
Zeughausgasse 3/27<br />
A-6800 Feldkirch<br />
Tel.: 0043-(0)5522-72813<br />
Fax: 0043-(0)5522-72813<br />
e-mail: dr.drexler@gmx.at<br />
Internet: www.dr-drexler.at<br />
Dr. med. Leopold Drexler bei seinem Vortrag im Hörsaal des<br />
Dr. von Haunerschen Kinderspitals der LMU München
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM<br />
“HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS UND FORSCHUNG”<br />
IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“ENTWICKLUNGSAUFFÄLLIGKEIT: NORMVARIANZ ODER GRUND ZUR SORGE?”<br />
ZUSAMMENFASSUNG DES VORTRAGS VON DR. MED. ANGELIKA ENDERS<br />
Die kindliche Entwicklung ist<br />
gekennzeichnet durch Individualität,<br />
Adaptivität und Variabilität.<br />
Kinder entwickeln sich individuell<br />
unterschiedlich. Die Unterschiede<br />
sind so groß, dass jedes<br />
Kind in seiner Art einmalig<br />
ist. Allein schon die Konstitution<br />
des Kindes (z.B. großer Kopf,<br />
Hypermobilität der Gelenke,<br />
Muskelhypotonie) wird unter<br />
biomechanischen Aspekten auf<br />
seine motorische Entwicklung Einfluss nehmen.<br />
Temperament, Aufmerksamkeit, Emotionalität<br />
und Kognition werden das motorische Verhalten<br />
prägen. Jeder von uns entwickelt so sein individuelles<br />
Gangbild, an dem wir ihn oft schon von<br />
weitem erkennen.<br />
Reifungsprozesse im Zentralnervensystem verlaufen<br />
vorwiegend genetisch determiniert. Entwicklungsprozesse<br />
antworten dagegen adaptiv auf Vorgaben,<br />
welche durch die Umfeldbedingungen,<br />
durch familiäre und kulturelle Forderungen gestellt<br />
werden, in denen und mit denen ein Kind aufwächst<br />
und zu leben hat.<br />
Untersuchungen der individuellen Entwicklung von<br />
Kindern zeigen im einzelnen Verlauf scheinbare<br />
„Auffälligkeiten“ der kindlichen Entwicklung, die<br />
erklärt werden müssen. Warum ist z.B. ein Kind<br />
schon einmal einige Schritte frei gegangen, oder<br />
es hat schon mal „Mama“ oder „Papa“ gesagt?<br />
Dann aber war die neu erworbene Fähigkeit zur<br />
Enttäuschung der Eltern trotz aller Ermunterungen<br />
wieder verschwunden. Nach Tagen oder Wo-<br />
Dr. med. Angelika Enders<br />
chen ist die Fähigkeit wieder abrufbar<br />
und wird nun auch endgültig<br />
beibehalten. Solche Aufschübe<br />
nennen wir Inkonsistenzen.<br />
Sie sind charakteristisch<br />
für eine adaptive, unauffällige<br />
Entwicklung. Neue Entwicklungsschritte,<br />
die sich anbahnen,<br />
stehen nicht von heute auf morgen<br />
stabil zur Verfügung, sie<br />
müssen erst vollständig automatisiert<br />
werden.<br />
Kinder werden in der Regel auch<br />
in den einzelnen Entwicklungspfaden wie der<br />
Sprachentwicklung, Körpermotorik, Spielentwicklung<br />
sowie emotionalen und sozialen Entwicklung<br />
eine unterschiedliche Dynamik aufweisen.<br />
Die motorische Entwicklung kann beispielsweise<br />
rasch, die Sprachentwicklung dagegen eher<br />
langsam verlaufen oder gerade umgekehrt. Das<br />
einzelne Kind ist oftmals in den jeweiligen Entwicklungsbereichen<br />
unterschiedlich weit entwickelt.<br />
Wir sprechen dann von einer intraindividuellen<br />
Variabilität. Nachweislich gibt es auch transkulturelle<br />
Unterschiede für den Zeitpunkt des Erlernens<br />
bestimmter Entwicklungsschritte.<br />
Da sich das kindliche Nervensystem noch in einem<br />
dynamischen Reifungs- und Differenzierungsprozess<br />
befindet, ist die fundierte Kenntnis der normalen<br />
Entwicklung und ihrer Variabilität grundlegende<br />
Voraussetzung, um im Rahmen einer entwicklungsneurologischen<br />
Beurteilung ein Kind<br />
nicht vorschnell als abnorm oder pathologisch abzustempeln.<br />
Variabilität ist eines der wichtigsten<br />
Optimierungskriterien hinsichtlich des neurologischen<br />
Verhaltens.<br />
41
42<br />
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM<br />
“HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS UND FORSCHUNG”<br />
IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“GENETISCHE SYNDROME IN DER FRÜHFÖRDERUNG: WAS SOLLTEN WIR WISSEN?”<br />
ZUSAMMENFASSUNG DES VORTRAGS VON DR. MED. ANGELIKA ENDERS<br />
Kinder mit genetischen Syndromen sind oft<br />
schon wegen ihres syndromspezifischen Aussehens<br />
als „Blickdiagnose“ erkennbar. Als Beispiel<br />
lässt sich hierfür der typische Gesichtsausdruck eines<br />
Kindes mit Down-Syndrom anführen. Gezielt<br />
achten wir dann auf bekannte, assoziierte körperliche<br />
Merkmale oder Anlageanomalien. Nicht<br />
selten imponieren uns Kinder jedoch primär durch<br />
ihre Entwicklungsretardation und weisen charakteristische,<br />
syndromspezifische Entwicklungsprofile<br />
und/oder Verhaltensbesonderheiten auf.<br />
Von Verhaltensphänotypen spricht man, wenn eine<br />
Kombination von bestimmten Entwicklungsund<br />
Verhaltensbesonderheiten bei Kindern mit einem<br />
definierten genetischen Syndrom mit einer höheren<br />
Wahrscheinlichkeit auftritt als bei Kindern<br />
mit einer Störung der Entwicklung aus anderer Ursache<br />
(Finegan 1998).<br />
Welchen Nutzen kann das Wissen um den „Verhaltensphänotyp“<br />
von Kindern mit genetischen Syndromen<br />
haben?<br />
Die Kenntnis spezifischer Verhaltensbesonderheiten<br />
kann wesentlich zur Syndromzuordnung im<br />
frühen Kindesalter beitragen. Viele Syndrome sind<br />
auch heute noch erst nach klinischer Verdachtsdiagnose<br />
genetisch nachweisbar.<br />
Bei der Diagnosevermittlung an die Eltern und Erstberatung<br />
ist es wichtig, nicht nur auf die spezifischen<br />
Schwierigkeiten einzugehen, sondern die Familien<br />
auch auf die Stärken ihrer Kinder aufmerksam<br />
zu machen und so Perspektiven der Entwicklungs-<br />
und Fördermöglichkeiten zu eröffnen.<br />
Das Wissen um die syndromspezifischen Gemeinsamkeiten<br />
der Kinder kann Eltern auch von<br />
Schuldgefühlen entlasten, wenn sie mit schwierigen<br />
Verhaltensweisen konfrontiert sind. Zu diesen<br />
spezifischen Entwicklungsstörungen rechnen nicht<br />
selten auch eine belastende Ernährungs- oder<br />
Schlafproblematik.<br />
Es ist wesentlich, die inter- und intraindividuelle<br />
Variabilität von Entwicklungsmerkmalen bei Kindern<br />
des gleichen Syndroms zu kennen.<br />
So ist die kognitive Entwicklung von Kindern mit<br />
Prader-Willi-Syndrom oder Williams-Beuren-Syndrom<br />
sehr unterschiedlich.<br />
Die Mitteilung von charakteristischen Entwicklungs-<br />
und Verhaltensrisiken kann potentiell auch<br />
negative Auswirkungen haben. Sie kann zu einer<br />
sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.<br />
Die frühe diagnostische Zuordnung einer Entwicklungsproblematik<br />
ist eine wesentliche Grundlage<br />
für die Beratung der Familie und der therapeutischen<br />
Empfehlungen. Die Festlegung einer Diagnose<br />
soll nicht zu Schubladendenken verführen,<br />
nicht zur Stigmatisierung.<br />
Eltern wollen ihr Kind verstehen und es auf seinem<br />
Weg bestmöglich begleiten.<br />
Dr. med. Angelika Enders<br />
Zentrum für Entwicklungsneurologie und Frühförderung<br />
im Dr. von Haunerschen Kinderspital<br />
Lindwurmstr. 4, D- 80337 München<br />
Tel.: 0049 (0)89 5150 2881<br />
Fax: 0049 (0)89 5160 4903<br />
e-mail: Angelika.Enders@med.uni-muenchen.de
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM<br />
“HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS UND FORSCHUNG”<br />
IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“HOMÖOPATHIE BEI ENTWICKLUNGSAUFFÄLLIGKEITEN”<br />
ZUSAMMENFASSUNG DES VORTRAGS VON DR. MED. HERBERT PFEIFFER<br />
Lasst die Kinder zu mir kommen,<br />
hindert sie nicht daran,<br />
denn für solche ist das Reich<br />
Gottes (Markus 10, 14).<br />
Dieser Satz steht für die Verantwortung,<br />
die Kinderärzte<br />
bei der Behandlung von Kindern<br />
haben. Sie sollen mit ihrer<br />
Therapie dazu beitragen, dass<br />
die Kinder nicht nur physische,<br />
psychische, intellektuelle und<br />
soziale Gesundheit erlangen,<br />
sondern auch ihre Geistseele<br />
entfalten können. Die Kinderärzte haben eine große<br />
Erziehungsaufgabe, die darin besteht, den Eltern<br />
zu helfen, ihre Kinder in Liebe und zur Liebe<br />
zu erziehen. Die Homöopathie ist eine Therapie,<br />
die in alle Bereiche des kindlichen Lebens hinein<br />
wirkt und die Entwicklung positiv beeinflusst. Jede<br />
Entwicklungsauffälligkeit ist Ansatz für eine antimiasmatische<br />
Therapie. Sowohl die akuten wie<br />
die chronischen Erkrankungen oder Störungen<br />
sind Ausdruck der vorhandenen und wirksamen<br />
Miasmen. Akute Erkrankungen sind meist eine vorübergehende<br />
Erscheinung des vorherrschenden<br />
Miasmas. Im Anschluss an die akute homöopathische<br />
Behandlung sollten wir nach den chronischen<br />
Symptomen des Miasmas suchen. Dabei helfen<br />
uns die Entwicklungsauffälligkeiten, die uns anamnestisch<br />
oder durch die Untersuchung zugänglich<br />
sind. In der Praxis erfolgt zuerst die übliche<br />
medizinische Diagnostik, um zu einer klinischen<br />
Diagnose zu kommen und um klinische Befunde<br />
zu haben, die im Laufe der homöopathischen<br />
Therapie kontrolliert werden können. Von Anfang<br />
Dr. med. Herbert Pfeiffer<br />
an wird jedes Symptom auf seinen<br />
miasmatischen Stellenwert<br />
überprüft. Die miasmatischen<br />
Symptome bestimmen die Therapie,<br />
erlauben eine Prognose<br />
und sind die Prüfsteine unserer<br />
Therapie. Die primäre und die<br />
sekundäre (persönliche) Miasmatik<br />
zeigen uns die vorhandenen<br />
diathetischen Belastungen<br />
an. Der Katalog der Risikonummern<br />
des Vorsorgeheftes weist<br />
uns auf die vielfältigen pränatalen<br />
Belastungen hin. Ein Kind kommt in die Praxis<br />
und zeigt uns häufig prima vista einen Teil seiner<br />
miasmatischen Pathologie, die uns bei der<br />
Anamneseerhebung in der Gesamtheit der Symptome<br />
zugänglich wird. Neben den anderen Untersuchungen<br />
hat die Entwicklungsdiagnostik eine<br />
große Bedeutung, da hierbei funktionelle Entwicklungsauffälligkeiten<br />
sichtbar gemacht werden<br />
können. Eine zentrale Stellung hat die Prüfung der<br />
Lagereaktionen nach Vojta, die ein Abbild der<br />
Funktion des zentralen Nervensystems und der posturalen<br />
Reifung gibt. Je mehr Risikofaktoren in der<br />
Schwangerschaft auf das Kind eingewirkt haben,<br />
um so häufiger sind die Lagereaktionen auffällig,<br />
woraus sich die Therapiebedürftigkeit ergibt. Die<br />
Prüfung der Meilensteine der Entwicklung des Kindes<br />
kann schon früh eine Entwicklungsauffälligkeit<br />
anzeigen. Die Zeitangaben sollten bei jedem<br />
Kind, auch den früh- oder mangelgeborenen Kindern,<br />
ohne Abzüge angewandt werden, um keine<br />
Therapiezeit zu versäumen. In den beiden Repertoriumsrubriken,<br />
„langsam oder spät Sprechen<br />
43
44<br />
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM “HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS<br />
UND FORSCHUNG” IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“HOMÖOPATHIE BEI ENTWICKLUNGSAUFFÄLLIGKEITEN”<br />
lernen“ und „spät Gehen lernen“ finden wir die<br />
bedeutsamsten Arzneimittel für die Behandlung der<br />
Entwicklungsauffälligkeiten. Sowohl für die Störung<br />
der Sprachentwicklung wie der motorischen<br />
Entwicklung finden wir fast übereinstimmend dieselben<br />
Arzneien.<br />
Die Aufgabe der Kinderärzte ist es, so früh wie möglich<br />
die Symptome zu erkennen, die miasmatisch<br />
sind und für die Entwicklung eine Bedeutung haben.<br />
Viele dieser Symptome sind in unsere Materia<br />
Medica eingeflossen. Wir können die einzelnen<br />
Symptome miasmatisch verstehen. Neurophysiologisch<br />
gesehen äußern sich die Entwicklungsauffälligkeiten<br />
mit einem bestimmten Muskeltonus,<br />
der auf den vier Grundformen hypoton,<br />
hyperton, athetotisch und ataktisch beruht, die eine<br />
zugeordnete Gehirnlokalisation haben. Die homöopathischen<br />
Arzneien haben einen Bezug zu<br />
den vier Grundformen des Muskeltonus. Zum Verständnis<br />
der neurophysiologischen Auffälligkeiten<br />
ist die Kenntnis der tonischen Muster, des asymmetrischen<br />
und symmetrischen tonischen Nackenreflexes<br />
und des tonischen Labyrinthreflexes<br />
von großer Bedeutung. Sie erklären viele der alltäglichen<br />
Beschwerden und Krankheiten der Bevölkerung.<br />
Sie zeigen uns aber immer von früh an<br />
die Entwicklungsauffälligkeiten, die an Bildern aus<br />
dem täglichen Leben zu sehen sind, ganz besonders<br />
beim Sport. Sie haben auch Auswirkung auf<br />
die Psyche, denn die Sensomotorik bestimmt die<br />
Psychomotorik. Freud nannte die Muskulatur das<br />
Organ der Seele. Entwicklungsauffälligkeiten sind<br />
zunehmend häufiger, da die Zahl der Risikokinder<br />
zugenommen hat, insbesondere die Frühgeborenen,<br />
mit zum Teil sehr kurzer Gestationsdauer.<br />
Entwicklungsauffälligkeiten sind in der Regel durch<br />
eine zentrale Koordinationsstörung verursacht, was<br />
sich durch die Aktivität von tonischen Mustern be-<br />
legen lässt. Es gibt zahlreiche klinische Hinweise<br />
auf eine zentrale Koordinationsstörung, die sich<br />
in besonderen Schwächen oder Störungen in den<br />
verschiedenen Lebensaltern äußert.<br />
Homöopathische Behandlung<br />
Die homöopathische Behandlung einer zentralen<br />
Koordinationsstörung und damit die Bestimmung<br />
der homöopathischen Arznei, des Simile, bezieht<br />
sich auf die Gesamtheit der Symptome. Diese ergeben<br />
sich aus der Anamnese, dem Gestationsalter,<br />
dem Rückstand in der posturalen Entwicklung,<br />
den abnormen Antworten bei den Lagereaktionen,<br />
der Störung des Muskeltonus, dem Auftreten unkoordinierter<br />
und pathologischer Bewegungen,<br />
dem Auftreten anderer motorischer Auffälligkeiten,<br />
den Fehlhaltungen und dem Verhalten.<br />
Es ist das große Anliegen der Kinderärzte, so früh<br />
wie möglich bei Entwicklungsauffälligkeiten mit einer<br />
homöopathischen Behandlung beginnen zu<br />
können. Diese Therapie ist nicht invasiv, aber intensiv,<br />
da sie im miasmatischen Sein des Menschen<br />
wirksam wird und damit das Leben ganz wesentlich<br />
beeinflussen wird. So ergeben sich schon homöopathische<br />
Therapiemöglichkeiten in der pränatalen<br />
Entwicklung, wie bei Hyperemesis,<br />
Schreckereignissen, Gebrauch von Drogen aller<br />
Art. In der perinatalen Phase können alle Arten von<br />
Störungen des Geburtsverlaufes, auch bedrohliche<br />
Störungen, die sich in einem niedrigen APGAR-<br />
Wert oder einer Atemstörung zeigen, homöopathisch<br />
behandelt werden. In der postnatalen Phase<br />
werden dann die eigentlichen Entwicklungsauffälligkeiten<br />
sichtbar, um so deutlicher, je älter<br />
das Kind wird. Das unterstreicht die Bedeutung der<br />
ganz frühen Behandlung. Deshalb werden gerade<br />
die Einzelheiten der frühen Behandlungsmöglichkeiten<br />
von Auffälligkeiten aufgezeigt.
6. INTERNATIONALES SYMPOSIUM “HOMÖOPATHIE IN KLINIK, PRAXIS<br />
UND FORSCHUNG” IN MÜNCHEN – 1. DEZEMBER 2007<br />
“HOMÖOPATHIE BEI ENTWICKLUNGSAUFFÄLLIGKEITEN”<br />
Leo erfuhr erst spät eine gezielte homöopathische<br />
Behandlung seines schweren Entwicklungsrückstandes.<br />
Auf Grund seiner Vorgeschichte und seiner<br />
extremen Frühgeburt wäre die homöopathische<br />
Behandlung schon viel früher möglich gewesen.<br />
Doch war ihm dies auf Grund von widrigen<br />
Umständen nicht vergönnt. Trotzdem hat ihm<br />
die Homöopathie bis heute sehr viel geholfen.<br />
Je weiter sich die Homöopathie als wichtiges Mittel<br />
der Behandlung auch schwerer Pathologien verbreitet<br />
und akzeptiert wird, um so mehr vergrößert<br />
sich die Chance anderer Kinder, in den Genuss<br />
dieser segensreichen Behandlungsform zu<br />
kommen. Die Homöopathie ersetzt keine andere<br />
notwendige Therapie, wie hier die neurophysiologische<br />
Behandlung (TPM = Therapiekonzept<br />
Pfeiffer-Meisel). Sie ist aber die erfolgreichste Arzneitherapie<br />
der Entwicklungsauffälligkeiten.<br />
Am Schluss mag wieder ein Satz aus der Bibel stehen,<br />
um den Kinderärzten zu zeigen, in welchem<br />
Auftrag und mit welcher Verantwortung die homöopathische<br />
Therapie von Entwicklungsauffälligkeiten<br />
durchzuführen ist:<br />
Und wer ein solches Kind in meinem Namen<br />
aufnimmt, der nimmt mich auf (Matthäus<br />
18:5).<br />
Dr. med. Herbert Pfeiffer<br />
Arzt für Kinder- und Jugendmedizin, Homöopathie<br />
Fichtestr. 14 A,<br />
D-65719 Hofheim am Taunus<br />
Tel.: 0049 (0)6192-7015<br />
e-mail: dr.pfeiffer@gmx.net<br />
6. Internationales Symposium “Homöopathie in Klinik, Praxis und Forschung”<br />
im Hörsaal des Dr. von Haunerschen Kinderspitals der LMU München<br />
45