Kapitel 6: Der Einstieg in die PC-Branche und ... - Des Pudels Kern

Schon bald nachdem Lorenzo wieder bei mir arbeitete, schloss ersich einer evangelikalen Sekte an, besuchte regelmäßig deren Bibelstundenund Gottesdienste im Osten von München und lernte so seinespätere Ehefrau kennen. Als er mich Ende November 1991 darumbat, ihm ein halbes Jahr Urlaub zu gewähren, um gemeinsam mit seinerFreundin ihre Glaubensbrüder in den USA besuchen zu können,redete ich ihm diesen Urlaub in wohlwollender Absicht aus. Weil ichder Meinung war, dass es weitaus besser wäre, die einmalig günstigenBedingungen im PC-Markt zu nutzen, bot ich ihm ein Darlehenin Höhe von 100 000 Mark mit einer Laufzeit von einem Jahr unddie kostenlose Überlassung des ziemlich wertvollen Clipper-Programm-Codesmeiner Firmensoftware an, falls er bereit sein sollte,wieder zurück nach Australien zu gehen und dort zusammen mit seinerMutter eine Mailorder-Firma zu gründen, anstatt seine Zeit undErsparnisse in den USA zu vergeuden.Diesem Angebot lag zum einen meine leise Hoffnung zugrunde, Lorenzosreligiösen Eifer etwas dämpfen zu können. Denn fraglos wärendie Ersparnisse, die er dank der sehr üppigen Entlohnung für seineTätigkeit in meiner Firma bilden konnte, durch die USA-Reiseweitgehend aufgebraucht worden. Zum andern hegte ich damals aberauch die berechtigte Befürchtung, dass die alleinlebende Ilse denWunsch äußern könnte, abermals von Australien nach Deutschlandumzusiedeln.Weil Liliana schon ein Jahr nach ihrer Ankunft einen deutschen Kriminalbeamtengeheiratet hatte und nicht beabsichtigte, nach Australienzurückzukehren, zeichnete es sich damals ab, dass meine Schwestersich nicht scheuen würde, mir vorzuschlagen, ebenfalls in meinerFirma zu arbeiten. Und weil abzusehen war, dass sie und ihre Kindermir eine Absage verübeln würden, wollte ich mit diesem Angebotalso auch einer allzu hemmungslosen und permanenten Inanspruchnahmemeiner familiären Hilfsbereitschaft durch die Coppa-Familyzuvorkommen – zumal Lorenzo es offenkundig als eine Selbstverständlichkeiterachtet hatte, auch nach seiner sechsmonatigen USA-Reise wieder bei mir arbeiten zu können.211