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§ 3 III.5 Gemeindliche Einvernehmen

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§ 3 III. 5. Das gemeindliche <strong>Einvernehmen</strong> und seine Ersetzung(§ 36 BauGB, Art. 67 BayBO)a) Schutzzweck und Wirkungsweise§ 36 BauGB schützt die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) in Fällen, indenen kein Bebauungsplan existiert oder von ihm abgewichen werden soll.Wie weit reicht dieser Schutz?● Gemeinde soll planungsrechtlich rechtswidrige Vorhaben verhindern können● Gemeinde soll Planungen einleiten und Maßnahmen zu ihrer Sicherung (§§ 14,15 BauGB) ergreifen können, um so gegenwärtig rechtmäßiges Vorhaben zuverhindern● ansonsten keinerlei Ermessen/Rechtsposition der Gemeinde, rechtmäßigeVorhaben zu blockieren (vgl. § 36 II 1 BauGB –> Pflicht zur Erteilung des<strong>Einvernehmen</strong>s, soweit Anspruch auf Genehmigung besteht; anders freilich,soweit Genehmigung – z.B. wegen § 31 II – im Ermessen steht, vgl. dazu VGHBayVBl. 2010, 20)§ 36 BauGB wird traditionell als absolutes Verfahrensrecht angesehen (ohne<strong>Einvernehmen</strong> erteilte Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt Gemeinde in ihrenRechten, auch wenn das <strong>Einvernehmen</strong> zu Unrecht verweigert wurde) und gewährt derGemeinde so eine Rechtsposition/ein Blockadepotential, das über den oben genanntenSchutzzweck hinausreicht. Die Rechtsposition wird dadurch auf einschutzzweckkonformes Niveau zurückgeschraubt, dass das rechtswidrig versagte<strong>Einvernehmen</strong> ersetzt werden kann (§ 36 II 3 BauGB, Art. 67 BayBO).b) Verfahrensablauf● Erforderlichkeit des <strong>Einvernehmen</strong>s: § 36 Abs. 1 BauGB● <strong>Einvernehmen</strong> wird erteilt → Baugenehmigung kann, muss aber nicht erteiltwerden (je nach Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens)● es geschieht nichts → Fiktion des § 36 II 2 BauGB (dazu BVerwG NVwZ 2005,213)● <strong>Einvernehmen</strong> wird verweigert → absolutes Verfahrensrecht, d.h.Baugenehmigung darf nicht erteilt werden (falls sie – ohne Ersetzung des<strong>Einvernehmen</strong>s – doch erteilt wird, kann die Gemeinde mit Erfolg anfechten).Was ist, wenn die Gemeinde ihr <strong>Einvernehmen</strong> zu Unrecht verweigert undAnspruch auf Genehmigung besteht?Bauherr: ● keine Verpflichtungsklage auf <strong>Einvernehmen</strong>(kein VA, Internum, § 44 a VwGO)● Verpflichtungsklage auf Erteilung der versagten BaugenehmigungGericht spricht Verpflichtung bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungenaus und „ersetzt“ fehlendes <strong>Einvernehmen</strong>insoweit gegenüber der notwendig beizuladenden (§ 65 II VwGO)Gemeinde.Genehmigungsbehörde:● Ersetzung des <strong>Einvernehmen</strong>s nach § 36 II 3 BauGB, Art. 67BayBOursprünglich: allein kommunalaufsichtliche Ersatzvornahme(Art. 113 GO)seit 1994: erleichterte kommunalaufsichtliche Ersetzung uno actu(Art. 74 BayBO a.F. jetzt Art. 67 BayBO)1998: baurechtliche Ersetzungsbefugnis (§ 36 II 3 BauGB)


Verhältnis von § 36 II 3 BauGB und Art. 67 BayBO strittigm.E. richtig: Beide Normen stehen nicht selbständignebeneinander, vielmehr ist Art. 67 BayBO zurAusgestaltungsregelung von § 36 II 3 BauGBgeworden, hat dadurch freilich seine Rechtsnaturgeändert (keine kommunalaufsichtliche, sondernbaurechtliche Ersetzungsbefugnis).●Rechtsschutz der Gemeinde gegen Ersetzung– h.A.: 2 Rechtsbehelfe gegen Baugenehmigung und Ersetzung (2 VAe)Baugenehmigungsanfechtung: keine aufschiebende Wirkung wegen§ 212 a BauGBErsetzungsanfechtung: an sich aufschiebende Wirkung, da § 212 aBauGB nicht greift (keine “Zulassung“, kein „Dritter“), aber Art. 67 III 2BayBO → keine aufschiebende Wirkung– m.E.: (Möstl, BayVBl. 2003, 225): selbständige Anfechtung der Ersetzungist nach § 44 a VwGO unnötig und unzulässig. Ob <strong>Einvernehmen</strong> zuRecht/Unrecht verweigert/ersetzt wurde, wird ausschließlich inzident beider völlig ausreichenden Anfechtung der verfahrensabschließendenSachentscheidung geprüft (Anfechtung der Baugenehmigung)c) Prüfungsschemata●Prüfungspunkt „gemeindliches <strong>Einvernehmen</strong>, § 36 BauGB“ bei Rechtsbehelfenbezüglich der Baugenehmigung (Anfechtung durch Gemeinde oder Dritte,Verpflichtungsklage des Bauherrn, etc.); typischerweise im Rahmen der Fragenach der „Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens“ (nach §§ 30/31, 33, 34, 35BauGB); u.U. – falls zu prüfen – auch bei „formeller Rechtmäßigkeit derBaugenehmigung“/„Verfahren“ (wegen Doppelnatur „Voraussetzung dermateriellen Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 29 ff. BauGB“ und „absolutesVerfahrensrecht“ der Gemeinde; Nachteil der Prüfung unter „Verfahren“/„formelleRechtmäßigkeit“: u.U. Vorgriff auf materielle Fragen nötig); gegebenenfallsaußerdem bei „subjektiver Rechtsverletzung der Gemeinde“– <strong>Einvernehmen</strong> erforderlich (§ 36 I 1)– <strong>Einvernehmen</strong> ● erteilt● fingiert (§ 36 II 2)● rechtmäßigerweise ersetzt(§ 36 II 3 iVm Art. 67 BayBO)(Die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Ersetzungentfällt, sofern die Ersetzung – trotz § 44 a VwGO[siehe oben] – selbständig anfechtbar und bereitsbestandskräftig ist).– formelle Rechtmäßigkeit der Ersetzung(vor allem Art. 67 IV BayBO)– materielle Rechtmäßigkeit der Ersetzung(§ 36 II 3 iVm 1)inzidente Prüfung der planungsrechtlichenZulässigkeit


●Prüfungspunkt „Rechtmäßigkeit der Ersetzung“ bei Rechtsbehelfen der Gemeindegegen die Ersetzung (falls – trotz § 44 a VwGO – statthaft s.o.)– Rechtsgrundlage (Verhältnis von § 36 II 3 BauGB und Art. 67 BayBO)– Erforderlichkeit des <strong>Einvernehmen</strong>s (§ 36 I 1 BauGB)– <strong>Einvernehmen</strong> fristgerecht (sonst § 36 II 2) und wirksam (Art. 38 GO)verweigert– formelle Rechtmäßigkeit der Ersetzung, vor allem Art. 67 IV BayBO– materielle Rechtmäßigkeit der Ersetzung § 36 II 3 iVm 1inzidente Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeitd) Sonderproblem: Ausnahmsweise Identität von Gemeinde- undGenehmigungsbehörde (z.B. kreisfreie Stadt, Große Kreisstadt)Grundsatzentscheidung BVerwG NVwZ 2005, 83: § 36 greift nicht, d.h. kein<strong>Einvernehmen</strong> erforderlich und auch keine (interne) <strong>Einvernehmen</strong>sverweigerungmöglich; dazu Budroweit, NVwZ 2005, 1013; Selmer, JuS 2005, 280; Kment, JA2005, 338; s.a. VGH, BayVBl. 2011, 210

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