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ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800:PROLEGOMENA ZU EINER BESTIMMUNG IHRER DIFFERENZMONIKA NEUGEBAUER-WÖLKEsoterik und Christentum werden heute überwiegend als zwei voneinanderunabhängige religiöse Entwürfe verstanden. Ihre Differenz für das Transzendenz-,aber auch für das Weltverständnis in unserer Gegenwart ist ein wichtigesBestimmungsmoment in der Erforschung der unbeschränkten Individualisierungund Offenheit religiöser Optionen als Auswirkung des Säkularisierungsprozesses.Der New-Age-Forscher Christoph Bochinger hat das emphatischeantichristliche Selbstverständnis der gegenwärtigen Esoterik treffendformuliert: Esoterik bezeichne einen neuen Typus von Religion, der ‘individuell-innerlicheBedürfnisse des modernen Menschen mit einer neuartigen religiösenMobilität’ verknüpfe:Er legitimiert sich durch den Anspruch, mit den Gegebenheiten der gegenwärtigenLebenswelt konform zu sein. Dagegen sei christliche Religion ein Überbleibselvergangener Zeiten, vor allem wegen ihres Dogmas, das das Festhalten amblinden Glauben der Vorzeit bedeute und nicht auf praktischem Erfahrungswissenaufbaue 1 .Für die Zeit vor 1800 stellt uns diese Frage nach den Differenzen zwischenchristlicher und esoterischer Religiosität vor ein sehr viel größeres Problem,denn für die Zeitgenossen frühneuzeitlicher Jahrhunderte war es bekanntlichaußerordentlich schwierig, wenn nicht gefährlich, sich von christlichen Grundvorstellungenoffen zu distanzieren. So stehen die meisten Quellenäußerungenzu dieser Frage unter dem Vorbehalt, daß sie mit Rücksicht auf den religionspolitischenHerrschaftsanspruch der Kirchen geschrieben sind und wir nichtwissen können, wie die Autoren sich unter den Bedingungen moderner religiöserToleranz geäußert hätten. Erst mit der Säkularisierung und der Durchsetzungder Religionsfreiheit konnte jener neue “Markt der Religionen” entstehen,der die Unterschiede zwischen den Grundkonzeptionen in dereuropäischen religiösen Kultur deutlich hervortreten läßt 2 .1Bochinger, ‘Was ist Esoterik?’, 276. Es ist allerdings wichtig, darauf hinzuweisen, daß esbei den heutigen Anhängern esoterischen Denkens durchaus den Anspruch auf eine Verbindunggibt. Vgl. dazu nur stellvertretend die Positionen von Gerhard Wehr, Esoterisches Christentum.Wir haben es hier mit der modernen Variante des “wahren Christentums” zu tun, mit dem sichdieser Artikel eingehend befassen wird.2Folgerichtig beginnt die einschlägige Überblicksarbeit von Hartmut Zinser mit einem Ab-© Koninklijke Brill NV, Leiden, 2003 Aries Vol. 3, no. 2

ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800:PROLEGOMENA ZU EINER BESTIMMUNG IHRER DIFFERENZMONIKA NEUGEBAUER-WÖLKEsoterik und Christentum werden heute überwiegend als zwei voneinanderunabhängige religiöse Entwürfe verstanden. Ihre Differenz für das Transzendenz-,aber auch für das Weltverständnis in unserer Gegenwart ist ein wichtigesBestimmungsmoment in der Erforschung der unbeschränkten Individualisierungund Offenheit religiöser Optionen als Auswirkung des Säkularisierungsprozesses.Der New-Age-Forscher Christoph Bochinger hat das emphatischeantichristliche Selbstverständnis der gegenwärtigen Esoterik treffendformuliert: Esoterik bezeichne einen neuen Typus von Religion, der ‘individuell-innerlicheBedürfnisse des modernen Menschen mit einer neuartigen religiösenMobilität’ verknüpfe:Er legitimiert sich durch den Anspruch, mit den Gegebenheiten der gegenwärtigenLebenswelt konform zu sein. Dagegen sei christliche Religion ein Überbleibselvergangener Zeiten, vor allem wegen ihres Dogmas, das das Festhalten amblinden Glauben der Vorzeit bedeute und nicht auf praktischem Erfahrungswissenaufbaue 1 .Für die Zeit vor 1800 stellt uns diese Frage nach den Differenzen zwischenchristlicher und esoterischer Religiosität vor ein sehr viel größeres Problem,denn für die Zeitgenossen frühneuzeitlicher Jahrhunderte war es bekanntlichaußerordentlich schwierig, wenn nicht gefährlich, sich von christlichen Grundvorstellungenoffen zu distanzieren. So stehen die meisten Quellenäußerungenzu dieser Frage unter dem Vorbehalt, daß sie mit Rücksicht auf den religionspolitischenHerrschaftsanspruch der Kirchen geschrieben sind und wir nichtwissen können, wie die Autoren sich unter den Bedingungen moderner religiöserToleranz geäußert hätten. Erst mit der Säkularisierung und der Durchsetzungder Religionsfreiheit konnte jener neue “Markt der Religionen” entstehen,der die Unterschiede zwischen den Grundkonzeptionen in dereuropäischen religiösen Kultur deutlich hervortreten läßt 2 .1Bochinger, ‘Was ist Esoterik?’, 276. Es ist allerdings wichtig, darauf hinzuweisen, daß esbei den heutigen Anhängern esoterischen Denkens durchaus den Anspruch auf eine Verbindunggibt. Vgl. dazu nur stellvertretend die Positionen von Gerhard Wehr, Esoterisches Christentum.Wir haben es hier mit der modernen Variante des “wahren Christentums” zu tun, mit dem sichdieser Artikel eingehend befassen wird.2Folgerichtig beginnt die einschlägige Überblicksarbeit von Hartmut Zinser mit einem Ab-© Koninklijke Brill NV, Leiden, 2003 Aries Vol. 3, no. 2


128 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKAuch der in der Konsequenz dieser Überlegung naheliegende Gedanke,sich an der frühneuzeitlichen Ketzergeschichte zu orientieren und nur diejenigenPersonen und ihre <strong>Text</strong>e heranzuziehen, die sich ohne Rücksicht auf dielatente Gefahr der Verfolgung zu devianten religiösen Themen äußerten, führtnicht weiter, denn Esoterikgeschichte und Ketzergeschichte sind keineswegsidentisch. Nicht alle durch die Kirchen als Ketzer Bezeichneten dachten esoterisch,nicht alle esoterisch Denkenden wurden als Häretiker gebrandmarkt.Martin Luther wurde von der Römischen Kirche für abweichende Lehren verfolgt,die mit Esoterik nichts zu tun hatten; Agostino Steucho, Systematikerder “philosophia perennis” im 16. Jahrhundert, blieb unbehelligt päpstlicherBibliothekar 3 . An empirisch feststellbarer Ausgrenzung aus kirchlicher Gemeinschaftist Esoterik vor 1800 also ebensowenig zuverlässig festzumachenwie am überlieferten Selbstbild und den Äußerungen der Betroffenen. Angesichtssolcher Schwierigkeiten ist es nicht überraschend, daß die Forschungbisher darauf verzichtet hat, sich dieses Problems systematisch anzunehmen.Dies hat sich nun allerdings geändert. Begleitend zur Aufbauphase seinesAmsterdamer Lehrstuhls “History of Hermetic Philosophy and RelatedCurrents” hat Wouter J. Hanegraaff damit begonnen, sich mit diesem Defizitauseinanderzusetzen und hat die These aufgestellt, daß im Verhältnis Christentum– Esoterik zwischen der Frühen Neuzeit und der Entwicklung seit dem 19.Jahrhundert ein gravierender Unterschied besteht. Dabei hat er vor allem dasWerk von Frances Yates einer kritischen Revision unterzogen, deren großerEntwurf frühneuzeitlicher Hermetikgeschichte als wesentlicher Schritt bei derEntwicklung einer wissenschaftlichen Esoterikforschung gelten darf 4 . Hanegraaffsprogrammatischer Eröffnungsaufsatz für das neue Aries: Journal forthe Study of Western Esotericism, im Verbund des Amsterdamer Chair mit demPariser Lehrstuhl für Esoterikforschung herausgegeben, befaßt sich damitebenso 5 wie ein Beitrag zu innovativen Forschungsansätzen in der Religionswissenschaft6 . Hanegraaff fordert, das Paradigma der Eigenständigkeit auchder vormodernen Esoterik, wie es Yates postuliert hatte, als Fehlverständnis zubegreifen und zu überwinden: ‘Yates’ guiding idea of a quasi-autonomous“Hermetic Tradition” separate from Christianity ... has proved impossible toschnitt zur Trennung von Staat und Kirche: Zinser, Markt der Religionen, 15-32. Vgl. hierzuauch – bezogen auf das spezifische Element der Reinkarnationsvorstellungen – Zander, Geschichteder Seelenwanderung, 615 f.3Vgl. Schmidt-Biggemann, Philosophia perennis, bes. 677-689.4Vgl. Trapp, ‘Dame Frances Amelia Yates’, sowie – teilweise auch kritisch besonders zuihren wissenschaftsgeschichtlichen Thesen – Burke, ‘Last of the Magi’ und Westman, ‘MagicalReform’.5Hanegraaff, ‘Beyond the Yates Paradigm’.6Hanegraaff, ‘Study of Western Esotericism’.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 129uphold’ 7 . Das Muster der Beziehung zwischen Esoterik und Christentum vor1800 sei nicht als Gegensatz zu fassen, sondern als eine Art unauflöslicherVerbindung: “interwovenness” 8 . Nach Hanegraaff ist es eine wesentliche Voraussetzungder adäquaten Erforschung frühneuzeitlicher Religionsgeschichtezu verstehen, ‘that western esotericism is all of a piece with the general historyof Christianity’ 9 . Für die Esoterik vor 1800 gilt: ‘its representatives were Christians’10 .Es ist in diesem Kontext wichtig zu verstehen, daß Yates bei aller Intensitätdes Plädoyers für eine eigenständige hermetische Entwicklung diese frühneuzeitlicheTradition nicht aus religionsgeschichtlichem Interesse untersuchthat, sondern mit eher geistesgeschichtlichen, besonders wissenschaftshistorischenFragestellungen. Primär geistesgeschichtliches Interesse zeichnetauch das einschlägige Werk Antoine Faivres aus, der – eine Generation jüngerals Yates 11 – in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts damit begonnenhat, die wissenschaftliche Erforschung abendländischer Esoterik aufsystematische Grundlagen zu stellen. Dabei dominierte zunächst ein Zugang,der die hermeneutische Qualität dieses Denkens privilegierte, Esoterik alsInterpretationskunst einer als <strong>Text</strong> verstandenen Welt begriff. Besonders deutlichtrat dieser Gedanke in mehreren Mitte der achtziger Jahre konzipiertenLexikonartikeln hervor: ‘it can undoubtedly be said that active esotericism isthe privileged form of hermeneutics’ 12 , und: ‘The idea that the universe is atext to be read or deciphered is the great common denominator ofesotericism’ 13 . Esoterisches Denken – so Faivre in diesen frühen Arbeiten –versteht die Welt als Zeichensystem und macht es sich zur Aufgabe, die hinterden Zeichen verborgene Wahrheit zu lesen: ‘Fundamental to both theosophyand esotericism is a hermeneutic, or method of interpretation ... The theosophistinquires into the hidden meaning of the ciphers or hieroglyphs of nature’ 14 .Für sein 1992 erstmals vorgestelltes, inzwischen breit rezipiertes Modellverständnisdes Esoterischen hat Faivre diesen Ansatz dann konkretisiert und7Hanegraaff, ‘Beyond the Yates Paradigm’, 28.8Hanegraaff, ‘Study of Western Esotericism’, [MS 24]. Vgl. zu dieser Begrifflichkeit bereitsBochinger, ‘Was ist Esoterik?’, 275: Esoterische Elemente ‘waren in früherer Zeit mit christlichen... Aspekten verwoben oder liefen auf einer nichtreligiösen Ebene nebenher, ohne das Christentum... frontal in Frage zu stellen’.9Hanegraaff, ‘Study of Western Esotericism’, [MS 2].10Hanegraaff, ‘Study of Western Esotericism’, [MS 8].11Vgl. die jüngst erschienene Festschrift Caron et al., Ésotérisme, gnoses & imaginairesymbolique.12Faivre, ‘Esotericism’, 158.13Faivre, ‘Hermetism’, 294.14Faivre, ‘Theosophy’, 466-467. Vgl. auch die noch deutlich frühere Arbeit ‘Mystische Alchemieund geistige Hermeneutik’, bes. 338.


130 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKweiterentwickelt. Esoterik wurde nun über den Terminus der “Denkform”(“forme de pensée”) definiert, vorgestellt als eine von mehreren möglichenDenkformen, wie etwa der wissenschaftlichen oder der utopischen 15 . Wiewichtig die allgemein-geistesgeschichtliche Zielrichtung dieser Begriffsbestimmungim hier vorgegebenen Kontext ist, wird in einer Bemerkung Kockuvon Stuckrads deutlich, der jüngst darauf hinwies, Esoterik als Denkform zukonzipieren, bedeute gleichzeitig, Esoterik nicht als Religion zu verstehen 16 .Unter den verschiedensten Aspekten schält sich mithin der innovative Charakterder Hanegraaffschen Fragestellung insofern heraus, als er sich im Interesseder Ausschöpfung aller Aspekte europäischer Esoterikgeschichte nun darumbemüht, die genuin religionswissenschaftliche Perspektive ergänzend einzubringenund auch auf diesem Felde definitorisch-systematische Grundlegungfür die wissenschaftliche Esoterikforschung zu leisten.IWouter Hanegraaff hat im Rahmen der “Löwener Gespräche zur SystematischenTheologie” im November 2001 einen Vortrag gehalten, in dem er einneues Modell europäischer Religionsgeschichte vorgestellt hat 17 . Im folgendensoll dieses generelle Konzept zwar nur insoweit kommentiert werden, alses neue Wege zum Verständnis frühneuzeitlicher Esoterikgeschichte eröffnetund Aussagen über das Verhältnis von vormoderner Esoterik und Christentummacht. Trotzdem scheint es sinnvoll, hier zunächst den allgemein-religionswissenschaftlichenRahmen zu skizzieren, der dem Gesamtkonzept und damitauch unserer engeren Fragestellung zugrundeliegt. Hanegraaff also entwickeltein dreistufiges Modell, dem der Begriff von “Religion” als eines ‘symbolischenSystems’ zugrundeliegt, ‘which influences human action by providingpossibilities for ritually maintaining contact between the everyday world and amore general metaempirical framework of meaning’ 18 . Eine bestimmte Religion(engl.: a religion) ist zweitens ein symbolisches System, das sich in gesellschaftlichenInstitutionen organisiert hat 19 . Drittens gibt es Spiritualitätsformen(engl.: spiritualities). Sie werden definiert als ‘any human practicewhich maintains contact between the everyday world and a more generalmetaempirical framework of meaning by way of the individual manipulation15Vgl. Faivre, Esoterik im Überblick, 24-34.16Von Stuckrad, ‘Okkultismus’, 1146.17Publiziert als: Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’.18Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 10]. Vgl. als ersten Überblick über diesen Ansatzbereits 1999 Hanegraaff, ‘Defining Religion’, 371-373.19Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 10].


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 131of symbolic systems’ 20 . Christentum ist demnach eine bestimmte Religion (‘areligion’); frühneuzeitliche Esoterik wird dagegen in die dritte Kategorie desModells eingeordnet, gehört also zu den Spiritualitätsformen innerhalb derspezifischen Religion Christentum 21 . So erhalten wir hier einen theoretischenRahmen, in den die eingangs referierten Feststellungen zur Integration vormodernerEsoterik ins Christentum einzupassen sind: ‘western esotericism isall of a piece with the general history of Christianity’ 22 .Der aufmerksame Leser wird bemerkt haben, daß der Begriff des “symbolischenSystems” als Grundbegriff in Hanegraaffs religionswissenschaftlichemModell eine wesentliche Rolle spielt; er muß also für die hier interessierendeFragestellung näher betrachtet werden. Was konstituiert ein symbolisches System?Jedenfalls nicht theologisch entwickelte Dogmatik, denn Hanegraaffversteht das Christentum – wie andere Religionen auch – als ‘gelebte Religion’(‘lived religion’), deren Wesen (‘essential nature’) man nicht ihrer Theologie,sondern nur ihren Mythen und Symbolen entnehmen kann 23 . Unter christlichen“Mythen” versteht Hanegraaff die zentralen biblischen Geschichten in ihrenwesentlichen Grundzügen, vor allem ‘the story of the birth, life, death,resurrection and ascension of Jesus Christ’ als eines idealtypischen Modellsmenschlicher Existenz zwischen Leidensweg und Gewißheit ewigen Lebens 24 .Vorgeformt sei diese mythische Erzählung aus christlicher Sicht bereits imWeg des Volkes Israel aus der ägyptischen Knechtschaft in das gelobte Land 25 .“Symbole” sind dagegen die – sichtbaren und unsichtbaren – Inszenierungendieser Mythen: als zentrales Symbol das Zeichen des Kreuzes, Brot und Weindes Abendmahls, Kirchenbauten, Heiligenbilder, der Geruch des Weihrauchsund brennender Kerzen 26 . Ein drittes Element des christlichen Symbolsystemssind schließlich die Rituale, das sind alle Formen des Gottesdienstes, aberauch individuelles rituelles Verhalten. Der Dreiklang von christlichem Mythos,Symbol und Ritual konstituiert das Christsein 27 ; Sein Vorhandensein istnotwendig, aber auch hinreichend, um eine bestimmte Religiosität als christlichzu bezeichnen.Nun ist unmittelbar evident, daß man die symbolischen, rituellen und mythischenElemente eines religiösen Systems mit sehr unterschiedlicher Tendenzrezipieren und verwenden kann. Die Geschichte eines Mythos kann man20Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 10].21Vgl. Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 14-17].22Weiter oben bei Anm. 10.23Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 7-9].24Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 7-8].25Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 8].26Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 8].27Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 9].


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 133abendländischen Kulturraum geboren ist, ist man Christ 36 . Da aber auchGeertz weiß, daß das menschliche Verhalten nicht mit einer solchen Ausweglosigkeitdeterminiert ist, hat er seinen Ansatz in der berühmten Studie über die“Thick Description” 1973 näher erläutert 37 . Er beginnt zunächst mit dem herkömmlichenVerständnis:Am ergiebigsten sei es, sagt man, Kultur rein als symbolisches System zu behandeln..., indem man ihre Elemente isoliert, die innere Beziehung zwischen diesenElementen näher bestimmt und dann das gesamte System auf allgemeine Weisecharakterisiert – etwa nach den zentralen Symbolen, um die es organisiert ist,nach seinen inneren Strukturen, deren äußerer Ausdruck es ist, oder nach denideologischen Prinzipien, auf denen es gründet 38 .Diese Definition eines kulturellen Systems zitiert Geertz aber nur, um sie sofortals zu geschlossen zurückzuweisen, denn dieser Ansatz laufe Gefahr, ‘dieErforschung von Kultur von ihrem eigentlichen Gegenstand, der informellenLogik des tatsächlichen Lebens, abzuschneiden’ 39 . In der Realität ist Religionimmer ‘gelebte Religion’ – so könnte man ergänzen, und so verfährtHanegraaff nach Geertz. Geertz will keinen Schematismus:Was immer Symbolsysteme ... sein mögen, wo immer sie bestehen, empirischwerden wir ihrer erst habhaft, wenn wir Ereignisse untersuchen, und nicht, indemwir abstrahierte Entitäten zu einheitlichen Mustern zusammenfügen.Das impliziert auch, daß nicht Kohärenz der ausschlaggebende Gültigkeitsbeweisfür die Beschreibung einer Kultur sein kann. Kulturelle Systeme müssenein gewisses Mindestmaß an Kohärenz aufweisen, andernfalls würden wir sienicht als Systeme bezeichnen; und bei näherer Betrachtung haben sie normalerweisesehr viel mehr davon. Nichts jedoch ist kohärenter als die Wahnvorstellungeines Paranoikers ... Nichts hat meiner Meinung nach mehr zur Diskreditierungvon Kulturanalysen beigetragen als die Erstellung einwandfreier Abbildungenvon formalen Ordnungen, an deren Existenz niemand so recht glauben kann 40 .Mit anderen Worten: Symbolsysteme sind in sich kohärent, aber nur ein bißchen– sie sind offen für Manipulation, ohne daß sie dadurch gesprengt werden.Die Konsequenz für unsere Fragestellung lautet jetzt in erweiterter Formulierung:Wenn man in vormoderner Zeit im abendländischen Kulturraumgeboren ist, ist man Christ, auch wenn man von christlichen Grundsätzen abweicht.Vielleicht darf man die Frage nach dem Systembegriff im hier gegebenenKontext so beantworten, daß dieser Terminus eingeführt wird, um ihn zu36Selbstverständlich mit Ausnahme der jüdischen Minorität; darum geht es aber in diesemZusammenhang nicht.37Im folgenden zitiert nach der deutschen Übersetzung: Geertz, ‘Dichte Beschreibung’.38Geertz, ‘Dichte Beschreibung’, 25.39Geertz, ‘Dichte Beschreibung’, 25.40Geertz, ‘Dichte Beschreibung’, 26.


134 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKdemontieren. So erlaubt dieser Systembegriff, der eigentlich keiner ist, dieEntwicklung eines gänzlich offenen Modells.Ist ein solches Vorgehen illegitim? Selbstverständlich nicht. Seine Voraussetzungenund Folgen sind nur offenzulegen, um seine Wirkungsweise verstehenzu können. <strong>Zum</strong> Beispiel immunisiert es sich gegen Kritik, indem es seinenGegenstand zusammen mit dessen Gegenteil einbezieht. Alles also, wasman empirisch als widerständig anführen könnte, läuft per definitionem insLeere, weil es zu den Manipulationen des Systems gehört. Das Modell entwikkeltaber in bezug auf die religionsgeschichtliche Empirie der Frühen Neuzeitauch eine große Stärke: Es bietet einen exzellenten Rahmen für das Verständnisder vielfachen Überschneidungen und Mischformen zwischen Christentumund Esoterik vor der Säkularisierung. Hier liegt die eigentliche Leistungskraft,die es für die ja immer noch junge, im theoretischen Aufbau befindlicheEsoterikforschung hat. Dieser Gedanke wird weiter unten noch aufzugreifensein.An dieser Stelle ist jedoch zunächst einer anderen Überlegung nachzugehen.Die Frage lautet: Ist das Modell Hanegraaffs sinnvoll und geeignet, umeine eigenständige Esoterikforschung zu konstituieren? Befreit es uns aus unserertraditionellen Vorstellung von der geschlossenen christlichen Welt derVormoderne? Dies ist wohl eher zu verneinen. Die forschungsgeschichtlichheute anstehende und notwendige Differenzierung europäischer Religionsgeschichteauch vor 1800 wird hier zwar keineswegs verhindert, aber in ihrerSchlagkraft eher ausgebremst. Das Modell von Wouter Hanegraaff eröffnet inseiner Anwendung auf das Verhältnis von Christentum und Esoterik den Königswegzur Rückgewinnung unseres schon stark angeschlagenen Bildes vomchristlichen Abendland 41 – nun nicht mehr unter der Dominanz der Theologie,sondern mit der neuen Logik religionswissenschaftlich fundierten Denkens.IIIm Entwurf von Grundprinzipien einer “Europäischen Religionsgeschichte”hat Burkhard Gladigow seit einigen Jahren einen Zugang entwickelt, der demVerständnis von Religionen als Symbolsystemen die Forderung der Analysevon Religionen als Sinnsystemen gegenüberstellt, oder doch zumindest dieKonnotation zum Systembegriff in dieser Weise variiert. Daß der TübingerReligionswissenschaftler in solchem Zugang einen Paradigmenwechsel seinesFaches sieht, macht deutlich, daß hier nicht die Rückkehr zu älteren Konzeptenintendiert ist, die sich an “Wesen” und “Wahrheit” von Religionen orien-41Vgl. dazu Neugebauer-Wölk, ‘Esoterik in der Frühen Neuzeit’, 321-324.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 135tierten, sondern daß die Betonung auf einer wertneutralen Pluralität, nicht aufder Hierarchie religiöser Konzepte liegt 42 : Die europäische Religionsgeschichtesei neu zu konstituieren und für die Erkenntnis paralleler Existenzunterschiedlicher Sinnsysteme zu öffnen. Dabei ist es entscheidend, daß dieserAnsatz auch für die Vormoderne gilt – Gladigow verwendet zwar den Begriff“Esoterik” an keiner Stelle, er beschreibt aber die frühneuzeitliche Pluralitätreligiöser Sinnsysteme in einer Weise, die unmittelbar auf die Entstehungskontextederjenigen religiösen Strömung paßt, die die Esoterikforschung zuihrem Gegenstand gemacht hat:Für die so konzipierte Europäische Religionsgeschichte ... ist spätestens seit derRenaissance eine Wahlmöglichkeit zwischen Sinnsystemen möglich ..., erst dieKonkurrenzsituation der oberitalienischen Stadtstaaten scheint einen voraufklärerischenPluralismus ermöglicht und bis an die Grenzen der Aufklärungtransportiert zu haben. Die Präsenz und Verfügbarkeit höchst unterschiedlicher‘Religionen’ ist in Europa ... nicht nur auf dem Wege traditioneller DiffusionsundEnkulturationsprozesse ermöglicht worden, sondern vor allem überPhilologien, Wissenschaften und später ‘Literatur’ 43 .Diese Auffassung bietet ein Konkurrenzmodell zu der Vorstellung, erst dieSäkularisierung habe die Verselbständigung des Esoterischen aus dem Christentummöglich gemacht. Vielmehr generiert die Antikenrezeption der Renaissanceinnerhalb der humanistischen Quellenarbeit und Philologie bereitseine neue “Religion”. Selbstverständlich verweist auch Hanegraaff als exzellenterKenner des Entstehungskontextes abendländischer Esoterik auf diesenHintergrund 44 ; er versteht die historische Konstitutionsphase des Esoterischenals ‘cross-fertilization’ zwischen dem symbolischen System des Christentumsund spätantiken heidnischen Symbolsystemen 45 . Im Ergebnis dieser Befruchtungentsteht jedoch nichts Eigenständiges, sondern die esoterische Komponentewird in die Realität des Christentums integriert 46 , und das Christentumnimmt dadurch neue Formen an. Gladigow präferiert dagegen die Vorstellung,im Resultat dieses Prozesses entstünde eine Wahlmöglichkeit zwischen Sinnsystemen,eine Formulierung, die wohl nur dann nachvollziehbar wird, wenndas Verhältnis zwischen Christentum und Esoterik nicht als Integration, sondernals Alternative gedacht ist.Der folgende Entwurf schließt sich der Gladigowschen Vorgabe an, daskulturwissenschaftliche Denken in Symbolsystemen durch die Annahme der42Siehe etwa Gladigow, ‘Religionsgeschichte des Gegenstandes’, bes. 23. Zur Herleitung desKonzepts aus dem Verständnis von Religionen als Symbolsystemen 16-17.43Gladigow, ‘Europäische Religionsgeschichte’, 27.44Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 16-17].45Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 16].46Hanegraaff, ‘Dreams of Theology’, [MS 17].


136 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKExistenz von Sinnsystemen zu konkretisieren. Der Begriff “Sinn” verweistdabei auf einen höheren Grad an innerer Kohärenz als der Systembegriff nachClifford Geertz. Seine Anwendung setzt der Vorstellung Grenzen, ein Systemumfasse auch die Manipulation seiner Elemente. Negative Rezeption vonMythos und Ritual transzendiert das Modell, denn im Kontext eines gegebenenSinnsystems ist es nicht integrierbar, daß etwa seine zentrale mythischeNarration gegen ihren Sinn gelesen wird – dies ist bereits begriffslogisch ausgeschlossen.Das Postulat eines Sinngehalts religiöser Systeme ruft selbstverständlichsofort die Frage hervor, wer diesen Sinn denn feststellt bzw. definiert und aufwelcher Grundlage dies geschieht. Die Antwort darauf kann nur auf die Hermeneutikals allgemeine Methodik der Geisteswissenschaften verweisen: Aufder Grundlage eines Vorverständnisses, gewonnen aus der wissenschaftlichenArbeit an <strong>Text</strong>en zum Gegenstandsbereich “Esoterik”, werden Konstitutionselementeentwickelt, die ein sinnrelevantes Profil dieser religiösen Konzeptionanbieten. Methodisch vergleichbar ist Antoine Faivre mit seinen bekanntenvier bis sechs Komponenten der esoterischen Denkform verfahren 47 – das folgendeRaster von fünf Bestimmungsmomenten sieht sich daher auch nicht alsKritik oder Korrektur des Faivreschen Modells, sondern als dessen Ergänzung,indem hier nicht Esoterik für sich bestimmt wird, sondern ein Grundmusteresoterischer Religiosität so formuliert ist, daß es mit Grundvorstellungenchristlicher Religiosität vergleichbar wird bzw. konfrontiert werdenkann. Damit soll dem allgemein-geistesgeschichtlichen Zugang Faivres zumVerständnis des Esoterischen ein spezifisch religionsgeschichtlicher Zugangzur Seite gestellt werden. Das Entscheidende am Angebot solcher hermeneutischgewonnener Modelle ist, daß sie sich nicht als endgültig verstehen, sondernals Grundlage für kritische Rezeption, als Bausteine in einem prinzipiellunabschließbaren Prozeß der Entwicklung unseres wissenschaftlichen Verständnissesvon Gegenstandsbereichen. “Sinn” wird also auch in einem “Sinnsystem”niemals ganz entschlüsselt, sondern im hermeneutischen Zirkel durch‘ständiges Neu-Entwerfen’ beschrieben, wodurch sich in einem Prozeß aufeinanderaufbauender Interpretationen die ‘Einheit des Sinnes eindeutiger festlegt’48 .Die folgenden fünf Charakteristika oder Themenkreise esoterischer Religiositätder Frühen Neuzeit sind also im hermeneutischen Verfahren gewonneneBestimmungsmomente, ein Angebot zur Erstellung eines sinnrelevanten47Faivre, Esoterik im Überblick, 24-33.48Gadamer, Wahrheit und Methode, 251. <strong>Zum</strong> Standardmißverständnis gegenüber dieserFormulierung vgl. Brenner, Problem der Interpretation, bes. Kap. 5: ‘Sinnverweigerung: Derdekonstruktionistische Angriff auf die Hermeneutik’133-166, hier 162.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 137Profils, das sich gegen ein entsprechendes Profil christlicher Glaubenskonzepteabgrenzen läßt. Die Grundlage für die Erarbeitung dieser Charakteristikfindet sich nicht in einzelnen historisch feststellbaren Theologien, sondernist ein wissenschaftliches Verständnis, das sich davon unabhängig zumachen sucht. Trotzdem wird es unvermeidlich sein, daß ein Vorverständnistheologischer Argumentationen, dem sich niemand zu entziehen vermag, dersich mit europäischer Religionsgeschichte beschäftigt hat, in die Konzeptioneingeht. Der Leser wird aber feststellen, daß es sich im folgenden nicht umeinen konsequenten Abgleich zwischen esoterischem religiösen Denken undchristlicher Dogmatik handelt. Überhaupt geht es nicht darum, gleichsam enpassant auch das Grundprofil des Christentums zu erfassen. Diesbezüglichmögen sich andere Schwerpunkte und Bestimmungsmomente ergeben, wennein Vergleich mit anderen Religionen oder religiösen Strömungen durchgeführtwird. Hier geht es nur um die Bestimmung eines Grundprofils frühneuzeitlicherEsoterik als eines eigenständigen religiösen Sinnsystems.1. Die Überschreitung der heiligen SchriftenDas christliche Corpus der heiligen Schriften, also die Bücher des Alten undNeuen Testaments, sind im esoterischen Argumentationszusammenhang alsOffenbarungsträger nicht ausreichend; sie werden durch das CorpusHermeticum, die chaldäischen Orakel, kabbalistische Literatur und vergleichbare<strong>Text</strong>e ergänzt. Diese Ergänzung wird im “Goldenen Zeitalter” desHermetismus (Faivre) 49 , von der Mitte des 16. bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts,offensiv eingefordert. Es ist der Versuch zu beobachten, die RömischeKirche zu einer entsprechenden Neukonstituierung ihres Schriftencorpuszu veranlassen 50 . Philologische Grundlage dafür ist die Editionstätigkeit seitdem späten 15. Jahrhundert, sind insbesondere die Ausgaben des CorpusHermeticum in der griechischen Originalfassung (1554/1574) 51 . Dabei habendie ergänzenden <strong>Text</strong>e esoterischer Provenienz eine andere Funktion als sieetwa die Kirchenväterliteratur im Verhältnis zur Bibel in der katholischen Kirchehat: Sie sind nicht Träger von Auslegung, sondern ebenfalls Quellen vonOffenbarung und stehen damit auf derselben sakralen Ebene wie die Bibel 52 .In einem übertragenen Sinn ist auch die Vorstellung von den “zwei Büchern”49Faivre, ‘Hermetism’, 297.50Vgl. Neugebauer-Wölk, ‘Esoterik in der Frühen Neuzeit’, 351-353, zu den entsprechendenOffensiven Francesco Patrizis.51Zur Editionsgeschichte des Corpus Hermeticum siehe van Lamoen, Hermes Trismegistus.52Faivre, ‘Hermetism’, 298: Der Corpus-Hermeticum-Editor Foix de Candale ‘professed akind of ecstatic religious Hermetism and seems to have put the Corpus Hermeticum on the sameplane as the canonical writings of Christianity’.


138 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKgöttlicher Offenbarung, der Bibel und dem Buch der Natur, hier einzuordnen.Es geht immer darum, daß der Kanon der heiligen Schriften des Christentumsnicht ausreicht, um das optimal mögliche Wissen über die Geheimnisse desGöttlichen zu erlangen. Esoterische Religiosität überschreitet also das Offenbarungsangebotdes Christentums und kennzeichnet es damit als defizitär.2. Das höhere WissenFrühneuzeitliche Esoterik setzt sich zum Christentum stets in ein Verhältnisder Steigerung: Sie ermöglicht tiefere Einsicht, höheres Wissen, eigentlicheErleuchtung. Die Basis dieses Anspruchs ist die Priorität des esoterischenWissensbegriffs gegenüber dem Glauben – dies ist der gnostische Charakterder Esoterik in einem von der historischen Erscheinung späthellenistischerGnosis losgelösten paradigmatischen Sinne 53 . Höheres Wissen kann danachüber die Angebote der christlichen Heilsbotschaft hinaus durch die Lektüreesoterischer <strong>Text</strong>e, durch das Lesen des Buches der Natur und durch ein individuelles,mystisch-imaginatives Schauen der Seele gewonnen werden, dasdie Sichtweise Adams vor dem Sündenfall in Erinnerung ruft 54 . Alle diese Erkenntniswegeführen auf die Kunst der esoterischen Hermeneutik. Hieroglyphik,Kabbalistik und Emblematik sind spezielle frühneuzeitliche Formender Entzifferung des Okkulten, der geheimen Substanz hinter den äußeren Zeichenund Bildern. Damit ist also gerade die Vorstellung von den Zeichen undSymbolen esoterisch eine diametral andere als im Christentum. Kirchlich sinddie Symbole, heilige oder gottesdienstliche Gegenstände, Veranschaulichungen,die die Abstraktion christlicher Dogmatik zugänglich machen. Zeichenund Symbole im esoterischen Kontext stehen dagegen im Zentrum des Glaubensund sollen auf eine Erkenntnis führen, die die christlichen Glaubensaussagendeutlich übertrifft 55 .In der Konsequenz dessen wird das Selbstverständnis vom Besitz höhererErkenntnis auf das Christentum in der Form des Wahrheitsanspruchs projiziert.Auch dies ist ein Modus der Steigerung. Das Frühchristentum hat sichselbst gegenüber der heidnischen Antike als die wahre Religion verstandenund dies auch in philosophischer Argumentation analog zu Vernunftprinzipienzu begründen versucht 56 . Esoterische Religiosität erhebt den Anspruch, die53Vgl. dazu etwa Konzept und Beiträge des Sammelbandes Quispel, Hermetische gnosis inde loop der eeuwen.54Als Beispiel aus dem 18. Jahrhundert siehe etwa Betz, ‘Friedrich Christoph Oetinger’, 9.55Vgl. die Formulierung Oetingers: ‘Nun kan ohne höhere Chemie niemand die Emblematader heiligen Schrift erklären, darum habe ich meine Experimente darauf angestellt’. Zitiert nachBreymayer, ‘Friedrich Christoph Oetinger’, 49.56Dazu jetzt Fiedrowicz, Apologie im frühen Christentum, bes. das Schlußkapitel: ‘Der universaleWahrheitsanspruch des Christentums’, 301-311.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 139Wahrheit noch jenseits des lehrhaft formulierten, in den Dogmen festgeschriebenenWahrheitsanspruchs der Kirchen zu erkennen. Frühneuzeitliche Esoterikversteht sich als “wahres Christentum” auf der Basis höheren Wissens.3. Realisierung und weltliche MachtDas Erkenntnismodell esoterischer Religiosität ist in doppelter Weise vomchristlichen Erkenntnisbegriff abgesetzt, nämlich über die Steigerung hinausdurch den Anspruch auf Realisierung 57 . Selbstverständlich gibt es auch imChristentum den Grundsatz, daß die Religion Auswirkungen auf das Handelnder Menschen haben müsse, aber dies gehört zum Bereich der guten Werke,von Nächstenliebe und sozialer Praxis, also zur Ethik und nicht zur Epistemologie.Die höhere Erkenntnis und esoterische Hermeneutik, das Entziffern desBuches der Natur und das Wissen um das wahre Wesen der Dinge, ermöglichtnach dem Selbstverständnis des Esoterikers das Einsetzen dieser Kräfte alsHerrschaft über die Dinge, Macht über die Menschen und Realisierung göttlicherOrdnung in der Welt. Das Überwinden natürlicher Grenzsetzung erscheintnicht wie im Christentum als seltenes, von den Kirchen häufig beargwöhntesWunder, sondern als logische und zu erwartende Folge höherenWissens. Das Große Werk der Alchemisten verwandelt die Substanzen, alchemistischeMedizin zielt mit dem Lebenselexier auf die Überwindung vonKrankheit und Tod, Magie ist Machtausübung durch analoges Handeln 58 . Soverbindet Esoterik mit einem Transzendenzkonzept die religiöse Erwartungweltlicher Macht und immanenter Wirkung. Dies mit der historisch realenHerrschaftsausübung des Christentums in seiner kirchlich-politischen Organisationzu verwechseln, wäre ein profundes Mißverständnis. Das Christentummuß, um seine Herrschaft in der Welt aufzurichten, sein religiöses Konzeptpolitisch erweitern und anpassen; die Formen esoterischer Herrschaft undWirkungsmacht sind dagegen genuiner Bestandteil esoterischer Religiosität.4. Erlösung und ChristusbildDie eminent wirkungsbezogene Seite der Esoterik gewinnt ihre anspruchsvollsteGestalt in der Konstituierung des Erlösungsweges. Ein verbindliches, in57Faivre, ‘Occultism’, 36: ‘esotericism ... has a practical dimension. It is not purespeculation, since the active knowledge, enlightenment, and imagination that constitute itcorrespond to a form of praxis’.58Claret, ‘Magie. III Systematisch-theologisch’, 1188: ‘Von magischen Praktiken, d. h. voneiner Magie der Bemächtigung, sind strikt zu unterscheiden die sakralen Handlungen der Kircheund das Gebet im christlichen Sinn’. Der hier zitierte Artikel geht allerdings noch von der traditionellenUnterscheidung von Magie und Religion aus. Im folgenden wird dagegen nicht Esoterikvon Religion unterschieden, sondern Christentum und Esoterik werden als zwei differentereligiöse Systeme behandelt.


140 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKsich geschlossenes Modell gibt es dabei allerdings nicht. Man könnte eher voneiner Tendenz sprechen, der Tendenz nämlich zur effektiven Mitwirkung desMenschen am Erlösungsgeschehen. Im Frühchristentum hatte es um diese Fragenachhaltige Auseinandersetzungen gegeben: Durch die historische Gnosiswar der Weg zur Selbsterlösung als eine Verständnismöglichkeit des Heilsgeschehenskonstituiert worden; im alexandrinischen Umfeld etwa war eineVorstellung entwickelt worden, nach der die Bedeutung von Jesus Christus nurfür die ungebildete Menge der Menschen ausschlaggebend sein sollte, währenddie Elite eines Geheimkreises in der Lage war, am eigenen Erlösungsgeschehenmitzuwirken 59 . Im Etablierungsprozeß des Frühkatholizismus wurdedann aber gegen die Wege der Selbsterlösung entschieden und eine ganzauf Christus zentrierte Soteriologie entwickelt 60 , die von da an das Christentumbestimmte, und zwar auch in seinen späteren konfessionellen Formen 61 .Der Glaube an die Fähigkeit des Menschen, das göttliche Zeichensystemdes Universums entziffern zu können und die Grundsätze der spekulativenAlchemie 62 begründen dagegen esoterisch auch für die Neuzeit Heilskonzepte,die der Selbsterlösung nahekommen oder sie doch als denkbares Ziel im Blickhaben 63 . Auch hier verschwimmt die Grenze zwischen Transzendenz und Immanenzin einer dem Christentum nicht nachvollziehbaren Weise: Erlösungschon im Vollzug des irdischen Lebens wird immer wieder angesprochen, ausden heiligen Schriften zu beweisen 64 und im spekulativen Transmutationsgeschehenzu erreichen versucht.Daß das esoterisch-frühneuzeitliche Christusbild davon nicht unbeeinflußtbleiben konnte, versteht sich von selbst 65 . So kann die biblische Erzählung vonJesus Christus ihres historischen Charakters entkleidet und zu einem kosmologischenPrinzip der Erlösung umgedeutet werden 66 , eine Möglichkeit, die mitder alchemistischen “Lapis-Christus-Parallele” harmoniert, die Jesus Christus59So die christlich-gnostischen Mittelplatoniker Clemens und Origines: Andresen, ‘Erlösung’,591.60Andresen, ‘Erlösung’, 590.61Gnilka, ‘Erlösung’, 802. Zur überkonfessionellen Geltung: Gunton, ‘Erlösung/Soteriologie’, 1454-1455.62Vgl. Schmidt-Biggemann, ‘Erlösung durch Philologie’ und Hoheisel, ‘Christus und derphilosophische Stein’, z. B. 79.63Faivre, ‘Theosophy’, 465: ‘In the strict sense, the word esotericism refers to a gnosis thatoffers the individual enlightenment and salvation through a knowledge of the bonds that arebelieved to unite him to the world of divine or intermediary spirits’.64Vgl. Neugebauer-Wölk, ‘“Denn dis ist müglich, lieber Sohn!”’, bes. 142-143, sowie einBeispiel bei Trepp, ‘Im “Buch der Natur” lesen’, 104.65Vgl. die Ausführungen bei Hauschild, ‘Christologie’, 303-304 zum ‘mystischen Spiritualismus’.66Hauschild, ‘Christologie’, 304 zu Jakob Böhme.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 141mit dem Charakter der Substanz identifiziert, die das Werk der Transmutationvollbringt 67 . Andere Parallelisierungen übertragen Attribute des kirchlichenChristusbildes auf Hermes Trismegistos oder stellen sie in die eigene Verfügbarkeitdes Esoterikers. Zeigen läßt sich dies zum Beispiel an der Lehre vomdreifachen Amt Christi als “Prophet, Priester und König” 68 , die wortgleich aufHermes übertragen wird 69 und von da aus sogar in das freimaurerische Selbstverständniseingeht 70 . Es ist der kirchlich zentrale Grundsatz der Einzigartigkeitdes historischen Christus, der damit entweder unterlaufen oder sogar bewußtund gezielt angegriffen wird. Beispiele für Extrempositionen sind dasAuftreten des Giovanni “Mercurio” da Correggio in der Auftaktphase derHermetikrenaissance am Ende des 15. Jahrhunderts, des ‘hermetischen Christus’71 oder das Selbstverständnis des böhmistischen Chiliasten QuirinusKuhlmann, der sich nach Adam und Christus als dritte Fleischwerdung desgöttlichen Logos verstand 72 , sich damit also ebenfalls auf dieselbe Ebene mitChristus stellte. Solche wiederholten Reinkarnationen des Gottessohnes sindmit dem Sinnsystem des Christentums unvereinbar 73 .Fluchtpunkt esoterischer Religiosität ist nicht die historisch individuell faßbare,einzigartige Erlöserfigur, sondern das “Geheimnis des Anfangs” – derSchöpfungsplan Gottes vor der Erschaffung der Welt und die “SpracheAdams”, in der Gott vor dem Sündenfall mit dem Menschen kommunizierte 74 .Das Eindringen in beide Sphären durch esoterische Offenbarung und innereErleuchtung führt auf die wahren Namen der Dinge und damit auf das Er-67Vgl. Hoheisel, ‘Christus und der philosophische Stein’, 83-84 über den soteriologischenCharakter der spekulativen Alchemie: ‘Deswegen konnte sie sich auch das christliche Erlösungsmysteriummühelos subsumieren, ist aber selbst nicht mehr von den Grundaussagen dergroßkirchlich ausgelegten Bibel her zu begreifen und in diesem Sinne über- oder besser außerchristlich’(84).68Gunton, ‘Erlösung/Soteriologie’, 1450.69Vgl. die Vorrede, die Francesco Patrizi seiner Edition des Corpus Hermeticum voranstellte,in deutscher Übersetzung in der Ausgabe von 1706: Hermetis Trismegisti Erkäntnüß der Natur.Nachricht Von der Persohn und Genealogie Hermetis, unpag.70Dazu den Nachweis bei Neugebauer-Wölk, ‘Esoterik im 18. Jahrhundert’, 35.71Nach der neuen quellenkritischen Darstellung durch Wouter Hanegraaff: Hanegraaff,Lodovico Lazzarelli, [MS 19-40]. Hanegraaff zitiert aus einer Quelle: ‘he believed that whoeverelevated himself and endeavored to gain perfection would attain, in his opinion, the status of ason of God’ [MS 30].72Schmidt-Biggemann, ‘Erlösung durch Philologie’, 290: ‘Das Wort sollte schließlich vollendetwerden durch Quirinus Kuhlmann, den neuen “Jesuel”, und seine Frau, die neue Eva’.73Zur Bedeutung von Reinkarnationskonzepten im christlichen Abendland allgemein Zander,Geschichte der Seelenwanderung, 614-16: ‘... ist die heute in Europa herrschend gewordenespezifisch europäische Vorstellung über die Seelenwanderung, geradezu eine Reversprägung desChristentums (616). Dies gilt auch für deren vormoderne Vorläufer’.74Siehe hierzu Coudert, Die Sprache Adams und vor allem die Arbeiten von WilhelmSchmidt-Biggemann, z. B. seine Böhme-Studie ‘Das Geheimnis des Anfangs’.


142 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKlösungswissen – Grundlage für das Entziffern aller Geheimnisse der Schöpfung.5. Unsichtbare Kirche und Geheime GesellschaftAuch im Christentum hat die Kirchenorganisation als Gemeinschaft der Gläubigeneinen konfessionell oder freikirchlich unterschiedlichen Stellenwert; inesoterischen Strömungen der Frühen Neuzeit entwickelt sich jedoch einegrundsätzlich der Kirche gegenüber distanzierte Haltung. Die geistige Grundlagedieser Auffassung dürfte in dem gegen alle Dogmatik gerichteten esoterischenSelbstverständnis als freier Religiosität zu suchen sein. Erleuchtungoder Imagination als eine der zentralen Quellen des esoterischen Offenbarungs-und Erkenntniserwerbs war in ihrem Ergebnis weder festzuschreibennoch für die große Menge der Menschen organisierbar. Damit war den Kirchenals Verwaltern und Verkündern religiöser Lehrsätze der Boden entzogen,und jeder Bezug auf christliche Dogmatik wurde als Disziplinierung erlebt,wobei es weniger um die einzelnen Inhalte von Dogmen oder Konfessionsschriftenging, als um eine lehrhafte Fassung des Glaubens überhaupt. Es entstanddie Metapher der äußerlichen – toten – Kirchenorganisation, der die innerliche– lebendige – Religiosität esoterischen Denkens konfrontiert wurde.Dies führte folgerichtig zur Ablehnung kirchlicher Rituale, die ebenfalls alsäußerlich und geistlich leer verstanden wurden. Die genormten Gottesdienstformenwurden als Riten des Scheinchristentums begriffen, die nur dann zumHeil führen, wenn sie durch die Erkenntnis- und Erlebnisformen des “wahrenChristentums” ergänzt werden.So nähert sich esoterische Religiosität in der Frühen Neuzeit zunehmendder Vorstellung von einer “Unsichtbaren Kirche” 75 . Es sollte jedoch nichtübersehen werden, daß auch die Entwicklung vormoderner Esoterik Ansätzevon Institutionalisierung und formeller Gemeinschaftsbildung beinhaltet. Diesführt uns in die Geschichte der frühneuzeitlichen Sozietäten – von denRenaissanceakademien, etwa der Florentiner “Akademie” Marsilio Ficinos,über die großen Gesellschaften des Barock – wie die Fruchtbringende Gesellschaftim deutschsprachigen Raum – bis hin zu Freimaurerei und Geheimbündendes 18. Jahrhunderts 76 . Besonders an der arkanen Sozietätsbewegung wirddeutlich, wie der Gedanke der Unsichtbaren Kirche in der Realität der GeheimenGesellschaft aufgehoben und doch eine institutionelle Ebene erreichtwird. Die masonische Bewegung unternimmt es, das esoterische Erlebnis in75Hoheisel, ‘Esoterik’, 1126: ‘Typisch ist .... das Bestreben, im Wissen um geheime Beziehungenjeweils vorgefundene institutionelle Strukturen zu überwinden und eine unsichtbareGemeinschaft der Glaubenden heraufzuführen’.76Vgl. dazu ausführlich Neugebauer-Wölk, ‘Höhere Vernunft’.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 143einem arkanen Binnenraum für jeweils kleine Gemeinschaften zu organisieren.Hier entstehen zum christlichen Gottesdienst alternative Riten und Symbole;der Mythos des Christentums – die Lebensgeschichte von Jesus Christus– wird durch die Lebensgeschichte von Hiram, dem Baumeister des SalomonischenTempels, in ihrer Zentralstellung abgelöst. Es wird ein Gradsystem eingeführt,das der stufenweisen Enthüllung esoterischer Erkenntnis eine organisierteForm verleiht. Eine solche Hierarchie des religiösen Wissens ist imchristlichen Rahmen undenkbar; christliches Heilswissen steht allen Menschenauf gleicher Stufe und im freien Zugang zur Verfügung.Es war die Intention des voraufgehenden Entwurfs von fünf Themenkreisen,die Struktur eines esoterischen Sinnsystems der Frühen Neuzeit so zu formulieren,daß es in die Strukturen des christlichen Sinnsystems nicht mehr integriertwerden kann. Das gilt selbstverständlich auch umgekehrt: Esoterik kanndas Christentum nicht umfassen und in sich aufheben, ein Anspruch, der vonesoterischen Denkern immer wieder erhoben wird. Im Zuge der Darstellungkonnte darüber hinaus darauf verwiesen werden, daß auch die Elementechristlicher Symbolsysteme auf der Ebene von Mythos, Symbolen und Ritualin der frühneuzeitlichen Esoterik transzendiert werden.Das Ziel des Entwurfs war die Beschreibung sachlich-objektiver Zusammenhänge;Hinweise auf personenbezogene Beispiele wurden nur als Veranschaulichungbeigefügt. Das entspricht der Absicht, eine religiöse Konzeptionvorzustellen, also Esoterik gegen das Christentum als Paradigma abzugrenzen,nicht Esoteriker gegen Christen. In der einzelnen Biographie, im persönlichenProfil, wird eine unzweideutige Zuordnung zur Esoterik nur in Einzelfällenmöglich sein. Eine überindividuelle Modellkonzeption ist deswegenaber nicht obsolet. Die historische Erforschung der Frühen Neuzeit bedarf einesMusters, um die Auswirkungen der religiösen Konkurrenz auf die Menschendiagnostizieren bzw. deren Beitrag zur Herausbildung des religiösenParadigmas “Esoterik” analysieren zu können. So wird ein Verständnisrahmenzur Verfügung gestellt, durch den esoterische Tendenzen in Argumentationszusammenhängenund Verhaltensweisen auch dann erkannt werden können,wenn sie in eine äußerlich christlich orientierte Sprache eingebettet sind undmit christlichen Symbolen und Ritualen arbeiten oder spielen. Die Stärke desesoterischen Elements in einer synkretistischen Konstellation wird deutlichund kann unabhängig von der dominierenden Religion für eine plurale europäischeReligionsgeschichte wissenschaftlich formuliert werden. Das hiervorgestellte Modell allerdings kann nicht als abgeschlossen gelten. Der Entwurfist offen für Kritik, Korrekturen und Ergänzungen – es sind nur Prolegomenazur Klärung des Problems religiöser Differenz.


144 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKIIIDie Geschichte der Konfrontation von Esoterik und Christentum in der FrühenNeuzeit kann man aus vielen Perspektiven erzählen. Hier sollen als konkretesBeispiel einige Grundlinien des Streits zwischen Pietismus und lutherischerOrthodoxie nachgezeichnet werden, der die Religionsgeschichte des 17. Jahrhundertsim deutschsprachigen protestantischen Raum geprägt hat. DieAusgangssituation konstituiert sich in der Vorlaufphase des DreißigjährigenKrieges. Im Jahrzehnt zwischen 1605 und 1614 etabliert sich esoterische Religiositätals “Wahres Christentum”, und der Braunschweiger Pfarrer JohannArndt verleiht ihr diesen Namen 77 . Arndt hat Medizin studiert, nicht Theologie78 , und ist ein Anhänger des Hermetikers Paracelsus 79 . Das letzte seiner VierBücher von wahrem Christenthumb 80 ist das “Buch der Natur” und entwickeltdie Hermeneutik der esoterischen Zeichentheorie: ‘Alle Kreatur hat nur deneinen Zweck, Hinweis auf Gott zu sein – eine eigentümliche, den Verweischarakterder sichtbaren Schöpfung auf das Unsichtbare betonende emblematischenatürliche Theologie’ 81 . In der Geschichte der frühneuzeitlichen Philosophiaperennis von Wilhelm Schmidt-Biggemann folgt die Darstellung vonJohann Arndts Theologie unmittelbar auf die platonische Theologie desMarsilio Ficino:Als ... Johann Arndt sich 1597 zum Sinn von Bildern äußerte und en passant eineTheorie seiner Emblematik lieferte, konnte er die Theorie der Phantasie, wie siesich in der Tradition neuplatonischer Philosophia perennis entwickelt hatte, voraussetzen... Die Bilder gelten für Arndt einmal als göttliche Eingaben in Traumund Prophetie, zum anderen zeigen sie die ersten Hieroglyphen der Weisheit, dieGott für alle Menschen in der Natur verborgen hat und deren Signatur allenFrommen, den Heiden wie den Christen, zugänglich ist 82 .Diese Offenbarung hinter der Offenbarung und ihre Hermeneutik stuft die Bibelals Wort Gottes herab; sie wird zum ‘tertiären Zeugnis’ 83 . Dem “wahrenChristentum” verbindet sich die “wahre Wissenschaft”, seine alchemistischeDimension 84 . Es überwindet das äußerliche ‘Scheinchristentum’ durch indivi-77Vgl. im Überblick Wallmann, ‘Johann Arndt’.78Schneider, ‘Johann Arndt als Paracelsist’, 92.79Dazu jetzt die Arbeiten von Carlos Gilly zum Paracelsismus als einer religiösen Bewegung,etwa Gilly, ‘Theophrastica Sancta’, ders., ‘Bekenntnis zur Gnosis’ und speziell ‘Johann Arndtund die “dritte Reformation”’.80Hauptwerk Arndts; das erste Buch erschien erstmals 1605 in Frankfurt am Main, einschließlichder Bände II bis IV kam es zuerst 1610 in Magdeburg heraus.81Wallmann, ‘Johann Arndt’, 206.82Schmidt-Biggemann, Philosophia perennis, 43.83Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 3, 360.84Geyer, ‘die pur lautere Essenz’, 82-86.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 145duelle Aneignung des Glaubens auf dem Wege der Transmutation des Menschen,der Wiedergeburt, die ihn in die gottunmittelbare Weisheit Adams vordem Sündenfall zurückversetzt 85 . Der so Wiedergeborene herrscht über dieNatur und besitzt die Kunst der alten Magi des Ostens 86 . Das Ziel des wahrenGlaubens ist die Vergöttlichung, die Transformation der irdischen Existenz‘aus einer adamisch-sündlichen in eine christusförmige geistliche Existenz’ 87 .Nur wenige Jahre später begründet der Görlitzer Schuhmacher und KaufmannJakob Böhme mit seiner Schrift Die Morgenröte im Aufgang (Aurora)die frühneuzeitliche Theosophie. Die Distanz dieses auf Erleuchtungserlebnissenbasierenden Werkes zum kirchlichen Christentum ist so eklatant,daß es zu Lebzeiten des Autors nur als Manuskript zirkuliert 88 . Die lutherischeKirche ist Böhme das Babel seiner Zeit, ‘antichristlich und dem Streit verfallen’89 . Sein Christusbild entspricht nicht der biblischen Geschichtserzählungvom Leben Jesu, ‘vielmehr sieht er Christus in einer Art triadischer Typologie,die auch begreifbar macht, was der “Christus in uns” ist’ 90 . Christologie ist beiBöhme also mit Anthropologie untrennbar verbunden: ‘Christus ist der zweiteAdam, der all das erfüllt, worin der erste Adam versagte’ 91 . Tod und AuferstehungChristi, menschliche Wiedergeburt und die Transmutation der Metallesind ein und derselbe Prozeß 92 .Offenbarung kommt für Böhme aus der persönlichen Imagination, aus der‘Lektüre des inneren Buches des Menschen’ 93 :Mein Buch hat nur 3 Blätter, das sind die 3 Principia der Ewigkeit; darinnen kannich alles finden, was Moses und die Propheten, so wol Christus und die Apostelngeredet haben. Ich kann der Welt Grund und alle Heimlichkeit darinnen finden... 94Böhme hat dieses Selbstbild, alle seine Erkenntnisse nur aus der Imaginationzu beziehen, betont und gepflegt und daher sorgsam darauf geachtet, in seinenSchriften keine Hinweise auf eigene Lektüre zu geben. Die Forschung kannjedoch heute für die Werke ab 1619 ‘eine intensive Auseinandersetzung mitweigelschem, paracelsischem, alchemistischem und kabbalistischem Gedan-85Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 3, 343.86Geyer, ‘die pur lautere Essenz’, 94.87Geyer, ‘die pur lautere Essenz’, 97.88Wehr, Jakob Böhme, 24.89Brecht, ‘Die deutschen Spiritualisten’, 213.90Schmidt-Biggemann, ‘Das Geheimnis des Anfangs’,124.91Rusterholz, ‘Jacob Böhme und seine Anhänger’, 79.92Rusterholz, ‘Jacob Böhme und seine Anhänger’, 80.93Rusterholz, ‘Liber Naturae und Liber Scripturae’, 135.94Aus dem 12. Theosophischen Sendbrief von 1621, zitiert nach Rusterholz, ‘Liber Naturaeund Liber Scripturae’, 132.


146 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKkengut’ belegen 95 . Mit Sicherheit kannte er Arndts Wahres Christentum 96 . Seineesoterische Hermeneutik der Bibel und des Buchs der Natur war dieserTradition verpflichtet, gewann aber auch Originalität in einem eigenenEntschlüsselungsverfahren, das vom äußeren Zeichen zum “wahren Verständnis”der <strong>Text</strong>gestalt aller Offenbarung vordringen wollte 97 .1610 erschien die erste Gesamtausgabe des Arndtschen Wahren Christentums,1612 schrieb Böhme seine Aurora, 1614 begann der unautorisierte Abdruckder “Manifeste” der Rosenkreuzer 98 . Schlüsseltext ist das erste der dreiManifeste, die Fama Fraternitatis, entstanden im Tübinger Freundeskreis umden Juristen und Alchemisten Tobias Hess, verfaßt von Johann ValentinAndreae 99 . Im Zentrum der Botschaft steht die mythische Geschichtserzählungdes Lebens von Christian Rosenkreuz, deren äußere christliche Bezüge dasSpielmaterial sind, mit dem sich das hermetische Weltbild entfaltet. Die Pilgerreisevon Christian Rosenkreuz nach Jerusalem, der Suche nach wahremWissen gewidmet, endet im islamischen Orient, in Arabien und Ägypten –dem Ruf der Weisen folgend 100 . Rosenkreuz erhält das Buch der Welt, derNatur und übersetzt es mithilfe esoterischer Zeichenlehre 101 . Das so gewonneneWissen wird durch das Geheimnis der Wiedergeburt die Generalreformationder Welt ermöglichen. Die letzte und endgültige Reformation wird nichtvon der Kirche getragen. Ort ihrer Vorbereitung ist die geheime Gesellschaft,von deren Gründung die Fama Fraternitatis berichtet 102 und die von nun anvon den Anhängern der Rosenkreuzer in ganz Europa gesucht wird 103 .Die voraufgehenden Bemerkungen stehen nicht für ein eigenständiges odergar erschöpfendes Verständnis von Arndt, Böhme und dem Tübinger Rosenkreuzerkreis.Sie sind vielmehr empirische Annotationen zu den fünf Themenkreisender Differenz zwischen Esoterik und Christentum – bezogen auf eineder wichtigsten Konstituierungsphasen esoterischer Religiosität vor 1800. Dieberühmten Beispiele sind eingebettet in eine Flut einschlägigen Schrifttums,die zwischen 1609 und 1618 ständig anstieg 104 . Sie mußte bei den Vertreternder herrschenden religiösen Lehre Widerstand hervorrufen.95Rusterholz, ‘Jakob Böhme und seine Anhänger’, 68.96Rusterholz, ‘Jakob Böhme und seine Anhänger’, 82.97Rusterholz, ‘Jakob Böhme und seine Anhänger’, 80.98Cimelia Rhodostaurotica, 69.99Gilly, ‘Entstehung und Überlieferung’, 17-33.100Edighoffer, Die Rosenkreuzer, 17-19.101Edighoffer, Die Rosenkreuzer, 22.102Vgl. Andreae, Fama Fraternitatis, ed. van Dülmen, 21-23.103Zur Wirkungsgeschichte jetzt die Beiträge des Tagungsbandes Rosenkreuz als europäischesPhänomen und Kühlmann, ‘Sozietät als Tagtraum’.104Koch, Das konfessionelle Zeitalter, 238.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 147Die Reaktion der lutherischen Theologie entwickelte sich massiv und zeitgleichzur Niederlage der calvinistischen Partei in der Schlacht am WeißenBerg, eine politische Kraft, die Frances Yates mit der europäischen Offensivedes Rosenkreuzertums identifiziert hat 105 . Die Gültigkeit dieser weitreichendenThese sei dahingestellt – unbestritten ist, daß seit dem Beginn der 1620erJahre die Polemik gegen Rosenkreuzer und Paracelsisten zur Ausbildung derTheologen an den lutherischen Fakultäten gehörte 106 . Daß Tübingen ein frühesZentrum der Abwehr war, war selbstverständlich kein Zufall: 1622 gibt es hiereinen Prozeß gegen einen Buchhändler, der die Rosenkreuzerschriften undTraktate von Johann Arndt vertreibt 107 , und 1623 erscheint ein TheologischesBedencken Lucas Osianders des Jüngeren, eines Professors der Tübinger Universität,der die “unreinen Quellen” von Arndts Wahrem Christentum angreift108 . Gegen die esoterische Relativierung der Bibel und den Glauben anvielfache Offenbarung verdichtet die Orthodoxie – von Wittenberg ausgehend– seit 1625 das Verständnis der Heiligen Schrift zur “Inspirationslehre”: Nurdie Bibel führt zum Geist Gottes, ihre Autorität ist einzigartig 109 . Jedes ihrerWorte ist unmittelbar von Gott inspiriert – bis hin zur Punktation der hebräischenBuchstaben 110 . Das bedeutete die Grenzziehung zur kabbalistisch bestimmtenesoterischen Hermeneutik – hier gab es keinen Spielraum mehr fürdie Offenbarung hinter der Offenbarung, für ein hintergründiges Lesen heiliger<strong>Text</strong>e oder die Entzifferung der Zeichenhaftigkeit der Welt 111 . Gott sprachnicht verschlüsselt, sondern direkt und im unmittelbaren Wortsinn zu denMenschen.Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts bringt auf dieser Basis die antiesoterischenSynthesen und den orthodoxen Generalangriff: Das “Wahre Christentum”wird als Religiosität heidnischen Ursprungs identifiziert, und dieÜbereinstimmungsthese zwischen Hermetik und Christentum, die die platonischeTheologie der Renaissance mit so großem Aufwand als “prisca sapientia”entwickelt hatte, zurückgewiesen. 1665 erscheint eine Arbeit des JacobThomasius, des Rectors der Leipziger Nicolaischule und Vaters von ChristianThomasius 112 , in der er – wie Ralph Häfner vorsichtig und umständlich formuliert–‚ die Anerkennung der geschichtlichen Differenz heidnischer und christlicherLehren nicht mehr zugunsten einer apologetisch begründeten Überein-105Yates, Aufklärung im Zeichen des Rosenkreuzes.106Koch, Das konfessionelle Zeitalter, 344.107Koch, Das konfessionelle Zeitalter, 344-345.108Schneider, ‘Johann Arndt als Paracelsist’, 91.109Weber, ‘Inspiration der hl. Schrift’, 777.110Weber, ‘Inspiration der hl. Schrift’, 778.111Koch, Das konfessionelle Zeitalter, 238.112Schediasma historicum. Vgl. Sachse, ‘Jakob Thomasius’, 108-109.


148 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKstimmung beider aufzugeben gewillt war 113 . Jetzt geht es nicht mehr um einzelneSchriften und einzelne Autoren, sondern um die “mystische Theologie” inihrer Gesamtheit, die die ‘durch den Glauben bezeichnete Grenze der menschlichenErkenntnis überschritten habe’ 114 . Astrologie und Magie haben nachThomasius die Lehre Christi korrumpiert; Elemente esoterischer Religiositäterscheinen als Destruktion des Christentums 115 . 1690 findet diese Literatur fürdas 17. Jahrhundert ihren Höhepunkt und Abschluß: Ehregott Daniel Colberg,Professor in Greifswald, veröffentlicht sein Platonisch-hermetisches Christenthum,eine flammende Streitschrift gegen die ‘Fanatische Theologie’ seinerZeit, gegen Paracelsisten, Rosenkreuzer, Böhmisten und Spiritualisten allerRichtungen. Colberg bringt die Kontroverse auf den Punkt:Ob nun gleich die Schwarmgeister diese beyden Principia, Cabalem undMagiam, oder die Erkäntnüß sein selbst und das Buch der Natur, die inwendigeund auswendige Offenbahrung, eintzig und allein erkennen, so setzen sie dochzum Schein die heil. Schrifft hinzu, damit sie von den Unwissenden dennoch fürgute Christen möchten angesehen werden, wiewohl sie nicht das geringste, so inder heiligen Schrifft geschrieben stehet, gläuben ... 116Die Verwendung der christlichen Narratio gegen ihren christlichen Sinngehaltwar damit auch zeitgenössisch festgestellt.Der Stand der Debatte ließ beim Erscheinen des Platonisch-hermetischenChristentums nicht erkennen, daß die Orthodoxie hier für die geistesgeschichtlicheDeutungshoheit der Frühen Neuzeit ihren Schwanengesang angestimmthatte. Es dauerte nicht einmal ein Jahrzehnt, bis Colberg seinen Meisterfand: Zur Ostermesse 1699 erschienen die ersten beiden Bände derUnpartheyischen Kirchen- und Ketzer-Historie, der Geniestreich des GottfriedArnold, zum Zeitpunkt der Publikation freier religiöser Schriftsteller undin Quedlinburg ansässig 117 . Die Botschaft dieser Bände war nicht neu; die esoterischeTheologie Jakob Böhmes und die Lehren des Paracelsus – eines der‘wenigen Zeugen der evangelischen Wahrheit’ 118 – waren die Grundlagen derPräsentation des wahren Christentums. Seinen geistlichen Standort bezog derAutor darüber hinaus aus göttlicher Erleuchtung, die ihm auch die ‘übrigeNatur der verborgenen Dinge zu erkennen’ erlaube 119 . Was der Arbeit ihre113Häfner, ‘Jacob Thomasius’, 142.114Zitiert nach Häfner, ‘Jacob Thomasius’, 146. Vgl. zu dem Gesamtprozeß einschlägigerKritik, der im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts abgeschlossen wurde, auch Schmidt-Biggemann, ‘Die philologische Zersetzung’, 37-38.115Häfner, ‘Jacob Thomasius’, 147, 157.116Zitiert nach Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 3, 352.117Schmidt, ‘Gottfried Arnold’.118Schlögl, ‘Hermetismus als Sprache der “unsichtbaren Kirche” ’, 167.119Zitiert nach Schlögl, ‘Hermetismus als Sprache der “unsichtbaren Kirche”’, 170.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 149ungemeine Wirkung verlieh 120 , das war die konsequente Einbettung esoterischerReligiosität in den Gesamtverlauf der Kirchengeschichte. Die eigenereligiöse Position wurde mit dem Urchristentum identifiziert. Nach dessenUntergang in der Phase der Dogmatisierung und Institutionalisierung habe dieVerfallsgeschichte eingesetzt, in der die wahren Christen als Ketzer erscheinen.Die “sichtbare Kirche” hatte also nicht etwa im Laufe ihrer Entwicklungeine Verfallsgeschichte erlebt – sie war von Anfang an und grundsätzlich illegitim:Gegnerin des wahren Christentums und seiner Bekenner 121 .Arnolds Kirchen- und Ketzergeschichte ist die Kampfschrift einer religiösenPartei. Gelesen wurde sie als Manifest religiöser Freiheit. Und das warnicht völlig unberechtigt, denn die Orthodoxie des nun abgelaufenen Jahrhundertshatte sich ja keineswegs mit argumentativem Streit begnügt, sondern diekirchliche Macht zur Unterdrückung ihrer Gegner eingesetzt. Vor allem in derEndphase des Jahrhunderts, ab 1680, liefen massive Disziplinierungsoffensiven,für die die Beispiele der Hamburger und Leipziger Verfolgungennur besonders markante Belege sind 122 . Das Problem war nur, daß die positiveQualität religiöser Befreiung auf die inhaltliche Substanz esoterischer Religiositätübertragen wurde. In die nun anbrechende Frühaufklärung ging das esoterischeKonzept nach seinem Selbstbild ein, die Orthodoxie dagegen gemäßihrem Fremdbild als ein äußerlicher und toter Glaubenszwang. EsoterischeReligiosität stand für das Leben, für individuelle Entscheidung in Glaubensfragen,für schöpferische Kreativität gegen Buchstabengläubigkeit, für Toleranzstatt gelehrter Rechthaberei 123 .Auch auf dieser Grundlage baute die Aufklärung ihre Kirchenkritik. AllgemeineSäkularisierung und die Durchsetzung des esoterischen Bildes vomChristentum liefen parallel. Natürlich vollzog sich diese Entwicklung in einzelnenSchritten des Übergangs. Als Johann Lorenz Mosheim 1746 seinen‘Versuch einer unparteiischen und gründlichen Ketzergeschichte’ veröffentlichte,da war die Distanz zu Arnold noch deutlich spürbar, und der Autor sahin den Aktivitäten der Ketzer die ‘Ursache der spekulativen Überwucherungdes einfachen Glaubens an Jesus als den Erlöser des menschlichen Geschlechts’124 . Aber die Vehemenz der Orthodoxie des 17. Jahrhunderts wirdnicht mehr entfernt erreicht; eine gewisse Unsicherheit ist deutlich spürbar 125 .120Zur Rezeption insgesamt Berneburg, ‘Einige Gesichtspunkte’.121Vgl. Schlögl, ‘Hermetismus als Sprache der “unsichtbaren Kirche” ’, 166-167.122Vgl. exemplarisch Rückleben, ‘Niederwerfung der hamburgischen Ratsgewalt’ undLeube, ‘Geschichte der pietistischen Bewegung in Leipzig’.123Lau, ‘Orthodoxie’, 1727.124Meijering, ‘Mosheim und die Orthodoxie’, 265.125Vgl. die Schlußbemerkungen bei Schmidt-Biggemann, ‘Platonismus, Kirchen- undKetzergeschichte’, 209-210.


150 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKUnd wenn Mosheim noch die Dogmen verteidigt, so ist dies schon ein Ausklang.Die Kirchenkritik des 18. Jahrhunderts stellt zunehmend die Lehrentwicklungin den Mittelpunkt, und deren historische Relativierung wird ganzund gar aus der esoterischen Tradition übernommen. In der protestantischenAufklärung entsteht so die Dogmengeschichte als Dogmenkritik, wird Teildisziplinder Theologie und kommt im Werk Johann Salomo Semlers zu einemersten Abschluß 126 . Die Begründung der historisch-kritischen Bibelexegesebegleitet diesen Prozeß und entzieht der Inspirationslehre, der Auffassungvom unmittelbar göttlichen Ursprung des Bibeltextes den Boden, derjenigenLehre also, die von der Orthodoxie als Damm gegen die Flut esoterischer Hermeneutikaufgerichtet worden war 127 . So unterliegt die Orthodoxie der Aufklärungauch in ihrer Funktion als Bollwerk gegen Konzepte der esoterischenReligiosität. Im Ergebnis steht der theologische Verzicht auf eine Definitiondes Christentums aus seiner Lehre; eine substantielle Differenz zu anderenreligiösen Entwürfen wird damit nicht mehr verbindlich faßbar.IVDie Nachwirkungen dieser Weichenstellung des 18. Jahrhunderts sind vielfältig.Bezogen auf die Entwicklung von Arndt bis Arnold reichen sie weit hineinin die moderne Geschichte des Pietismus. Aktuell und paradigmatisch läßtsich das an dem neuen einschlägigen Standardwerk zeigen, das die “HistorischeKommission zur Erforschung des Pietismus” erarbeitet hat und dessenerster Teil 1993 erschienen ist. Der Herausgeber dieses Auftaktbandes, derMünsteraner Theologe Martin Brecht, kennt selbstverständlich den historischenEntwicklungshintergrund und verweist mit aller Klarheit auf die darausresultierenden Schwierigkeiten, die bis heute einer wissenschaftlich adäquatenDarstellung der Religionsgeschichte des 17. Jahrhunderts im Wege stehen.Eine Reform innerhalb des kirchlichen und theologischen Systems, so Brecht,habe den Pietisten nicht genügt. Daher sei es zwischen der Spätorthodoxie unddem Pietismus in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts zur harten Konfrontationgekommen:In dieser Situation schuf Gottfried Arnold in seiner Kirchen- und Ketzerhistorie(1699) das Feindbild von der toten Orthodoxie, das vom Pietismus wie von derAufklärung übernommen wurde und bis heute derart haftet, daß es den unbefangenenBlick auf die Kirchengeschichte des 17. Jahrhunderts verstellt 128 .126Drumm, ‘Dogmengeschichte’, 299.127Vgl. Hauschild, ‘Dogmengeschichtsschreibung’, 116, sowie Fischer, ‘Dogmatik. In derprotestantischen Theologie’, 293.128Brecht, ‘Aufkommen der neuen Frömmigkeitsbewegung’, 167.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 151Um neue Wege zu gehen, hat sich das Herausgebergremium der Geschichtedes Pietismus dafür entschieden, einen weiten Pietismusbegriff anzusetzen,der das 17. Jahrhundert vollgültig einbezieht, obwohl sich die Sammelbenennung“Pietismus” zeitgenössisch erst am Ende des Jahrhunderts durchsetzt 129 .So beginnt die pietistische Bewegung in Deutschland mit Johann Arndt, JohannValentin Andreae und den Rosenkreuzern; Jakob Böhme wird behandelt,und dann erst folgt Philipp Jakob Spener, sein Programm und dessen Auswirkungen130 . Da sich das Arnoldsche Bild von der “toten Orthodoxie” vor allemaus den Kämpfen des späten 17. Jahrhunderts herleite, dürften mit dem frühenBeginn der Darstellung, so der Wunsch der Herausgeber, auch die Reaktionender universitären Theologie auf die neue religiöse Bewegung objektiver undklarer verständlich werden: Indem man die positiven und negativen Beziehungender Orthodoxie zu Arndt behandele, ‘dürfte sich auch von ihr ein zutreffenderesBild ergeben, das die alten Widersprüche überwindet’ 131 .Aber diese Konzeption einer modernen Pietismusforschung hat nicht nurAuswirkungen auf das Bild der Orthodoxie. Wenn der Pietismus bei Arndt,Andreae und – zumindest als verwandte Form – auch bei Böhme beginnt, dannbedeutet das, daß diese Bewegung nicht nur von radikalen Varianten begleitetwird, die immer wieder aufkommen, aber insgesamt Randphänomene darstellen132 – es bedeutet, daß der Pietismus insgesamt seine Anfänge in der esoterischenReligiosität des 17. Jahrhunderts hat. Wie behandelt die Pietismusforschungnun dieses Problem? Um das Resultat vorwegzunehmen: Hierverbleibt auch die neue Geschichte des Pietismus ganz in der durch das 18.Jahrhundert vorbereiteten Sichtweise. Sie lautet: Das Charakteristikum derunorthodoxen religiösen Bewegung seit Johann Arndt ist nicht ihr substantiellerreligionsgeschichtlicher Sinn (der mit der Lehre des kirchlichen Christentumsabzugleichen wäre), sondern eine religiöse Verhaltensweise, die besondereIntensität ihrer geistlichen Lebensführung, kurz die spezifische Qualitätihrer “Frömmigkeit”. Die Pietismusforschung untersucht das ‘Aufkommender neuen Frömmigkeitsbewegung’, wenn sie ihren Gegenstand in der erstenHälfte des 17. Jahrhunderts verfolgt 133 . Die neue Haltung antworte auf die‘Frömmigkeitskrise um 1600’ 134 und gewinne ihre Würde aus ihrem Engage-129Siehe die Einleitung Martin Brechts zur Begründung der Konzeption des Bandes, in Ders.,Der Pietismus, 5-6.130Vgl. die Inhaltsübersicht in Brechts, ‘Der Pietismus’, VIII-IX.131Brecht, ‘Einleitung’, 6.132Vgl. zur Problematik der Einordnung des Radikalpietismus Schneider, ‘Der radikale Pietismus’.133Brecht, Der Pietismus, 113.134Brecht, ‘Die deutschen Spiritualisten’, 205.


152 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKment, ihrer Hingabe an ihren Glauben, das Ausrichten des Alltags und derganzen Person auf die religiöse Überzeugung.Diese Auffassung hat den Vorzug, das zeitgenössische Stichwort aufzugreifenund ernstzunehmen: Pietisten hießen die, die nach der pietas, dem frommenLeben strebten. ‘Der Pietismus ... lehnt die Dogmen ab, weil es im Christentumnicht auf die Lehre u. Formulierungen ankommt ..., sondern auf die“praxis pietatis”’, hat Harald Wagner im Lexikon für Theologie und Kircheformuliert 135 . Es lohnt sich, dieser Sichtweise näher nachzugehen. Interessantist zum Beispiel der Hinweis in Wolf-Dieter Hauschilds Lehrbuch der Kirchen-und Dogmengeschichte, der zum Stichwort “Frömmigkeit” die Praxisder “Meditation” hervorhebt, die ‘als propagierte Privatandachtsform’ zunehmendeBedeutung gewann: ‘sie sollte einen intensivierten Umgang mit GottesWort ermöglichen, weil die öffentliche Predigt derartiges offenbar kaum bewirkte’136 . Die Erwähnung von Meditationsformen führt auf die Frage, wienahe die Praxis des Pietismus eigentlich der esoterischen Praxis war. AntoineFaivre erwähnt diese Affinität im zweiten Aspekt seiner Esoterikdefinition,wenn er über die esoterische Imagination schreibt:Diese Einbildungskraft begründet eine visionäre Philosophie. Vor allen Dingenbelebt und speist sie den theosophischen Diskurs, in dem sie sich – ausgehendvon Meditationen über die Verse der offenbarten Schrift – realisieren und entfaltenkann, so etwa an Hand des Zohar in der jüdischen Kabbala oder in der großenStrömung der abendländischen Theosophie, die zu Beginn des 17. Jahrhundertsin Deutschland ihren Ausgang nimmt 137 .Schon diese Überlegungen führen darauf, daß der Inhalt des Begriffs “Frömmigkeit”wohl umfassender anzusetzen ist, als es unserem heutigen Alltagsverständnisentspricht. Martin Brecht führt in seiner Begründung für dieepochenübergreifende Konzeption der Geschichte des Pietismus einen Belegaus der Lebensgeschichte Johann Valentin Andreaes an, der zeigen soll, wiefrüh das Wort “Pietas” als Zentralbegriff der neuen religiösen Bewegung im17. Jahrhundert nachweisbar ist. Der Kontext dieser Quelle zeigt aber weitmehr. Es geht darum, daß der Tübinger Theologieprofessor Matthias Hafenreffergegenüber seinem Studenten Andreae 1612 ‘die Pietas als Zentrum undZusammenfassung allen Wissensstrebens’ bezeichnet hat 138 . 1612 gibt es dieManuskripte der rosenkreuzerischen Manifeste bereits seit mindestens dreiJahren 139 , und ein Samuel Hafenreffer – vielleicht der Sohn des Professors –135Wagner, ‘Dogma’, 287.136Hauschild, Lehrbuch, 655.137Faivre, Esoterik im Überblick, 29.138Brecht, ‘Einleitung’, 5.139Gilly, ‘Entstehung und Überlieferung’, 37.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 153war wie Andreae Mitglied des geheimen Zirkels um Tobias Hess, in dem sieentstanden waren 140 . Das Zitat führt also in mehrfacher Hinsicht auf den Kerndes Pietas-Begriffs im rosenkreuzerischen Umfeld: “Frömmigkeit” bedeutethier, aus dem Glauben heraus das Wissen erstreben. Wilhelm Schmidt-Biggemann hat diese Konnotation der “Praxis pietatis” mit überlegenerKenntnis frühneuzeitlicher Esoterikgeschichte schon aus der Renaissance hergeleitet,indem er ein Wort Agostino Steuchos aus der Widmung seiner Philosophiaperennis an Papst Paul III. hervorhob: ‘Mir ist immer der Satz in derPhilosophie wahr erschienen, daß die Weisheit und die Frömmigkeit aus denselbenQuellen stammen’ 141 . Letztlich geht das Konzept der Pietas wie alleEsoterik auf das 15. Jahrhundert zurück:Die Philosophie bekommt den Charakter der Heilswissenschaft; ihr Wissen istHeil, weil es aus der heiligen Wissenschaft stammt, deren Gegenstand das Heiligeist. Die Philosophia perennis bekommt so durchaus gnostische Züge, sie führtüber sich selbst hinaus zur Praxis Pietatis und ist selbst Vollzug dieser Pietät imErkennen. Als eine solche halbgnostische Lehre hat Ficino seine Philosophiaprisca gefaßt, er hat sie in die Nachfolge des Moses gestellt und selbst als Formder Theologie begriffen 142 .“Frömmigkeit” ist der Hilfsbegriff der modernen protestantischen Kirchengeschichtsschreibung,eingesetzt um die theosophische Entstehungsgeschichtedes Pietismus in die Geschichte des Christentums integrieren zu können. Aberes zeigt sich, daß eben dieses Wort einer der Schlüsselbegriffe ist für die esoterischeVerbindung von Glauben und Wissen, und daß es in dieser Bedeutungzeitgenössisch gebraucht wurde. So ist es nicht überraschend, daß mit diesemBegriff auch die Brücke zwischen frühneuzeitlicher und moderner Esoterikgeschlagen werden kann. Der ausgewiesene Pietismus- und New-Age-ExperteChristoph Bochinger deutet dies zumindest an, wenn er vorschlägt, die heutigeEsoterik unabhängig von ihren Inhalten ‘als charakteristische Frömmigkeitsformder Gegenwart zu beschreiben’ 143 . Noch deutlicher wird dieser Zusammenhangbei Walter Sparn, dessen theologischer Orientierungsversuch zumPhänomen der Gegenwartsesoterik genau da beginnt, wo die Kirchengeschichtsschreibungdie frühneuzeitlichen Esoteriker abholt, nämlich bei derFrömmigkeitskrise. Die breite Akzeptanz esoterischer Anschauungen heutemache einen bedenklichen Mangel offenbar – ‘die anscheinend immer wiederunzureichende Berücksichtigung der gelebten christlichen Frömmigkeit’ 144 :140Cimelia Rhodostaurotica, 48.141Schmidt-Biggemann, Philosophia perennis, 63.142Schmidt-Biggemann, Philosophia perennis, 58.143Bochinger, ‘Was ist Esoterik?’, 274.144Sparn, ‘Esoterik?’, 333.


154 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKDer genannte Mangel ist auch früher schon, zum Beispiel im Zuge der Verwissenschaftlichungder evangelischen Theologie um 1600, aufgetreten und hatschon dort esoterische Frömmigkeitsbewegungen auf den Plan gerufen, etwa die“Rosenkreuzer”, die “pansophischen” Böhme-Zirkel, die pietistischen “Konventikel”145 .So gerät den christlichen Interpreten esoterischer Strömungen der FrühenNeuzeit die Darstellung ihres Gegenstandes stets zur Selbstkritik. Immer ist esein Defizit an Glaubensintensität, an Lebendigkeit, an Freiheit oder Toleranz,das die Gegenbewegungen auf den Plan ruft. Immer haben die Vertreter einerverknöcherten Theologie das existentielle Bedürfnis der Basis übersehen, intensiveSpiritualität zu erfahren. So feiert das Bild von der toten Orthodoxieals Feindin des lebendigen Christentums bei allem Wissen um seinen ideologischenCharakter im Modell des Pietismus als Frömmigkeitsbewegung einebemerkenswerte Wiederkehr. Es kann nur restlos überwunden werden, wennsich die Erkenntnis durchsetzt, daß Esoterik nicht als freier und frommer Glaubeder kleinen Leute entstanden ist, sondern als hochdifferenziertes Modellhochgebildeter Vertreter der europäischen Renaissance, daß Gelehrte eineneue Theologie gegen die alte gesetzt haben, und daß das etwas mit geistigerKonkurrenz, aber wenig mit dem Gegensatz zwischen toter und lebendigerReligiosität zu tun hat. Die pietistische Bewegung des 17. Jahrhunderts ist eineder neuzeitlichen religiösen Strömungen, in denen sich Aspekte des Modellsesoterischer Theologie popularisieren und mit einer solchen Dynamik verbreiten,daß sie im Rahmen des alten Glaubens nicht mehr beherrschbar sind. Diesepietistische Bewegung konnte nur um den Preis der Verdrängung ihrer Inhalteins Luthertum integriert werden. So trifft sich die Strategie theologischerKirchengeschichtsschreibung in bemerkenswerter Weise mit Strategien derEsoterikforschung: Die Betonung des formalen religiösen Verhaltens löst dasProblem der Differenz und integriert frühneuzeitliche Esoterik ins Christentum,wie auch immer ihre Glaubensaussagen aussehen mögen.Angesichts dieser forschungsgeschichtlichen Situation scheint es nichtübertrieben, wenn man das Erscheinen der Marburger Dissertation von HermannGeyer im Jahre 2001 als Sensation versteht. Am Werk Johann Arndtswird hier der Paradigmenwechsel vollzogen von der Frömmigkeitshypothesezum theologischen Verständnis des Pietismus auf neuer religionsgeschichtlicherGrundlage. Die Ausgangslage, die Geyer vorfand, beschreibt er selbst inder Konsequenz der hier dargestellten Alternative:Ja, es gilt nicht einmal als ausgemacht und wird vom mainstream der Forschung... mit Vehemenz bestritten, daß Arndt überhaupt eine eigene “Theologie” vertre-145Sparn, ‘Esoterik?’, 334.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 155ten habe. Vielmehr sei sein Thema eine “die Theologie” nach der Seite des Lebenshin ergänzende “Frömmigkeit” gewesen, mithin habe sein entscheidenderImpuls eine “Frömmigkeitsbewegung” hervorgebracht.Bezeichnenderweise überlagert sich die Frage nach einem je zu bestreitendenoder zu bestätigenden lutherisch-orthodoxen Profil mit der Frage, ob Arndt eineeigenständige Theologie vertreten habe oder nicht, auf präzise Weise gegenseitig146 .Und Geyer resümiert: ‘Offensichtlich erwächst der Konflikt aus der Theologie,nicht der Frömmigkeit’ 147 . Und diese Theologie analysiert und beschreibter nun als spiritualistisch-hermetisch 148 . Wenn man sich vergegenwärtigt, daßder Begriff “Hermetik” im Register des ersten Bandes der Geschichte des Pietismusnicht mit einer Stelle verzeichnet ist, so wird das Ausmaß der Neuorientierung,das diese Arbeit bietet, schlagartig deutlich 149 . Es handelt sich mit derobjektiven Feststellung der tiefgreifenden Differenz Arndtscher Theologiezum Christentum um eine epochemachende Neuorientierung. Der Autor selbstsieht das allerdings weit weniger dramatisch. Zwar spricht er die Verbindungenzwischen dem “Wahren Christentum” und esoterischer Religiosität bereitsin der Eröffnungspassage seiner Arbeit deutlich an:Wenn mitten in der überschwappenden Esoterik-Welle der Name Johann Arndtauftaucht, mag das auf den ersten Blick überraschen. Doch nicht nur bestimmtecharismatische Kreise sind es, die ... zu unserer Zeit Arndts Schriften goutieren ...Schlägt man von dieser Beobachtung einen Bogen zurück in das 17. Jahrhundert..., so zeigt sich, daß auch damals manche kirchlichen Kreise irritiert bis entrüstetden Kopf darüber schütteln mußten, in welchem Kontext der Name Johann Arndtauftauchte. In gewisser Hinsicht nicht unähnlich, handelt es sich um Kreise, dieman heute als ‘esoterisch’ bezeichnen würde ... 150In der religionsgeschichtlichen Verarbeitung dieser Beobachtung folgt HermannGeyer jedoch einem Denkansatz, wie er auch das Modell WouterHanegraaffs bestimmt: Die Esoterik Arndts wird in das Christentum seinerZeit integriert 151 . Die Strategie Geyers folgt einem legitimen und nachvollziehbarenInteresse christlicher Theologie, Esoterik so weit wie irgend möglich insChristentum einzubeziehen, um die Relativierung seiner Bedeutung zumindestfür die Frühe Neuzeit abzuwehren. Dieses Interesse kann aber nicht das146Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 1, 3.147Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 1, 4.148Vgl. den Titel der Arbeit insgesamt und besonders den zweiten und dritten Teil.149In diesem Zusammenhang wird auch die Förderung dieser Arbeit durch den MarburgerTheologen und Fachmann für radikalpietistische Bewegungen, Hans Schneider, forschungsgeschichtlichbemerkenswert. Vgl. Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 1, VIII.150Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 1, 1.151Das geschieht an zahlreichen Stellen der Arbeit, z. B. Geyer, Verborgene Weisheit, Bd. 1,2-3 oder die Schlußpassage Bd. 3, 371.


156 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKder Religionswissenschaft sein, ebenso wenig wie das anderer Wissenschaften,die mit einem Modell religionsgeschichtlicher Grundstrukturen arbeiten.Hier gilt es, die Differenzen zu betonen, die die unterschiedlichen religiösenSinnsysteme generieren, um auf der Basis dieser geistesgeschichtlichen Unterschiededie daraus resultierenden differenten Verhaltensweisen der Menschenverstehen zu können.VReligionswissenschaft und Religionsgeschichte stehen aber keineswegs nur ineinem Klärungsprozeß gegenüber moderner christlicher Theologie. Die im allgemeinenals säkular verstandene Religionswissenschaft zeigt im Zuge ihrerSelbstkonstituierung im 20. Jahrhundert partielle Konnexionen zum esoterischenWeltbild, steht also keineswegs nur in wissenschaftlich neutralen Kontexten,sondern weist auch religiöse Prägungen auf. Diese Zusammenhängewerden neuerdings zunehmend herausgearbeitet und finden einen zentralenGegenstand in den Tagungen des Eranoskreises, die ab 1933 in der Schweizstattfanden. Die aufschlußreiche Arbeit von Hans Thomas Hakl zu diesem Themazeigt die Ausstrahlung des modernen esoterischen Denkens auf die Entstehungeiner nicht-theologisch gebundenen, gleichwohl religiös orientierten Religionswissenschaft,die sich für Deutschland etwa an Rudolf Otto, fürFrankreich an Henry Corbin festmachen läßt 152 . Auch der amerikanische JudaistSteven M. Wasserstrom hat jetzt die Partizipation Corbins, GershomScholems und Mircea Eliades am Eranoskreis analysiert und die Bedeutungdieser Gruppe für die Formierung der “History of Religions” herausgearbeitet153 .Das eingangs diskutierte Modell von Wouter Hanegraaff zur systematischenEinordnung frühneuzeitlicher Esoterik ins Christentum bezieht einenwesentlichen Impuls aus der Abwehr dieser esoterischen Seite der Religionswissenschaft.Denn logischerweise sind es die Esoteriker unter den Vertreterndieser Disziplin, die auf eine autonome und geschlossene Tradition esoterischenDenkens besonderen Wert legen. So ist eine der einschlägigen Gruppenbezeichnungen,die der “Traditionalisten”, auch aus diesem Grundverhältniszur Religionsgeschichte abgeleitet. Andere – wie der Eranoskreis – sind nichtfrei von Aspekten des Traditionalismus, vertreten solche Auffassungen jedochnicht offensiv, sondern eher implizit – sie werden heute als “Religionisten”152Hakl, Geist von Eranos. Zu Rudolf Otto hier Abschnitt 4.2 und bei Kippenberg, Entdekkungder Religionsgeschichte, 249-253. Zu Corbin: Durand, ‘Corbin, Henry (1903-1978)’.153Wasserstrom, Religion after Religion, siehe bes. 23-51.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 157bezeichnet 154 . Esoterisch geprägtes religionsgeschichtliches Denken beziehtsich auf eine Geschichte seines Gegenstandes, die bis auf die Ursprüngemenschlicher Religiosität zurückführt, häufig gesehen als geheime und eigentlichereligiöse Tradition, die von den jeweils herrschenden Religionen unterdrücktwurde, deren Träger Außenseiter und Verfolgte waren und die von derwissenschaftlichen Forschung nicht zur Kenntnis genommen wurde. So entstandaus diesen Auffassungen eine “Gegenkulturbewegung”, die die abendländischeGeistesgeschichte insgesamt neu und anders las und aus ihren Überzeugungenden Anspruch erhob, ein eigentliches und tieferes Verständnis desReligiösen zu erreichen, als dies dem Wissenschaftler möglich ist, der sich andie akademisch legitimierten Verfahrensweisen hält 155 . Signifikant war in diesemZusammenhang die Gründung einer “esoterischen Universität” durchHenry Corbin im Jahre 1974, der Université Saint-Jean de Jerusalem, mit derer eine Reform der Geisteswissenschaften in spiritueller Ausrichtung anstrebte156 . Initiativen dieser Art mußten die Abwehr herausfordern, und so wurdenThemen der Esoterikforschung immer wieder diskreditiert. Hanegraaff hatgenau diesen Zusammenhang sehr präzise formuliert:Esotericism has remained a taboo in academic discussion because its countercultural-religionistrepresentatives have too frequently ... insisted that only practitioners– people personally engaged in an esoteric quest – are able to adequatelystudy esotericism. Accordingly, they held that the very nature of the academyneeded to change, in order to make the study of esotericism possible 157 .So bietet Hanegraaff mit seinem Modell des frühneuzeitlichen Christentumseinen Denkansatz an, um gleich ein ganzes Bündel religionswissenschaftlicherProbleme im allgemeinen und der Esoterikforschung im besonderen in denGriff zu bekommen. Und in diesem Kontext gewinnt sein Vorschlag besonderesInteresse und Gewicht. Die Entscheidung, Esoterik vor 1800 als Variantedes Christentums zu begreifen, schneidet dem Traditionalismus die Traditionab: Es gibt keine Außenseiter mehr, die eine andere und tiefere Weisheit fürsich reklamieren könnten. Es gibt keine Gegenkultur mehr, die dem Hauptstromder abendländischen Kultur entgegengesetzt wäre, und damit gibt eskeinen Anspruch auf ein Gegenmodell zum säkularisierten Wissenschaftsverständnis,das sich aus diesen Quellen speisen könnte 158 .Der wichtigste und perspektivenreichste Gedanke in diesem Konzept ist154Vgl. Hanegraaff, ‘Study of Western Esotericism’, [MS 13-14].155Vgl. das Resümee bei Oldmeadow, Traditionalism, 205-206.156Ausführlich dazu Hakl, Geist von Eranos, 407-411.157Hanegraaff, ‘Beyond the Yates Paradigm’, 32.158Dazu gibt es bei Hanegraaff zahlreiche Passagen, vgl. z. B. Hanegraaff, ‘Beyond the YatesParadigm’, 15-16 oder 30-31 bzw. ders., ‘Study of Western Esotericism’, [MS 24].


158 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKdie Zerstörung des Bildes von der Gegenkultur. Dies ist ein Erkenntnisfortschritt,hinter den die Esoterikforschung nicht mehr zurückfallen sollte. Dennwas macht es für einen Sinn, etwa Agostino Steucho, den genialen Konzipientender “philosophia perennis” und päpstlichen Bibliothekar als Außenseiterzu bezeichnen? Was macht es für einen Sinn, Johann Crato vonKrafftheim, Paracelsisten und Leibarzt dreier habsburgischer Kaiser 159 , zurRandfigur zu erklären? Steht Rudolph II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches,an dessen Hof sich die Esoteriker seiner Zeit versammelten 160 , im Zentrumeiner Gegenkultur? Im Artikel “Hermetik” des Handbuchs religionswissenschaftlicherGrundbegriffe findet sich der Satz: ‘Im 17. Jahrhundertführen vor allem die Rosenkreuzer eine letzte Blüte der Hermetik und der Alchemieherauf, doch schon hundert Jahre später sind sie aus dem allgemeinenBewußtsein verschwunden; nur noch Außenseiter, zu denen auch Goethe gehörte,beschäftigten sich noch mit dieser Thematik’ 161 . Goethe als Außenseiter?Man könnte diese Beispiele vervielfachen, und es würde immer wiederdeutlich, daß die Vorstellung, Esoterik konstituiere ein Randphänomen, dasgetrennt von der allgemeinen Kultur zu verstehen wäre, in die Irre führt.Aber man wird auch fragen dürfen: Ist es notwendig, um das Gegenkulturmodellzu überwinden, alles Esoterische in das Basissystem des Christentumszu integrieren? Und ist es überhaupt möglich? 1775 schreibt Goethe an Herder:‘Wenn nur die ganze Lehre von Christo nicht so ein Scheisding wäre ...’ 162Drastischer kann man die Absage an das Christentum nicht formulieren, undfür das 17. Jahrhundert wäre eine solche Äußerung kaum denkbar. Aber derAngriff auf die christliche Lehre erfolgt im barocken Selbstverständnis des“Wahren Christentums” letztlich nicht weniger kompromißlos. Und das Entscheidende:Die pietistischen Hermetiker, Theosophen und Rosenkreuzer trugenin dieser Auseinandersetzung den Sieg davon. Sie behaupteten sich gegenüberden Vertretern der Orthodoxie und errangen die Definitionshoheit überdas korrekte und zulässige Verständnis von Religion. Was wäre also hier worinzu integrieren? Esoterik ins Christentum oder die Einpassung christlicherGrundpositionen in ein esoterisches Modell?Auch die Zurückweisung des esoterischen Verständnisses von Tradition istwesentlich, zwingt aber ebenfalls nicht zum Verzicht auf eine wissenschaftlichbegründete eigenständige Esoterikgeschichte der Frühen Neuzeit. Dieses wissenschaftlicheVerständnis folgt selbstverständlich nicht dem hoch religiös159Vgl. Koch, Das konfessionelle Zeitalter, 345 und Evans, Werden der Habsburgermonarchie,36-37.160Szo ² nyi, ‘Wissenschaftlicher und Magischer Humanismus’.161Hieronimus, ‘Hermetik’, 108-109.162Zitiert nach Kemper, ‘Genese der Genie-Religion’, 196.


ESOTERIK UND CHRISTENTUM VOR 1800 159aufgeladenen Begriff von “Tradition” in der esoterischen Religionsgeschichte.Hier geht es nicht um die Ableitung menschlicher Religiosität aus historischnicht faßbaren Ursprüngen. Hier entsteht “Tradition” auch nicht aus archetypisch-anthropologischenGrundkonstanten, einer Vorstellung, mit der derSchweizer Esoteriker und Psychoanalytiker Carl Gustav Jung den Eranoskreisdominierte 163 . In der wissenschaftlichen Erfassung esoterischer Traditionenvor der Moderne geht es um die Analyse der Rezeption antiker Quellen imZeitalter der Renaissance und um das Fortwirken und die Fortentwicklung diesesMusters in der gesamten Frühen Neuzeit. Auch hinter diese Konstituierungabendländischer Esoterik in der Antikerezeption der Renaissance sollteEsoterikforschung nicht mehr zurückgehen. Gerade diese Datierung führt aberzu der Herausforderung, die Differenzen zum Christentum auch für die Vormoderneherauszuarbeiten.Daß man sich dabei immer im Bereich theoretisch dominierter Konstruktionenbewegt, ist selbstverständlich. Wouter Hanegraaff hat die Notwendigkeit,den Begriff des Esoterischen wissenschaftlich zu konstruieren, zu Rechtzu einer methodischen Grundlage aller Esoterikforschung erklärt: Nur so könneman den rein deskriptiven Zugang zum Thema überwinden 164 . Damit istimmer ein Verlust an empirischer Paßgenauigkeit verbunden, und jedes Modellbringt Probleme mit sich. Das Hauptproblem des hier vorgeschlagenenZugangs, Esoterik und Christentum grundsätzlich zu differenzieren, ist dasSelbstverständnis der Zeitgenossen. Frühneuzeitlich gilt, daß sich die übergroßeMehrheit der Menschen als Christen verstand, daß sich auch esoterischDenkende ins Christentum einordneten und diese Identifikation gegen alleAngriffe behaupteten 165 . Häretisierung wurde als Unrecht und Willkür begriffen.Das heißt, das Hanegraaffsche Verständnis frühneuzeitlicher Esoterik entsprichtdem Selbstverständnis der Betroffenen. In den vormodernen Jahrhundertenwill man Christ sein. Ausnahmen – die berühmteste bekanntlichGiordano Bruno, an dessen Beispiel Frances Yates ihr Hermetikverständnisschwerpunktmäßig entwickelt hat 166 – bestätigen nur eine Regel, die dasreligionsgeschichtliche Gesamtbild der Epoche prägt. Aber empirisch feststellbarist auch: Es hat Widerspruch gegen dieses Selbstverständnis der Integrationins Christentum gegeben, und wir schlagen uns sozusagen aus wissenschaftlicherSicht auf die Seite der frühneuzeitlichen Esoteriker, wenn wir dieEinheit von Christentum und Esoterik akzeptieren und entscheiden uns gegen163Vgl. das Wirken von Carl Gustav Jung im Eranoskreis bei Hakl, Geist von Eranos, 81-91und öfter.164Hanegraaff, ‘On the Construction’, 11.165Trepp, ‘Hermetismus’, 13.166Vgl.Yates, Giordano Bruno u. dies., Giordano Bruno in der englischen Renaissance.


160 MONIKA NEUGEBAUER-WÖLKdie Sicht der Orthodoxien dieser Epoche, die die Unterschiede gegen die“wahren Christen” behaupteten. Die Selbsteinschätzung der Betroffenen kanndie Frage also nicht lösen, und dies auch deshalb nicht, weil wir nie wissenwerden, wo die frühneuzeitliche Identifikation mit dem Christentum auf freierEntscheidung und Überzeugung beruhte, und wo sie vom Herrschaftscharakterder vormodernen Kirchen erzwungen war.Wir werden uns also aus heutiger Sicht – als Wissenschaftler – entscheidenmüssen, welchem Verständnis von Esoterik vor 1800 wir folgen wollen, unddabei scheint auch die Überlegung legitim, was das jeweilige Modell für dieEsoterikforschung speziell und für eine neue Religionsgeschichte insgesamtleistet. Die voraufgehenden Ausführungen gingen davon aus, daß die Erarbeitungeines Sinnsystems esoterischer Religiosität unerläßlich ist, um ihre Wirkungenzu verstehen. Ein zweites kommt hinzu: Es ist auch eine heuristischeNotwendigkeit, eine grundsätzliche Differenzierung vom Christentum bereitsmit Beginn der Entwicklung europäischer Esoterik anzusetzen. Das heißt, manbraucht die Erarbeitung je getrennter Grundmuster, um Esoterik zu erkennenund zu profilieren. Die Logik der Argumentation geht also dahin, religionsgeschichtlichdie Differenz religiöser Optionen zu beschreiben und dann dieÜberschneidungen und Verbindungen, die es selbstverständlich gegeben hat,zu berücksichtigen. Es überschneiden sich also zwei von einander differierendeSinnsysteme, es geht nicht von vornherein eines im anderen auf. Esoterikvor 1800 ist Religiosität im christlichen Umfeld, nicht dessen Variante. Damitwird Esoterik nicht zur Gegenkultur. Es ist vielmehr eine abendländische Religionsgeschichtezu konzipieren, die das Christentum als große hegemonialeKraft institutionalisierter Religiosität als einen Faktor, esoterische Glaubenskonzepteals einen zweiten Faktor europäischer religiöser Kultur wahrnimmt.Esoterik ist essentieller Teil europäischer Religionsgeschichte seit der Renaissanceund prägt damit nicht nur die Moderne, sondern die Neuzeit seit demBeginn und in ihrer gesamten bisherigen Dauer.Monika Neugebauer-Wölk (1946) ist Professorin für die Geschichte der Frühen Neuzeit an derUniversität Halle-Wittenberg.BibliographieAndreae, Johann Valentin, Fama Fraternitatis (1614), Confessio Fraternitatis (1615),Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreutz. Anno 1459 (1616), ed. Richard van Dülmen,Stuttgart: Calwer Verlag 1973.Andresen, Carl, ‘Erlösung, dogmengeschichtlich’, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart,3. Aufl., Bd. 2, Tübingen: Mohr Siebeck 1958, 590-594.Banton, Michael (ed.), Anthropological Approaches to the Study of Religion, London: TavistockPublications 1966.


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