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SOsteo 1/2013 - Österreichische Gesellschaft für Knochen und ...

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FOCUS OSTEOPOROSE INTERDISZIPLINÄRu Der <strong>Knochen</strong> ist mit der menschlichen Fortpflanzung, mit dem Kohlenhydratstoffwechsel, mitder Testosteronproduktion im Hoden <strong>und</strong> mit den Darmbakterien <strong>und</strong> den imDarm gebildeten Serotonin in einem komplexen biologischen Regelkreisverb<strong>und</strong>en.Der <strong>Knochen</strong> als interdisziplinäres OrganFrauen erkranken in der Postmenopausenicht nur deswegen häufiger anOsteoporose, weil sie altern, sondernweil der <strong>Knochen</strong> mit der Fortpflanzung<strong>und</strong> der Erhaltung der Art eng verb<strong>und</strong>enist. Das im <strong>Knochen</strong> gespeicherte Kalziumist ein Kation, das im menschlichenKörper unzählige biophysikalische Funktionenerfüllt: es ermöglicht die Muskelkontraktion,ist an der Übermittlung neuronalerSignale beteiligt <strong>und</strong> stellt einzentrales Element in Second-Messenger-Mechanismen dar.In der Reproduktion erfüllt das Kalziumwichtige Aufgaben: es moduliert nichtnur jene intrazellulären Reaktionen, dieOvulation <strong>und</strong> Menstruation möglich machen,sondern greift in die Mammogeneseals nachhaltiges Steuerungselementein, das die Bruststammzellen anregt<strong>und</strong> damit das Brustwachstum <strong>und</strong> dieVorbereitung auf die Laktation ermöglicht.Beim Stillakt selbst erreicht dasKalzium über die Muttermilch das neugeboreneKind, das dieses Element inbesonderer Weise benötigt.Um bei diesen fortpflanzungsbiologischenVorgängen auf das Kalzium des<strong>Knochen</strong>s zugreifen zu können, bedientsich der weibliche Mechanismus desÖstradiols – oder genauer gesagt: desÖstradiolabfalls.Östradiol kontrolliert via RANK-Ligand(RANKL) das <strong>Knochen</strong>kalzium: Das17β- Östradiol der Eierstöcke wirkt wiedas Osteoprotegerin: es inaktiviert denRANKL <strong>und</strong> verhindert damit, dass Osteoklastenim <strong>Knochen</strong> aktiv werden können,wodurch letzten Endes Kalzium freigesetztwird. Das Haupthormon der weiblichenEierstöcke macht dies aber nicht deshalb,um die Frau vor der Osteoporose zuschützen, sondern um diese osteoprotektiveWirkung immer wieder zurücknehmenzu können, wenn der weibliche Körperschnell zusätzliche Mengen an Kalziumbenötigt: bei der Menstruation, demEisprung, vor allem aber nach der Geburtbei der Laktation. In diesen Momentenfällt das Östradiol tatsächlich ab, dadurchwird die Osteoprotegerinwirkung des Östrogensunterbrochen, der RANKL aktiviert<strong>und</strong> auf das Kalzium des <strong>Knochen</strong>szurückgegriffen, der damit – ein Beispielvon vielen – nicht nur <strong>für</strong> den aufrechtenGang verantwortlich ist, sondern als Kalziumdepotauch der Fortpflanzung dient.Der RANK-Ligand wird aber nicht nurdurch den Östradiolabfall agonisiert, sondernauch durch manche Gestagene, wiemehrere rezente Arbeiten zeigten. Dieserklärt wahrscheinlich die völlig unerwarteten12-Jahres-Daten des Estrogen-only-Armesder WHI-Studie: Östrogen alleinein der Postmenopause verabreicht,erhöht nicht das Brustkrebsrisiko, sondernsenkt es – wenn kein künstlichesGestagen gleichzeitig kombiniert wurde.Während in der Placebogruppe 199Frauen an einem Brustkrebs erkrankten,waren es im Estrogen-only-Arm nur 151.Der Zusammenhang zwischen <strong>Knochen</strong><strong>und</strong> Fortpflanzung bei der Frau scheintevolutionär sehr alt zu sein <strong>und</strong> wurdeauch bei gut erhaltenen F<strong>und</strong>en aus derGattung des Tyrannosaurus rex nachdokumentiert.Bei den weiblichen Sauriernschloss man im <strong>Knochen</strong> auf KalziummobilisierendeVorgänge, die höchstwahrscheinlich<strong>für</strong> die Schalenbildungder Bruteier gebraucht wurden.Der Zusammenhang mit der Fortpflanzungist bei den Säugern in anderer Weiseerhalten geblieben. In der Postmenopausefällt das Östradiol ebenfalls ab –Univ.-Prof. DDr. Johannes HuberUniversitätsklinik<strong>für</strong> Frauenheilk<strong>und</strong>e, Wienjohannes.huber@meduniwien.ac.atohne aber in dieser Lebensphase reproduktiveAufgaben zu übernehmen. DieFolge ist ein ständiger <strong>Knochen</strong>abbau,der bekanntlich in den ersten Jahrennach der Menopause am stärksten ist,weshalb viele Gynäkologen die Meinungvertreten, dass man sich gerade in dieserLebensphase in besonderer Weise umden <strong>Knochen</strong> kümmern soll.Die Rolle von Interleukin 6 (IL-6):Auch Menstruationsstörungen können zueiner Veränderung der Zytokinsituationführen, sei es dass zuwenig IL-2 gebildetwird oder IL-6 aufgr<strong>und</strong> des Östrogenmangelsnicht supprimiert wird, ein Phänomen,das vor allem dann in der Postmenopause,wenn Östradiol abfällt <strong>und</strong>nicht substituiert wird, zum Tragenkommt. Obwohl die IL-6-Steuerung des<strong>Knochen</strong>abbaus differenzierter <strong>und</strong> komplizierterist, als man bisher angenommenhat, <strong>und</strong> obwohl man auch eineFülle anderer Faktoren berücksichtigenmuss, kann es doch als gesichert angesehenwerden, dass einerseits das IL-6an der Rekrutierung der Osteoklasten,aber auch an der Degradierung des <strong>Knochen</strong>seinen gewissen Anteil hat <strong>und</strong>6SPECTRUM OSTEOPOROSE 1/<strong>2013</strong>

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