12.07.2015 Aufrufe

Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweighttp://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519Es ist zu beachten, daß Goethe nicht der erste war, der mit Objekten desBeireis-Besitzes auf diese Weise symbolisierte. Achim von Arnim brachte schon imJahre 1810, in seiner "Gräfin Dolores", eine ähnliche Auffassung zur Geltung,indem er die Wirkung beschreibt, die das Inventar des "Beireis-Hauses" auf denHelden seines Romans ausübte. "Er trat in das nächste Zimmer, da trat er sichselbst tief erschreckend entgegen", heißt es hier vom Grafen Karl, als dieser sich imWohnzimmer des "wunderbaren Doktors" unvermutet vor einem Hohlspiegelbefand 101). Ein Knochengerippe rückte an einer Rechenmaschine, "die Räderschnarrten ängstlich" - er "fand darauf die Zahl sechsundzwanzig: es war seinAlter, und er lachte über den Zufall" 102). Bei Goethe ergibt sich ein ähnlicherEffekt der Spiegelung, nur ungleich verhüllter und unaufdringlicher als bei demjungen romantischen Dichter.Der Doppelsinn der Automatenszene tritt jedoch erst dann voll in Erscheinung,wenn man sie auch in Beziehung setzt zu Beireis und dessen Wesenseigenheiten. Beireishatte es unternommen, den Mechanismus des Flötenspielers auf komplizierteMusik umbauen zu lassen, und war mit diesem Vorhaben gescheitert. Die Orgelkünstlerwaren geschieden und der Flötenspieler war verstummt. Während Goethediese Geschichte im Versteigerungskatalog nachlesen l{Onnte lOS), muß aus seinerlot) Arnim, Dolores 173.102) Ar n im, Dolores 171.103) Beireis, Seltenheiten 1-4 [Beginn des Katalogtextes]: "I. Drey Automaten, verfertigtvon Vaueanson.a) Ein sitzender Flötenspieler, welcher mit Bewegung der Lippen und der Zunge sonstu Stücke bläst, indem der Wind aus seinem Munde in eine gewöhnliche [und auswechselbare]Querflöte gestoßen wird, deren Löcher, so wie es die anzugebenden Töne erfordern,durch seine Finger zugedrückt und geöffnet werden.b) Eine stehende Figur, welche auf gleiche Weise auf einer provenzalischen Schäferpfeife(Rageolet proven~al) mit drey Löchern, die sie mit der linken Hand hält, und die Löchergehörig zudrückt und aufmacht, zwanzig Stücke spielt, und mit der rechten Hand dieTrommel dazu schlägt.e) Eine Ente von Messing, welche gleich einer lebendigen Ente die Flügel bewegt, sieausbreitet, zusammenzieht, damit schlägt u.s.w., den Hals auf verschiedene Art ausstreckt,Ichnattert, schreyt, Wasser trinkt, vorgehaltene Körner mit dem Schnabel aufnimmt undherunterschluckt, und nach einiger Zeit anscheinend verdaut, als Koth von sich giebt. [Hierfolgt die Odyssee dieser drei Figuren bis zu ihrem Ankauf durch Beireis.] Alle diese Schwierigkeitenwurden beseitigt, und die Automaten mit bedeutenden Verbesserungen vollkommenhergestellt, durch die berühmten Nürnberger Mechaniker Gebrüder Bischof, welche zu diesemBehufe von dem verstorbenen Professor Beireis gegen eine sehr ansehnliche Belohnung nachHelmstädt gerufen wurden, und sich daselbst über fünf Monate lang aufhielten. In demFlötenspieler wurde außer andern Verbesserungen noch eine neue Walze von Mahagoniholzmit sehr schwer zu spielender Musik (der Arie: Mi paventi iI figlio indegno aus der OperaBritannico von Graun) angebracht, für welche allein 1110 Gulden bezahlt wurden. [...]Da sie indessen seit ihrer Aufstellung im Jahre 1785 nicht wieder gehörig ausgeputzt worden,indem kein Mechanikus in der Nähe war, der dieses Geschäft hätte übernehmen können,da sie ferner nur sehr selten in Gang gesetzt wurden, und überdies an einem etwas feuchtenOrte sich befinden, so ist es kein Wunder, daß sie seit S Jahren verrostet und beschmutzt,nicht mehr in gangbarem Stande sind, und eine neue Reinigung und Reperatur erfor-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!