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Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweighttp://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519autobiographischen Sinn. So lesen wIr noch in dem Goethe-Buch von EmilStaiger 25):"Die Tag- und Jahreshefte hat Goethe nun allerdings nicht einheitlich gestaltet. MancheJahre werden mit gleichgültigem Lakonismus geschrieben; einige Episoden - wie der Besuchbei Beireis - wadJ.sen sidJ. zu köstlichen kleinen Novellen aus. über die innere LebensgesdJ.idJ.teerfahren wir aber audJ. hier fast nimts."Wir meinen, daß s.ich an der Helmstedtschilderung schon etwas ablesen läßtüber die innere Lebensgeschichte Goethes. Wir sind auch nicht der Meinung, daßes sich bei dieser Reise nur um eine kuriose, nebensächliche Episode des Goethelebensgehandelt habe. Zwar ist der Plan des Dichters, nach Helmstedt zu fahren,merkwürdig, ja in gewisser Weise einzigartig. Es lassen sich nur wenige Reisenoder Reiseumwege nachweisen, zu denen sich Goethe aus psychologischem Interesseentschlossen hat 26), dennoch ist ein Befremden hier nicht am Platze. Das RätselBramarbas seiner Wundertaten durm Jahrzehnte einer glaubens- oder dom staunenswilligenUmwelt darzubieten, diese Neigung der Zeit, sim überwirklimem hinzugeben, auf allen Gebietenzu ,transzendieren' - wie Goethe es gelegentlim nannte -, sie war es, die Goethes Abwehrhervorrief. Will man den Widerstreit in ein Wort zusammenziehen: so war in jenem Jahr1805 Beireis der Antipode Winckelmanns. Jedenfalls steht nom zwanzig Jahre später, alsGoethe seinen BeridJ.t über den BesudJ. in IIelmstedt im Rahmen seiner ,Annalen' verfaBte,Beireis' Name miffrenhaft für das abgeschmackte Wesen sowohl einer toten Vielwisserei alsaudJ. ihrem Supplement, der sensationellen Spekulation. Die Verdienste Beireis' als praktischerArzt hat Goethe, wie andere Zeitgenossen, gelten lassen. Sonst aber belegt er ,Merlin-Beireis'mit starken Worten absmätzigen Tadels."16) S t a i ger Bd. 3, 241.") Grössel 31-32: "Unter allen Reisen Goethes ist eine besonders merkwürdig: einzehntägiger Abstemer, der ihn im Jahr 1805 nam Helmstedt führte, einer kleinen Universitätsstadtim Braunsmweigismen, wie er sie sonst in höheren Jahren nimt mehr unternommenhat. Nam den Zeiten der Fahrten und Ritte durm das Herzogtum Weimar im erstenJahrzehnt seines Staatsdienstes, nam der italien ismen Reise und den römismen Aufenthalten,endlim nam den smon widerstrebend unternommenen Zügen im Train der preuBisch-österreimismenTruppen gegen Frankreim und einer größeren Dienstreise - auf Geheiß desHerzogs - durm Sdllesien bis nam Polen, unterbrach Goethe sein Arbeitsjahr nur nom umsorgfältig geplanter Kuraufenthalte willen, aum sie jahrelang in nächster Nähe zu Weimar,in Bad Tennstedt, Berka, Bad Lauchstädt und später erst auf Geheiß der Ärzte in denböhmischen Bädern durchgeführt. [..•] Aum dies ist merkwürdig: das Kuriose hat Goethein reiferen Jahren nimt interessiert. Alles ,Verfratzte', alles Exzentrische widerstrebte ihm.Wir wissen im Ganzen nur von zwei Unternehmungen Goethes, die dem Besum absonderlicherMenschen und dem Studium ihrer Eigenheiten galten: in Italien hat er die Familiedes Giuseppe Balsamo aufgesumt, um die Bewandtnisse der Herkunft dieses Mannes zuprüfen, der, als berühmtester Homstapler seiner Zeit, unter dem Namen Graf AlessandroCagliostro die europäisdJ.en Salons besmäftigte. Goethe hat, nom Jahre nam seinem Besumbei Beireis, diesen denn aum mit Cagliostro und dessen ,Taschenspielereien' verglichen. - Derandere Sonderling, den Goethe aufsuchte, war ein Jüngling der etwas weinerlimen Werther­Zeit, ein Hypomonder, der mit sämtlimen Zweifeln an sim selbst wie an der Umwelt einganzes Heft gefüllt, es dem Dimter des ,Werther' zugesandt und von ihm nun die Auflösungseiner Skrupel verlangte [Plessing, F.V.L. (1749-1806), hatte brieflim Rat gesumt bei Goethe.Dieser besumte ihn 1777 in Wernigerode, Plessing Goethe in Weimar nam einigen Jahren.1792 suchte Goethe Plessing in Duisburg auf, wo dieser als Professor der Philosophie lebte.].Zwei seltene Fälle, in denen nimt eigentlim Teilnahme, sondern kühles Interesse Goethe zuReiseumwegen vermomte. Der Besuch bei Beireis, als dritter dieser Fälle, steht unter demselbenZeimen."9 • 129

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