BERICHTE und ProJEKTEE. J. Schnell Dorn & P. Türk„Wir sind Bewohner des Auenlandes!“16 - 20gewissem Umfang reaktivieren. AnsehnlicheBeispiele hierzu finden sich an der Donaubei Ingolstadt und Vohburg.Doch ist der Mensch auch nur einMensch und so ist es nicht verwunderlich,dass ganz andere Absichten und Ziele demErhalt der Auen oder ihrer Revitalisierungentgegen wirken. So besteht beispielsweisedie Gefahr, im Zuge eines unkontrolliertenWasserkraftausbaus, bei der Umsetzung derEnergiewende die letzten frei fließendenGewässerabschnitte zu verlieren, an denenAuerevitalisierungen zielführend sind undmit vergleichsweise wenig Aufwand erfolgenkönnten.In zahlreichen Fällen ist der für Auerenaturierungenzwingend erforderliche Erwerbvon landwirtschaftlichen Flächen inFlussnähe aufgrund horrender Quadratmeterpreisefinanziell nicht mehr durchführbar.Schuld daran ist der anhaltende Boom zumAnbau von Energiepflanzen, der auch an denGewässerrandstreifen nicht halt macht.Grundvoraussetzung für Gewässer- undAuendynamik ist auch, dass dieser natürlichenund eigendynamischen Entwicklungeiner Flusslandschaft durch konservativeNaturschutzaktivitäten des Menschen keine„künstlichen“ Grenzen gesetzt werden.So sollte eine eigendynamische Entwicklungeines Flussabschnittes stets Vorrangvor dem Schutz einzelner Lebensraumtypenoder einzelner Tierarten aus Schutzgebiets-Anhängen o.ä. haben, die im Umfeld eines„Dynamisierungsbereiches“ liegen bzw. kartiertwurden. Zahlreiche Lebensraumtypenim Umfeld von Fließgewässern entstandenin den vergangenen Jahrzehnten vielfachdadurch, dass die natürliche Auedynamikaufgrund menschlicher Einflüsse zum Erliegenkam. Die Induktion dynamischerProzesse überwiegt den Schutz einzelnerStandorte, da hierdurch in der Folge permanentneue Lebensraumtypen entstehenund dadurch eine höhere Biodiversität sichergestelltist, als durch den Schutz eineseinzelnen Lebensraumtyps oder einereinzelnen Art.Für den Schutz einer unserer wertvollstenLebensräume, mit dem Bayern auch vielkulturell verbindet – man denke nur an dasschöne Volkslied „Drunt´ in der greana Au“ –muss zukünftig zudem von politischer Seiteweit mehr Verantwortung gezeigt werden.Vor dem Hintergrund des geplantenDonau-Ausbaus, zahlreicher Hochwasserschutzmaßnahmenoder auch der Energiewendesollten die Verantwortungsträgervermeiden, dass der Erhalt der Heimat zumKlischee in der Wahlwerbung verkommtund rein wirtschaftlichen Interessen hintenangestellt wird.LiteraturverzeichnisBecker, A. & Lahmer, W. (2004): WasserundNährstoffhaushalt im Elbegebietund Möglichkeiten zur Stoffeintragsminderung(= Konzepte für die nachhaltigeEntwicklung einer Flusslandschaft.Bd. 1). Berlin.Bundesministerium Für Umwelt, NaturschutzUnd Reaktorsicherheit (Bmu)& Bundesamt Für Naturschutz (Bfn)(Hrsg., 2009): Auenzustandsbericht -Flussauen in Deutschland. Berlin.Damm, C.; Dister, E.; Fahlke, N.; Follner,K.; König, F.; Korte, E.; Lehmann, B.;Müller, K.; Schuler, J.; Weber, A. &Wotke, A. (2011): Auenschutz-Hochwasserschutz-Wasserkraftnutzung,Beispiele für eine ökologisch vorbildlichePraxis. (= Naturschutz und BiologischeVielfalt H. 112). Bonn-BadGodesberg.Jungwirth, M.; Haidvogl G.; Moog O.;Muhar S. & Schmutz S. (20<strong>03</strong>): AngewandteFischökologie an Fließgewässern.Wien.Lazowski, W. (1997): Auen in Österreich - Vegetation,Landschaft und Naturschutz.(= Monographien Bd. 81). Wien. (http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/M081z.pdf)Muhar, S.; Egger, G. & Schmutz, S. (2000):Interdisziplinäre Erarbeitung einesKonzeptes zur Entwicklung von Flusslandschaftsleitbildern:Bausteine zurEntwicklung ökologischer Leitbilder.Positionspapier zu Teilmodul 2 / ModellkonzeptionLeitbildentwicklungfür Flusslandschaften im Rahmendes Forschungsprojektes: FlusslandschaftstypenÖsterreichs – Leitbilderfür eine nachhaltige Entwicklung vonFlusslandschaften, 1. Zwischenbericht.(Auftraggeber: Bundesministeriumfür Bildung, Wissenschaft undKultur). Wien.Pusch, M. & Fischer, H. (Hrsg., 2006):Stoffdynamik und Habitatstruktur inder Elbe. (= Konzepte für die nachhaltigeEntwicklung einer FlusslandschaftBd. 5). Berlin.Bundesamt für Naturschutz (Hrsg., 2010):Fischwanderungen und die Bedeutungder Auenhabitate - Ergebnisseder Fachtagung vom 10. Juni 2010.(= BfN-Skripte 280). Bonn. (http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/Skript_280.pdf)Bayerisches Staatsministerium Für LandesentwicklungUnd Umweltfragen(Hrsg., 1993): Flüsse, Bäche, Auen -pflegen und gestalten. München.KontaktDipl.-Ing. Johannes SchnellLandesfischereiverband Bayern e.V.Pechdellerstraße 1681545 MünchenTel.: (089) 64 27 26-0Fax: (089) 64 27 26-66e-Mail: poststelle@lfvbayern.deDipl.-Biol. Patrick Türkfreier Mitarbeiter LandesfischereiverbandBayern e.V.20<strong>Auenmagazin</strong> <strong>03</strong>/<strong>2012</strong>
BERICHTE und ProJEKTES. Hajer20 Jahre Gewässerentwicklung am Obermain21 - 2520 Jahre Gewässerentwicklung am Obermain zwischen Bambergund Lichtenfels (Teil 1)Severin HajerAufbauend auf ein Gewässerentwicklungskonzept, durch Steuerung von Planungen und Vorhaben, konnten am Obermainin den Landkreisen Lichtenfels und Bamberg seit 1990 wichtige Projekte der Gewässerentwicklung initiiert undumgesetzt werden. Beim Ziel, die ökologische Funktionsfähigkeit des Flusses und der Aue zu erhalten oder wieder herzustellen,galt das besondere Interesse der Erhaltung und Entwicklung der letzen frei fließenden Strecke des oberfränkischenMains zwischen Hausen und Hallstadt. Ende des 19. Jh. wurde der Fluss durch Begradigung, trapezförmigeRegelprofile und harten Uferverbau besser flößbar gemacht. Der nachfolgenden Eintiefungstendenz versuchte man inden 1970er Jahren durch Sohlschwellen zu begegnen. Überregional beispielhafte Renaturierungen seit 1990, von derEntfernung der Uferversteinung über Vorlandabsenkungen bis hin zur Reaktivierung alter Flussschlingen unter Einbeziehungdes Kiesabbaus haben neue Lebensräume geschaffen. Das Gewässerentwicklungskonzept als sehr wirkungsvollesInstrument ist heute eine wesentliche Grundlage für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie an dennoch verbliebenen strukturarmen und wenig mit der Aue vernetzten Mainabschnitten.Das ca. 5.000 km² große Einzugsgebiet des Oberen Mains in Bayern. (Quelle: Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft 2004 zur Umsetzung der WRRL inBayern. Karten- und Luftbildgrundlage: ©Bayerische Vermessungsverwaltung, www.geodaten.bayern.de)Das GewässerentwicklungskonzeptDer Main ist ein Gewässer I. Ordnung. ZwischenFkm 456,8 (Landkreisgrenze Kulmbach)und Fkm 388,8 (Beginn des schiffbarenMains) ist das WasserwirtschaftsamtKronach für den Freistaat Bayern ausbauundunterhaltspflichtig (BayWG Art. 43).Das erste Gewässerentwicklungskonzeptwurde bereits 1990 als wasserwirtschaftlicherFachplan erstellt. Aus der Bewertungder Gewässerstrukturgüte leitetensich Entwicklungsziele für Fluss und Aue ab.Das Ziel der Gewässerentwicklung war, dieökologische Funktionsfähigkeit des Flussesund seiner Aue zu erhalten und durchgezielte Maßnahmen wieder herzustellen.Vor dem Hintergrund der Fortschreibung<strong>Auenmagazin</strong> <strong>03</strong>/<strong>2012</strong> 21